Wir müssen dieses Momentum nur nutzen, um unsere Landwirtschaft in eine Zukunft mit guten Perspektiven zu überführen. Dazu sind wir alle gefragt und aufgerufen; denn es liegt an uns, die richtigerweise formulierten Anforderungen an die landwirtschaftliche Produktion zu honorieren, um höhere Standards an Umweltschutz und Tierwohl mit einem auskömmlichen Preis zu honorieren. Die Politik kann dabei immer nur die Rahmenbedingungen setzen und gezielte Unterstützung anbieten.
Ich nenne zum Beispiel die Neuausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), aber auch unsere landeseigenen Förderprogramme wie zum Beispiel das Agrarförderprogramm, bei dem die Förderquoten jüngst für Ausbringungstechnik, Schwerpunkte beim Tierwohl, zum Beispiel bei Stallbauten oder Betriebsdiversifikation, deutlich aufgestockt worden sind, in vielen Bereichen auf 40 % Investitionsbeihilfe.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist die zeitnahe Umsetzung der EU-UTP-Richtlinie, die Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken. Das ist, so nüchtern dahergesagt, ein komplexes Thema, aber es ist enorm wichtig für unsere Betriebe und für die praktischen Akteure; denn es ist nichts weniger als eine Richtlinie, die die Vertragsfreiheit, die wir grundsätzlich zu Recht sehr hoch hängen, in dem Bereich einschränkt, dass es nicht zu Situationen Groß gegen Klein oder David gegen Goliath – wie man es auch immer beschreiben möge – kommt, sondern dass es eine klare schwarze Liste gibt, in der konkretisiert ist, dass gewisse Handelspraktiken vom Großhandel gegenüber den Produzenten in Zukunft unterbunden werden.
Ich nenne zwei Beispiele: Verderbliche Lebensmittel dürfen nicht kurzfristig storniert werden. Im Nachgang dürfen nicht Lieferbedingungen oder Qualitätsstandards einseitig verändert werden. Das kommt in der Praxis leider allzu oft vor, insbesondere im Gemüse- und Obstanbau, der Lebensmitteleinzelhandel, die Einkäufer, die das kleinste Glied in der Kette, nämlich den Produzenten, am Nasenring herumführen und diese dann den wirtschaftlichen Schaden zu tragen haben. Wir hoffen, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium diese Verordnung noch in diesem Jahr in nationales Recht umsetzt und den Zeitkorridor von zwei Jahren, der seitens der EU-Kommission vorgegeben worden ist, nicht überreizt.
Ich betone das deswegen so ausführlich, weil diese angesprochenen Rahmenbedingungen, die die Politik setzen kann, nicht nur Worthülsen sind, sondern hiermit praktisch umgesetzt werden. Gerade auch in Rheinland-Pfalz und im großen Bereich Gemüseanbau – ich nenne den Pfalzmarkt – ist das etwas, bei dem wir praktisch zeigen können, dass die Politik Wort hält und einen entsprechenden Gestaltungswillen hat.
Aber auch die Umsetzung und die nationale Ausgestaltung der GAP nach 2021 wird für unsere Landwirte eine zentrale Bedeutung haben. Gerade die stärkere Gewichtung der gemeinwohlorientierten Leistungen und damit eine stärkere Bindung an den Produktionsprozess und weniger an die reine Fläche sollen Chancen und praktische Anreize darstellen. Dabei ist es für uns als Rheinland-Pfälzer immer wichtig, gerade im Vergleich zu anderen Regionen, mit einer eher kleingliedrigeren Landbewirtschaftung und vielfach erschwerten Bedingungen, in Rheinland-Pfalz besonders diese Situationen zu honorieren und abzubilden. Ich denke dabei unter anderem an die Mittelgebirgsregionen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem Tagesordnungspunkt habe ich zunächst gedacht, endlich ist es soweit, dass sich Rheinland-Pfalz und die Landesregierung zur Systemrelevanz der Landwirtschaft bekennen; denn am 9. April – das sind immerhin sechs Wochen her – habe ich nach Gesprächen mit den Bauernverbänden und dem Deutschen Weinbauverband deutlich gefordert, dass auch Rheinland-Pfalz endlich die Systemrelevanz der Landwirtschaft anerkennen soll.
