Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, auch bei dem wichtigen Thema Fachkräftesicherung ist es nicht gelungen, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Ich will das begründen: Die Forderung der CDU war nämlich, schriftlich zu fixieren, dass wir eine 100 %ige Unterrichtsversorgung garantieren. Das ist jetzt auch in dem Ergänzungsantrag festgeschrieben worden.
Lieber Kollege Brandl, auch wenn hier das Ziel und der Wunsch formuliert werden, eine Unterrichtsversorgung von 100 % zu garantieren, müssen Sie die Fakten akzeptieren, zum Beispiel, dass wir in der Metallbranche unbesetzte Lehrerstellen haben und dies ein bundesweites Problem ist, wir bundesweit händeringend nach Lehrern für die berufsbildenden Schulen suchen, die jetzt aber verstärkt in die Wirtschaft gehen und nicht für die berufsbildenden Schulen zur Verfügung stehen. Deshalb sage ich, was die 100 %ige Unterrichtsversorgung betrifft: Es wäre eine Farce, wenn wir den Leuten vorgaukeln würden, dass wir das umsetzen können. Man findet für manche wichtigen Felder der Berufsschulen nicht die notwendigen Lehrer. Das ist aber nicht allein ein Problem von Rheinland-Pfalz, sondern das ist ein bundesweites Problem, das wir gemeinsam angehen sollten.
Die Landesregierung – Frau Ministerin Ahnen – hat eine Initiative gestartet, um verstärkt Lehrer für die berufsbildenden Schulen anzuwerben. Ich bin sicher, dass diese Kampagne greifen wird. Aber wir stehen da nicht allein; das ist ein bundesweites Problem. Daran kommen auch Sie in der Diskussion nicht vorbei. Eine Versorgung von 100 % ist eine Farce.
Wir bleiben bei dem Antrag. Wir bedauern es sehr, dass sich die CDU hier verweigert hat und sich dem – mit
Wir sind Ihnen sehr weit entgegengekommen und haben die berufsbildenden Schulen bewusst in den Antrag aufgenommen. Leider war es Ihnen nicht möglich, sich hier anzuschließen. Trotzdem bleiben wir bei unserem Antrag für eine Zukunftssicherung des Handwerks.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich darf mich bei SPD und GRÜNEN für den Antrag zur Stärkung des rheinland-pfälzischen Handwerks bedanken. Er gibt uns tatsächlich noch einmal die Gelegenheit, hier über die Anforderungen für eine gute Nachwuchs- und Qualitätssicherung im Handwerk zu diskutieren.
Ich bin auch den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses dankbar, dass wir uns darin einig waren, dass sich die Debatte seit der Einbringung des Antrags ein Stück weiterentwickelt hat. Somit sprechen wir heute auch über die Rolle der berufsbildenden Schulen bei der Nachwuchs- und Qualitätssicherung im Handwerk.
Die im Originalantrag aufgeführten Punkte, die auch in dem jetzt vorgelegten Änderungsantrag stehen, können wir aus unserer Sicht durchaus unterstützen. Es ist von einer langfristigen finanziellen Unterstützung bei der Modernisierung der Berufsbildungszentren die Rede. Auch wenn wir uns eine schnellere und höhere Bezuschussung der Projekte im Land gewünscht hätten und das in den Haushaltsberatungen auch so beantragt haben, sind wir uns doch, was die Berufsbildungszentren angeht, im Grundsatz einig.
Auch die Weiterentwicklung der Berufsorientierung an den weiterführenden Schulen – der Kollege Guth hat es angesprochen – ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. Ich kann an der Stelle noch einmal betonen, dass wir in den weiterführenden Schulen einfach mehr Praxiserfahrung brauchen. Deshalb sind wir auf das Pilotprojekt, das in Ihrem Antrag angekündigt wird, sehr gespannt.
Auch beim Kampf gegen eine Aufweichung der Handwerksordnung oder bei den Bestrebungen, den Meisterstatus zu relativieren, sind wir uns einig. Ich kann für die CDU-Fraktion noch einmal feststellen: Wir stehen klipp und klar zur dualen Ausbildung und auch zur Meisterausbildung im Handwerk. Hier gibt es kein Abrücken.
Aber – Herr Kollege Guth, Sie haben es schon angeführt – zur Gretchenfrage wird für uns letztendlich die Rolle der berufsbildenden Schulen. Wie sieht das in Rheinland-Pfalz aus? – In den letzten zehn Jahren verharrte der Unterrichtsausfall an den berufsbildenden Schulen auf einem erschreckend hohen Niveau. Im Gegensatz zu den letzten Plenarsitzungen spare ich mir diesmal das Vorlesen. Frau Brede-Hoffmann ist nicht anwesend; von daher ist der Geräuschpegel etwas erträglicher.
