Protokoll der Sitzung vom 17.09.2020

Das heißt in Zahlen ausgedrückt: Wir haben inzwischen bei der Windkraft eine installierte Leistung von etwa 3,7 Gigawatt. Bei der Photovoltaik (PV) sind es 2,4 Gigawatt. Das entspricht inzwischen weit über 100.000 Dachanlagen in Rheinland-Pfalz inklusive der PV-Freiflächenanlagen.

Wir haben ausgerechnet, wenn wir das 100-%-Ziel bis 2030 erreichen wollen, dann müssen wir bei der installierten Leistung der Windkraft um das Doppelte zulegen und im Bereich der PV-Anlagen-Leistung mindestens eine Verdreifachung der Zahl hinbekommen. Das ist eine realistische Einschätzung, weil wir vor dem Hintergrund der Sektorenkopplung einen erhöhten Strombedarf bekommen.

Wir bräuchten eigentlich – das machen die Antworten der Großen Anfrage deutlich – eine Unterstützung auf Bundesebene, um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen. Da sieht es leider relativ düster aus, auch in der Vergangenheit. Der Referentenentwurf zur EEG-Novelle macht deutlich, dass die Bundesregierung hier leider nicht unterstützend tätig sein will, zumindest bis jetzt nicht. Woran macht man das deutlich? Zum einen sind die Ausbauzahlen des Bundes viel zu niedrig angesetzt, weil er eher von einer Stromreduktion bis zum Jahr 2030 ausgeht. Diese niedrigen Ausbauzahlen im Bereich PV und Wind sind fatal.

Wer die Szene und die Studien kennt, der weiß, dass wir auf Bundesebene eigentlich im Wind-Onshore-Bereich Ausbauzahlen von 5 Gigawatt Zubau pro Jahr plus 2 Gigawatt Zubau im Offshore-Bereich bräuchten. Im Solarbereich bräuchten wir im Jahr einen Zubau von etwa 10 Gigawatt. Das wären realistische Zahlen, um die Pariser Klimaschutzziele einzuhalten. Immerhin hat Deutschland diese in Form der Bundeskanzlerin Frau Merkel unterschrieben.

Insofern ist es eine fatale Botschaft für das Klimaschutzziel, diese Zubauzahl nicht zu erreichen. Das wirkt sich auf das Land Rheinland-Pfalz aus. Wir brauchen diese Zubauzahlen, um unser 100-%-Ziel zu erreichen.

Ich will zwei Aspekte des Referentenentwurfs zur EEGNovelle herausgreifen, die für uns im Land Rheinland-Pfalz fatal sind. Wir bräuchten so etwas wie eine RepoweringStrategie auf Bundesebene, weil es auch für uns ein wichtiges Anliegen ist, das Repowering in unserem Bundesland nach vorne zu stellen. Wir werden ab 2021 im Schnitt etwa 120 Megawatt durch alte Anlagen, die sozusagen nicht mehr über das EEG abgedeckt sind, verlieren. Wir bräuchten das Repowering.

Repowering kann sehr erfolgreich sein. In Morbach – wer die Zahl mal hören will – sind gerade Anfang des Jahres, in den letzten anderthalb Jahren, aus 14 Anlagen sieben geworden, die das Doppelte an Energie produzieren werden mit einem Invest von 55 Millionen Euro, die dort platziert worden sind. Das ist also auch eine Zukunftsfrage für das Land Rheinland-Pfalz. Leider Fehlanzeige im Referentenentwurf.

Ich nenne eine weitere Fehlanzeige im Referentenentwurf. Das zweite Beispiel betrifft den Solarbereich. Wir hätten uns als Befreiungsschlag so gewünscht, dass der Eigenverbrauch von der EEG-Umlage befreit wird. Das wäre ein so wichtiges Zeichen gewesen. Das hätte so viel Positives nach vorne ausgelöst. Ich denke dabei gerade an die Dachlandschaft. Fehlanzeige! Es wäre ein wichtiges Anliegen von uns in Rheinland-Pfalz gewesen, in diesem Bereich Unterstützung zu bekommen.

Nichtsdestotrotz bleiben wir in Rheinland-Pfalz natürlich nicht untätig. Wir haben die Solaroffensive gestartet. Das ist ein wichtiger Baustein für uns. Das haben wir mit neuen finanziellen Mitteln hinterlegt, weil das Programm so gut nachgefragt worden ist. Wir haben es ausgeweitet.

Die PV-Freiflächenanlage ist ein wichtiger Baustein. Das ist sehr erfolgreich platziert worden. Hier müssten wir eigentlich aufstocken und ausweiten, um stärkere Zubauzahlen zu bekommen.

