Protokoll der Sitzung vom 29.01.2015

Allerdings muss man natürlich sagen, dass die aktuellen Entwicklungen insbesondere für unsere landwirtschaftlichen Betriebe sehr besorgniserregend sind. Es gibt über 2.000 Milchviehbetriebe in Rheinland-Pfalz. Wenn wir uns jetzt in der Situation befinden, dass sich der Milchpreis massiv nach unten bewegt und 40 % unter den Zahlen von 2013 liegt, wir auf 24 Cent zusteuern, die zum Teil schon angekündigt sind, aber die Erzeugungskosten deutlich über 40 Cent liegen – das sind die Zahlen der AMI –, besteht Grund zur Besorgnis. Ich glaube, dass es wichtig ist, dezidiert über Kriseninstrumente nicht nur zu reden, sondern solche auch herbeizuführen.

Ein anderer Punkt war das Thema EU-Ökoverordnung. Das war übrigens ein ganz zentrales Thema auf der Grünen Woche, zu dem alle Länder und auch alle Verbandsvertreter von Ökoverbänden bis zum Deutschen Bauernverband eine gleichlautende Position, nämlich eine ablehnende Position, einnehmen. Hier gibt es die Ankündigung, dass der Kommissar bereit ist, Änderungen vorzunehmen. Das ist immerhin ein Fortschritt gegenüber der zurückliegenden Kommission, aber er will den Entwurf nicht zurückziehen, was sicher die vernünftigste Sache wäre. Wir werden jetzt natürlich darauf pochen, dass es keine Totalrevision gibt, so wie der Bundesrat das auch beschlossen hat.

Zur Frage 3: Auch das Thema Tierwohl spielte im Rahmen der Grünen Woche eine große Rolle. Bundesminister Schmidt hat seine Initiativen vorgestellt, die er schon zu Beginn seiner Amtsperiode angekündigt hatte. Es gab nun einen Zwischenbericht des Kompetenzkreises Tierwohl. Es kam allerdings auch viel Kritik von der Verbraucherseite über Entwicklungen, die gesetzlich nicht abgesichert sind. Hierzu gehören beispielsweise auch die Diskussionen über die Initiativen des Handels, die natürlich einerseits für die tiergerechte Haltung positiv sind. So wird diskutiert, einen Fonds aufzulegen und die Betriebe dadurch zu unterstützen. Andererseits besteht aber das Problem, dass die Verbraucher und Verbraucherinnen an der Ladentheke nicht unterscheiden können, was aus tiergerechter Haltung kommt und was nicht.

Auch die Initiative des Bundesministers enthält sehr wortreich Versprechungen und Ankündigungen, aber bisher wenig an Substanz. Auf Initiative von RheinlandPfalz prüft die Bundesregierung derzeit die Möglichkeit einer Kennzeichnung von Frischfleisch analog zu einem System, das zum Beispiel bei den Eiern angewendet wird und sich sehr bewährt hat.

Zu Frage 4: Da geht es um die Diskussionen um die Freihandelsabkommen. Ich habe eben schon ein bisschen etwas dazu gesagt. Wir haben diese Diskussion auch mit Herrn Hogan geführt, der hierzu optimistische Erwartungen geäußert hat. Allerdings war ihm nicht bekannt, dass das deutsche ifo-Institut im vergangenen Jahr eine Wirtschaftsanalyse gemacht hat, wonach der

gesamte Lebensmittelsektor in Europa in erheblichem Ausmaß Verluste bei der Umsetzung von TTIP zu verzeichnen hätte, nämlich ein Minus von 0,5 % und ein Minus von 0,7 % für Deutschland. Das heißt, es ist Anlass gegeben, die Interessen dieses Sektors deutlich zu machen, der für uns und Europa genauso wie die Chemische Industrie natürlich ein durchaus sehr wichtiger Sektor ist. Die Risiken reichen von der Kennzeichnung zum Beispiel bei der Gentechnik bis hin zur Gefährdung von geografischen Herkunftsangaben für Wein.

Die Kommission hat eine Konsultation durchgeführt. 97 % der Teilnehmer an der Konsultation haben das Investor-Staats-Schiedsverfahren abgelehnt. Ich denke, es wird deutlich, dass es – so stand es gerade übrigens in der „F.A.Z.“ vom 27. Januar – auch für diesen Landtag wichtig ist, die Rechte der Demokratie, aber natürlich auch die Verbraucherschutz-, Umwelt- und Agrarstandards zu verteidigen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Johnen.

Vielen Dank. Frau Ministerin, die EU hat vor Kurzem beschlossen, dass die Mitgliedstaaten den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen leichter verbieten können sollen. Wie entwickelt sich in Deutschland der politische Diskurs zur nationalen Umsetzung dieser Ausstiegsklausel?

Der Bundesrat hat sich ebenso wie die Agrar- und Umweltministerkonferenz mit dieser Frage befasst. Die Agrarminister der Länder haben sich in dieser Frage sehr klar geäußert, nämlich dass die Präferenz auf einem bundesweiten Anbauverbot liegen sollte, das heißt, ein Flickenteppich der einzelnen Bundesländer vermieden werden sollte. Diese Diskussion haben wir dann auch bei der Veranstaltung in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz geführt. Die Bundesregierung prüft diese Frage noch.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Neuhof.

