Auch Ihre Klage gegen Vorkassegeschäfte kommt äußerst halbherzig daher. Natürlich ist es eine Schweinerei und nicht akzeptabel, wenn Fluggesellschaften Kostenerstattungen für stornierte Flüge an ihre Kunden hinauszögern. Hier bleibt Verbrauchern jedoch der Klageweg. Den rechtlichen Rahmen aber bildet, wie Sie wissen, eine EUVerordnung, das heißt hier haben wir generell sehr wenig Handlungsspielraum.
Meine Damen und Herren, wenn dieser Schaufensterantrag für Sie ein Rettungsschirm ist, dann steht bald jeder hier im Regen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Corona-Krise hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig der Schutz und die Einhaltung der Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern sind. In vielen Lebensbereichen mussten Bürgerinnen und Bürger finanzielle Einbußen, Dienstleistungsausfälle oder Einschränkungen ihrer Verbraucherrechte erfahren.
So wurde coronabedingt durch stornierte Reisen oder Flüge vorausbezahltes Geld in vielen Fällen nicht zurückerstattet, sondern in einen Gutschein umgewandelt. Das ist dann in Ordnung, wenn der Kunde oder die Kundin damit einverstanden ist. Wenn aber auf Rückzahlung bestanden wird, muss das im Voraus bezahlte Geld auch zeitnah durch das betroffene Unternehmen zurückgezahlt werden.
Der Zwang, eine Leistung nur gegen Vorkasse zu erhalten, schränkt die Verbraucherrechte ein. Das ist bei der Buchung von Flügen so, aber auch bei der Bestellung von
Waren. Eine Rückgabe ist teilweise gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Aus meiner Sicht sollten in diesen Fällen bei der Buchung oder bei einer Bestellung eine Anzahlung genügen. Der Rest sollte erst bei Inanspruchnahme der Leistung oder Annahme der übersendeten Ware fällig werden.
Über das Internet sind inzwischen Waren dauerhaft Tag und Nacht verfügbar. Da kommt es schon häufig vor, dass Verbraucher den Überblick über ihre Verbindlichkeiten absichtlich oder unabsichtlich verlieren. Allerdings, wer etwas bestellt, muss das Bestellte auch bezahlen, das ist ganz klar. Häufig wird die Ware aber ohne Rechnung verschickt, oder die Rechnung wird an ein Drittunternehmen, oftmals gleich an einen Inkassobetrieb, weiterverkauft. Der Kunde kennt dieses gar nicht und reagiert nicht, und schon hat sich sein Zahlbetrag vervielfacht.
Die Bundesregierung befasst sich im Verbraucherausschuss derzeit mit einem Gesetzentwurf, der den Wildwuchs von Inkassogebühren eindämmen soll. Hier kann und muss der Verbraucherschutz effektiv verbessert werden. Auf kleine Beträge große Mahnkosten aufzuschlagen, ist in den meisten Fällen Abzocke. Übrigens: 50 % aller Inkassofälle betreffen Beträge unter 100 Euro, davon wiederum sind 23 % Ursprungsrechnungen unter 50 Euro.
Die für mich wichtigste Neuregelung in diesem Bundesgesetzentwurf betrifft die Information der Verbraucher. Mahngebühren sollen nämlich nur dann verlangt werden können, wenn der Kunde vorher vom Inkassounternehmen in Textform über die Fälligkeit seiner Zahlungsverpflichtung informiert wurde. Das ist absolut zu begrüßen.
Meine Damen und Herren, wir Freien Demokraten stehen für den Schutz und die Stärkung der Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher ein. Auch in Krisenzeiten dürfen Entscheidungen nicht zu deren Nachteil ausgelegt werden. Bürgerinnen und Bürger müssen auf ihre Rechte vertrauen können. Wir wollen einen starken Verbraucherschutz erhalten. Daher begrüßen wir eine Änderung des Inkassorechts zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lammert, Sie waren heute auffallend dünnhäutig. Ich kann das so nicht stehen lassen, dass die Bundesregierung alles richtig gemacht hat und die Landesregierung nichts gemacht hätte. Deshalb lassen Sie mich zu
Es ist in der Tat so – ich möchte das noch einmal in Erinnerung rufen –, dass wir uns beim Verbraucherschutz im Bereich bundesgesetzlicher Regelungen bewegen, die man nicht einfach so im Land ändern kann, sondern man muss sich an die Bundesregierung, den Bund wenden.
Wenn Sie sich die Tagesordnung für den morgigen Bundesrat anschauen, werden Sie feststellen, dass RheinlandPfalz mit einer Bundesratsinitiative aus dem Bereich Verbraucherschutz am Start ist. Die ist zu dem wichtigen Thema der Schlüsseldienste, über die wir hier im Hohen Hause bereits gesprochen haben. Wir sind sehr wohl aktiv. Natürlich wird es in Zukunft weitere verbraucherpolitische Initiativen im Bundesrat aus Rheinland-Pfalz geben.
