Berücksichtigung der Lage der Menschenrechte bei internationalen Sportgroßveranstaltungen Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/3301 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es fällt mir angesichts der sich überschlagenden dramatischen Ereignisse in der Ukraine, in Kiew, zugegebenermaßen schwer, die richtigen Worte und den richtigen Einstieg in die Debatte über diesen Antrag zu finden. Ich möchte darauf hinweisen, dass sich die Lage gerade in den letzten Stunden dramatisch zugespitzt hat, vom Innenminister in Kiew scharfe Munition ausgegeben wurde und vor diesem Hintergrund ein solches Thema noch einmal mit einer ganz besonderen Perspektive beleuchtet gehört.
Die Olympischen und die Paralympischen Spiele sollen eigentlich ein Fest und ein Ort der Begegnung und des fairen sportlichen Wettkampfs sein. Zu Recht werden die hervorragenden Leistungen der Athletinnen und Athleten auch bei diesen Olympischen Winterspielen gewürdigt. Leider wird der Spaß am sportlichen Wettkampf bei den Olympischen Spielen in Sotschi aktuell von den undemokratischen Verhältnissen in Russland überschattet. Wir verurteilen scharf, wie mit den in Russland lebenden Minderheiten umgegangen wird. Die Verletzung der Menschenrechte und die homophobe Gesetzgebung in Russland sind nicht hinzunehmen, meine Damen und Herren.
Nicht erst seit Sotchi werden Großereignisse im Sport auch kritisch betrachtet. Es gibt minütlich neue Berichte aus Kiew. Ganz aktuell blicken wir mit großer Sorge nach Kiew in der Ukraine, wo in dieser Stunde derselbe Präsident Janukowitsch, der vor zwei Jahren die Fußballeuropameisterschaft eröffnete, mit größter Brutalität gegen zum größten Teil friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten vorgeht. Auch das schlägt leider gerade in eine Spirale der Gewalt um. Offenbar schreckt Janukowitsch nicht vor einem Bürgerkrieg zurück. Dabei ist noch völlig unklar, inwieweit dieser blutige Einsatz gegen Demokratinnen und Demokraten auch von Russlands Präsident Putin direkt oder indirekt unterstützt wird, der in Sotschi der Weltöffentlichkeit eine heile russische Welt vorspiegelt.
Sotschi ist leider auch ein abschreckendes Beispiel dafür, wie rücksichtslos Natur und Umwelt zerstört wurden, um Sportstätten zu errichten. Das hat mit Nachhaltigkeit und ökologischem Bewusstsein an dieser Stelle leider gar nichts zu tun.
Die Olympischen Winterspiele 2014 wurden eben nicht an einen geeigneten Ort vergeben, sondern direkt an einen Autokraten. Es herrscht ein himmelweiter Unterschied zwischen den hehren Zielen der olympischen Bewegung, die in ihrer Charta jede Form von Diskriminierung verbietet, und den tatsächlichen Zuständen in Russland. Wir fordern, dass jede Einschränkung der Bürgerrechte von Homosexuellen öffentlich benannt und kritisiert wird. Das können und dürfen wir nicht einfach hinnehmen.
Das IOC sollte selbstverständlich jedes Mitglied des Olympiateams unterstützen, wenn sie oder er gesellschaftliche Verantwortung übernehmen will. Es darf nicht sein, dass eine ernsthafte und offene Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen nicht nur von Russland, sondern auch vom IOC unterbunden wird. Genauso unverständlich und genauso scharf zu kritisieren ist, dass das IOC nun den ukrainischen Sportlerinnen und Sportlern, die im Gedenken an die Todesopfer der Straßenkämpfe von Kiew bei ihren olympischen Auftritten Trauerflor tragen wollten, dies unter Hinweis auf seine Statuten verbietet.
Mit unserem Antrag fordern wir die Einhaltung der Menschenrechte und einen diskriminierungsfreien und uneingeschränkten Zugang zum Sport für alle. Wir fordern auch, dass Sportlerinnen und Sportler, die sich für Menschenrechte starkmachen, weder diskriminiert noch sanktioniert werden. In diesem Zusammenhang sind verharmlosende und rechtfertigende Kommentare von nationalen und internationalen Sportfunktionären, wie wir sie leider häufig hören müssen, klar zu verurteilen.