Aber wir wissen alle, dass der Unterrichtsausfall zwischen 6 % und 7 % lag und im Moment noch bei 5,5 % liegt. Letztendlich zeigt die Praxis, dass gerade die Förder- und Differenzierungsangebote kaum umgesetzt werden können, da die Schulen diese Stunden nutzen, um andere Löcher zu stopfen.
Auch der Lehrermangel in den Mangelfächern – Sie haben es angesprochen, Herr Guth – wurde immer noch nicht zufriedenstellend gelöst. Unsere Vorschläge – wir hatten hier konkrete Vorschläge gemacht, etwa eine flexiblere Besoldung oder entsprechende Übernahmegarantien bei Mangelfächern – wurden ignoriert und ebenfalls nicht umgesetzt. Von daher macht man es sich hier zu leicht, wenn man sagt: Das ist ein Thema, das wir nicht lösen können. – Doch wenn man die richtigen Maßnahmen trifft, ist es möglich, hier gegenzusteuern.
Wenn man sich diese Entwicklung anschaut und dann eine Pressemeldung von Ihnen, Frau Ministerin Ahnen, liest, dann habe ich mich doch sehr gewundert. Laut Ihrer Pressemitteilung ist es so, dass die Expertengruppe zur Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen bis 2024 – also für die nächsten zehn Jahre – empfohlen hat, auf einer nur 98 %igen Unterrichtsversorgung zu verbleiben. Für mich war es, ehrlich gesagt, ziemlich unglaublich. Deshalb habe ich hier noch einmal das Zitat – Sie können es nachlesen, es ist Ihre eigene Pressemeldung –; es heißt: „Zu den Anregungen,“ – Achtung, jetzt kommt es – „die nur durch längerfristige und kontinuierliche Anstrengungen umzusetzen seien, zähle beispielsweise die Empfehlung, innerhalb der kommenden zehn Jahre den Versorgungsgrad der berufsbildenden Schulen bei der strukturellen Unterrichtsversorgung auf 98 Prozent anzuheben.“ – Das heißt, in den nächsten zehn Jahren bis 2024 wollen Sie den Unterrichtsausfall auf maximal 2 % reduzieren.
Das kann doch an der Stelle nicht Ihr Ernst sein. Wir haben an dieser Stelle aktuell einen Unterrichtsausfall von 5,5 %. Ihre Zielmarke sind 3 % Unterrichtsausfall. Dann sagen Sie, über 2016 hinaus bis 2024 soll der Unterrichtsausfall nur um ein weiteres Prozent reduziert werden. Das ist aus unserer Sicht sehr befremdlich, und wir müssen das aufs Schärfste kritisieren.
An der Stelle möchte ich zum Hintergrund noch einmal eine weitere Zahl nennen. Von 2011 bis 2021 verringert sich die Zahl der Berufsschüler um ca. 25 %. Da können Sie uns doch nicht glauben machen, dass wir bis 2024 nicht dahin kämen, dass der Unterrichtsausfall tatsächlich auf null gesetzt werden könnte. Wir glauben daran, mit den richtigen Maßnahmen wäre es ein Leichtes, hier an der Qualitätsschraube zu drehen und so die Unterrichtsversorgung und die Qualität deutlich zu stärken. Dies würde auch zur Qualitätssicherung und zur Zukunftssicherung des Handwerks beitragen.
Frau Ministerin Lemke, auch in diesem Zusammenhang noch einen Satz zu Ihnen. Frau Lemke, Sie haben in der letzten Plenarsitzung mit einem Beispiel aus Ihrem Familienleben den Zusammenhang zwischen attraktiver dualer Ausbildung und dem Unterrichtsausfall an den Berufsschulen verneint. Ich bin damals nicht mehr hier ans Pult getreten, aber das möchte ich doch noch einmal mit Nachdruck zurückweisen.
Eine vollständige Unterrichtsversorgung wäre nämlich auch ein klares Signal, dass die Landesregierung es mit einer Stärkung der beruflichen Schulen ernst meint. Dafür werben wir einfach, dass Sie diese blumigen Ankündigungen, die Sie hier jetzt auch in diesem Antrag formulieren, letztendlich auch in die Tat umsetzen. Das ist das, was letztendlich in Rheinland-Pfalz fehlt. Die Kluft zwischen Ankündigung und Realität ist auf diesem Sektor einfach zu groß geworden.