Wir haben zum Inkassorecht auf der diesjährigen Verbraucherschutzministerkonferenz, die im Umlaufverfahren stattgefunden hat, einen Antrag aus Rheinland-Pfalz eingebracht, der dort angenommen wurde. Wir als Landesregierung machen unsere Hausaufgaben im Bereich Corona. Ich möchte daran erinnern – ich glaube, das haben die letzten Plenarsitzungen sehr eindrücklich gezeigt –, dass sich alle Ressorts mit allen möglichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sehr intensiv auseinandergesetzt und wir als Landesregierung umfassende Hilfspakete geschnürt haben, um gut und angemessen auf die Entwicklungen der Corona-Pandemie reagieren zu können.
Lassen Sie mich für den Verbraucherschutzbereich an dieser Stelle ausführen, dass wir erstens – das war eine der ersten Maßnahmen, die wir im Ministerium überhaupt ergriffen haben – für Rheinland-Pfalz eine Hotline über die Verbraucherzentrale eingerichtet haben. Wir haben damit genau den Nerv getroffen. Es ist also unzutreffend, dass wir hier im Bereich Verbraucherschutz nichts getan hätten. Im Gegenteil, die Verbraucherinnen und Verbraucher konnten bei dieser Hotline anrufen. Das haben sie sehr zahlreich getan.
Sie erinnern sich sicherlich, als der Lockdown kam, haben sich viele gefragt: Was passiert mit meiner Mitgliedschaft im Fitnessstudio, was passiert mit meinem gebuchten Urlaub oder wie geht es weiter? Genau dort stand die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz mit Rat und Tat zur Seite. Das war genau die richtige Maßnahme, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das möchte ich betonen, weil die Anschuldigung, wir hätten auf Landesebene nichts getan, völlig ins Leere läuft. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz war eine derjenigen im Vergleich zu den anderen Bundesländern, die
sich am schnellsten und besten auf die digitalen Angebote umstellen konnte. Die Verbraucherinnen und Verbraucher konnten so digital gut informiert werden. Das lag daran, dass das Hohe Haus die Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt hat, damit sich unsere Verbraucherzentrale digital sehr gut aufstellen konnte.
Die Corona-Pandemie und deren wirtschaftliche Folgen haben in das Leben von uns allen massiv eingegriffen. Wir haben viel über die Auswirkungen der notwendigen Einschränkungen auf die Wirtschaft gesprochen. Die wirtschaftlichen Folgen treffen auch die Verbraucherinnen und Verbraucher mit voller Wucht. Daher muss auch über die Verbraucherinnen und Verbraucher ein Rettungsschirm aufgespannt werden. Das ist besonders für einkommensschwache Menschen sehr wichtig.
Die Bundesregierung hat für die Verbraucherinnen und Verbraucher das Kurzarbeitergeld erhöht und vorübergehend die Kündigungsmöglichkeiten bei Mieten und anderen Dienstleistungen aufgrund von Zahlungsrückständen bis zum 30. Juni eingeschränkt, das sogenannte Kreditmoratorium.
Ich beobachte als Ministerin für Verbraucherschutz allerdings mit Sorge, dass die finanziellen Spielräume der Verbraucherinnen und Verbraucher in Rheinland-Pfalz immer enger werden.
Viele Unternehmen leiden unter harten Einschnitten. Es leiden aber nicht alle Unternehmen unter dieser Krise. Nein, es gibt sogar Profiteure und Gewinner. Zu diesen Gewinnern gehört die Inkassobranche, bei der die Kasse klingelt, wenn andere Schulden haben. Schon vor der Pandemie stellten Verbraucherzentralen immer wieder fest, dass häufig überhöhte Inkassokosten verlangt werden; denn wenn für automatisierte Mahnschreiben für eine Forderung von 45 Euro Gebühren von 27 Euro bis 70 Euro draufgeschlagen werden, dann ist das völlig unverhältnismäßig und für einkommensschwache oder überschuldete Menschen eine echte Bedrohung.
Deshalb habe ich mich zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher an die Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz gewandt. Wir fordern einen besseren Schutz vor den Inkassogebühren. Es ist im Übrigen eine Forderung, die die Verbraucherschutzorganisationen und die Verbraucherschutzministerkonferenz schon seit Jahren aufstellen, dass wir eine effektive Deckelung von Inkassogebühren bekommen.
Es gibt jetzt einen Gesetzentwurf der Bundesregierung. Aber dort soll nur bei kleineren Summen, zum Beispiel bis zu 50 Euro, eine solche Deckelung eingeführt werden. Aber nach Informationen der Verbraucherzentrale Bundesverband beträgt die durchschnittliche Schuldsumme oftmals 200 Euro oder mehr. Daher ist den meisten Menschen nicht geholfen, wenn die Gebühren nur für geringe Beträge ge
Wichtig ist auch, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Regel zahlungswillig, aber derzeit nicht alle zahlungsfähig sind. Deshalb sollten Inkassounternehmen diese Situation nicht ausnutzen dürfen. Wir brauchen eine effektive und transparente gesetzliche Regelung und nicht nur eine Bagatellgrenze.