Menschenrechte müssen sich in der Vergabe und in der Vorbereitung auf sowie der Durchführung von sportli
chen Großereignissen wiederfinden. Hierzu bedarf es eines mutigen Bekenntnisses des internationalen Sports, der nationalen Sportverbände sowie der politischen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure. Die Einhaltung der Menschenrechte darf nicht länger ein Tabu des Sports sein. Faire Sportwettkämpfe setzen auch die Wahrung dieser Rechte voraus. Dies ist notwendig, damit der Sport auch weiterhin im Vordergrund stehen kann.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der uns vorliegende Antrag greift zweifellos ein Thema auf, das viele Menschen bewegt und bewegen sollte. Wir alle sind aufgerufen, bei Verstößen gegen Menschenrechte nicht wegzusehen, sondern alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Verbesserungen zu erreichen bzw. Bestrebungen für Veränderungen zu unterstützen. Die Wahrung der Menschenrechte ist unser höchstes Gut.
Weltweit gibt es noch viele Aufgaben. So ist es in der Tat nicht zu leugnen, dass die Beispiele für Großveranstaltungen, die die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angeführt haben, Handlungsbedarf offenbaren. Das galt für die Sommerspiele in Peking und die Fußball-WM in Südafrika, und es gilt auch für Sotschi.
Unserer Fraktion ist bewusst, dass Sportveranstaltungen dieser Größenordnung missbraucht werden können, um Missstände in den Gastgeberländern zu übertünchen. Deshalb ist das für uns konsequent: Die Gastgeber müssen sich zur Wahrung der Menschenrechte bekennen, und nicht nur das, sie müssen auch Transparenz in den Vorbereitungen gewährleisten und die Überprüfung von Menschenrechtskriterien zulassen.
Die Grundlagen dafür sind vorhanden. Vieles ist beispielsweise in der Olympischen Charta festgehalten, auch in der Charta der Vereinten Nationen zur Gleichheit aller Menschen zu ihrem Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zum Sport. Darauf ist auch im vorliegenden Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hingewiesen.
Die Entscheidungen und Diskussionen auf der Ebene der internationalen Sportverbände – sei es nun FIFA oder Olympisches Komitee – haben in der öffentlichen Wahrnehmung dafür gesorgt – das muss ich leider feststellen –, dass die Wertschätzung des organisierten Sports Schaden nimmt. Zu oft ist der Eindruck entstanden, dass in Hinterzimmern mehr über Millioneneinnahmen diskutiert wird als über die politischen Systeme und die Probleme der jeweiligen Bewerberländer. Dies gilt für Peking und Sotschi ebenso wie im Bereich des Fußballs für Katar.
Meine Damen und Herren, die Menschen in unserem Land werden zunehmend kritischer bei der Beurteilung großer Sportveranstaltungen. Die Entscheidung gegen die Olympischen Winterspiele in München ist hierfür sicherlich ein Indiz. Gerade auch im Interesse der vielen Tausend Sportlerinnen und Sportler, der vielen Tausend ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer gilt es, dass auch die Politik ihren Beitrag leistet, Zeichen zu setzen, die über einen reinen Appell hinausgehen.
Meine Damen und Herren, wer glaubt, allein für den wirtschaftlichen Erfolg die Menschenrechtskriterien nicht ernst nehmen zu müssen, darf sich nicht auf die Unabhängigkeit des Sports berufen, wenn er dann kritisiert wird.
Meine Damen und Herren, ob jedoch ein Antrag, der erkennbar versucht, mit auf der jetzt aktuellen Diskussionswelle zu reiten, um auch Schlagzeilen zu machen, der Sache dient, steht sicherlich auf einem anderen Blatt. Die Appelle bei Ihnen unter Abschnitt II und Abschnitt I stellen aus unserer Sicht nur Allgemeinplätze dar und können sicherlich überall und von jedem unterschrieben werden. Anders verhält es sich mit dem Forderungskatalog. Es scheint der Landesregierung anscheinend bis jetzt entgangen zu sein, dass sich die Bundesregierung bereits auf verschiedenen Ebenen – sei es über den zuständigen Sportminister,
sei es über den sportpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eberhard Gienger, oder den Sportausschuss des Deutschen Bundestages – engagiert hat. Auch der Bundespräsident hat deutlich Stellung bezogen.
Meine Damen und Herren, was erreichen wir also mit diesem Appell aus Rheinland-Pfalz? Wäre es nicht besser, sich nach Sotschi in einer konzertierten Aktion mit aktiven Sportlern, Sportorganisationen und der Politik zusammenzusetzen und mit Blick auf Katar eine gemeinsame Position zu entwickeln und eine Bestandsaufnahme in dieser Fragestellung zu machen und sich dann gemeinsam dafür einzusetzen? Würden wir nicht mit konkreten Vorschlägen für Maßnahmen deutlicher machen können, dass wir einem Antrag auch Taten folgen lassen?