Ich habe eigentlich von jemandem, der einmal kandidiert hat, um Bauernpräsident zu werden, erwartet, dass man ihn gar nicht erst daran erinnern muss.
Aber nein, es war diese Pressemeldung notwendig, um der Landesregierung zu sagen, Leute, habt Ihr darüber überhaupt nachgedacht? Es wird alles schön gelobt und gemacht, aber es müssen auch Taten folgen. Nur hier eine Aktuelle Debatte zu machen, ist ein bisschen wenig.
Eines muss ich auch klarstellen – Herr Weber hat es erwähnt, auch der Minister hat es mehrfach gesagt –: Bei der Düngeverordnung im Bundesrat hat Rheinland-Pfalz nicht zugestimmt. Was heißt das? Die haben sich schlichtweg enthalten. Die haben gar keine Meinung dazu. Eine Enthaltung heißt, ich habe keine Meinung dazu. Das müssen wir einmal deutlich klarstellen.
Es ist im Protokoll nachzulesen, weil ich im Ausschuss ganz klar nachgefragt habe, wie Rheinland-Pfalz abgestimmt hat. Man braucht nicht den Kopf zu schütteln. Sie haben sich enthalten. Das müssen wir ehrlichkeitshalber unseren Bäuerinnen und Bauern sagen.
Es ist ganz wichtig, dass wir die Systemrelevanz anerkennen und entsprechend kompensiert wird. Wir können immer wieder sagen, wie wunderbar es ist, was die Landwirtschaft für uns tut. Ja, ohne die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz und Deutschland sähe es düster aus. Aber es ist wichtig, dass Sie selbst Zeichen setzen, Zeichen, die in die Richtung gehen, dass Sie Zuschüsse geben, die nicht zurückgezahlt werden müssen wie alles andere. Bis heute habe ich nichts Entsprechendes gesehen.
Wichtig ist, dass uns die Landwirte auch während der Krise versorgen. Umgekehrt müssen wir nun die Landwirtinnen und Landwirte, die Bäuerinnen und Bauern unterstützen.
Bereits am 23. März – das ist über zwei Monate her – hat das Bundeskabinett beschlossen, dass Land- und Ernährungswirtschaft als systemrelevante Infrastruktur anerkannt werden. Ich glaube, wir alle wissen, was das bedeutet. Wichtig ist, dass wir entsprechende Unterstützung geben können. Wie sieht die konkret aus?
Die 70-Tage-Regelung für Saisonarbeitskräfte ist auf 115 erweitert worden. Arbeitnehmerüberlassung ist ohne Erlaubnis möglich. Saisonbeschäftigung wird nicht aufs Kurzarbeitergeld angerechnet. Die Hinzuverdienstgrenze für Vorruheständler wurde angehoben. Die Ausnahmen wurden bei den Arbeitszeiten erweitert. Der Kündigungsschutz bei Pachten ist zu nennen. In die 50-Milliarden-EuroSoforthilfe für Kleinunternehmen sind die Landwirtschaft und der Weinbau mit eingeflossen; Herr Weber hat es angesprochen.
Außerdem – das ist das Entscheidende – gibt es das Investitions- und Zukunftsprogramm 2021 bis 2024, die sogenannte Bauernmilliarde, die für 2021 etatisiert ist. Wie sieht es in diesem Bundes-, diesem Investitionsförderprogramm aus? Es geht ganz konkret darum, Düngerlager zu unterstützen. Ausbau, Bau, Maschinen, Geräte in einer Ackerbaustrategie, innovative Techniken, emissionsarme Ausbringungsverfahren, Agrarumweltmaßnahmen, Investitionsförderung und Digitalisierung spielen eine Rolle.
