Protokoll der Sitzung vom 16.09.2020

Was will ich damit sagen? Selbstverständlich müssen wir den Schutz von Bürgerdaten beachten, und dennoch darf ein nützlicher Ausrüstungsgegenstand oder nützliches Ausrüstungsteil wie die Bodycam nicht durch Überregulierung seine Wirkung verlieren. Die routinemäßige Sichtung aller im operativen Einsatz erfolgten Aufnahmen und die Löschung aller irrelevanten Sequenzen durch geschultes Personal würde den Einsatz für die Beamten in den Gefährdungsbereichen deutlich erleichtern und den Datenschutz nach unserer Auffassung ausreichend berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, für die öffentliche Ordnung ist nicht nur die Polizei zuständig, sondern die Kommunen stellen eigene kommunale Vollzugsdienste auf und unterstützen die Polizei im operativen Einsatz. Wir haben immer wieder an dieser Stelle auf das nicht vorhandene einheitliche Berufsbild, die mangelnde Ausbildung und die unzureichende Ausstattung hingewiesen. Das war im Übrigen auch Thema in der Anhörung im Innenausschuss; denn gerade der kommunale Vollzugsdienst operiert zu 80 % im öffentlichen Raum. Wenn also die Bodycam in vielen Lagen

deeskalierend wirkt bzw. Gewalttäter abschreckt, dann ist die Forderung der Kommunen nach Ausstattung mit der Bodycam durchaus nachvollziehbar.

Jetzt wird der Herr Minister wieder zwei Gegenargumente bringen, die er im Übrigen schon bei der Forderung nach dem Taser bemüht hat, erstens die mangelnde Ausbildungszeit und zweitens die Verfügbarkeit von Diensthunden. Ja, die Ausbildungszeit für die zivilen Kollegen ist in der Tat deutlich zu kurz, Herr Minister, aber Sie könnten die Ausbildungszeit am Hahn locker verdoppeln oder verbessern, damit die Vermittlung der entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnisse erweitert und sichergestellt werden kann.

Meine Damen und Herren, die Kompensation von Fähigkeiten durch Diensthunde hat allerdings einen kleinen Haken. Nach unserer Recherche gibt es in ganz Rheinland-Pfalz genau einen, ich wiederhole, einen aktiven Diensthund im kommunalen Ordnungsdienst. Der leistet mit seinem Hundeführer in Neustadt an der Weinstraße seinen braven, allerdings ortsgebundenen Dienst. Das Argument mit der armen Diensthündin Feli – so heißt nämlich das brave Tier – sollte also jetzt verbraucht sein, Herr Minister.

Dem Änderungsantrag der CDU können wir so nicht zustimmen, weil Sie zwar den Versuch unternehmen, das Einsatzspektrum der Bodycam auf den privaten Bereich auszudehnen, aber, wie wir finden, unrealistische Auflagen dafür vorschreiben.

Im Übrigen ist der Antrag um 14.32 Uhr eingegangen. Bitte sehen Sie uns nach, dass wir den noch etwas näher prüfen wollen. Heute können wir uns dazu nur enthalten.

Herr Schwarz, wenn wir die Ergebnisse der verfassungsrechtlichen Prüfung in den anderen Ländern vorliegen haben, könnten wir über diese Möglichkeit noch einmal nachdenken; denn das ist die Auflage gewesen, die Sie gerade gemacht haben. Natürlich muss ein solches Gesetz verfassungsrechtlich wasserdicht sein. Das ist völlig richtig.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Schwarz, SPD – Glocke der Präsidentin)

Letzter Satz, Frau Präsidentin.

Insgesamt hinterlässt der Entwurf zur Novellierung dieses POG einen soliden Eindruck und bietet eine gute Grundlage für weitere Entwicklungen, an denen wir uns gerne konstruktiv und zum Wohle unserer Polizei und unseres Rechtsstaates beteiligen wollen. Wir stimmen der aktuellen Novellierung des POG zu.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Monika Becker.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute in zweiter Lesung das POG verabschieden, schließen wir eine umfangreiche Anpassung des Polizei- und Ordnungsbehördenrechts für diese Legislaturperiode ab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um es auf den Punkt zu bringen, sage ich: Ich bin sehr zufrieden mit dem, was wir erreicht haben. Ich denke, wir, die Ampelkoalition, die regierungstragenden Fraktionen dürfen zufrieden sein mit dem, was wir erreicht haben.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war wieder einmal ein Beleg für eine gut funktionierende Zusammenarbeit dieser Ampelkoalition.

