Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

Wenn ich mir die Unterlagen des Statistischen Landesamts Rheinland-Pfalz anschaue, kann ich dort wörtlich lesen: Jugendliche mit Migrationshintergrund verlassen die Schule relativ häufig ohne Abschluss – 11 %, doppelt so viel wie Schülerinnen und Schüler ohne Migrationshintergrund. Sie wiederholen doppelt so oft eine Schulklasse, sie befinden sich relativ häufig in Übergangssystemen, ebenfalls doppelt so viele. Sie haben nur halb so oft das Abitur. –

Dann frage ich noch einmal ganz grundsätzlich: Was ist daran bisher positiv?

Es macht mir auch Angst, wenn Sie Ihre eigene Arbeit, so wie Sie das eben gemacht haben, so hoch loben, Frau Brück; denn wenn ich von meiner Arbeit sage: Sie ist gut, alles ist positiv, es ist erfolgreich, dann habe ich kein Bedürfnis mehr, etwas zu verändern, etwas zu verbessern oder Dinge neu zu gestalten.

(Pörksen, SPD: Ihr hättet auch keinen Grund dafür!)

Das ist gerade bei diesem Thema ganz besonders dramatisch; denn wir wissen auch, dass sich die Bevölkerung in den nächsten Jahren stark verändern wird, wir immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund in unseren Schulsystemen haben und darauf reagieren müssen.

Ich war gerade erst vor einiger Zeit mit meiner Kollegin Julia Klöckner in einem Kindergarten in Bad Kreuznach: 70 % Kinder mit Migrationshintergrund. – Das ist eine enorme Herausforderung für alle. Da müssen die Rahmenbedingungen einfach stimmen.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Was war das Ergebnis des Besuchs? – Frau Elsner, SPD: Und was machen Sie?)

Um noch einmal auf den Titel der Aktuellen Stunde zurückzukommen: Frau Ministerin Ahnen, wenn Kritik in diesem Haus kommt, dann sind Sie sonst immer sehr darauf bedacht, diese differenziert zu sehen und andere Blickweisen oder andere Seiten der Statistik zuzulassen. Wenn ich Ihren Weg gehe, dann müsste die Aktuelle Stunde eigentlich um Sätze wie: schlechtes Abschneiden in Rheinland-Pfalz bei der Schüler-Lehrer-Relation, bundesweit nur auf Platz 10, bei Gymnasien sogar nur auf dem vorletzten Platz, erweitert werden.

(Pörksen, SPD: Ja gut! Ja gut!)

Seien Sie doch noch ehrlicher bei Ihrer Aktuellen Stunde: Rheinland-Pfalz spart erfolgreich bei der Bildung.

(Zuruf des Abg. Hüttner, SPD)

Nachdem das Land schon seit Jahren bei den Bildungsausgaben pro Schüler weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt, werden jetzt noch einmal erfolgreich 2.000 Lehrerstellen eingespart. Das ist doch Ihre Politik, die Sie hier als Landesregierung betreiben.

(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Verstehendes Lesen, das muss man beherrschen, Frau Kollegin!)

Nichtsdestotrotz haben Sie mit dem Thema „Förderung von Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund“ ein sehr wichtiges Thema angesprochen. Insoweit bin ich froh, dass wir heute darüber reden können.

(Pörksen, SPD: Merkt man Ihnen richtig an! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ihre Zeit ist jetzt schon herum!)

Früher galt das katholische Mädchen vom Land als Synonym für schlechte Bildung. Wenn wir einmal ganz

ehrlich sind, dann ist es heute der muslimische Stadtjunge mit Migrationshintergrund.

(Pörksen, SPD: Seien Sie vorsichtig mit solchen Vorurteilen!)

Was seinerzeit unter der CDU-geführten Landesregierung – ich nenne hier Hanna-Renate Laurien als gutes Beispiel – gelungen ist, nämlich genau diese bildungsfernen Mädchen zu fördern, das ist heute Ihre vordringlichste Aufgabe: den jungen Menschen, die weniger gute Chancen haben, die halb so viele Chancen haben und doppelt so oft scheitern in unserem System, eine bessere Chance zu geben. – Darum bitte ich Sie ganz intensiv.

Wir haben gerade in der letzten Zeit eine hervorragende Expertise aus Baden-Württemberg bekommen, in Auftrag gegeben von der schwarz-gelben Landesregierung unter der Leitung von Professor Dr. Baumert. Frau Kollegin Brück, ich hoffe, dass Sie sich diese Expertise einmal zu Gemüte führen; denn dort steht einiges zu den Themen, die Sie angesprochen haben.

Dort steht unter anderem, dass man zielgerichtet und nicht mit der Gießkanne vorgehen und genau schauen muss, wo unsere Probleme sind, wo wir ansetzen wollen und wo wir unsere Gelder ausgeben.

Da geht es ganz besonders um das Thema „Sprache“ und um das Thema „muttersprachlicher Unterricht“, das Thema, das wir hier schon sehr oft angesprochen haben, ein ganz großes Problem der Jugendlichen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Den Sie einsparen wollen! Streichen wollen Sie den!)

Wunderbar, dass Sie mir das schon vorweggenommen haben, Frau Brede-Hoffmann.

Die Jugendlichen haben nämlich ein ganz großes Problem mit der Sprache. Sie können sich nicht so verständigen, wie andere das können. Sie sind nicht so wortgewaltig.