Frau Ministerin, ich habe in einem Interview mit dem Bundeslandwirtschaftsminister vernommen, dass nicht jede Wurst – so das Zitat – geschützt werden kann. Was bedeuten – heruntergebrochen auf das Land RheinlandPfalz – die geschützte Ursprungsbezeichnung, die EU

Zeichen geschützte Ursprungsbezeichnung und die geschützte geografische Angabe?

Das ist eine sehr wichtige Frage für den rheinlandpfälzischen und deutschen Weinbau. Das hat auf den Agrartagen ja Herr Ingo Steitz noch einmal sehr deutlich gemacht.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU – Unruhe im Hause)

Ebenso tun das die Vertreter des Deutschen Weinbauverbandes oder der AREV.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, es ist entschieden zu unruhig.

Ich würde Sie gerne verstehen. Vielleicht können Sie dazu eine Frage stellen. Ich versuche, die Frage zu beantworten. Leider konnte ich nicht gleichzeitig die Zwischenrufe hören.

Es geht besonders um die Interessen der rheinlandpfälzischen Weinwirtschaft. Man muss ganz klar sagen, dass wir die Zielsetzung haben, dass die geografischen Herkunftsangaben unberührt bleiben. Das beinhaltet – das ist der tatsächlich prekäre Teil dieser Forderung – natürlich auch, dass der europäische Markt von den Nachahmerprodukten frei bleiben muss; denn zurzeit ist es trotz existierender bilateraler Abkommen zwischen den USA und Deutschland leider schon so, dass die USA mit „Semi-Generika“ sowohl auf dem USA-Markt als auch auf den wichtigen Exportmärkten für die deutsche Weinwirtschaft mit Produkten die Verbraucher irreführt, wie zum Beispiel mit den Bezeichnungen Moselle, Champagner, Chianti oder Rhein Hock. Damit ist der Rheinwein gemeint.

Es gibt viel Grund zur Besorgnis; denn diese Situation, die nicht nur heute schon im Exportmarkt zulasten der deutschen Weinwirtschaft sehr wettbewerbsverzerrend ist, könnte dann mit TTIP auch auf dem europäischen Markt eintreten und zu massiven Wettbewerbsbenachteiligungen für die deutsche Weinwirtschaft führen. Es gilt, dies auf jeden Fall zu vermeiden. Deswegen ist es wichtig, dass wir darüber intensiv diskutieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Wehner.

Frau Ministerin, Sie haben auf die agrarpolitische Bedeutung der Internationalen Grünen Woche hingewiesen. Ich möchte deswegen noch einmal die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme von Rheinland-Pfalz thematisieren, von der regelmäßig in der Presse zu lesen ist.

(Dr. Weiland, CDU: Nicht thematisieren! Frage stellen!)

Wir hatten im letzten Jahr einmal über eine neue Konzeption gesprochen, die sich dadurch zerschlagen hat, weil die Messeleitung auch an einer neuen Konzeption arbeitet.

(Dr. Weiland, CDU: Frage!)

Sie wollten ein Gespräch führen. Wie ist der Stand der Dinge?

(Frau Klöckner, CDU: Kurz vor der Wahl im nächsten Jahr machen wir wieder mit!)

Ich will eingangs auf ein Problem verweisen, das mit der schwarz-gelben Bundesregierung und deren Finanzversprechen zu tun hat. Es ist im Zusammenhang mit der finanziellen Vorausschau die Kürzung der europäischen Agrarmittel erfolgt. Die Bundeskanzlerin hat damals gesagt, dass die Einsparungen, die in hohem Maß die europäische Agrarpolitik treffen, wieder durch entsprechende Aufstockungen auf der nationalen Ebene im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz wiedergutgemacht werden sollten.

Dieses Versprechen, das explizit Bestandteil der Agrarministerverhandlungen zur GAP-Reform war, ist niemals umgesetzt worden. Man muss ganz klar sagen, dass dem Land Rheinland-Pfalz durch diese Kürzungen Millionen fehlen. Insofern ist in Realisierung einer Sparpolitik auch das Land Rheinland-Pfalz in der Situation, einsparen zu müssen.

Als Abgeordnete wissen Sie sehr genau, dass die Spielräume über frei verfügbare Mittel, die nicht europäischen Programmen zugeordnet werden, sehr gering sind. Es stellt sich immer die Frage, wem man es dann wegnimmt. Darum hatte sich auch Rheinland-Pfalz entschlossen, auf diesen Auftritt zu verzichten. Sie wissen, dass ich persönlich sehr mit der Grünen Woche verbunden bin und mir das sehr schwer gefallen ist.

Wir haben schon im letzten Jahr im Parlament gesagt, dass wir anbieten, einen Gemeinschaftsstand zu machen, sofern sich Unternehmen finden. Das war bislang nicht der Fall. Herr Gröber aus meinem Haus verhandelt nun schon seit einiger Zeit mit der Grünen Woche über die Neuaufstellung der Wein- und Sektgalerie.

