Protokoll der Sitzung vom 24.07.2014

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatsminister Hartloff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In jüngerer Vergangenheit gab es nur sehr wenige Konkurren

tenstreitigkeiten im rheinland-pfälzischen Richter- und Staatsanwaltschaftsdienst. Seit Beginn meiner Amtszeit am 18. Mai 2011 wurden 289 Lebenszeit- und Beförderungsstellen vergeben. Außerdem wurden in diesem Zeitraum 120 Proberichterinnen und -richter eingestellt.

Unter den Beförderungsstellen befanden sich zahlreiche hohe und höchste Führungsämter der Justiz. Nur sieben dieser insgesamt über 400 Verfahren mündeten in Konkurrentenstreitigkeiten. Zwei wurden durch richterliche Anordnung angehalten. Die von den Gerichten gerügten Auswahlfehler lagen in beiden Fällen im Schwerpunkt bei den dienstlichen Beurteilungen der Bewerber, die von Landgerichtspräsidenten bzw. Oberlandesgerichtspräsidenten erstellt worden waren. Das eine der beiden in meiner Amtszeit angehaltenen Verfahren wurde in der Folge teilweise wiederholt. Die Stelle wurde letztlich streitlos dem schon ursprünglich ausgewählten Bewerber übertragen. Von dem anderen Verfahren sprechen wir hier und heute.

Um die Präsidentenstelle in Trier hatten sich zunächst vier Kandidaten beworben, darunter der Direktor des Amtsgerichts Koblenz. Bei einem der Bewerber kam es zu Differenzen um die dienstliche Beurteilung zwischen dem unmittelbaren und dem weiteren Dienstvorgesetzten. Ich habe daher Gespräche mit den Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte geführt. Dabei wurde mir bekannt, dass auch der Präsident des Landgerichts Zweibrücken Interesse an der Stelle hat. Ob diese Bewerbung Erfolg haben würde, war zum Zeitpunkt ihrer Einreichung noch völlig offen. Erst nach Vorlage einer dienstlichen Beurteilung für den Präsidenten des Landgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Zweibrücken stellte sich heraus, dass nach der Beurteilungslage eine sogenannte Kopf-anKopf-Situation zwischen dem Präsidenten des Landgerichts Zweibrücken und dem Direktor des Amtsgerichts Koblenz bestand.

Auch das Verwaltungs- und das Oberverwaltungsgericht haben im Übrigen keineswegs entschieden, dass der Direktor des Amtsgerichts Koblenz der bessere Kandidat für die Präsidentenstelle in Trier ist. Sie haben nicht einmal Fehler in der eigentlichen Auswahlentscheidung gerügt, sondern in den dienstlichen Beurteilungen.

Bemerkenswert ist des Weiteren, dass das Verwaltungs- und das Oberverwaltungsgericht das Besetzungsverfahren aus sehr unterschiedlichen Gründen angehalten haben, das Verwaltungsgericht vor allem deshalb, weil der Direktor des Amtsgerichts Koblenz anlässlich seiner Bewerbung angeblich neu hätte beurteilt werden müssen, obwohl die einschlägige Verwaltungsvorschrift über dienstliche Beurteilungen in der Justiz eine solche Beurteilung ausschloss, das Oberverwaltungsgericht, weil es einen Fehler in der dienstlichen Beurteilung des Präsidenten des Landgerichts Zweibrücken erkannt hat, ohne den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts zu folgen.

Dies zeigt nicht nur die Komplexität, sondern auch, dass es sich bei dem Verfahren um einen Konkurrentenstreit handelte, in dem um rechtliche Detailfragen gestritten wurde. Es handelt sich dabei ebenso um eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit wie auch bei der Tatsa

che, dass ich als Minister auch enge Personalentscheidungen treffen können muss.

Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Klöckner und Dr. Wilke beantworte ich vor diesem Hintergrund wie folgt:

Zu Frage 1: Der Abbruch des Besetzungsverfahrens und seine Neuausschreibung sind aus rechtlichen Gründen angezeigt. Hierfür spricht die Dauer des bisherigen Besetzungsverfahrens. Die Stelle wurde erstmals im Dezember 2012 ausgeschrieben, also vor mehr als anderthalb Jahren. Außerdem wären bei einer Fortsetzung des Verfahrens nicht nur der Beigeladene nach Maßgabe der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, sondern wegen des Zeitablaufs voraussichtlich auch andere Bewerber neu zu beurteilen. Ob sämtliche Kandidaten an ihren Bewerbungen festhalten wollen, ist ungewiss. Eine Aktualisierung des Verfahrens durch Neuausschreibung ist daher sachlich dringend geboten und nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ohne Weiteres gerechtfertigt. Ich verweise beispielsweise auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014 1 WB 7.13 oder das Urteil vom 26. Januar 2012 sowie weitere Entscheidungen der Obergerichte. Eine wesentliche Verzögerung geht damit nicht weiter einher.

Zu Frage 2: In der Konfliktsituation, die durch die Differenzen um die dienstliche Beurteilung eines Mitbewerbers entstanden waren, habe ich Gespräche mit den Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte geführt. Dabei wurde bekannt, dass sich auch der Präsident des Landgerichts Zweibrücken für die Stelle interessierte. Eine Aufforderung an den Präsidenten des Landgerichts Zweibrücken zur Bewerbung hat es durch das Ministerium nicht gegeben.

Zu Frage 3: Ja.

So weit meine Beantwortung der Fragen.

Gibt es Zusatzfragen? – Eine Zusatzfrage des Kollegen Baldauf.

Herr Minister, welche Gründe führen üblicherweise dazu, dass Besetzungs- und Bewerbungsverfahren abgebrochen werden? Das wäre meine erste Frage, und die zweite, wenn Sie gestatten, gleich dazu.

Nein.

Gut, dann melde ich mich direkt gleich noch einmal.

Sie kennen das doch.

Herr Baldauf, ich habe Ihnen eben einen Grund genannt, warum wir das Verfahren abbrechen, weil Neubeurteilungen erforderlich sind, weil inzwischen ein Zeitablauf eingetreten ist, der das für verschiedene Bewerberinnen und Bewerber notwendig macht, und weil die Rechtsprechung in solchen Fällen sagt, dann ist es sinnvoll, die Verfahren abzubrechen und neu auszuschreiben.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Ruland.

Herr Minister, welche hohen und höchsten Führungsämter wurden in Ihrer Amtszeit besetzt?

Herr Ruland, da war unter anderem die Stelle des Präsidenten unseres Verfassungsgerichtshofes, auch die Vizepräsidentenstelle des Oberverwaltungsgerichts. Da sind Stellen des Landesarbeitsgerichtes darunter, des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts. Da sind Generalstaatsanwälte in Zweibrücken und in Koblenz darunter, Präsidenten des Landgerichtes Kaiserslautern, Koblenz, Mainz, Zweibrücken und zahlreiche Direktorinnen und Direktoren, Leitungen von Staatsanwaltschaften etc., also eine Menge Führungsämter, die besetzt worden sind, ohne dass da irgendwelche Streitigkeiten vorhanden waren.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Henter.

Herr Minister, ich denke, es ist unser aller Interesse, dass die Stelle möglichst schnell besetzt wird. Deshalb ist meine Frage: Wann wird das nächste Justizblatt erscheinen, in dem die Stelle neu ausgeschrieben werden soll?

Herr Kollege Henter, ich weiß es nicht genau. Ich denke, in vierzehn Tagen bis drei Wochen wird das Justizblatt

erscheinen. Es kann auch sein, dass es ein bisschen früher ist. Ich habe das Datum jetzt nicht im Kopf, kann Ihnen das aber gerne nachliefern. Das ist in gewissen festen Intervallen, das wissen Sie. Da wird das entsprechend eingerückt werden.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Dr. Wilke.