(Abg. Martin Haller, SPD: So sieht es aus! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Rückblickend kann ich sagen, wir haben es gut gemacht.

Meine Damen und Herren, das ist nicht etwa ein Eigenlob, sondern das haben uns vielmehr zuletzt die in der Anhörung im Innenausschuss am 19. August, die schon mehrfach angesprochen wurde, anwesenden Sachverständigen bestätigt.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist Faktenlage!)

Meine Damen und Herren, das rheinland-pfälzische Polizeiund Ordnungsrecht wurde in den letzten Jahren maßgeblich verbessert. Es ist modern. Es regelt detailreich und klar und befindet sich auf dem aktuellen Stand.

Durch das neunte Landesgesetz zur Änderung des Polizeiund Ordnungsbehördengesetzes, das im Sommer 2017 erlassen worden ist, haben wir zum Beispiel den Einsatz von Körperkameras, also den Bodycams, eingeführt. Wir haben die Bestandsdatenauskunft ermöglicht und die anlassbezogene Kennzeichenerfassung ins Gesetz geschrieben.

Mit dem jetzigen Gesetzentwurf setzen wir die EUDatenschutzreform und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 20. April 2016 zum BKA-Gesetz um.

Meine Damen und Herren, außerdem verbessern wir die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger bei öffentlichen Veranstaltungen. So führen wir beispielsweise eine Anzeigepflicht für Veranstaltungen ab einer bestimmten Größenordnung ein und fordern die Vorlage eines Sicherheitskonzepts sowie die Einrichtung eines Ordnungsdienstes. Besonders wichtig ist uns zudem die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Durchführung von Zuverlässigkeitsüberprüfungen zum Schutz der Polizei und besonders gefährdeter staatlicher und privater Veranstaltungen.

Meine Damen und Herren, wie ich bereits eingangs erwähnt

habe, ich bin sehr zufrieden. Wir als Freie Demokraten unterstützen das Gesetzesvorhaben ausdrücklich. Durch detailgenaue und zielorientierte sowie wertschätzende Arbeit haben wir es geschafft, die Sicherheit unseres Landes zu verbessern, ohne dabei unsere liberalen Grundwerte zu verraten. So möchte ich an dieser Stelle ganz bewusst nicht unerwähnt lassen – auch wenn es die CDU immer wieder einfordert –, dass beispielsweise der Einsatz von Bodycams in Wohnungen wegen des hohen Guts der Unverletzlichkeit der Wohnung – das kann man nicht wegdiskutieren – nach wie vor unzulässig ist, weil es eine verfassungsrechtliche Klärung nach wie vor nicht gibt. Das ist Fakt. Wir haben uns immer versprochen, dass wir Gesetze auf den Weg bringen, die verfassungskonform sind.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Deshalb ist es an dieser Stelle so, auch wenn ich das Ansinnen und den Wunsch der GdP und der DPolG (Deutsche Polizeigewerkschaft), der Kolleginnen und Kollegen, gut verstehen kann, wir müssen erst diese Rechtssicherheit haben.

Auch der kommunale Vollzugsdienst wird trotz verständlicher und dafürsprechender Argumente zumindest in dieser Legislaturperiode nicht mit Bodycams ausgestattet werden.

Meine Damen und Herren, ohne das Engagement der Kolleginnen und Kollegen des kommunalen Vollzugsdienstes kleinreden zu wollen, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die rheinland-pfälzischen Polizistinnen und Polizisten ein dreijähriges Studium absolvieren. Dem steht ein zehnwöchiger Ausbildungslehrgang, den die Vollzugsbediensteten absolvieren, gegenüber.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Herr Junge, erst wenn der Ausbildungsstand des kommunalen Vollzugsdienstes vertieft wird, was ich im Übrigen grundsätzlich begrüße, kann darüber nachgedacht werden, ihn mit weiteren Mitteln der Polizei auszustatten.

