Das ist nicht der Fall. Es wird sofort abgestimmt. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! –
Besprechung des Berichts der Landesregierung (Drucksache 16/187, Vorlage 16/128) gemäß Beschluss des Landtags vom 12. Oktober 1989
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt in der Natur der Sache – auch für Sie, Herr Kollege Pörksen –,
dass bei Besprechungen von solchen Berichten in die Vergangenheit geschaut wird und wir damit heute scheinbar über nicht aktuelle Entwicklungen debattieren. Dass dem nicht ganz so ist, wird sich noch herausstellen, wie sich gleich zeigen wird. Die im Agrarbericht 2011 dokumentierten landwirtschaftlichen Daten aus dem Wirtschaftsjahr 2009/2010 sind noch deutlich geprägt durch die Folgen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Wirtschaftskrise war eben auch eine Landwirtschaftskrise. Die durchschnittlichen Buchgewinne der landwirtschaftlichen Betriebe im Haupterwerb lagen unter dem langjährigen Mittel. Mit einem Minus von rund 18 % auf nunmehr 37.590 Euro waren die Gewinneinbrüche in Rheinland-Pfalz drastisch und sind
damit um rund 10 % höher als im Bundesdurchschnitt. Im Vergleich mit allen westlichen Bundesländern war das sogar das höchste Minus.
Schaut man sich die einzelnen Betriebsformen an, dann ist der Rückgang bei den Gewinnen in den Ackerbaubetrieben mit 32,5 % besonders hoch. Auslöser war hier der niedrige Preis, den man für Getreide und Kartoffeln erzielen konnte, der auch durch die sinkenden Kosten nicht kompensiert werden konnte.
Die Ackerbaubetriebe – das zeigen die Entwicklungen der Eigenkapitalströme – schmelzen dahin. Sie leben von der Substanz. Das wirkt teilweise existenzbedrohlich.
Ähnliche Entwicklungen durch Preiseinbrüche sind bei den Futterbaubetrieben und den Milchviehbetrieben in Rheinland-Pfalz zu verzeichnen. Die Gewinne in diesen Sparten sind um rund 33 % bzw. 19 % gesunken. Verschont von den negativen Einkommensentwicklungen blieben aber auch nicht die ökologisch arbeitenden Betriebe. Hier gab es eine Abnahme um rund 21 % auf 43.000 Euro im Jahr, was absolut allerdings immer noch höher ist als bei den konventionellen Betrieben.
Exemplarisch will ich noch die schweinehaltenden Betriebe aufzeigen, die schon lange mit äußerst niedrigen und stark schwankenden Preisen kalkulieren müssen, weil deren wirtschaftliche Lage zurzeit immer noch existenzbedrohlich ist. Wir sollten uns überlegen, ob es nicht sinnvolle Konzepte gibt, die eine Schweinehaltung in Rheinland-Pfalz weiterhin ermöglichen. Hier ist aus meiner Sicht zeitnahes Handeln notwendig, da die Betriebe vor Herausforderungen stehen, die bewältigt werden müssen.
Letztendlich bleibt festzuhalten, dass die allgemeine Lage in der Landwirtschaft nicht einfach ist, auch wenn die Talsohle mittlerweile anscheinend durchschritten ist. Die zunehmende Volatilität der Märkte und die sich ändernden Rahmenbedingungen, aber auch die immer wieder auftretenden Lebensmittelkrisen – die Stichworte sind bekannt: Dioxin und EHEC – erleichtern nicht gerade das unternehmerische Handeln der Landwirtinnen und Landwirte.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang aber auch der Landwirtschaftsministerin ausdrücklich dafür danken, dass die Umsetzung des EU-Hilfspakets für die Gemüsebauern zügig angegangen wurde. Ich glaube, die Landwirtinnen und Landwirte können sich auch hier auf die Landesregierung verlassen. Das wird dadurch deutlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Strukturwandel schreitet weiter voran. In den letzten zehn Jah
ren hat sich die bewirtschaftete Fläche pro Betrieb von durchschnittlich 20 Hektar auf 34 Hektar vergrößert. Das heißt aber auch, dass die Anzahl der Betriebe im Gegenzug abgenommen hat, nämlich um 40 % seit 1999. Hinzu kommt, dass die Hofnachfolge bei zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben völlig ungewiss ist. Das bedeutet, dass sich dieser Prozess beschleunigen wird.
Der Agrarbericht 2011 enthält eher negative Nachrichten, auch wenn es so scheint, als ob sich die Lage heute entspannt hätte. Wenn wir aber in Rheinland-Pfalz auch in Zukunft eine in der Fläche wirtschaftende Landwirtschaft haben wollen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Gerade die in den Mittelgebirgsregionen unseres Landes so wichtige Milchviehwirtschaft, die die Landschaft mit ihrer Grünlandbewirtschaftung stark geprägt hat, muss eine Perspektive haben.
Deshalb ist es meines Erachtens entscheidend, wie die GAP nach 2013 ausgestaltet sein wird. Es muss dafür gesorgt sein, dass die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel auf möglichst hohem Niveau erhalten bleiben. Die einkommensstützenden Wirkungen der Zahlungen aus der ersten Säule sorgen bei volatilen Märkten, aber auch bei anderen Risiken für eine Art Grundsicherung und sind auch ein Ausgleich für die qualitativ hohen Standards bei unseren Nahrungsmitteln, in der Tierhaltung und auch im Umweltschutz. Wir sollten hier auch weiterhin für eine bundesweite Angleichung eintreten. Das ist nur gerecht.
