Protokoll der Sitzung vom 20.02.2014

Bayern 1,638 Milliarden Euro – 131 Euro pro Einwohner, Hessen 634 Millionen Euro – 105 Euro pro Einwohner, Rheinland-Pfalz 295 Millionen Euro – 74 Euro pro Einwohner, Baden-Württemberg 739 Millionen Euro – 70 Euro pro Einwohner, Schleswig-Holstein 146 Millionen Euro – 52 Euro pro Einwohner, Saarland 50 Millionen Euro – 51 Euro pro Einwohner, Niedersachsen 285 Millionen Euro – 37 Euro pro Einwohner, Nordrhein-Westfalen 448 Millionen Einwohner – 26 Euro pro Einwohner.

Ich sage, die Aussagekraft dieser Tabelle muss relativiert werden, weil Daten zu möglichen Ausgliederungen anderer Länder nicht berücksichtigt sind, weil sie nicht zugänglich sind und statistisch in der Kürze der Zeit nicht abgefragt werden konnten.

So weit die Beantwortung der Anfrage.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schreiner.

Vielen Dank, Herr Minister. Hat bei aller Unschärfe der Statistik die Landesregierung Kenntnis davon, dass während Rheinland-Pfalz 545,7 Millionen Euro Nettokreditaufnahme ausweist, die Länder Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen und Berlin Schulden zurückzahlen, und zwar in Höhe von insgesamt 7,8 Milliarden Euro? Wie beurteilt das die Landesregierung angesichts der Nettokreditaufnahme von 545,7 Millionen Euro?

Herr Schreiner, ich kann Ihre Aussage nicht bestätigen. Ich glaube, in Ihrer Aufzählung war Hessen mit drin. Das würde mich sehr wundern. Ich weiß, dass Sie gerne über den Rhein blicken und immer sagen, schauen Sie dahin, das ist ein Best-Practice-Beispiel. Ich habe die Erklärung des hessischen Finanzministers zu seinem Haushaltsabschluss mitgebracht. Der hessische Finanzminister sagt, er habe eine Milliarde Euro Nettokreditaufnahme gemacht. Es lässt sich dann also schlecht zurückzahlen. Das kann nicht funktionieren.

Er hat noch etwas anderes gemacht, was ich faszinierend fand. Ich bin gespannt, was die CDU-Fraktion in Hessen damit macht. Er hat eine halbe Milliarde Euro Rücklagen aus dem Haushaltsabschluss gebildet. Sie erinnern sich? Rücklagenbildung aus einem Haushaltsabschluss haben wir im Jahr 2008 einmal gemacht. Daraufhin hat uns die CDU-Fraktion erstmals in der Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz die Entlastung verweigert. Ich habe die Presseerklärung von Ihnen dabei. Es ist genial. Ich will sie hier gar nicht verlesen.

Wenn sich das die Kollegen in Hessen zu eigen machen, dann entsteht die kuriose Situation, dass sie im Grunde genommen ihren eigenen Finanzminister für einen Haushalt nicht entlasten werden, den er irgendwann in zwei Jahren zur Entlastung vorlegen wird. Ich verstehe den Kollegen Schäfer im Übrigen, weil es ein guter Mann ist. Der weiß, was er tut. Wir haben es damals auch gewusst. Ich wollte es Ihnen nur bei der Gelegenheit mitteilen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Schreiner, aber es ist völlig richtig. Ich nehme das Beispiel Hessen raus. Sie haben ein paar andere Länder genannt. Ostdeutsche Länder und Bayern haben sicherlich Überschüsse erzielt und haben Schulden zurückgeführt. Ich habe Ihnen erläutert, dass Rheinland-Pfalz, was die Kreditaufnahme bei Dritten betrifft, außerhalb bei sich selbst, außerhalb beim Pensionsfonds, ebenfalls getilgt hat. Stellen Sie sich einmal vor, diese Länder hätten in der Größenordnung von Rheinland-Pfalz Pensionsfondszuführungen gemacht, also würden gleiche Absicherungssysteme wählen. Ich habe mir angeschaut, wer das überhaupt noch macht. Das sind ganz wenige. Viele haben es abgeschafft, manche haben es ausgesetzt. Bayern oder Hessen haben gesagt, wir warten ein Jahr. Wir sollten das mittlerweile auch überlegen, weil die politische Diskussion in dem Bereich schief wird.

Rheinland-Pfalz hat rund 500 Millionen zugeführt. Das Land, das 2013 am zweitmeisten an den Pensionsfonds zugeführt hat, ist Nordrhein-Westfalen mit 340 Millionen Euro. Jetzt ist Nordrhein-Westfalen viermal so groß wie Rheinland-Pfalz. Das heißt, sie hätten weit über 1 Milliarde Euro zuführen müssen, um es vergleichbar zu haben. Baden-Württemberg, deutlich größer als Rheinland-Pfalz, hat 184 Millionen Euro zugeführt. Bayern hat in 2013, nachdem sie dreimal ausgesetzt haben, wieder angefangen. Bayern weist 108 Millionen zu 500 Millionen Euro in Rheinland-Pfalz aus.

