Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren, liebe regierungstragenden Kollegen, liebe Landesregierung!
Ihre Ziele in der Energiewende sind mittlerweile sehr valide. Ich stelle fest, Sie rücken stückweise von Ihrem Ziel, 100 % bilanziell bis 2030, ab, dies im Gegensatz zu uns. Wir haben vor den großen Koalitionsverhandlungen und nachher die absolut gleichen Forderungen erhoben. Dazu stehen wir – das ist auch richtig –, weil es strukturierte Forderungen sind.
Wenn Sie in Ihren Zielen schon valide sind, dann lassen Sie uns doch gemeinsam über den Weg und nicht nur über Platituden reden. Deswegen richte ich heute in meinem Redebeitrag den Fokus auf den Weg und nicht auf die Platituden in der Energiewende. Hierzu habe ich drei Aspekte ausgewählt, die ich beschreiben möchte:
Erstens müssen wir die Komplexität der Energiewende endlich einmal alle begreifen und anerkennen. Zweitens müssen wir den ökologischen Aspekt wesentlich mehr stärken, als es bisher gemacht worden ist. Drittens haben wir daraus ableitend das neue Strommarktdesign zu kreieren.
Ich komme zunächst zum ersten Aspekt, zur Energiewende, die hoch komplex ist, was wir endlich einmal anerkennen sollten. Es gibt keine einfachen Lösungen. Deswegen müssen wir strukturiert vorgehen. Wir müssen in gewissen Zeiträumen evaluieren, damit wir den erreichten Ausbaugrad und auch die technischen Innovationen in die Evaluation mit einbinden können. Nur so ist sinnvoll, strukturiert und evaluiert die Energiewende zu schaffen, egal, welches Ziel wir verfolgen.
Ich komme zum zweiten Aspekt. Wir müssen den ökologischen Aspekt stärker beachten. Sie wissen alle, dass wir 2 % der Landesfläche außerhalb unserer Wälder haben, die ausreichende Energiewende zu gestalten. Dann lassen Sie uns doch erst einmal diese Flächen überplanen. Wenn es nicht reicht, dann setzen wir uns zusammen und überlegen, wie wir ökologisch stärker belastete Flächen entsprechend mehr heranziehen. Man sollte aber nicht im ersten Schritt alles fordern. Das geht so nicht.
Sie bekommen das nur dann hin, wenn Sie eine Mehrstufigkeit mit einbauen, wenn Sie schrittweise Flächen freigeben, und nicht dem Wildwuchs, der zurzeit stattfindet, das Wort reden. Bitte gehen Sie hin, und strukturieren Sie in Mehrstufigkeit Ihre Ausbauziele.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das neue Strommarktdesign ist der Ausfluss dieser Erkenntnisse nach Evalua
tion und struktureller Betrachtung. Nur dann können wir gemeinsam dieses Strommarktdesign auch richtig definieren.
Die GRÜNEN tun sich verdammt schwer in dem Bereich, das anzuerkennen. Gehen Sie doch bitte endlich einmal den Schritt, und versuchen Sie, mit normalen Aspekten, mit normalen Argumenten, mit Logik heranzugehen und nicht mit Gefühlswelten, mit Gänsehautpolitik. Das bringt uns keinen einzigen Schritt weiter.
Dann haben wir die Möglichkeit, die Preise zu minimieren. Nur so, auf einem richtigen Weg, sind wir gemeinsam in der Lage, sinnvolle Ziele zu erreichen. Darum werben wir, darum werbe ich.
Das Wort hat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Hartenfels. Sie haben noch 7 Minuten, Herr Hartenfels.
Vielen Dank. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass ich noch 7 Minuten habe, um den einen oder anderen Aspekt zu beleuchten, der ein wenig unterbelichtet war.
Herr Brandl, vorneweg möchte ich einen Begriff noch einmal aufgreifen. Sie haben ein bisschen spöttisch über die bewusstseinserweiternden Maßnahmen bei diesem Haushaltstitel gesprochen. Ich könnte mir schon vorstellen, dass der eine oder andere Kollege im Haus nicht schlecht beraten wäre, bewusstseinserweiternde Maßnahmen in Angriff zu nehmen, gerade bei Ihren Wortbeiträgen zum Thema „Wachstum“.
Da habe ich immer noch den Eindruck, Sie kommen nahtlos aus den 60er- oder 70er-Jahren, greifen immer wieder nur diesen alten Wachstumsbegriff auf und haben nach wie vor nicht verstanden, dass die Welt in der Debatte schon viel weiter ist, über qualitatives Wachstum nachdenkt und versucht, das zu definieren.
Da bin ich ausdrücklich sehr froh, dass Rheinland-Pfalz über eine Wirtschaftsministerin verfügt, die versucht, genau diese Botschaft ins Land zu tragen und die De
batte zu führen, was eigentlich nachhaltiges und qualitatives Wachstum heißt, weil dieser Globus begrenzt ist, weil er endlich ist und weil wir Verantwortung übernehmen müssen, auch für die Menschen, die nach uns kommen. Das sei kurz nur einmal vorweggestellt zu Ihrer Anmerkung zu bewusstseinserweiternden Maßnahmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir leben heute in einer Welt, in der lediglich 15 % der Menschen über 50 % der Rohstoffe verbrauchen. Da sind wir genau bei dem Thema, das ich eingangs schon angesprochen habe. Wir gehören zu diesen 15 % und verknüpfen unseren Wohlstand immer noch mit einem viel zu hohen Ressourcenverbrauch.