Warum uns, der CDU-Fraktion, das gemeinsame Vorgehen so wichtig ist, ist, wir möchten bei unserer Meinungsbildung dazu keinesfalls die Interessen der Sportler außen vor lassen. Sie selbst haben in Ihrem Antrag zu Recht darauf hingewiesen, dass die Sportlerinnen und Sportler, die sich über Jahre auf solche Großveranstaltungen wie Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele vorbereiten, nicht in der Verantwortung stehen. Sie haben sich aber auch dafür ausgesprochen, dass diese im Rahmen der Vorbereitung durch den Landessportbund Rheinland-Pfalz und den Deutschen Olympischen Sportbund auch über die möglicherweise problematische Menschenrechtslage in den Austragungsländern informiert werden.
Meine Damen und Herren, wie genau soll das aussehen? Was soll damit erreicht werden? Sollen die Sportler dann ihrerseits nach Jahren der Vorbereitung auf eine Teilnahme verzichten und dadurch Druck auf den Gastgeber aufbauen? Muss hier nicht viel früher angesetzt werden? Sie sehen, es gibt noch viele Fragen. Wir bieten Ihnen an, diese Thematik im Ausschuss weiter zu diskutieren. Meine Fraktion wird sich bei diesem Antrag enthalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf als Gäste im Landtag Kommunalpolitiker aus der Verbandsgemeinde Hamm/Sieg sowie Mitglieder der Jungen Union im Kreisverband Mainz-Stadt begrüßen. Herzlich willkommen hier im Landtag!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Ernst, jetzt sind die Olympischen Spiele. Jetzt sollten wir auch aktiv sein. Wir sollten in der ganzen Sache nicht warten; denn es ist Zeit, dass wir uns auch politisch mit diesen Themen beschäftigen und auch einen Fokus darauf werfen.
Die Menschenrechte sind Abwehrrechte eines Menschen gegenüber dem Staat. Sie gewähren die Freiheitssituation, die der Mensch dort hat. Der Staat ist verpflichtet, diese Schutzsituation darzustellen und diese auch gesetzlich zu verankern. Wenn man sich einfach einmal anschaut, was passiert, dann ist eher genau das Gegenteil der Fall. Ich will jetzt nicht auf die Situation von Sotschi eingehen – ich werde das noch kurz erwähnen –, aber ich will einmal einen Blick weiter – Herr Ernst hat es angesprochen – auf Katar 2022 werfen. Nicht nur die Tatsache, dass es total verrückt ist, in ein solches Land zu einem solchen Zeitpunkt eine Welt
bleibt doch nichts anderes im Fokus, als dass anscheinend Geld die Welt regiert oder in der Konsequenz den Sport regiert.
Aber ich will auch auf andere Sportveranstaltungen eingehen. Sie haben ein paar erwähnt, aber es geht noch weiter. Die WM 2018 findet in Russland statt. Bei Brasilien hatten wir mit der Vor-WM auch ausreichend Debatten und Diskussionen und auch genügend Menschenrechtsverletzungen gehabt. Südafrika haben Sie erwähnt. Bei den Olympischen Spielen war auch China 2008 im Fokus. Brasilien kommt ebenfalls wieder. Insoweit ist es fast permanent so, dass wir die Situation von Menschenrechtsverletzungen haben.
Schauen Sie noch einmal nach Katar. Dort sieht man nicht nur die Situation der Verletzung der Menschenrechte, sondern dort sind bereits fast 400 Menschen umgekommen. Dort arbeiten Leute aus Nepal nahezu gänzlich ohne Rechte. Sie werden in Kasernen untergebracht, die gänzlich menschenunwürdig sind. Wenn Sie diese Situation betrachten, muss man sich die Frage stellen, wie überhaupt die Sportorganisationen ticken, wenn sie solche Vergaben durchführen. Ich glaube, hier muss insgesamt der Ansatz liegen.
Auch in Sotschi ist das Ganze so. Ich will bei Frau Spiegel anschließen, es ist doch perfide, da sitzt der Präsident von Russland dort auf der Tribüne und sonnt sich – übrigens total verrückt, er sonnt sich ja wirklich, weil wir in Sotschi 20 Grad plus haben –, und dann zieht er an seiner Strippe Januko-witsch und lässt dort quasi den Krieg in der Ukraine durchführen. Da ist doch irgendetwas an der ganzen Sache nicht mehr in Ordnung.