Liebe CDU, wollen Sie wirklich ein Gesetz machen, das nicht verfassungsgemäß ist? Vor einem Jahr haben Sie uns vieles in diese Richtung vorgehalten.
Es gibt Länder, die diese Befugnisnormen in ihren Gesetzen bereits haben. Diese werden aber meiner Kenntnis nach aktuell alle beklagt. In Baden-Württemberg soll eine solche Norm in das Gefahrenabwehrgesetz hinein, auch im Saarland. Genauso strittig wird es dort diskutiert. BadenWürttemberg setzt dabei auf die dringende Gefahr und den Richtervorbehalt aus Artikel 13 Abs. 4 als Begründung. Doch dabei würde die Ausnahme aus dem Abs. 4 zur Regel gemacht. In der aktuellen Diskussion melden sich dort bereits Verfassungsrechtler und begehren dagegen auf.
Ich erinnere aber auch an unsere Expertenanhörung im Juni 2017. Dort vertrat Professor Ruthig, der jetzt auch wieder als Experte dabei war, die Meinung, dass man dies über
Artikel 13 regeln könnte. Nur wenige Monate später hat er seine Meinung in einem Fachaufsatz aber wieder geändert. Auch er sieht keine Möglichkeit mehr. Warum wohl?
Sie sprechen in Ihrem Änderungsantrag das Betreten von Wohnungen bei Lärm an. Unser POG gibt das heute schon her, § 20 Abs. 3 zur Abwehr einer dringenden Gefahr, eine dringende Gefahr für ein wichtiges Rechtsgut, die Gesundheitsgefährdung. Es ist noch nicht einmal erforderlich, dass die Gefahr eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich sage noch einen Satz zu den CDU-Forderungen für den kommunalen Vollzugsdienst. Weitere Befugnisse wie zum Beispiel den Einsatz von Bodycams in öffentlich zugänglichen Räumen können wir uns auch vorstellen. Voraussetzung wäre aber ein entsprechendes Berufsbild mit adäquater Ausbildung.
Zusammenfassend stelle ich fest, auch diese Anhörung hat bestätigt, dass wir ein sehr gutes, zeitgemäß beispielhaftes und verfassungsgemäßes Polizei- und Ordnungsbehördengesetz haben. Der Änderungsantrag der CDU widerspricht in großen Teilen einem solchen verfassungsgemäßen Gesetz. Deswegen lehnen wir den Änderungsantrag ab und bitten Sie, unserem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nachdem ich Ihnen bereits unsere Enttäuschung über die viel zu unzureichenden Änderungen im POG im Juni bei der Einbringung der Gesetzesänderung ins Plenum beschrieben habe, blieb uns noch der Funken Hoffnung mit der Anhörung der Experten im Innenausschuss. Das war eine gute Anhörung mit Experten aus der Praxis und mit Rechtstheoretikern.
Rechtstheoretiker wie zum Beispiel Professor Zöller von der Universität Trier lobten einerseits das Papier für seine in die Tiefe gehende Komplexität, mahnten andererseits aber auch Stellen an, die der Nachbesserung bedürfen, um zu gewährleisten, dass die Änderungen verfassungskonform sind.
Die Praktiker aus den Gewerkschaften beschrieben Nachbesserungswürdiges im vorliegenden Entwurf, um der praktischen Arbeit gerecht werden zu können. Sie kritisierten aber auch, dass die Änderungen nicht weit genug gehen, um unserer Polizei und dem kommunalen Vollzugsdienst das rechtliche Handwerkszeug an die Hand zu geben, um überhaupt Gefahrenabwehr in der sich wandelnden Welt vernünftig und zielführend leisten zu können.
Alles in allem war es eine sachliche und zielführende Debatte, in der wir am Ende den Fraktionen unsere Zusammenarbeit für angesprochene notwendige Änderungen angeboten haben. Dieses Angebot wurde von den regierungstragenden Fraktionen leider nicht angenommen. Gleichwohl haben sie einen eigenen Änderungsantrag eingebracht.
Ich muss sagen, ich war wieder voller Vorfreude, welche Anregungen aus der Expertenanhörung jetzt noch in das neue POG einfließen sollen. Wieder wurden wir enttäuscht, die Fraktion der CDU, die Polizei, aber auch die Bürger, die ein Recht darauf haben, dass die Politik alles Nötige tut, um ihren Schutz zu gewährleisten.
Aus diesem Grund lassen Sie mich Ihnen zwei Änderungen beschreiben, die aus unserer Sicht neben anderen ebenso wünschenswerten Änderungen nach dieser Anhörung als absolut notwendig in das neue POG eingepflegt werden müssten. Zum einen – Herr Kollege Schwarz, Sie haben es angesprochen – betrifft das das Betreten der Wohnung wegen Ruhestörung. Derzeit erlaubt das POG der Polizei das Betreten einer Wohnung nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr. Eine dringende Gefahr liegt aber regelmäßig nicht bei einer gelegentlichen Lärmbelästigung vor.
