Protokoll der Sitzung vom 24.06.2020

Neben der Umsetzung der EU-Richtlinie werden auch spezifische Regelungen im Anwendungsbereich der DatenschutzGrundverordnung getroffen. Außerdem stand fest, dass zu den Vorgaben aus dem aus dem Jahr 2016 stammenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts und des BKA-Gesetzes, die bereits in unserem aktuellen POG Berücksichtigung fanden, weitere erforderliche Ergänzungen wie zum Beispiel die Datenübermittlung an Drittstaaten und deren Protokollierung Berücksichtigung im Gesetz finden müssen. Das soll nun mit dieser Gesetzesvorlage erfolgen.

Aber auch die sich in den letzten Jahren entwickelnde besondere Gefährdungslage bei öffentlichen Veranstaltungen macht es erforderlich, entsprechend in diesem Gesetz zu reagieren. Es soll eine Anzeigepflicht für bestimmte öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel, sofern sie nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen und einer damit verbundene Legaldefinition von öffentlichen Großveranstaltungen, in das Gesetz aufgenommen werden.

Dabei soll die Möglichkeit einer Zuständigkeitsübertragung von der örtlichen auf die Kreisordnungsbehörde geregelt werden. Dazu ist eine Änderung der Landesverordnung über die Gebühren der allgemeinen und inneren Verwaltung erforderlich, um neue Ordnungswidrigkeitentatbestände aufzunehmen, wenn zum Beispiel Veranstalter von Großveranstaltungen gegen ihre Pflichten verstoßen.

Umgesetzt wird in der Gesetzesvorlage auch, dass Zuverlässigkeitsüberprüfungen, sofern dies nicht bereits eine andere Gesetzesgrundlage erlaubt, zum Schutz der Polizei oder zum Schutz staatlicher und besonders gefährdeter Veranstaltungen – ich erinnere dabei an „Rock am Ring“ vor etwa drei Jahren mit den Bühnenarbeitern – durchgeführt werden dürfen.

Besondere Bedeutung hat aber auch die Ergänzung des § 101 Abs. 3 POG. Hier wird künftig eine Eilzuständigkeit für Vollzugskräfte der Zollverwaltung analog der Bundespolizei geregelt, ein Riesenschritt hin zu mehr Rechtssicherheit für die Kolleginnen und Kollegen der Zollbehörde.

Außerdem wird berücksichtigt, die EU-Verordnung zu Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheitsschutz sowie Sicherheit am Arbeitsplatz

als auch die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts zur gleichen Thematik durch eine Änderung des Landesbeamtengesetzes umzusetzen. Dadurch wird die Rechtsgrundlage geschaffen, damit zum Beispiel die Unfallkasse Rheinland-Pfalz meldepflichtige Daten zu Dienstunfällen von Beamtinnen und Beamten an Eurostat weitergeben kann.

Werte Kolleginnen und Kollegen, insgesamt sind das sehr umfangreiche, aber auch sehr wichtige Ergänzungen unseres POG. Für die SPD-Landtagsfraktion kann ich sagen, dass wir das weitere Gesetzgebungsverfahren auch bezüglich einer eventuellen Anhörung unterstützend begleiten werden.

Herzlichen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion wird der Abgeordnete Friedmann sprechen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Damen und Herren! Das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz stellt die zentrale Rechtsgrundlage für die Handlungs- und Eingriffsbefugnisse unserer Polizeikräfte dar. Es steckt den rechtlichen Rahmen für polizeiliches Handeln ab und zieht die Grenze zwischen gesetzlich legitimiertem Eingriffsverhalten und dem in diesen Tagen schon fast inflationär gebrauchten Begriff der Polizeigewalt.

Von daher ist es gut und wichtig, dass wir heute und an dieser Stelle eine Novellierung unseres POG besprechen; denn die jüngsten Ereignisse in diesem Land, aber auch bei unseren Nachbarn und Verbündeten zeigen, wie wichtig es ist, dass unsere Schutzkräfte und Ordnungsbehörden mit zeitgemäßen Befugnissen ausgestattet sind, um aktuellen Gefahren für Bürger und Rechtsstaat wirksam begegnen zu können.