Wir plädieren für eine Solarpflicht bei Neubauten. Es ist nicht akzeptabel, dass wir jedes Jahr bundesweit 80.000 neue Einfamilienhäuser in die Landschaft platzieren, ohne den Stand der Technik im PV-Bereich und im Solarthermiebereich verpflichtend vorzuschreiben.

Uns geht es auch darum – dafür hätten wir ebenfalls die EEG-Novelle gebraucht –, Solarcarports offensiv nach vorne zu bringen, weil wir unvorstellbar viele versiegelte Flächen im Bereich der Stellplätze haben, die wir mit PV überstellen sollten. Eine Einspeisevergütung für dieses Marktsegment wäre ganz wichtig gewesen, und zwar nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch zukünftig.

Im Windbereich will ich unsere Hausaufgaben auf Landesebene benennen. Natürlich brauchen wir einen neuen Landesentwicklungsplan, der die Maximalabstandszahlen von 1.000 m bei uns im Land mit übernimmt. Wir bräuchten – dem müssen wir uns widmen – im Bereich Repowering nicht feste Abstandsregelungen, sondern flexible Regelungen, die sich am Bundesimmissionsschutzgesetz orientieren und im Einzelfall zur Anwendung kommen.

(Glocke des Präsidenten)

Letzter Satz: 5 Minuten sind leider schon vorbei. Wir werden weiter daran arbeiten, die Weichen im PV- und im Windkraftbereich so zu stellen, dass wir das 100-%-Ziel bis 2030 erreichen, aber wir bräuchten dringend Rückenwind aus Berlin. Der ist leider im Moment nicht absehbar.

Schönen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und vereinzelt bei der FDP)

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Rahm für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Sprengung des Kühlturms des Kernkraftwerks MülheimKärlich im Sommer war das sichtbare Zeichen des Endes der Atomenergie in Rheinland-Pfalz. Auch die Energiewende hin zu einer Energieversorgung aus erneuerbaren klimaund umweltschonenden Quellen ist in vollem Gange.

Für Rheinland-Pfalz ist ein konsequenter und rascher Ausbau der Energieerzeugungskapazitäten der erneuerbaren Energien energiepolitisch unabdingbar. Auch für eine dezentrale, zukunftsorientierte und sichere Energieversorgung sind wir auf einem guten Weg.

Wir kommen mit der Umsetzung der Energiewende in unserem Land voran. Das zeigt die Antwort auf die Große Anfrage der Grünen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung hat sich mehr als verzehnfacht. Einen wesentlichen Anteil daran hat insbesondere der Ausbau der Windenergie sowie der Photovoltaik. Aber auch die Bioenergie und die Wasserkraft tragen zur regenerativen Stromerzeugung bei.

Meine Damen und Herren, ich will nicht nur Zahlen nennen. Einige haben in der Antwort gestanden. Ich will ein konkretes Beispiel für die Energiewende nennen. Unsere Ministerpräsidentin konnte sich am vergangenen Wochenende ein Bild von der erfolgreichen Energiewende in Kaiserslautern machen, wo sich der örtliche Versorger auf dem Weg zu klimaneutralen Stadtwerken befindet. Er hat rund 50 Millionen Euro in die Modernisierung seines Heizwerks investiert.

Das ist nur ein Beispiel für eine fortschrittliche Energiepolitik in unserem Land.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mit neuen Anlagen wird der Gesamtwirkungsgrad – eben ist es schon erwähnt worden – der Heizkraftwerke gleichzeitig oft noch gesteigert. In Kaiserslautern zum Beispiel gelingt die Verdoppelung der Stromerzeugung.

Wenn man von der Windkraft und der Solarenergie einmal absieht, ist dies eines von vielen Beispielen, wie wir es in Rheinland-Pfalz weiter schaffen, von einem klassischen Stromimportland zu einem Stromerzeugerland zu werden. Die deutlich gesunkene Stromimportquote bedeutet neben einem höheren Beitrag zum Klimaschutz vor allem die Erschließung großer Potenziale für die regionale Wertschöpfung. Nachfrageflexibilität, Energiespeicher, Energieeffizienz und intelligente Netze sind wichtige Handlungsfelder, ohne die die Energiewende nicht ökonomisch und ökologisch sinnvoll realisierbar ist.

Ich habe es bereits gesagt: Das gelingt nicht von heute auf morgen. Wir stellen nicht einfach einmal so den Schalter auf erneuerbare Energien um. Um den gesamten Energie

bedarf sicher und zuverlässig decken zu können, ist aktuell eine konventionelle Erzeugung noch unverzichtbar. Als Zwischenlösung dient dazu unter anderem der umweltfreundliche Energieträger Erdgas.

Außerdem – das zeigt die Besichtigung der Stadtwerke Kaiserslautern – wird die neue Anlage dort in der Lage sein, Biogas oder Wasserstoff einzusetzen.