Wenn wir diese Zahl, die sozusagen keine Auswirkungen auf die aktuelle Kreditaufnahme am Kapitalmarkt durch Dritte hat, herausrechnen, können wir RheinlandPfalz getrost in den Reigen der Länder aufnehmen, die Kredittilgungen vorgenommen haben, weil sie Überschüsse produziert haben.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Wansch.

Herr Minister, die Schuldentilgung hat natürlich auch immer etwas mit der Einnahmesituation zu tun. Vor diesem Hintergrund frage ich, auch mit Blick auf den Länderfinanzausgleich: Wie sieht es eigentlich mit der Steuerkraft und damit auch mit der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes gerade im Zusammenhang mit dem Länderfinanzausgleich aus?

Um das einmal so zu beantworten: Wenn ich mir noch einmal die von Herrn Schreiner angesprochene Reihe der Länder, außer Hessen, in Erinnerung rufe, die offensichtlich ausgeglichene Haushalte haben – vergessen wir einmal die Geschichte mit dem Pensionsfonds –, stelle ich fest, dass es sich um die ostdeutschen Länder und um Bayern handelt. Die ostdeutschen Länder bekommen, wenn das System in seinen drei Stufen abgewickelt ist, alle einen Finanzkraftausgleich von über 700 Euro pro Kopf, außer Brandenburg, das 562 Euro pro Kopf bekommt. Alle anderen bekommen über 700 Euro pro Kopf. Rheinland-Pfalz bekommt 7 Euro, und die erhält es nur über den vertikalen Finanzausgleich, nicht über den horizontalen. Da, wo die Länder untereinander ausgleichen, ist Rheinland-Pfalz Nettozahler. Wenn die vertikale Zuweisung – die Bundesergänzungszuweisung – hinzugenommen wird, bekommen wir 7 Euro pro Kopf hinzu.

Ich beklage das nicht; denn ich bin für ein solidarisches Ausgleichssystem. Ich bin nicht der Auffassung wie in Bayern, dass man das nicht benötigt. Aber die Sachsen, die eine der unseren vergleichbare Einwohnerzahl haben und die uns immer als leuchtendes Beispiel vorgehalten werden, bekommen 743 Euro pro Kopf. Kein Land bekommt mehr. Anstelle von Herrn Tillich wäre ich da manchmal etwas bescheidener, wenn es darum geht, den anderen kluge Ratschläge zu geben, wie sie ihre Haushalte konsolidieren.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Steinbach.

Herr Staatsminister, die CDU hat hier ausdrücklich einen Ländervergleich erbeten. Ich unterstelle der CDU dabei

die Absicht, es so aussehen zu lassen, als ob wir besonders schlecht wären.

Aber jetzt ziehe ich einmal einen ganz anderen Vergleich: Wie war das denn mit der Nettokreditaufnahme im Jahr 2013 im Bund? Was war da der Plan, und wo hat 2013 der Bund in welcher Höhe eine Nettokreditaufnahme abgeschlossen?

Das ist eine interessante Frage. Während Herr Schreiner immer ein bisschen nach Hessen schaut, war Herr Weiland im letzten Jahr immer derjenige, der mir Herrn Schäuble als Vorbild präsentiert und gesagt hat: Mein Gott, der kann das doch auch.

(Pörksen, SPD: Das war letztes Jahr!)

Der hatte eine Planung für eine Kreditfinanzierungsquote, die ungefähr so hoch – ein bisschen niedriger – wie die des Landes Rheinland-Pfalz lag. Nur, gelandet ist er wesentlich unsanfter, muss man sagen. Er hat seine Nettokreditaufnahme in Relation zu seinem Haushaltsvolumen auch nur minimal zurückführen können. Aber bei der Kreditfinanzierungsquote, also dem Anteil der kreditfinanzierten Ausgaben, ist es so, dass beim Bund im Haushaltsjahr 2013 die Kreditfinanzierungsquote doppelt so hoch ist wie im Land Rheinland-Pfalz.

Jetzt mögen Sie auf die Idee kommen zu sagen: Na ja, der Schäuble muss jetzt mit der SPD regieren. – Aber das ist erst seit dem 22. Dezember 2013 so. Selbst die SPD schafft es nicht, Herrn Schäuble in zehn Tagen den 2013er-Haushalt kaputt zu machen. Von daher muss das irgendetwas mit Schwarz-Gelb oder vielleicht auch etwas mit einer Bundestagswahl zu tun haben, vor der man nicht richtig Lust hatte zu sparen, schon gar nicht im Haushaltsvollzug.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Weiland.

Herr Minister, wie erklären Sie den Zusammenhang, dass Ihre von Ihnen als so erfolgreich dargestellte Haushaltspolitik in Rheinland-Pfalz dazu geführt hat, dass die Pro-Kopf-Verschuldung in Rheinland-Pfalz mit über 8.000 Euro pro Rheinland-Pfälzerin und RheinlandPfälzer um 41 % über dem Durchschnitt aller anderen Flächenländer liegt?