Dabei – das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen – stellt insbesondere das POG einen Spiegel für Land, Gesellschaft und Politik dar und nicht für die Arbeit unserer Polizeikräfte draußen auf den Straßen und Plätzen.

Aus der Gestaltung des Polizeigesetzes eines Landes lässt sich erkennen, wie freiheitlich und demokratisch dieses Land politisch aufgestellt ist; denn das POG definiert die Position des Staates zwischen Anarchie und Polizei bzw. Überwachungsstaat. Bisher war es uns als Land gelungen, ein Polizeigesetz zu unterhalten, das den Spagat zwischen Freiheit und moderater staatlicher Kontrolle verhältnismäßig souverän bewältigt. Das sind ein gutes Zeichen und ein Beleg dafür, dass wir aus den Sünden unsere Vergangenheit gelernt haben.

Auch die hier in Rede stehende Novellierung unseres POG setzt diesen Trend fort, Änderungen, die auf die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der letzten Jahr reagieren, ohne über das Ziel hinauszuschießen. So bedient der Novellierungsentwurf nicht nur die erforderliche Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie, sondern bringt auch sinnvolle Ergänzungen wie Meldepflichten für bestimmte öffentliche Veranstaltungen oder Zuverlässigkeitsprüfungen für relevante Personengruppen.

Doch trotz dieser teils sehr umfangreichen inhaltlichen Ergänzungen und Änderungen greift die Novellierung des POG in einem anderen Bereich nach unserer Ansicht etwas zu kurz. Schaut man sich an, welchen Angriffen und Diffamierungen sich unsere Polizeikräfte dieser Tage und wohl auch künftig ausgesetzt sehen – eine direkte Folge medialer Hetze gegen unsere Polizei und fehlender politischer Rückendeckung seitens der Bundes- und vieler Landesregierungen –, werden weitreichendere Befugnisse und Regelungen zur Sicherung der körperlichen Unversehrtheit unserer Polizei- und Ordnungskräfte sehr bald erforderlich werden.

Eines ist klar: Der politisch geförderte Verfall an Respekt gegenüber unseren Sicherheitskräften, insbesondere im linken Milieu und in bestimmten Teilen der neuen deutschen Party- und Eventszene – siehe Stuttgart –, wird auch in Zukunft für Platzwunden und Knochenbrüchen bei unseren Polizisten sorgen. Eines sollte Ihnen klar sein: Die Gesellschaft lässt sich mit doppelzüngiger Verurteilung solcher Gewaltexzesse und halbherzigen Solidaritätsbekundungen vielleicht noch einige Zeit lang beruhigen, doch die Frauen und Männer bei der Polizei werden den Verrat ihrer Dienstherren nicht vergessen. In jeder Uniform steckt auch ein Mensch, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Was wir jetzt brauchen, was unsere tapferen Polizisten jetzt brauchen, ist nicht nur ein auf aktuelle und künftige Gefahren angemessen ausgerichtetes Polizeigesetz, sondern auch eine Landesregierung, die trotz all ihrer Sympathien für Antifaschismus, linke Krawallmacher und grenzenloser Invasion in unsere Sozialsysteme ein klares Statement setzt: Wir verteidigen unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie, und zwar nicht nur gegen Rechtsextremisten, sondern gegen jede Form von Gewalt und Extremismus.

(Beifall der AfD)

Wir benötigen eine Landesregierung, die sich klar und ausdrücklich zu ihrer Polizei bekennt und den linken Terroristen ganz klar ihre Grenzen aufzeigt, idealerweise bevor eine rheinland-pfälzische Innenstadt zum Kriegsschauplatz wird.

(Zuruf von der SPD)

Herr Schwarz, ich denke, die Landesregierung in Stuttgart hat letzte Woche noch gesagt: Unser Land ist sicher. –

Diese Grenzen können aber nur durch eine Polizei gezo

gen werden, die sich politisch unterstützt und rechtlich auf der sicheren Seite weiß und deren Polizeigesetz einen effizienten Schutz gegen Angreifer ermöglicht, präventiv wie repressiv.