Eines ist ganz wichtig – das wissen alle, die im bäuerlichen Bereich aktiv sind –, nämlich die sozial flankierenden Maßnahmen für die Alterssicherung der Landwirtschaft. Glauben Sie mir, da weiß ich, wovon ich rede. Ich habe über 18 Jahre beim Verband gearbeitet. Es ist wichtig, dass diese Sozialversicherungssysteme unterstützt werden. Das ist entscheidend. Das sind ganz klare Punkte
Herr Weber –, bei denen sagen Sie, es gibt kein Konzept. Es gibt ein ganz klares Konzept. Sie kennen dieses Konzept nur nicht. Fragen Sie bei Ihren Kollegen von der SPD nach. Im Koalitionsausschuss haben sie das in Berlin mit beschlossen. Es hilft manchmal, wenn man mit den Kollegen redet. Ich glaube, dann ist es wichtig, deutlich zu machen, was es bedeutet, wenn ein Berufszweig systemrelevant ist. Ich kann nur sagen, es wurde höchste Zeit, dass sich die Landesregierung in Rheinland-Pfalz dazu bekennt. Ich würde mich freuen, wenn das rechtlich entsprechend umgesetzt wird.
Herr Minister, ich darf Sie auffordern, deutlich zu machen, wie Ihre Unterstützung für diesen systemrelevanten Bereich in Rheinland-Pfalz aussieht.
Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Adelbert von Chamisso schrieb 1831 eine Ballade, „Das Riesenspielzeug“. Eine Zeile daraus ist sehr bekannt: „Denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot“. Eine weitere, weniger bekannte Zeile lautet: „Der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor!“
Meine Damen und Herren, man könnte meinen, die Ballade bezieht sich auf unsere Zeit. Auch heute sind die Bauern wieder zum Spielzeug kindlicher Riesen geworden, welche in ihrer Naivität und Weltfremdheit der kindlichen Riesen aus der Ballade ähneln. Man hat ohnehin das Gefühl, dass die europäische Politik unter deutscher Führung durch Frau von der Leyen, einer engen Vertrauten unserer Kanzlerin, nun anfängt, die paranoide deutsche Sicht zu Landwirtschaft, aber auch zu Industrie und Klimaschutz zu übernehmen.
Der Agrarausschuss des Landtags war 2018 auf einer Informationsfahrt in Irland. Mich würde beispielsweise interessieren, was die Iren von den Vorschlägen zum Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie von Frau von der Leyen halten.
Weideland ist in Irland ein hohes Gut. Die Milchproduktion wurde zwar erheblich gesteigert, stößt nun aber vor allem durch die begrenzte Flächenverfügbarkeit an ihre Grenzen. Jetzt sollen 10 % der Land- und Meerfläche quasi zum Naturschutzgebiet werden, weitere 20 % zu Schutzgebieten mit eingeschränkter Bewirtschaftung, 25 % zu Ökolandbau. Die Iren hatten bisher gerade einmal 1 % Ökofläche. Das wird ganz sicherlich eine interessante Debatte werden auf europäischer Ebene, meine Damen und Herren.
Ich bin mir aber sicher, dass unsere europäischen Freunde in Irland und vor allem auch im Süden der EU sehr kreativ sein werden im Umgang mit diesen typisch deutschen Ambitionen. Man wird Flächen, die ohnehin kaum nutzbar, erodiert, heruntergewirtschaftet und artenarm sind, umwidmen und Fördergelder einstreichen. Die Deutschen aber werden wie immer die Musterschüler spielen und wertvolles landwirtschaftliches Nutzland aus der Produktion nehmen.