Sie alle, die in diesem Bereich arbeiten, wissen, dass dort die Situation für unsere Winzer nicht so befriedigend ist; denn neben Großbetrieben können unsere auf Quali

tät orientierten Erzeuger immer etwas schlecht bestehen. Sie haben selbst ihren Unwillen geäußert und gesagt, dass sie sich in dieser Halle nicht wirklich wohlfühlen. Deswegen gibt es seit einiger Zeit diese Gespräche.

Es wird über eine Neukonzeption verhandelt. Von der Grünen Woche ist konkret eine Trennung der Weinaussteller in Erzeuger und Vertrieb angedacht worden. Es gäbe einen neuen Ausstellungstitel und eine Präsentation in der Blumenhalle, eine Anreicherung und eine Auflockerung mit Ausstellern aus weinaffinen Bereichen und dem Tourismus.

Wir wären auch bereit, einen solchen gemeinsamen Auftritt anzugehen, um den Unternehmen – das ist nun einmal die Weinwirtschaft, wie unsere Winzer oder Brenner –, die Interesse haben, einen Rahmen zu geben. Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr zu einem solchen neuen Auftritt kommen können. Das hängt allerdings nicht nur von uns, sondern auch von der Messe ab, ob sie das wirklich realisiert. Das hängt aber auch von den Unternehmen ab, die dann auch mitmachen müssen.

Meine Damen und Herren, Frau Molzberger, Herr Schmitt, Frau Schneider und Herr Dr. Dr. Schmidt haben noch Zusatzfragen. Danach schließe ich die Liste.

Frau Molzberger, bitte schön.

Herr Präsident, vielen Dank. Sehr geehrte Frau Ministerin, eine aktuelle Stichprobenuntersuchung des BUND hat in 88 % des untersuchten frisch abgepackten Putenfleisches antibiotikaresistente Keime gefunden. Wie bewerten Sie bzw. Ihr Ministerium dieses erschreckende Ergebnis?

Das war ein zentrales Thema der Amtschefkonferenz. Es war übrigens nicht nur dort, sondern auch auf der Grünen Woche ein wichtiges verbraucherschutzpolitisches Thema gewesen. Es hat einen engen Bezug zu der landwirtschaftlichen Erzeugung.

Ich nenne aktuell den Keimbefall an der Uni Kiel. Dort ist bereits der zwölfte Infizierte verstorben. Es wurde ganz klar gesagt, dass es nicht nur Todkranke waren, sondern der Keim war bei einigen Todesfällen die eindeutige Ursache. Hier muss sich etwas in der Ursache ändern. Wenn in 88 % der bei Discountern gekauften Putenfleischproben antibiotikaresistente Keime zu finden sind, ist das auf jeden Fall ein Teil des Problems.

Das heißt, es gibt Handlungsbedarf, und die Amtschefkonferenz hat dies folgendermaßen aufgegriffen: Die Bundesregierung soll die Möglichkeiten des Arzneimittelrechts prüfen, Reserveantibiotika aus der Tiermast her

auszunehmen. Dies war ein wichtiges Anliegen von Herrn Staatssekretär Dr. Griese auf der Amtschefkonferenz.

Es gibt einen zweiten Beschluss, der sich auf das Dispensierrecht bezieht und damit auf die Zielsetzung, keine wirtschaftlichen Anreize mehr zur Abgabe von Antibiotika zu schaffen. Das heißt, kurzfristig soll die Rabattierung bei der Abgabe großer Arzneimittelmengen verboten werden. Die Einführung von Festpreisen soll festgeschrieben werden, und das Ernährungsministerium des Bundes soll bis zur Herbstkonferenz der Agrarminister die entsprechenden Vorschläge dazu machen.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schmitt.

Frau Ministerin, Sie haben soeben ausgeführt, dass auf dem Milchmarkt auch für unsere Betriebe in RheinlandPfalz große Verwerfungen zu erwarten sind. Haben Sie oder Ihr Haus denn nun ein eigenes Konzept, wie man diesen Verwerfungen begegnen könnte, oder reicht Ihnen das Schimpfen auf den Bundesminister?

Es gab einen interessanten Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“, der die Verantwortlichkeiten ziemlich deutlich festgemacht hat. Herr Schmitt, Sie wissen, Sie waren derjenige, der die Situation mit Nachdruck herbeigeführt hat. Wir haben ab April dieses Jahres keine Quotenregelungen mehr, das heißt, es gibt keine Regulierung und damit auch keine Möglichkeiten mehr, wenn die Gesetzeslage so bleibt, die Überproduktion einzudämmen.

(Billen, CDU: Wie war denn der Milchpreis bei der Quote? 24 Cent, Frau Ministerin! Jetzt hören Sie aber auf!)

Herr Billen, so hat sich auch der zuständige Kommissar wörtlich dazu geäußert. Sie können ihn gerne einmal selbst befragen. Der Kommissar hat nämlich gesagt, die Bauern sind selbst schuld. Ich zitiere nur. Das sage nicht ich, das sagt der für den Agrarbereich zuständige Kommissar: Die Bauern sind selbst schuld, sie sollen weniger produzieren.