Ein extrem wirksamer Abwehrmechanismus gegen Angriffe sowie gegen die Verleumdung der angeblich omnipräsenten Polizeigewalt sind die sogenannten Bodycams. Als neutrales drittes Auge können sie das Verhalten der Polizei ebenso wie Tatverdächtigenverhalten und Tatörtlichkeiten dokumentieren und Vorwürfe gegen die Polizei bestätigen oder entkräften, vom Abschreckungspotenzial auf Delinquenten einmal ganz zu schweigen.

Laut der Novellierung unseres POG bleibt der Einsatz von Bodycams beim Betreten von nicht öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten leider untersagt, ebenso wie das sogenannte Pre-Recording. Hier hätten sich mit Sicherheit Lösungen finden lassen, die dem Datenschutz in angemessener Weise entsprechen, aber der Sicherheit der Einsatzkräfte den Vorrang geben.

(Glocke des Präsidenten)

Dass die Novellierung hier keine Befugniserweiterung vorsieht, ist als Versäumnis zulasten der Sicherheit unserer Polizeikräfte zu werten. Hier hätten wir uns mehr Mut seitens der Landesregierung gewünscht.

Insgesamt hinterlässt der Entwurf zur Novellierung des POG jedoch einen soliden Eindruck und bietet eine gute Grundlage für eine Weiterentwicklung im Innenausschuss, an der wir uns gerne konstruktiv und zum Wohle unserer Polizei und unseres Rechtsstaats beteiligen werden.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Becker.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer ersten Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes im Jahr 2017 legen wir heute einen weiteren Gesetzentwurf zum POG in dieser Legislaturperiode vor. Auch hier war für die FDP als Partei der Bürger- und Freiheitsrechte eine Ausgewogenheit zwischen den Bürger- und Freiheitsrechten und dem Anspruch auf Sicherheit ein wichtiger Aspekt.

Dieses Ansehen spiegelt sich insbesondere darin wider, dass die Polizei zukünftig erweiterte Befugnisse für ihre Arbeit erhält, gleichzeitig aber darauf geachtet wurde, die Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich zu halten. Daher haben wir in sehr konstruktiver Weise in der Koalition und stets den vorgenannten Anspruch reflektierend ein Gesetz formuliert, das

die Sicherheit stärkt, ohne den Rechtsstaat zu vernachlässigen.

Meine Damen und Herren, wir leben in Rheinland-Pfalz in einem sicheren Land. Ich danke Wolfgang Schwarz, dass er das noch einmal sehr deutlich gemacht hat im Gegensatz zu dem, wie es andere hier sehen. Das hat die im März veröffentlichte Polizeistatistik erneut bewiesen. Dafür, dass Rheinland-Pfalz ein sicheres Land ist, gebührt unser Dank unseren Sicherheitsbehörden und den Polizistinnen und Polizisten, die tagtäglich herausragende Arbeit leisten. Diese Arbeit leisten sie, obwohl sie Anfeindungen körperlicher und verbaler Natur ausgesetzt sind, wie zuletzt die Vorkommnisse in Stuttgart am vergangenen Wochenende gezeigt haben.

Deshalb dürfen wir auch nicht bei der allgemeinen Sicherheitslage die Situation der Polizistinnen und Polizisten aus dem Auge verlieren. Wir haben ihnen gegenüber eine ganz besondere Fürsorgeverpflichtung; denn der Schutz derer, die uns schützen, muss uns ein besonderes Anliegen sein. Ich denke, darüber sind wir uns alle hier im Hause sehr einig.

Meine Damen und Herren, gleichzeitig dürfen wir die Augen nicht davor verschließen, dass die Sicherheitslage stets dynamisch ist und dies selbstverständlich auch für unser Land Rheinland-Pfalz gilt. Bedrohungen, insbesondere rechtsextremer und terroristischer Art, machen vor Landesgrenzen nicht halt. Extremisten nutzen Internetplattformen, um Hass und Hetze zu verbreiten. Dass Worten Taten folgen können, dokumentiert der Mord an Walter Lübcke.