(Pörksen, SPD: Wer ist denn „sie“?)

Deswegen müssen wir genau diese Jugendlichen fördern. Das heißt, Abschaffung des muttersprachlichen Unterrichts, der nur Halbkenntnis von Sprache hervorruft, und einen klaren Fokus auf die deutsche Sprache.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD: Oh!)

Wir möchten jedem Kind die Chance geben, sich in der deutschen Sprache von Anfang an in der Schule unterhalten zu können.

(Pörksen, SPD: Das ist weit weg von der Realität!)

Das war unser Versprechen im Wahlkampf. Dazu stehen wir auch weiterhin: Abschaffung des muttersprachlichen Unterrichts und eine kontinuierliche Sprachförderung. Das muss ein Ziel sein. Dann können wir irgendwann vielleicht von positiven Ergebnissen bei der Förderung

von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund sprechen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Aber wie man eine Fremdsprache lernt, das haben Sie noch nicht erzählt! – Zuruf der Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD)

Frau Kollegin Spiegel, Sie haben das Wort. – Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher! Falls Sie nach einem Grund für eine Aktuelle Stunde suchen, vielleicht findet es sich in einem Kreuzworträtsel mit zehn Buchstaben. Das wäre dann „Aktualität“.

Das hat die Kollegin von der SPD bereits angesprochen, dass es eine Studie gibt, die unterstreicht, dass Rheinland-Pfalz im Vergleich zu anderen Bundesländern, was die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund angeht, sehr gut abschneidet.

Meine Damen und Herren, eine der bedeutendsten Herausforderung der Gegenwart und der Zukunft ist die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Hier spielen die Möglichkeiten, wie eine gute Bildungspolitik dazu beitragen kann, eine ganz wichtige Rolle.

Die Fortschritte in der Integration hängen maßgeblich von einer guten Bildungspolitik ab. Für die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund wie auch für das Erreichen von mehr Chancengleichheit kommt der Sprachförderung in der Bildung eine ganz zentrale Aufgabe zu. Deswegen ist es einfach falsch, die Abschaffung des muttersprachlichen Unterrichts zu fordern.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf der Abg. Frau Elsner, SPD)

Sprachförderung ist eine der zentralen Maßnahmen, um die Bildungschancen der Kinder zu verbessern, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen ist es uns ein ganz wichtiges Anliegen, auch weiterhin die gezielten Angebote dafür in den Schulen bereitzustellen, um auf diese Herausforderung angemessen zu reagieren und insbesondere für die Kinder mit nicht deutscher Herkunftssprache dafür zu sorgen, dass sie ausreichend gefördert werden, und das bereits schon in den Kindertagesstätten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Neben den Kindertagesstätten ist auch die Schule eines der wesentlichen Integrationsfelder für Kinder mit Migrationshintergrund, da sie Hauptbegegnungsort von Kindern verschiedener Herkunftsländer ist. Dort ist die Sprachförderung eben d e r Schlüssel für gute Bildungs- und damit auch Lebenschancen. Deswegen ist es auch ein wichtiger bildungspolitischer Eckpfeiler, den wir im Koalitionsvertrag so festgeschrieben haben.

Dabei ist es uns neben der Förderung der deutschen Sprache in den Kindertagesstätten und Schulen auch wichtig, das gute Beherrschen der Muttersprache zu unterstützen. Die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich weist schon seit Langem darauf hin, dass sowohl der Ausdruck als auch die Grammatik der deutschen Sprache ganz besonders dann optimal erlernt werden können, wenn auch die Muttersprache ebenfalls gut beherrscht wird.

(Pörksen, SPD: Genauso ist es!)

Deshalb – auch das haben wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben – wird es mit uns auch weiterhin guten muttersprachlichen Unterricht geben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Diese Bereicherung wollen wir den Kindern mit Migrationshintergrund auch weiterhin ermöglichen, zumal sich – das zeigt die Studie sehr deutlich – durch gezielte Sprachförderung die Schere bei den Leistungen von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund deutlich verkleinert.

Um die Sprachförderung zu optimieren, aber auch um die interkulturelle Komponente von Bildungseinrichtungen zu verbessern, streben wir in diesem Zusammenhang einen deutlich höheren Anteil von pädagogischen Fachkräften mit Migrationshintergrund an. Auch das haben wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben.

Meine Damen und Herren, neben der Sprachförderung sind es vor allem zwei weitere bildungspolitisch wichtige Weichenstellungen, die die bessere Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sicherstellen. Dies ist zum einen – es wurde schon angesprochen – die bessere individuelle Förderung – und zwar, liebe Kollegin Frau Dickes, eben nicht mit der Gießkanne, sondern durch die gezielte und individuelle Förderung gerade der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, was durch die kleineren Klassen noch einmal verbessert wird –, zum anderen aber auch die Einbeziehung der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund; denn die sprachliche, persönliche, kulturelle, berufliche und soziale Integration der Eltern leistet einen nicht zu unterschätzenden Beitrag auch für die Kinder und Jugendlichen. Damit meine ich nicht nur die Unterstützung bei Hausaufgaben, nein, es geht sehr viel umfassender um die Möglichkeiten der Eltern und somit der ganzen Familie zur besseren Teilhabe an und in unserer Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist es umso bedauerlicher, dass die schwarz-gelbe Bundesre