Mit dem Kumulieren und Panaschieren bietet das rheinland-pfälzische Wahlrecht jede Menge Möglichkeiten zu wählen; aber was eigentlich eine gute Sache ist, ruft in der Praxis bei vielen Menschen Verwirrung, Überforderungen und Fragen hervor.
Die Vielfältigkeit der Möglichkeiten setzt die Wähler in der Wahlkabine unter Druck, verleitet dazu, den Wahlakt in Anbetracht der Zeit, die man schon in der Kabine verbracht hat, schnell zu beenden und führt so zu dem Ergebnis, eben doch nicht alles auszunutzen, was das Wahlrecht bietet, im schlimmsten Fall bis hin zu einer völligen Verweigerung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ergebnis ist dann jedenfalls, dass das Wahlrecht eben nicht als hervorragende, demokratische Mitwirkungsmöglichkeit angesehen wird, sondern als überfordernder Akt, den man beim nächsten Mal, da er doch nicht verpflichtet, am besten meidet.
Wahlzettel so groß wie Handtücher – wir alle kennen das: die Wahl des Ortsgemeinderats, des Verbandsgemeinderats, des Kreistags, des Bezirkstags Pfalz, die Ortsbürgermeisterwahl, eventuell auch noch Wahlen zu hauptamtlichen Bürgermeistern oder Landräten, und dazu kommt auch noch die Europawahl.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in manchen Fällen heißt das, die Wählerinnen und Wähler haben Kreuze im dreistelligen Bereich zu vergeben, und da ist es auch nicht verwunderlich, dass viele von ihnen einfach entnervt aufgeben, Stimmen nicht abgegeben werden oder Stimmzettel ungültig sind.
Die CDU möchte aus diesen negativen Erfahrungen der Menschen heraus bei den zurückliegenden Kommunalwahlen Verbesserungen beim Kommunalwahlrecht anstreben und hat daher den vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht. Wir wollen es künftig dazu kommen lassen, dass den Bürgern alle Wahlunterlagen vorher zugesendet werden. So haben die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, in Ruhe daheim zu wählen.
Die Anhörung im Innenausschuss, die wir dazu durchgeführt hatten, hat auch deutlich gezeigt, dass Handlungsbedarf angezeigt ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Baden-Württemberg ist das Zusenden der Wahlunterlagen bei diesen Wahlen Praxis,
und ich sage ganz klar, was dort nicht verfassungswidrig ist, kann auch bei uns in Rheinland-Pfalz nicht verfassungsrechtlich bedenklich sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, alle Experten haben im Innenausschuss in der Anhörung bestätigt, dass das Wahlsystem in Rheinland-Pfalz sehr anspruchsvoll ist und das Anliegen der CDU daher zu begrüßen ist. H
err Professor Dr. Meyer hat beispielsweise gesagt, es ist eine Frage puren Anstandes der Demokratie, dass sie
Herr Verbandsbürgermeister Reiland hat nicht nur praktische Ausführungen gemacht, wie es aktuell bei den Menschen während der Kommunalwahl zugegangen ist und wie sie empfinden, sondern er hat auch Fakten anhand vorliegender Zahlen geliefert. Über 10 % der möglichen Stimmen wurden bei dieser Wahl verschenkt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen anderen Aspekt fand ich sehr interessant im Zusammenhang mit dieser Anhörung, nämlich die Anregung von Herrn Professor Faas. Er sagte nämlich, dass das Wissen um die Wahlsysteme gerade in diesem Land nicht sehr hoch sei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies unterstreicht im Übrigen unser Anliegen und auch das Anliegen von Schülerinnen und Schülern in Rheinland-Pfalz, die immer wieder die Forderung nach mehr Sozialkundeunterricht an unseren Schulen erheben.
Das ist regelmäßig die Antwort auf Ihre Forderung nach einer Absenkung des Wahlalters, aber die Schülerinnen und Schüler empfinden das anders. Wir haben wieder einmal bestätigt bekommen: Ein Mehr an Sozialkundeunterricht, ein Mehr an Information ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine verantwortungsvolle Wahl.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren – damit komme ich wieder zurück auf unseren Gesetzentwurf –, es gibt eben auch andere Möglichkeiten und andere Wege, zu mehr Transparenz zu kommen und den Menschen entgegenzukommen. Wir haben mit unserem Gesetzentwurf auf die Klagen aus der Praxis reagiert. Wir wollen mit unserem Vorstoß eine Verbesserung erreichen.