Deshalb ist ein Abstellen von Lärm gerade in der Nachtzeit durch die Polizei grundsätzlich nicht ohne Weiteres möglich. Dieser Missstand erschwert die alltägliche Arbeit der Polizei.
Durch unsere Ergänzung wird eine unmittelbar an dieser Ursache orientierte Rechtsgrundlage für das Betreten einer Wohnung durch die Polizei geschaffen, um einen wirksamen Schutz der Nachtruhe vor erheblichen Ruhestörungen zu ermöglichen.
Es gibt diese Regelungen bereits in Nordrhein-Westfalen, Berlin, Brandenburg, Thüringen, Bremen, Hamburg und Niedersachsen. Ich glaube nicht, dass diese sich nicht auf dem Boden der Verfassung bewegen.
Die zweite und wichtigste Änderung aus unserer Sicht bezieht sich auf die Bodycam. Einige von Ihnen konnten vorhin sicherlich die eindrucksvolle Demonstration der GdP am Rheinufer verfolgen. Auch der kommunale Vollzugs
dienst in Rheinland-Pfalz leistet im Rahmen der Gefahrenabwehr einen unverzichtbaren Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen seiner Kompetenzen und Befugnisse. Er unterstützt und entlastet die Polizei.
Aufgrund der zu erfüllenden Aufgaben muss der kommunale Vollzugsdienst im POG normierte Schutzmaßnahmen in Anspruch nehmen können. Da Bodycams zur Schutzausstattung im weiteren Sinne gehören und alleine das Tragen oder die Androhung des Einsatzes eine deeskalierende Wirkung entfalten, erscheint es uns zielführend, auch den kommunalen Vollzugsdienst mit Bodycams auszustatten.
Derzeit ist auch der offene Einsatz von Bodycams in Wohnräumen mangels einer Rechtsgrundlage nicht möglich. Wir wollen mit dem Änderungsvorschlag den zukünftigen Anwendungsbereich der Bodycams auf Wohnungen erweitern. Damit tragen wir nichts anderem als der Lebenswirklichkeit und den konkreten Gefährdungslagen Rechnung.
Wir haben die Änderung so beschrieben, dass ein Einsatz in einer Wohnung nur erfolgen kann, wenn dies zum Schutz von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten oder Dritten gegen eine dringende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Durch das Erfordernis einer dringenden Gefahr wird den Vorgaben des Grundgesetzes Rechnung getragen, zum Schutz der Wohnung, und zwar hinreichend.
Ebenso werden den bestehenden verfassungs- und datenschutzrechtlichen Anforderungen in unserem Änderungsantrag Rechnung getragen; denn insbesondere die Verwertung der Aufnahmen obliegt der Genehmigung durch einen Richter. Diese Erweiterung dient zum einen dem Eigenschutz der Polizeibeamten. Häufig werden die Einsatzkräfte zu Situationen gerufen, die von Aggression und Gewalt geprägt sind. Diese Aggressionen können urplötzlich und ohne Vorwarnung umschwenken und sich gegen die Einsatzkräfte selbst richten. Untersuchungen und Erprobungen haben zum Beispiel gezeigt, dass Übergriffe und Gewalt gegen Polizeibeamte deutlich nachlassen, wenn eine solche Kamera offen getragen wird.
Derzeit müssen Polizeibeamte aber gerade dann die Bodycam ausschalten, wenn sie sie zum Schutz besonders brauchen. Die Ausweitung des Anwendungsgebiets auch auf private Wohnräume sowie auf Geschäftsräume wird durch die beiden Polizeigewerkschaften gefordert.
Über den Eigenschutz der Beamten hinaus kann unser Änderungsvorschlag aber auch der Aufklärung von Straftaten dienen. Ein Großteil der Fälle häuslicher Gewalt findet in privaten Wohnungen, also außerhalb der Öffentlichkeit statt. Mit dem bestehenden POG, aber auch mit den Änderungsvorschlägen der Ampelfraktionen können Opfer von häuslicher Gewalt nicht vom Einsatz der Bodycams profitieren. Im Sinne eines effektiven Opferschutzes würde
Der Einsatz von Bodycams in Wohnungen ist in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen bereits möglich. In Baden-Württemberg – Herr Kollege Schwarz, Sie haben es angesprochen – ist der Einsatz von Bodycams in privaten Wohnräumen beabsichtigt. Es gibt in diesen Bundesländern noch keine Vorbehalte seitens der Gerichte.