Das hat nicht nur ökologische Konsequenzen, sondern es hat auch ökonomische Konsequenzen. Gerade für Deutschland, für ein rohstoffarmes Land, bedeuten steigende Rohstoffpreise zum Beispiel natürlich auch immer mehr Wettbewerbsnachteile. Deswegen nenne ich an dieser Stelle ein paar Zahlen.
Deutschland hat allein im letzten Jahr für 140 Milliarden Euro Rohstoffe importiert. Es hat für etwa 20 Milliarden Euro Rohstoffe im eigenen Land gefördert. Es hat aber nur für 12 Milliarden Euro Rohstoffe recycelt, also für weniger als 10 % dessen, was wir importieren.
Das macht deutlich, dass wir zwar über Kreislaufwirtschaft reden und über Stoffstrommanagement reden, wir aber noch sehr weit davon entfernt sind. Wir müssen hier der Vorreiter sein. Wir müssen hier die Lokomotive sein, weil wir auch nach wie vor einen der höchsten ProKopf-Verbräuche im Rohstoffbereich haben. Das muss natürlich eindeutig umgesteuert werden.
Es geht also um viel Geld in diesem Bereich. Wenn man auf die Produktionskosten der Unternehmen in diesem Bereich schaut, dann sieht man sich darin bestätigt, dass es Sinn macht, dass die Politik vertieft darüber nachdenkt. Heutzutage sind durchschnittlich etwa 43 % der Kosten in der Produktion auf Energie- und Rohstoffkosten zurückzuführen.
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung hat im Jahr 2012 versucht, das mit einer ökonomischen Zahl zu greifen. Das Institut hat festgestellt, über verstärkte Effizienzmaßnahmen in Deutschland könnten die Unternehmer noch etwa knapp 50 Milliarden Euro in diesem Bereich einsparen. Das ist eine Hausnummer, die wir bewerben müssen.
Wir haben gerade über die Energieagentur gesprochen. Die Energieagentur ist zum Beispiel genau in diesem Bereich auch tätig, sich weiter aktiv in unserem Land zu bemühen, dass weitere Schritte folgen.
Wir haben viele Schritte getan, aber es müssen noch weitere Schritte folgen. Dafür braucht es auch aus unserer Sicht eine starke und gut aufgestellte Energieagentur, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir müssen das Rad in diesem Bereich nicht neu erfinden. Das zeigen auch meine Besuche bei vielen Betrieben in Rheinland-Pfalz. Das möchte ich ausdrücklich betonen.
Gerade von den kleineren und mittleren Unternehmen, die nicht über eine eigene Abteilung und über das Knowhow verfügen, tatsächlich in diesem Bereich immer wieder zwei Schritte im Voraus zu denken, bekomme ich zwei Aspekte zurückgespiegelt. Nach wie vor ist es auch ein Stück weit ein Mittelproblem. Man kann nicht immer die Innovationsschritte finanzieren, die man gerne finanzieren möchte.
Zum anderen sagen die Unternehmen auch, sie haben einfach ein Zeitproblem. In der Alltagsbewältigung in den Unternehmen kommen diese Fragestellungen immer noch zum Teil zu kurz. Da muss die Politik einsetzen. Da sind wir gefordert, auch Beratungsangebote bereitzustellen. Da sind wir gefordert, Best-Practice-Beispiele auch zu bewerben und Hilfestellungen zu geben.
Ein exportstarkes Bundesland wie Rheinland-Pfalz – das muss man sich noch einmal vor Augen führen – muss sich auf den internationalen Märkten behaupten. Da geht es nicht nur um hohe Produktqualität, es geht nicht nur um Innovation, sondern es geht auch um möglichst hohe Ressourceneffizienz, damit wir tatsächlich am Weltmarkt in der Zukunft kostengünstig aufgestellt sind. Das möchte ich noch einmal zu bedenken geben, wenn es darum geht, auch differenziert über Wachstum immer wieder nachzudenken.
Wir haben mit der Schwerpunktsetzung im vorliegenden Doppelhaushalt sichergestellt, dass trotz der notwendigen Einsparungen dieses zukunftsweisende Thema der Ressourceneffizienz auch weiterhin stark verfolgt werden kann.
Ich möchte noch einmal ein paar Stichworte aufgreifen, einmal das Landesprojekt EffCheck, bei dem es um Stoffstrommanagement in den Betrieben geht. Es geht um EffNet, das Effizienznetz in Rheinland-Pfalz. Es geht um die Energieagentur, was ich schon angesprochen habe, aber es geht auch zum Beispiel um den Ansatz, die Forschungs- und Beratungsstrukturen im Bereich der Ressourceneffizienz in Rheinland-Pfalz durch Förderung von Cluster- und Netzwerkstrukturen zu verstärken.
Der Kollege hat diesen Bereich auch schon angesprochen. Ich denke, das ist eine der wirklichen Stärken in Rheinland-Pfalz, die in den letzten Jahren zunehmend intensiv weiterentwickelt worden sind und bei denen wir auch gute Rückmeldungen von den Betrieben bekommen, die das begrüßen.
Exemplarisch möchte ich aus meinem Heimatbereich die Vorhaben ansprechen, die zum Forschungs- und Entwicklungsbereich Ressourceneffizienz an der Technischen Universität in Kaiserslautern laufen. Das ist ein Beispiel dafür, wie wir diese Fragestellung auch in den Forschungs-, universitären und Hochschulbereich hineintragen können.