Ich möchte zum zweiten Punkt kommen. Ich fordere eine stärkere Einschränkung von Vorkassegeschäften. Bei der Vorkasse – Sie kennen das – müssen Verbraucherinnen und Verbraucher schon zahlen, bevor sie die Leistung erhalten. Aber wenn man schon gezahlt hat, ist es wesentlich schwieriger, die eigenen Rechte durchzusetzen, wenn es Probleme gibt. Dort haben uns über die Verbraucherzentrale viele aktuelle Beispiele erreicht.
Wer beispielsweise vor Corona einen Flug gebucht hat, der nicht stattfinden konnte, wartet teilweise immer noch auf eine Rückerstattung. Dabei hat im Fall der Lufthansa die öffentliche Hand rund 8 Milliarden Euro als Unterstützung an das Unternehmen geleistet. Es muss sichergestellt werden, dass diese Mittel bei den betroffenen Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der dritte Punkt ist eine Verlängerung des Kreditmoratoriums. Das halte ich für erforderlich; denn die schwierigen Rahmenbedingungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher bestehen immer noch. Es kann für die Mieterinnen und Mieter zu einer existenziellen Bedrohung werden, wenn sie ihre Wohnung verlieren können, weil sie mit ihren Mietzahlungen hinterher sind. Deshalb halten wir aus verbraucherschutzpolitischer Sicht ein Kreditmoratorium für erforderlich. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung bei der Unterstützung in der Corona-Pandemie an die Unternehmen denkt, aber auch an die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Aufgrund der Redezeit der Landesregierung stehen den Fraktionen weitere Redezeiten zur Verfügung, und zwar 1 Minute und 15 Sekunden. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich die Abgeordnete Binz noch einmal gemeldet.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lohr, Sie haben es angesprochen, daher muss ich noch einmal darauf eingehen. Ich weiß ehrlich gesagt
nicht, wo Sie den Punktsieg sehen wollen, den Sie damit verbucht haben wollen, dass Sie die Debatte zu Moria angemeldet haben. Wenn eine AfD-Debatte zu einem Flüchtlingsthema damit endet, dass es eine Titelseitenüberschrift gibt, die lautet, Moria-Flüchtlinge sind willkommen, dann kann ich mit diesem Ergebnis sehr gut leben. Ich kann mit dem Vorgehen sehr gut leben, dass wir heute noch Zeit haben, statt über Flüchtlinge über Verbraucherschutzthemen zu sprechen.
Herr Kollege Lammert, ich habe ebenso wie die Ministerin festgestellt, dass Sie bei dem Thema sehr dünnhäutig sind und mit großen Worten erklärt haben, warum das alles nicht stimmt, was hier gesagt wird. Ich habe von Ihnen keine Vorschläge gehört, wie wir die Verbraucherinnen und Verbraucher zukünftig und in der Corona-Pandemie besser schützen können.
Ich möchte deswegen noch einmal auf das eingehen, was die Kollegin Simon gesagt hat, die zum Kreditmoratorium gesprochen hat. Das Kreditmoratorium wurde im März beschlossen. Es sollte eine dreimonatige Verschnaufpause für Kreditnehmer sein, die in der Zeit keine Zinsen und Tilgungen bedienen müssen. Aus unserer Sicht wäre es richtig und angebracht, dieses Kreditmoratorium jetzt noch einmal zu verlängern.
Ich möchte auf das Argument eingehen, dass die Banken und Sparkassen ihren Teil dazu beitragen müssen und nicht überlastet werden sollen. Das sehen wir auch so. Aber wir sehen an der aktuellen Entwicklung, dass dies nicht der Fall ist; denn unter anderem ist es so, dass ein solches Kreditmoratorium von den Kreditnehmern nicht genutzt werden muss. Es kann aber, wenn sie es benötigen, in Anspruch genommen werden.
Die Zahlen, die uns mittlerweile vorliegen, zeigen, dass damit sehr verantwortungsvoll umgegangen wird. Bei den Sparkassen gab es bis Ende Juli 189.000 Verbraucherkredite, die unter das Kreditmoratorium gefallen sind. Bei der Deutschen Bank und der Postbank waren es 70.000 Privatkunden, die dieses Moratorium in Anspruch genommen haben. Die Zuständigen bei der Deutschen Bank haben dazu gesagt, das ist ein einstelliger Prozentsatz ihres Kreditportfolios. Wir sehen es so, das ist eine Anzahl, die von den Banken und Sparkassen zu stemmen sein sollte. Vor allem muss man bedenken, wahrscheinlich wären für alle Beteiligten die Folgen wesentlich drastischer, wenn die Kreditnehmer aufgrund der Corona-Pandemie ihre Kredite nicht mehr bedienen können.