Die bisherigen Reaktionen der Kollegen von Rot-Grün im Innenausschuss nach der Anhörung empfinden wir allerdings als ernüchternd, das möchte ich ganz klar sagen. Wir hören von Herrn Noss, es sei noch zu früh, und der Innenminister meint, es sei kein Tempo und keine Eile geboten. – Man muss sich allerdings ehrlich fragen, wenn man ein Problem erkannt hat, wie lange Sie es denn noch hinausschieben wollen.
Oder ist es das altbekannte Spiel, dass ein Vorschlag der CDU-Opposition zunächst einmal zurückgewiesen wird und abgelehnt wird,
um dann einige Zeit ins Land gehen zu lassen und ihn dann in leicht modifizierter Form erneut einzubringen?
(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Klöckner, CDU: Genau so läuft es!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, bei diesem Thema ist keine Taktik angezeigt. Ich würde mir wünschen, dass Sie im Interesse der Wählerinnen und Wähler unserem Vorschlag zustimmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Heute findet die zweite Lesung des Gesetzentwurfs der CDU zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes statt. Dieser Gesetzentwurf datiert vom 23. Juni 2014, die Kommunalwahlen fanden etwa vier Wochen vorher statt.
Die nächsten Kommunalwahlen finden, wenn sich nichts Gravierendes bewegt, 2019 statt. Wir müssen also zur Kommunalwahl 2019, wenn wir den Bedarf erkennen, irgendwelche Paragraphen zu ändern, diese bis dahin geändert haben. Von daher gesehen ist keine Eile geboten, sondern ich sage, besser Gründlichkeit vor Eile; denn damit können wir wesentlich mehr erreichen.
Mit den Analysen des Landeswahlleiters und den Analysen der kommunalen Spitzenverbände und der Analyse des Innenministeriums als Kommunalministerium
das ist die ganze Angst, die Sie haben – hätten wir eventuell die Möglichkeit, gemeinsam etwas zu machen.
Frau Beilstein, wenn Sie den Moloch der Kommunalwahl an die Wand malen, dann muss ich sagen, ich glaube, da stehen Sie ziemlich alleine. Wir haben ein an
spruchsvolles Wahlsystem. Das ist in der Anhörung deutlich gesagt worden. Das ist richtig. Allerdings sind die Wege, die aufgezeigt wurden, um dieses Wahlsystem verständlicher zu machen, nicht der Weg, den Sie gehen wollen, der Weg, den Sie 1994, 1998 und 2010 ebenfalls gemacht haben. Jedes Mal hatten Sie keine Mehrheiten, auch wegen der Verfassungswidrigkeit, die evident im Raum steht und im Übrigen auch bei der Anhörung von Herrn Professor Dr. Meyer und von den kommunalen Spitzenverbänden genauso gesehen wurde.
Von daher gesehen finde ich es reichlich überhöht, jetzt Ihren Weg als Herrgottsweg darzustellen. Die Wahlunterlagen sollen nach Ihrem Gusto spätestens drei Tage vor der Wahl übersandt werden. Wir haben in Rheinland-Pfalz, was ich deutlich sagen möchte, ein gutes Briefwahlsystem, welches heute so ist, dass man nicht einmal nachweisen muss, dass man krank oder verhindert ist, sondern es reicht, wenn man sagt, ich möchte die Briefwahl nutzen. Jetzt noch eine weitere Erleichterung oder eine neue Möglichkeit zu schaffen, halten wir nicht für gut und sind der Meinung, man sollte dies auch lassen, wie im übrigen auch die Experten gesagt haben.
Die Vereinfachung des Wahlprozesses und die Vereinfachung der Wahl sind eine ganz wichtige Angelegenheit. Hier sind auch einige Wege aufgezeigt worden, wie man das entsprechend darstellen könnte. Es gibt Probleme beim Ausnutzen der Stimmen. Aber dafür haben wir – was beispielsweise der Anzuhörende aus Stuttgart sehr begrüßt hat, weil es das dort nicht gibt – die Möglichkeit, ein einfaches Kreuz bei irgendeiner Partei der Wahl zu machen, um auszuschließen, dass eventuell Stimmen verschenkt werden können. Das ist eine Möglichkeit, die einfach ist.
Ich gebe Ihnen recht, dass wir es schaffen müssen, die Wahlunterlagen, gegebenenfalls vor allem die Wahlstimmlisten, vorher zu veröffentlichen, dies in einem Nachrichtenblatt oder in einem Amtsblatt, damit der Wähler ein Muster und die Möglichkeit hat, zu schauen, wen er wählen möchte.
Die Wahl aber jetzt komplett zu Hause zu machen, ist äußerst bedenklich im Sinne der Verfassung. Das ist so auch von den Anzuhörenden gesehen worden. Dort war kein Einziger, der Ihre Meinung geteilt hat. Es gab keinen Einzigen.