Die Entwicklung ist nicht neu. Ich habe gerade eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gesendet und erfragt, wie viel landwirtschaftliche Nutzfläche eigentlich durch die Gewässerrandstreifen verloren gehen wird, welche im Rahmen der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes auf uns zukommt. Ich bin gespannt auf die Antwort.
Allein 18.000 ha wurden bisher in Rheinland-Pfalz als ökologische Vorrangfläche aus der Produktion genommen und/oder lagen brach. Auf dieser Fläche könnten 180 gesunde landwirtschaftliche Betriebe ein Auskommen haben, meine Damen und Herren.
Aber auch die erneute Verschärfung der Düngeverordnung wird ganze Betriebe zur Extensivierung ihrer Produktion zwingen. Wie viel Fläche letztlich davon betroffen sein wird, kann man erst nach einer korrekten Binnendifferenzierung der roten Gebiete sagen.
Eine weitere Art der Extensivierung stellt der sogenannte Ökolandbau dar. Er verbraucht im Schnitt das Zwei- bis Dreifache an Fläche, um die gleiche Menge Nahrungsmittel zu erzeugen. Wir haben also durch die 10 % Ökolandbau in Rheinland-Pfalz bereits 5 % unserer Produktionskapazitäten in der Landschaft verloren. Wenn wir das auf 20 % ausbauen, werden wir weitere 5 % Kapazität verlieren. Das sind 10 % Nahrungsmittelkapazität, die wir nicht nutzen.
Aber auch die Zwangsökologiesierung und damit Extensivierung der konventionellen Landwirtschaft schreitet voran. Mit 50 % weniger Pflanzenschutzmitteleinsatz und 20 % weniger Düngung hat sich Frau von der Leyen ambitionierte Ziele gesetzt. Herr Rukwied vom Deutschen Bauernverband bezeichnet diese allerdings als Generalangriff auf die gesamte europäische Landwirtschaft.
Abseits davon, dass den landwirtschaftlichen Betrieben immer mehr landwirtschaftliche Nutzfläche, aber auch Produktionsmittel entzogen werden, was viele Betrieb zur Aufgabe zwingen wird, werden auch diese Maßnahmen die Erträge auf breiter Front senken.
Zuletzt sei noch auf die Biogasproduktion und die Energiepflanzen eingegangen, welche ca. 14 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche Deutschlands in Beschlag nehmen. Das sind Flächen, welche keine Nahrungsmittel erzeugen, maximal etwas Tierfutter. Biogasmais ist aber auch nicht der Bringer im Hinblick auf die Biodiversität.
Meine Damen und Herren, die EU, aber vor allem Deutschland gehen mit ihrer Landwirtschaft um, als hätten sie eine zweite im Keller. Das wird vor allem zulasten unserer Versorgungssicherheit gehen. In der Tat werden die Europäer künftig immer mehr Nahrungsmittel aus aller Welt importieren und darauf angewiesen sein. Wir sind und werden immer mehr zum Landräuber außerhalb Europas, eine Strategie, welche gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der globalen Debatten um Biodiversität völlig unverständlich wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Versorgung in der Corona-Pandemie – Landwirtschaft ist systemrelevant“, das ist der Titel der Aktuel
len Debatte. Vorweg möchte ich sagen, die Landwirtschaft kann auf das stolz sein, was sie erreicht hat. Der Selbstversorgungsgrad in der Landwirtschaft liegt bei uns in Deutschland bei rund 90 %. Auch wenn das nicht für alle Bereiche in den Betrieben gilt, so sieht man doch, wie gut es uns in Deutschland geht.
In der Krise, die wir jetzt hoffentlich einigermaßen überstanden haben, hat die Landwirtschaft viel Wichtiges geleistet. Die Versorgungssicherheit in Deutschland war stets gewährleistet. Insofern hat es – vor ihnen haben verantwortliche Politikerinnen und Politiker immer wieder gewarnt – für Hamsterkäufe keine Grundlage gegeben.