Sie sprachen vorhin davon, Sie hätten mit den OLGPräsidenten gesprochen, nachdem es im Kreis der vier Bewerber für Sie ein Problem im Besetzungsverfahren gab.

Wieso war, wenn Sie Herrn Gietzen nicht aufgefordert haben – was Sie gerade so gesagt haben –, für Sie dann klar, dass Sie dieses Problem, wegen dem Sie mit den OLG-Präsidenten gesprochen haben, dadurch lösen konnten?

Es gibt immer Überlegungen. Ich bin verpflichtet, die bestmögliche Besetzung für die Stelle eines Präsidenten oder einer Präsidentin eines Landgerichtes zu suchen, und bin natürlich – das ist die Aufgabe des Dienstherrn – verpflichtet zu schauen, dass das möglichst ohne Konflikte für das betroffene Gericht ist, es vernünftig in die Zukunft der Verwaltung geht und da enge Vertrauensverhältnisse geschaffen werden, wie es bei einem Dienstherrn üblich ist.

Insofern kümmert man sich darum, dass Konflikte möglicherweise vermieden werden können und bestmögliche Kandidaten zur Verfügung stehen. Wenn es im Vorfeld Konflikte gibt, ist es normal, dass man darüber Gespräche führt. Das ist meine Aufgabe als fürsorgender Dienstherr.

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Klöckner.

Herr Minister, haben Sie sich eigentlich einmal bei den beiden Bewerbern dafür entschuldigt,

(Heiterkeit beim Abg. Pörksen, SPD)

dass Sie das Besetzungsverfahren nicht gerichtsfest durchgeführt haben?

(Pörksen, SPD: Ach Gott im Himmel, was für eine Frage!)

Frau Klöckner, Konkurrentenstreitigkeiten gehören – ich sage das ein bisschen salopp – in Besetzungsverfahren durchaus zum Geschäft.

(Frau Klöckner, CDU: Das war nicht meine Frage!)

Das ist für Konkurrenten, die da antreten, durchaus belastend. Auch das weiß ich.

In anderen Bundesländern gibt es übrigens wesentlich mehr – einer der Kollegen hat mir letztlich erzählt, in einem Jahr 26 – Konkurrentenstreitigkeiten bei Besetzungen. Bei uns sind es in der ganzen Zeit meiner Amtszeit sieben Verfahren, wie Sie vorhin gehört haben.

Insofern besteht dafür kein Anlass. Sie haben gehört, wir haben – ich habe hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – rechtliche Einschätzungen zu diesem Besetzungsbericht gegeben und ihn nach bestem Wissen und Gewissen gefertigt. Das Verwaltungsgericht hat eine andere Rechtsauffassung dazu geäußert, und das Oberverwaltungsgericht, die dortigen Richterinnen und Richter, haben wiederum eine andere Rechtsauffassung dazu geäußert.

Dieser alte Satz, dass Juristen über Detailfragen vielleicht auch unterschiedliche Meinungen haben können und der eine Bewerber vielleicht eine andere Meinung als ein Beteiligter hat, ist ein ganz normaler Vorgang.

Insofern sehe ich in diesem Stadium des Verfahrens überhaupt keinen Grund, mich bei einem der Beteiligten für irgendein Verhalten zu entschuldigen.

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Sippel.

Herr Minister, ist es in anderen Verfahren gängige Praxis, dass auch nach der sogenannten Ordnungsfrist Bewerbungen eingehen und berücksichtigt werden?

Ja, das ist durchaus möglich. Diese Frist ist eine Frist, die eher dem Dienstherrn dient, damit er das Verfahren abwickeln kann. Erst, wenn es durch eine Neubewerbung zu außergewöhnlichen Verzögerungen im Verfahren kommen würde, ist das nicht mehr zu würdigen und nicht mehr hinzuzuziehen.

Ansonsten ist das offen, bis entsprechende Entscheidungsvorschläge auf den Weg gebracht worden sind. Das ist rechtlich auch in ständiger Rechtsprechung so anerkannt.

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Kessel.