Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

Ich erteile Herrn Kollegen Hering von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Kollege Brandl, wenn man über differenzierte Diskussionen spricht und dann sagt, welche Flüchtlingskinder in der Lage sind, Kindergartenbeiträge zu zahlen, soll man sehr vorsichtig sein.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Wer zu uns kommt, weil er in Regionen aus politischen, religiösen oder anderen Gründen verfolgt wird, ist häufig nicht in der Lage, zunächst für den Unterhalt zu sorgen. Wir sind dann froh, ihm die Einrichtungen zur Verfügung stellen zu können.

(Zurufe von der CDU)

Ich komme noch zur differenzierten Darstellung. Herr Kollege Konrad hat von Zuwanderern gesprochen. Diese sind häufig in der Lage, die Gebühren zu zahlen, die Sie ihnen abverlangen, weil sie in höherem Maß als andere sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Da wir das in Rheinland-Pfalz nicht machen, besuchen die Kinder von zugewanderten Menschen in höherem Maß eine Kindertagesstätte als in anderen Bundesländern.

Das ist Fakt. Das wollen Sie vielleicht nicht wahrhaben. Deswegen haben Sie von Flüchtlingen gesprochen. Seien Sie sauber. Das ist eine differenzierte Diskussion. Ich werde das sachlich und vernünftig darstellen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Bracht und Baldauf, CDU)

Es geht darum, welche Signale aus welchen Debatten im Ausland gesendet werden.

(Baldauf, CDU: Das ist wohl wahr!)

Mit Sicherheit ist die Debatte, die die CSU aus populistischen Gründen angestoßen hat, nicht in der Lage, für den Standort Deutschland zu werben. Wir wollen diese differenzierte Diskussion. Das ist genau das, was der DGB und die BDA in ihrer Erklärung angemahnt haben.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist von Teilen der Union – ich klammere bewusst die rheinland-pfälzische CDU aus; Sie haben sich dem nicht angeschlossen – bewusst ausgeführt worden. Durch die übertriebenen Befürchtungen über massenhafte Zuwanderungen im Sozialsystem verpassen wir jede Chance, gut qualifizierten Fachkräften das notwendige Signal zu senden.

(Glocke des Präsidenten)

Wir wollen das Signal senden, dass die Fachkräfte in Deutschland und Rheinland-Pfalz willkommen sind.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Damit schließe ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde. Ich begrüße nach längerer Zeit unseren Kollegen Günther unter uns. Seien Sie herzlich willkommen! Wir sind froh, dass Sie wieder da sind.

(Beifall im Hause)

Als Gäste auf der Zuschautribüne begrüße ich rüstige Rentner aus Odernheim – das ist ein besonderer Gruß wert – und Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Realschule plus aus Eisenberg. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Erhalt wohnortnaher Schulstrukturen – Ergebnisse der ersten Überprüfungen kleiner Realschulen plus“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/3211 –

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Brück das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute können wir aktuell über ein sehr schönes Thema in der Bildungspolitik diskutieren. Anfang Mai 2013, also vor ca. neun Monaten, hat das Bildungsministerium die

Leitlinien zum Erhalt kleiner Realschulen plus bekannt gegeben. Dies war notwendig geworden, um den Schulträgern dauerhaft demografiefeste Planungssicherheit für die Schulentwicklungsplanung zu geben, da im Schulgesetz festgeschrieben wurde, dass Realschulen plus mindestens drei parallele Klassen haben müssen und Ausnahmen nur aus siedlungsstrukturellen Gründen möglich sind.

Bereits jetzt haben Schulträger vorab im Vorgriff auf die eigentliche hausinterne Überprüfung des Ministeriums, die ab dem nächsten Schuljahr im Herbst dieses Jahres stattfinden wird, Ausnahmeanträge gestellt. Drei gestellte Anträge sind geprüft und positiv beschieden worden. Ein vierter Antrag befindet sich derzeit in Prüfung. Für die drei betroffenen Schulen in Kell, Waldrach und Thalfang war das eine positive Weihnachtsnachricht.

Schauen wir einmal zurück. Wie war das im Mai 2013? Ich höre jetzt noch die Pressemitteilung, sehe die Schlagzeilen und höre das Geschrei der CDU vom letzten Frühjahr, als die Leitlinien veröffentlicht wurden. Es wurde von einem Schulschließungsprogramm, von einem bildungspolitischen Kahlschlag, einem Desaster und davon gesprochen, 40 % der Realschulen plus seien von der Schließung bedroht. Die Rücknahmen der Leitlinien wurden gefordert. Es wurden sogar Schulnamen in unverantwortlicher Weise gestreut.

Die CDU behauptete, die Schulträger und Schulen seien verunsichert. Wer hat die Schulen, die Eltern und die Schulträger verunsichert? Das war niemand anders als die CDU mit der ewig gleichen Masche. Sie hat nämlich Emotionen und Ängste geschürt, wider besseres Wissen Gerüchte in die Welt gesetzt und Skandale herbeigerufen, wo keine sind. Dieses Verhalten zieht sich wie ein roter Faden durch alle bildungspolitischen Themen, ob bei der Selbstverantwortung in den Schulen, der Inklusion und der Unterrichtsversorgung.