Demgegenüber begrüße ich ausdrücklich, dass den Vollzugskräften der Zollverwaltung mit dem hiesigen Gesetzentwurf eine Eilzuständigkeit eingeräumt wird. Mit dieser bekommen die Zollbediensteten die Möglichkeit, situationsgerecht und bedarfsorientiert zu handeln.

Außerdem möchte ich an dieser Stelle betonen, dass es einer der Punkte unseres Änderungsantrags ist, dass wir es durch eine Umformulierung geschafft haben, den umstrittenen und noch nicht höchstrichterlich definierten Begriff der drohenden Gefahr zu streichen.

(Glocke der Präsidentin)

Wir haben nun eine Formulierung gewählt, die einerseits das Schutzniveau unserer Regelung nicht herabsetzt, andererseits jedoch ausreichend Rechtssicherheit bietet.

Meine Damen und Herren – darf ich das noch tun –, ich

möchte mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen der Koalition ganz herzlich für die Arbeit, die wir gemeinsam geleistet haben, bedanken. Es waren anstrengende, sehr intensive Verhandlungen, aber die haben uns zu einem guten Ergebnis geführt. Mir hat es Spaß gemacht.

Herzlichen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir bringen heute ein ausgewogenes Polizeigesetz auf den Weg. Wir haben lange verhandelt. Das hat meine Vorrednerin auch dargestellt. Mein ausdrücklicher Dank – da kann ich mich dem anschließen – geht an das Innenministerium und ein herzliches Dankeschön an meine Fachkolleginnen und -kollegen für den Austausch, den wir für dieses Gesetz an den Tag gelegt haben.

Die Anhörung im August hat bestätigt, dass wir gemeinsam ein verhältnismäßiges Polizeigesetz verhandelt haben, ein Polizeigesetz, das sich im Bundesvergleich wirklich sehen lassen kann und hervorragend ist.

In der ersten Lesung bin ich bereits darauf eingegangen, welche Änderungen wir vorgeschlagen haben, nämlich im Wesentlichen eine Verbesserung der Sicherheit bei Veranstaltungen und die Umsetzung der EU-DatenschutzGrundverordnung. Jetzt möchte ich mich auf die Änderungen, die heute zur Debatte stehen, konzentrieren.

Wir hatten eine wirklich gute und hoch qualifizierte Anhörung im Innenausschuss. Vertreterinnen und Vertreter aus der polizeilichen Praxis, der Wissenschaft und der Landesdatenschutzbeauftragte haben uns ihre Stellungnahmen zum Gesetz gegeben. Aus der Wissenschaft haben wir ein dickes Lob für unser Gesetz bekommen. Das geht auch auf die hervorragende Arbeit des Innenministeriums zurück. Wir haben nämlich eine Vorlage von der Landesregierung erhalten, die verhältnismäßig den präventivpolizeilichen gesetzlichen Rahmen ausschöpft, und das auch im Gegensatz zu anderen Bundesländern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir haben als regierungstragende Fraktionen noch einmal genau alle Anregungen geprüft, die uns die Experten vorgeschlagen haben, und dann einen Änderungsantrag vorgelegt. Nicht Einfluss in diese Änderungen hat das Thema „Bodycams“ in Wohnungen genommen. Wir haben heute eine eindrückliche Demonstration einer Situation von häuslicher Gewalt durch die Gewerkschaft der Polizei erlebt. Ich

selbst kenne es von einem Praxiseinblick, wie eine solche Situation ist.

Tatsächlich hat auch meine Fraktion Verständnis für die Forderung, Bodycams in Wohnungen einzusetzen. Wir wissen von dem Einsatz von Bodycams, dass sie wirklich eine deeskalierende Wirkung haben. Nichtsdestotrotz haben wir eine Abwägung vorzunehmen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein solch entgegenstehender Grund, der bei uns dazu führt, dass wir, solange wir keine verfassungsrechtlich dahin gehende Rechtsprechung haben, die sagt, es ist in dieser Abwägung zulässig unter bestimmten Voraussetzungen, diesem Wunsch, der aus der polizeilichen Praxis kommt, nicht nachkommen können. Wir werden auch deswegen den Antrag der CDU ablehnen.