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht nur Nichtrassisten sein, sondern – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten unseren Bundespräsidenten –: „Wir müssen Antirassisten sein!“ Meine Damen und Herren, dieser POG-Entwurf ist verfassungskonform, und Verfassungskonformität sollte uns allen im Hause natürlich die Grundvoraussetzung für eine gesetzliche Änderung sein. Deshalb war es uns ein besonderes Anliegen, dass wir mit dem Gesetz das Datenniveau der Sicherheitsbehörden optimieren und gleichzeitig die Grundlage schaffen, den Informationsaustausch zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden, insbesondere auch zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, zu stärken. Das ist in § 58 des Entwurfs geregelt.

Dabei wahren wir das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen und achten die verfassungsrechtlich garantierte Verhältnismäßigkeit. Unserer Fürsorgepflicht gegenüber der Polizei kommen wir auch dadurch nach, dass eine Zuverlässigkeitsüberprüfung von Bewerberinnen und Bewerbern für den Polizeivollzugsdienst durchgeführt wird.

Ähnliches gilt für Personen, die selbstständige Dienstleistungen zur Unterstützung von Aufgaben der Polizei erbringen wollen oder als Ordnungsdienst für eine öffentliche Veranstaltung einer Behörde oder einer öffentlichen Stelle vorgesehen sind. Der Minister hat bereits darauf hingewiesen. Die Großveranstaltung, bei der es zu einem Problem

kam, war der Anlass für diese Änderung.

Mit gesetzlichen Regelungen für Gefahren und Gefahrenabwehrmaßnahmen bei öffentlichen Veranstaltungen, zu denen zum Beispiel die Vorlage eines Sicherheitskonzepts gehört, runden wir ein gelungenes Gesetz ab. Meine Damen und Herren, wir sind heute in der ersten Beratung. Es ist angesprochen worden, dass wir im Anschluss im Innenausschuss über eine mögliche Anhörung sprechen. Damit könnte ich mich gern zufriedengeben. Ich fände es gut, wenn wir noch einmal darüber diskutieren. Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen im Innenausschuss in einer Anhörung und in einer nächsten Plenarbefassung.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über eine Änderung des Polizeiund Ordnungsbehördengesetzes. Ganz konkret geht es darum, dass wir die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat stärken und die Sicherheit von öffentlichen Veranstaltungen ausweiten. Das sind wichtige Maßnahmen. Sie haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon erwähnt.

Eine Kritik, die der CDU-Kollege Herber an der Stelle geäußert hat, kann ich aber nicht so stehen lassen. Es wurde kritisiert, dass der vorliegende Gesetzentwurf keine neuen Eingriffsbefugnisse vorsieht. Diese Kritik hätte man noch nachvollziehen können, wenn man den Gesetzentwurf aus dem Jahr 2017 nicht noch im Kopf hat. Wir haben nämlich gemeinsam in der Koalition die Eingriffsbefugnisse der Polizei ausgeweitet.

Wir haben die Bodycams eingeführt, Bestandsdatenauskunft ermöglicht sowie die anlassbezogene Kennzeichenerfassung und beispielsweise den Wohnungsverweis von Tätern bei häuslicher Gewalt ins POG geschrieben. Das ist also wirklich ein Katalog, der sich sehen lassen kann. Das möchte ich in Erinnerung bringen, falls sich diese Kritik noch einmal in der Sitzung des Innenausschusses fortsetzt. Wir sind selbstverständlich in der weiteren parlamentarischen Beratung sehr gespannt auf Ihre Ideen.

Zum vorliegenden Gesetzentwurf: Mit ihm werden die datenschutzrechtlichen Vorgaben von der Europäischen Union sowie vom Bundesverfassungsgericht umgesetzt. Dabei werden insbesondere die Betroffenenrechte ausgebaut. Zum Beispiel ist nun klar und transparent geregelt, dass jede Person auf Antrag Auskunft darüber erhalten kann, ob die Polizei sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet. Durch diese Beauskunftung wird den Personen die Möglichkeit gegeben, weitere Rechte geltend zu machen,