(Beifall der SPD)

Ich könnte die Liste weiter fortsetzen. Es kommen keine eigenen Vorschläge der CDU. Es wird nur skandalisiert. Eine seriöse Politik sieht anders aus.

Die Kommunalpolitiker der CDU vor Ort sind schon weiter als die Landtagsfraktion. Zwei der drei Schulen liegen im Landkreis Trier-Saarburg. Schulträger ist Herr Landrat Schartz. Ich glaube, er ist der CDU sehr wohl bekannt. Er hätte die Anträge wohl kaum gestellt, wenn er von einer Ablehnung ausgegangen wäre. Er will die Schulen unterstützen, wie aus der Pressemitteilung der Kreisverwaltung hervorgeht.

In Thalfang wurde im Verbandsgemeinderat auf Antrag der SPD-Fraktion ein einstimmiger Beschluss aller Fraktionen für einen Ausnahmeantrag gefasst, um der Schule Planungssicherheit zu geben und eine Basis für weitere Entwicklungen auch im Schulbau zu haben. Auch wir haben erwartet, dass der Antrag genehmigt wird, weil wir die gute pädagogische Arbeit der Schule und die Entwicklung der letzten Jahre kennen. Wir haben viele gute positive Gespräche geführt.

In allen drei fertig geprüften Fällen haben die Kriterien der Leitlinien gezogen. Die Prüfung erfolgt in einem abgestuften Verfahren. Die Landesregierung hat nun bewiesen, dass die Wahl dieser Kriterien für ein wohnortnahes Angebot an Realschulen plus mit Augenmaß, ausgewogen und sensibel vorausschauend auf die Belange der Strukturen im ländlichen Raum erfolgt ist.

So werden Bildungsangebote flächendeckend erhalten und lange Wege vermieden. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wo wir heute wären, wenn wir der Interpretation des Begriffs „demografiefest“ der CDU gefolgt wären oder diese angelegt hätten.

Das hätte geheißen, Hände in den Schoß und die Hauptschulen „weiterwursteln“ lassen. Wie viele Schulen wären dann noch da?

Wer aber wie die CDU herumläuft und bei Schulen von Bedrohung redet, handelt absolut unverantwortlich.

Nach dem Studium der Leitlinien, die uns allen im Ausschuss vorgelegen haben und lange diskutiert wurden und der Antworten auf die Kleinen Anfragen, die die CDU-Kollegen im vergangenen Jahr gestellt haben, müssten Sie alle wissen, nicht überprüft werden solche Schulen, die mindestens in einer Jahrgangsstufe dreizügig sind, und das sind die allermeisten.

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU vom letzten Jahr konnte ich gerade einmal 14 Schulen finden, die in einer Jahrgangsstufe nicht dreizügig sind. 14 von 186 Realschulen plus insgesamt, das sind 7,5 %. Von den 14 sind jetzt schon drei vorab geprüft. Eine vierte steht an. Alle haben noch Zeit zur Entwicklung bis zur Schulstatistik im Herbst. Wo ist das Problem, wo ist der Skandal? – Ich kann keinen finden.

Für uns ist der entscheidende Maßstab für eine gelingende Schulentwicklung die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der pädagogischen Angebote.

(Glocke des Präsidenten)

Das heißt auf Deutsch, überall da, wo es qualitativ vertretbar ist, wollen wir Schulstandorte erhalten. Der Beweis ist angetreten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Dickes, Sie haben das Wort. – Bitte schön.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz auf den Titel der Aktuellen Stunde eingehen, der heißt „Ergebnisse der ersten Überprüfungen kleiner Realschulen plus“.

Ziel einer Aktuellen Stunde ist die Diskussion und nicht ein Vortrag, Frau Brück. Wenn Sie über Ergebnisse

referieren, die dem Rest dieses Hohen Hauses nicht vorliegen, die den Lehrerverbänden und dem Hauptpersonalrat nicht vorliegen, kann man nicht von einer Diskussion über Ergebnisse sprechen.

(Beifall der CDU – Baldauf, CDU: Hört, hört!)

Ich muss für uns als CDU-Fraktion feststellen, dass diese Informationspolitik seitens der Regierung offensichtlich im Kreise der SPD-Fraktion und GRÜNENFraktion anders funktioniert. Es ist eine Zweiklassengesellschaft in diesem Hause. Normalerweise lehnen Sie so etwas ab, aber gut, hier ist es so. Für mich ist es nicht das, was Frau Ministerpräsidentin Dreyer bei ihrem Amtsantritt angekündigt hat, nämlich eine offenes, faires Miteinander und Transparenz.

(Beifall der CDU)

Deswegen war es so, dass wir überlegt haben, diese Aktuelle Stunde gar nicht halten zu können; denn uns liegen – wie gesagt – die Ergebnisse nicht vor. Da aber bei diesem Thema so einiges im Argen liegt, sind wir froh, dass wir es überhaupt aussprechen können.