Wenn man über den Schuldenstand redet, redet man über die Vergangenheit. Das heißt, man redet über 40 – – –

(Dr. Weiland, CDU: Nein!)

Schuldenstand: Der Schuldenstand ist die Kumulation, das Aufaddieren von Neuverschuldungen in den Jahren seit Bestehen des Landes Rheinland-Pfalz.

(Dr. Weiland, CDU: Das ist richtig!)

Zunächst haben sich nahezu 40 Jahre lang die CDUgeführten Landesregierungen darum verdient gemacht, den Schuldenstand anzuheben. Seit 20 Jahren ist es auch – – –

(Zurufe von der CDU)

Nennen Sie mir einmal einen ausgeglichenen Haushalt aus CDU-Regierungszeiten. Ich kenne keinen.

(Zurufe von der CDU)

Unsere verfassungsmäßige Aufgabe besteht darin, das strukturelle Defizit, also die Verschuldung in den Jahren 2011 bis 2020, zurückzuführen. Wenn wir sie zurückführen und in diesem Zeitraum immer noch neue Schulden machen, dürfen Sie sich von mir aus bis 2020 jedes Jahr darüber aufregen, dass die Schulden nach oben gehen. Das ist aber simpelste Mathematik. Sie sollten sich einmal mit der Beurteilung anfreunden, inwieweit der Abbau und die damit verbundenen Ziele erreicht werden. Dass wir es geschafft haben – ich habe es Ihnen vorhin vorgetragen –, zwei Drittel dieses Neuschuldenabbaus in nur zwei von zehn Jahren vorzunehmen, ist, wie ich finde, ein extrem gutes Ergebnis.

Im Übrigen fällt mir gerade ein: Soll ich Ihnen die Frage von vorhin zur Diskrepanz bei den Steuereinnahmen noch erklären? Ich war zwischendurch auf meinem Platz und kann es Ihnen jetzt sagen.

Sie haben von der Steigerung der Steuereinnahmen von 2012 auf 2013 geredet

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

ja, das ist doch nicht falsch –, und ich habe den Unterschied zwischen der Veranschlagung 2013 und dem IstZustand 2013 erwähnt. Diese beiden Zahlen müssen logischerweise voneinander abweichen. Insofern haben wir wahrscheinlich beide richtige Zahlen zitiert – die man aber nicht miteinander vergleichen kann.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Weiland.

Herr Minister, sind Sie bereit, anzuerkennen, dass sich nach der eigenen Finanzplanung der rheinlandpfälzischen Landesregierung

(Pörksen, SPD: Sind Sie bereit, anzuerkennen!)

der Gesamtschuldenstand, auf den Sie eben völlig zu Recht abgehoben haben, bis Ende 2020 auf fast 44,8 Milliarden Euro erhöhen wird? Damit hätte sich der

Schuldenstand seit 2002 – nicht seit der Gründung des Landes, sondern seit 2002 – mehr als verdoppelt. Er wäre nämlich um 21,4 Milliarden Euro angewachsen.

Erstens. Wenn wir weiter so gut im Haushaltsvollzug unterwegs sind wie 2013, wird es nicht zu 44 Milliarden Euro Schulden kommen. Wir hatten natürlich in unserer Prognose den Ansatz, und eben haben wir die ganze Zeit darüber geredet, dass wir ihn unterbieten.

Zweitens. Wenn die Neuverschuldung abgebaut und nicht abgeschafft wird, werden wir es logischerweise jedes Jahr erleben, dass der Schuldenstand leicht ansteigt. Das ist relativ simple Mathematik; das kann man auch nicht wegdiskutieren. Das weiß auch jeder. Das passiert im Übrigen in allen Ländern, die momentan noch dabei sind, strukturelle Defizite abzubauen.

Ihren wundersamen Hinweis, dass sich der Schuldenstand in kurzer Zeit verdoppelt, während in den vielen Jahren der CDU-Regierungen offensichtlich nur ein kleinerer Betrag zustande gekommen ist, könnte ich jetzt auch entkräften. Aber das würde, glaube ich, ein bisschen langweilen. Das hat einfach etwas mit Exponentialrechnungen zu tun. Auch das lässt sich relativ einfach durch die Mathematik erklären. Aber ich glaube, das sollten wir jetzt weder uns noch den Kollegen zumuten.

Es gibt noch zwei Zusatzfragen. Dann schließe ich die Liste der Fragenden; denn ich finde, mit einer Dauer von 45 Minuten haben wir das hinreichend besprochen.

Herr Schreiner und Herr Wansch.

Herr Minister, könnten Sie uns bitte, gegebenenfalls schriftlich, mitteilen, wie hoch die Pro-KopfVerschuldung in Rheinland-Pfalz am 1. Januar 1991 war und wie hoch sie am 1. Januar 2014 war?