Meine Damen und Herren zum Schluss möchte ich einfach noch einmal zusammenfassen, warum es uns wichtig war, hier diese 100 % zu verankern. Wenn Sie sich – wie zitiert, Frau Ministerin – von dem Ziel einer vollständigen Unterrichtsversorgung verabschieden, legitimieren Sie quasi einen strukturellen Unterrichtsausfall. Dadurch erwächst auch die Gefahr, dass draußen in der gesellschaftlichen Diskussion die berufliche, die duale Ausbildung weniger wertgeschätzt wird, wenn klar ist, der Unterrichtsausfall ist legitimiert und läuft an der Stelle mit. Deshalb bleiben wir dabei, für uns ist es wichtig, eine 100 %ige Unterrichtsversorgung zu haben. Dafür stehen wir.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist jetzt ein bisschen der Versuch gewesen, aus einer Handwerksdebatte eine Bildungsdebatte zu machen. Ich glaube, wenn wir diese Debatte spezifisch führen wollen, dann sollten wir sie auch mit entsprechenden Anträgen und Vorlagen stüt
zen. Ich glaube, es ist ganz sinnvoll, sich über das Konzept, das die Bildungsministerin hier angekündigt hat, noch einmal näher zu unterhalten.
Ich will aber hier explizit über das Handwerk reden; denn für ein erfolgreiches Handwerk in Rheinland-Pfalz wollen wir Nachwuchs und Qualität sichern, meine Damen und Herren.
Das Handwerk trägt in wesentlichen Teilen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit in diesem Land bei. Deshalb haben wir dies von den Fraktionen der GRÜNEN und der SPD zusammen mit dem Kollegen Jens Guth immer hier von dieser Stelle aus betont und auch in entsprechenden Anträgen festgelegt.
Die Bedeutsamkeit des Handwerks kommt auch in der Politik des Wirtschaftsministeriums eindeutig zum Ausdruck. Wir sprechen über einen Antrag, der ursprünglich begleitend zum Landeshaushalt eingebracht worden ist. Darum sollten wir auch noch einmal in Erinnerung rufen, welche relevanten Themen zu dieser Zeit anstanden:
Es geht um die Frage der Modernisierung der Berufsbildungszentren, es geht um die Frage der stärkeren beruflichen Orientierung an Schulen, und es geht auch um die Frage der Sicherung der Qualität der Aus- und Weiterbildung im Handwerk, meine Damen und Herren.
Wichtig ist, dass wir die Arbeit in den Berufsbildungszentren der Handwerkskammern unterstützen, insbesondere das Engagement in der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung. Darum fördern wir die Kammern bei der Modernisierung der Berufsbildungszentren, und darum wollen wir die Finanzierung dieser Maßnahmen und Vorhaben langfristig sicherstellen.
Wichtig ist ebenso, dass wir die Berufsorientierung an Schulen verstärken. Deshalb wollen wir hier wegweisende Modellprojekte und Vorhaben unterstützen, die die Vielseitigkeit des Handwerks als Berufsbild aufzeigen, und dies in allen Schulformen darstellen.
Wichtig ist außerdem, dass wir die Qualität der handwerklichen Berufsbilder bewahren und sichern und daher bei den qualitativen Anforderungen – dazu gehört ausdrücklich auch der große Befähigungsnachweis, vulgo der Meisterbrief – keinen falschen Rabatt geben, meine Damen und Herren.
Nun haben wir diesen Antrag noch einmal intensiv im Ausschuss erörtert. Es wäre ein gutes Zeichen gewesen, wenn die Oppositionsfraktion der CDU hier ihren Ankündigungen im Ausschuss gefolgt wäre und wenn wir mit einem gemeinsamen Hinweis und einem gemeinsamen ergänzenden Antrag das Thema der Unterrichtsversorgung an berufsbildenden Schulen im Antrag ergänzt hätten, meine Damen und Herren.
Wir nehmen immer gerne Anregungen auf, die in der Sache begründet sind. Wir suchen in aller Sachlichkeit geeignete Lösungen. Ich bedauere daher sehr, dass es an dieser in der Sache nicht begründbaren Formulierung
Für uns ist klar: Wir wollen das Thema Unterricht an berufsbildenden Schulen angehen. Wir werden die begonnen Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung fortführen und die Empfehlungen der Expertenkommission zur Weiterentwicklung der berufsbildenden Schule zeitnah prüfen und umsetzen. Mein lieber Herr Kollege Brandl, darum greift Ihr Antrag eindeutig zu kurz. Es geht nicht nur um eine quantitative Stellenzahl; hier geht es um Qualität und um Flexibilität im System.
Meine Damen und Herren, es nutzt überhaupt nichts, wenn Metallbauer und Ingenieure fehlen, dafür Diplomkaufleute einzustellen. Das ist eine Scheinlösung. Deswegen sind wir auch nicht bereit, dem zuzustimmen.
Sie haben sich an diesem Punkt um eine ernste und sachliche Auseinandersetzung und Widmung der Problematik herumgedrückt, intellektuell ein wenig zurückgelehnt und gesagt: Mehr Stellen, mehr Personal, mehr Ausgaben, das soll uns genügen. – Das genügt uns nicht; denn wir sind an der ernsthaften Verbesserung der Situation an den berufsbildenden Schulen interessiert, meine Damen und Herren.