Meine Damen und Herren, das ist ein Baustein von ganz vielen, die unsere Energiewende erfolgreich vorantreiben. Auch unsere Kommunen in Rheinland-Pfalz definieren Klimaschutzziele, gehen Selbstverpflichtungen ein und sind ein unverzichtbarer Baustein der Energiewende.

Leider stoßen wir hier aber immer noch an Grenzen, die uns von außen auferlegt werden. Das zeigt die Antwort deutlich. So ist es ein weiterer Baustein, umgehend bestehende Hindernisse im Energiewirtschaftsrecht zeitnah abzubauen und geeignete rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu gehört insbesondere das EEG. Um es einfach zu sagen: Wenn das neue EEG kommt, erwarten wir etwas Gescheites.

Allerdings hat sich Herr Altmaier noch nie dadurch hervorgetan – auch nicht als Umweltminister –, dass er das Thema „Klimawandel“ ernst nimmt. Sollte er jetzt vom Saulus zum Paulus werden, ich hoffe es. Wenn dem so wäre, dann könnte er dies schon bis zum 23. September beweisen. An diesem Tag soll nämlich die Novelle des ErneuerbareEnergien-Gesetzes im Kabinett verabschiedet werden, damit es am 1. Januar 2021 in Kraft treten kann.

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium von Herrn Altmaier gibt es dazu allerdings einen Referentenentwurf. In diesem Entwurf werden leider lauter Vorgaben eingebracht, die eine dezentrale Umsetzung der Energiewende behindern würden. So sollen zum Beispiel private Photovoltaikbetreiber ihren Strom zukünftig nicht mehr selbst verbrauchen dürfen. Sie sollen den gesamten Strom zu einem Preis von 0,10 Euro ins Netz einspeisen und dann für 0,30 Euro je Kilowatt zurückkaufen.

(Glocke des Präsidenten)

Das wäre so, als wenn ich meine zugegeben sehr guten Tomaten aus meinem Garten an den Großmarkt verkaufe und dann beim Einzelhandel zurückkaufen muss.

(Abg. Martin Haller, SPD: Hört sich gut an!)

Wenn Herr Altmaier glaubt, so den Klimaschutz fördern zu können, dann hat er die völlig falschen Berater.

(Glocke des Präsidenten)

Zum Schluss noch einmal: Wir erwarten hier etwas Gescheites.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Lohr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der anhaltenden Erderwärmung geht es beim Klimaschutz schon lange nicht mehr um die Frage des Ob, sondern wie wir Klimaschutz betreiben. Wir müssen CO2 reduzieren, wollen aber unseren Wohlstand erhalten und unsere Wirtschaft stärken.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist angesichts wachsender Stromverbräuche sicherlich ein zentraler Baustein, aber kein schnelles Allheilmittel und schon gar nicht die eierlegende Wollmilchsau, die nur Vorteile hat, alle Bedürfnisse befriedigt und allen Ansprüchen genügt.

(Beifall bei der CDU)

Gerne hätten wir heute über unsere Große Anfrage „Halbzeitbilanz Klimaschutz der Landesregierung“ gesprochen; denn unsere Anfrage geht weiter, ist breiter angelegt, bohrt tiefer und stellt die kritischen Zukunftsfragen zur Bewältigung der Energiewende; denn das Thema ist hochkomplex und beinhaltet mehr als nur den bloßen Ausbau der erneuerbaren Energien. Vermutlich hat die Landesregierung auch deshalb die Fristverlängerung für unsere Anfrage beantragt. Aber wie heißt es so schön: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn man sich die Große Anfrage vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN genauer anschaut, dann fällt auf, dass sich ihr Fokus vornehmlich auf den Ist-Zustand und die Vergangenheit richtet und sich fast ausschließlich auf den Ausbau der erneuerbaren Energien beschränkt.

Die Themen „Flächenausweisung“, „Umgang mit Stromüberschüssen“, „Einbindung der Landwirtschaft“ oder die Frage, wie es gelingen soll, den eigenen Strombedarf bis in knapp zehn Jahren zu 100 % aus regenerativen Quellen zu decken und den erzeugten Strom aber auch zu 100 % effizient zu nutzen, werden kaum gewürdigt. Hier sind wir gespannt auf die Antworten der Landesregierung auf unsere Fragen.

(Beifall bei der CDU)

Ja, es ist unstrittig, dass wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz viel erreicht haben. Mein Dank gilt an dieser Stelle den vielen Menschen, die das praktisch möglich gemacht haben, den Machern, den Pionieren, den Projektentwicklern, den vielen klugen Köpfen, ohne deren technisches Know-how wir den Transformationsprozess hin zu regenerativen Energien nicht hinbekommen.