Gerade vor dem Hintergrund, dass die Bodycams vordringlich zum Eigenschutz eingesetzt werden, kommt auch dem Pre-Recording eine besondere Bedeutung zu. Durch das Pre-Recording wird bereits die unmittelbare Vorgeschichte einer konkreten Konflikt- und Gefahrensituation erkannt. Dies kann insbesondere für die strafrechtliche Bewertung des Falles relevant sein und erleichtert später die Strafverfolgung. Deshalb muss auch dieses Mittel im neuen POG seinen Niederschlag finden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sieben Minuten sind knapp, um Ihnen allen die Idee näherzubringen, dass POG als Gesetz der Vorsorge zur Gefahrenabwehr neu auszurichten. Ich hoffe aber, dass die Darstellungen der GdP heute am Rheinufer dazu beigetragen haben, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen können.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Sachverständigenanhörung im Innenausschuss war sehr aufschlussreich, informativ und gab an einigen Stellen durchaus Anlass zur Diskussion, die heute hier vor der Rheingoldhalle am Rhein seine Fortsetzung durch eine Demonstration der GdP gefunden hat.
Lassen Sie mich an dieser Stelle das offensichtlich emotionsgeladene Thema des Bodycameinsatzes aufgreifen. Leider werden weite Teile des Gesetzes in diesem Zusammenhang eher dazu verwendet, den Einsatz von Dokumentationstechnik zu verhindern, statt sie im Sinne der Sicherheit unserer Bürger, vor allem aber zur Sicherheit der Polizei zu entwickeln.
Meine Damen und Herren, was nützt uns die beste Bodycam mit den besten Systemen und Pre-Recording-Funktionen, wenn die Auflagen für den effektiven Einsatz so restriktiv sind, dass beim Anwender, also beim Polizisten auf der Straße, eher Handlungsunsicherheit denn Handlungssicherheit erzeugt wird. Nach Aussagen von erfahrenen Polizeibeamten führt das eher dazu, dass eine Anwendung des Systems aus Angst vor disziplinarischer Würdigung unterbleibt.
Dabei bieten gerade diese technischen Fähigkeiten wie die Bodycam bei Großlagen und im öffentlichen Raum endlich die Möglichkeit, zugespitzte Lageentwicklungen, Gewalt gegen die Polizei und Reaktionen von Einsatzkräften rechtssicher zu dokumentieren und spätere Vorwürfe jeglicher Art überprüfbar zu machen.
Insbesondere das Filmen in Wohnungen und nicht öffentlichen Räumen hat zu kontroversen Diskussionen geführt, in der sich idealistische Datenschützer einerseits und die polizeidienstlichen Praktiker andererseits gegenüberstehen. Viele Polizeibeamte in Rheinland-Pfalz und BadenWürttemberg sehen mittlerweile vom Einsatz der Bodycam ab, da mehr als 70 % der Polizeieinsätze in privaten oder nicht öffentlichen Räumen stattfinden.
Ein Beispiel aus Baden-Württemberg soll die Handlungsunsicherheit einmal verdeutlichen. Bei einer Fußstreife kontrollierten zwei Beamte in einer Parkanlage eine Gruppe von Personen, die sich auffällig verhielt. Es kommt zu einer Personenkontrolle, bei der eine Person die Herausgabe der Ausweispapiere verweigert und den Polizeibeamten Gewalt androht. Es folgen Beleidigungen und Beschimpfungen übelster Art. Daraufhin kündigt einer der Polizeibeamten an, dass er nun die Bodycam einschalten wird, und hofft dabei, die Situation beruhigen zu können. Als das rote Aufnahmelicht leuchtet, flüchtet die Person, die Beamten setzen nach und folgen dem Flüchtenden in das nahe liegende Haus und stellen ihn in der Wohnung. Aufgrund der sich überschlagenden Ereignisse hat die Bodycam die polizeilichen Maßnahmen unbemerkt auch in der Wohnung weiter aufgezeichnet.
Derzeit wird die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die beteiligten Polizeibeamten geprüft, obwohl im Rahmen der dienstlichen Einsatznachbereitung die Filmsequenzen erkannt und sichergestellt wurden, also zu keinem Zeitpunkt ein Datenmissbrauch vorgelegen hat oder möglich gewesen wäre.
Was will ich damit sagen? Selbstverständlich müssen wir den Schutz von Bürgerdaten beachten, und dennoch darf ein nützlicher Ausrüstungsgegenstand oder nützliches Ausrüstungsteil wie die Bodycam nicht durch Überregulierung seine Wirkung verlieren. Die routinemäßige Sichtung aller im operativen Einsatz erfolgten Aufnahmen und die Löschung aller irrelevanten Sequenzen durch geschultes Personal würde den Einsatz für die Beamten in den Gefährdungsbereichen deutlich erleichtern und den Datenschutz nach unserer Auffassung ausreichend berücksichtigen.