Gleichzeitig werden mit den Direktzahlungen aber auch gesellschaftliche Leistungen für die Pflege unserer Kulturlandschaft vergütet, die für den Tourismus von besonderer Bedeutung sind.
Enttäuschend ist eher die Ausstattung der zweiten Säule. Nicht nur sollen hiermit die neuen Herausforderungen wie Biodiversität oder Klimaschutz bewältigt werden, sondern es sollen hieraus auch die Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete geleistet werden. Aus meiner Sicht müssen wir höllisch aufpassen, dass sich bei der GATT-Reform nicht die Abgrenzung der benachteiligten Regionen verändert. Da kann es zu großen Verwerfungen kommen.
Sicher gibt es in Zukunft noch erheblichen Diskussionsbedarf in diesem Bereich. Aber die SPD-Fraktion will weiterhin eine Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz haben, die im ländlichen Raum für Wertschöpfung sorgt und unsere Kulturlandschaft mitgestaltet. Ich habe mich gefreut, dass die Frau Ministerin in ihrem Grußwort zum Agrarbericht in Zusammenhang mit der bäuerlichen Landwirtschaft und dem Weinbau von einem Zukunftsmodell spricht. Wenn das so ist, dann werden wir gemeinsam daran arbeiten, und dann wird das, was sie mit diesem Begriff ausgedrückt hat, auch zur Wahrheit werden.
Sehr verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Agrarbericht 2011 zeigt in vielen Zeilen auf, was für einen großen Teil der Menschen in unserem Land das tägliche Leben ist. Die vielen Landwirte und Winzer, deren Familien und auch die Angestellten im landwirtschaftlichen Sektor erzeugen täglich – immer noch mit viel Handarbeit – qualitativ hochwertige Produkte. Ihnen allen – gerade den Landwirten und den Winzern in unserem Land – gilt der Dank der CDUFraktion.
Die Landwirtschaft erwirtschaftet aber auch Gemeingüter, von denen alle profitieren, etwa eine gepflegte Kulturlandschaft. Sie achtet auf Biodiversität und stellt auch die Flächen für erneuerbare Energien zur Verfügung. Gerade der Tourismus ist sehr stark von diesen Bedingungen abhängig.
Daher ist es umso wichtiger, für vernünftige Rahmenbedingungen für unsere Landwirte und Winzer einzutreten. Darin, dass dort etwas passieren muss, stimmen wir mit dem Kollegen Wehner völlig überein.
Der Agrarbericht 2011 zeigt ganz deutlich, dass der Strukturwandel noch immer voll im Gange ist. Landwirtschaft und Weinbau sind immer mehr dem globalen Wettbewerb ausgesetzt, und selbst eine Krise im Finanzsektor wirkt sich auf die Absatzzahlen und damit auf das Einkommen unserer Landwirte und Winzer aus. Die landwirtschaftlich erzeugten Rohstoffe wie Getreide, Milch und Fleisch werden auf zunehmend heterogener werdenden Märkten gehandelt, und die Preise dafür unterliegen großen Schwankungen. Im Agrarbericht ist zu lesen, dass der Preisverfall auf diesen Märkten zu einem deutlichen Gewinnrückgang für unsere Betriebe geführt hat, auch wenn das durch die sinkenden Produktionskosten bei Dünger und Futtermitteln teilweise aufgefangen wurde.
18 % weniger Gewinn bei den Betrieben als im Vorjahr – damit liegt Rheinland-Pfalz deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Mit jeweils über 32 % war der Rückgang am schlimmsten beim Futtermittelanbau und beim Ackerbau. Beim Gartenbau war er mit rund 8 % vielleicht noch am geringsten. Aufgrund der EHEC-Krise wird dort aber 2011 noch mit stärkeren Einbrüchen zu rechnen sein.
Gerade beim Ökolandbau zeigt sich die Abhängigkeit von Direktzahlungen. Die Direktzahlungen bilden sowohl
eine Grundsicherung für die Betriebe als auch eine Basis für den Risikoausgleich. Auch wenn für das Wirtschaftsjahr 2010/2011 im Ganzen eine Verbesserung in Sicht ist, müssen wir weiter für den Erhalt der ersten Säule der gemeinsamen Agrarpolitik der EU kämpfen. Dies wird auch im Agrarbericht ganz deutlich dargestellt.
Im Vorwort geht die Frau Ministerin jedoch darauf ein, dass die zweite Säule eine weitere Stärkung erfahren soll. Gemeinsam mit dem Greening der ersten Säule können so politisch gewollte Projekte zuungunsten des konventionellen Anbaus gefördert werden. Frau Ministerin, das könnte zu einem weiteren Betriebssterben führen.
Die Frau Ministerin hat jüngst angekündigt, mehr Mittel für die 926 Betriebe mit ökologischem Anbau zur Verfügung stellen zu wollen. Das darf aber nicht zulasten der über 14.000 Betriebe mit konventioneller Landwirtschaft erfolgen. Etwas über 14.000 Betriebe haben einen Antrag für 2010 gestellt.
Eine Marktbeeinflussung, wie sie die Landesregierung aus politischen Gründen vorhat, kann nicht die Lösung des Problems sein.
Sie verschärft die Lage weiter. Es zeigt sich heute, dass es eine Nische für den Ökolandbau gibt und in dieser Nische aufgrund der Verbrauchernachfrage auch höhere Preise erzielt werden können. Damit ist der Ökolandbau unter den derzeitigen Voraussetzungen sicherlich rentabel. Frau Ministerin, eine überzogene Förderung würde aber die Abhängigkeit von Subventionen erhöhen, und der Markt würde aufgrund der höheren Produktion und damit eines größeren Angebots schnell wieder kaputtgehen.