Wenn es die CDU macht, ist es in Ordnung. Wenn es die AfD macht, ist es böse und demokratiefeindlich. Herr Kollege Brandl, das ist peinlich. Das ist unaufrichtig. Es gibt Möglichkeiten – das haben der Bundeswahlleiter und der Landeswahlleiter ausgeführt –, wie man diese Wahl als
Urnenwahl mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen und Hygienekonzepten durchführen kann. Das muss unser Ziel sein. Dafür setzen wir uns ein.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Bollinger, ich glaube, Herr Brandl hat vernünftig von der Koalition der
demokratischen und der vernünftigen Fraktionen gesprochen. In dieser Koalition der Vernünftigen und demokratisch Orientierten fühlen wir uns auch sehr wohl.
Meine Damen und Herren, bei dem heute zu beratenden Landesgesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes und des Kommunalwahlgesetzes geht es im Wesentlichen um zwei Punkte, erstens um eine in Betracht kommende regional begrenzte oder sogar landesweit ausschließliche Briefwahl am 14. März 2021 und zweitens um eine Verringerung des Erfordernisses der Unterstützungsunterschriften um drei Viertel auf 520 Unterschriften.
Kommen wir zunächst zu Punkt 1. In etwa vier Monaten steht die Landtagswahl 2021 vor der Tür. Wir wissen nicht, wie sich das Infektionsgeschehen bis dahin entwickeln wird. Es kann nicht ausgeschlossen werden – Herr Bollinger, hören Sie zu –, dass die Durchführung der Urnen- und Briefwahl nicht möglich sein wird.
Es kann nicht ausgeschlossen werden. Ausschließlich für diesen Fall müssen wir gewappnet sein und bereits heute die entsprechenden Vorkehrungen treffen. Vor diesem Hintergrund begrüße ich den vorliegenden Gesetzentwurf, der die Möglichkeit einer Stimmabgabe ausschließlich im Wege einer Briefwahl schafft. Ich möchte allerdings betonen – darin sind wir uns alle einig –, dass für die Anordnung einer ausschließlichen Briefwahl enge Voraussetzungen vorliegen müssen.
Uns muss nach wie vor selbstverständlich bewusst sein, dass die Wahl im Wahllokal, also die sogenannte Präsenzwahl, der Regelfall ist und bleiben muss. Nur im Rahmen einer Urnenwahl kann den Grundsätzen einer freien, geheimen und öffentlichen Wahl in vollem Umfang Rechnung
getragen werden. Wenn die nicht möglich ist, muss aber die Möglichkeit geschaffen werden, dass man Ausweichmöglichkeiten schafft. Sie sind mit einer Briefwahl ebenfalls gegeben.
Der zweite Punkt betrifft das Unterschriftenerfordernis. Der hiesige Gesetzentwurf sieht vor, dass die nicht privilegierten Wahlvorschlagsträger nur 520 anstatt der sonst erforderlichen 2.080 Unterstützungsunterschriften für Wahlkreisvorschläge, Landeslisten und Bezirkslisten sammeln müssen. Auch dieses Gesetzesvorhaben unterstütze ich angesichts der derzeitigen Pandemielage.
Der Entwurf trägt den erschwerten Bedingungen aufgrund der bundesweit geltenden Kontaktbeschränkungen Rechnung und ermöglicht Chancengleichheit und politische Teilhabe, die von den Wahlgrundsätzen her gefordert werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über eine Änderung des Landeswahlgesetzes, mit der wir sicherstellen wollen, dass die Landtagswahl am 14. März verfassungskonform durchgeführt werden kann. Wir haben es uns genau angeschaut und hoffen, dass Teile dieses Gesetzes nie zur Anwendung kommen. Wir haben uns genau angeschaut, was wir erfüllen müssen, weil unsere Verfassung vorgibt, dass wir uns am 18. Mai als Landtag konstituieren. Das heißt, die Wahl muss durchgeführt werden. Wie können wir eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl auch in einer Pandemiesituation gewährleisten?
Deswegen sind bestimmte Vorgaben notwendig. Wir regeln es in dem Gesetz mit einer Vorgabe, die es ermöglicht, in den einzelnen Stimmbezirken oder einzelnen Wahlkreisen eine ausschließliche Briefwahl festzulegen. Wir normieren in diesem Gesetz auch, wann eine solche Situation vorhanden ist. Eine solche Situation ist dann vorhanden, wenn am Wahltag davon auszugehen ist, dass weitestgehend das öffentliche Leben zum Erliegen gekommen ist und nur unter erheblicher gesundheitlicher Gefahr der Urnengang möglich wäre.
Nur in einer solchen Ausnahmesituation kann per Verordnung festgelegt werden, dass eine ausschließliche Briefwahl durchgeführt wird. Überlegen wir aber doch einmal, wir kommen in eine Situation, in der wir irgendwo einen
absoluten Hotspot haben und das öffentliche Leben zum Erliegen kommt, aber in anderen Landesteilen haben wir zum Glück solche Infektionszahlen nicht. Dann muss doch gewährleistet sein, dass in diesem Stimmbezirk oder in diesem Wahlkreis eine ausschließliche Briefwahl durchgeführt und damit die landesweite Wahl verfassungskonform durchgeführt werden kann. Das ist die Voraussetzung, die wir mit dem Gesetz schaffen.
Ich hoffe, dass dieser Passus nicht zur Anwendung kommt. Wir schaffen aber die Grundlage dafür, dass wir diese Möglichkeit haben. Wir schaffen diese Grundlage als Gesetzgeber. Damit gewährleisten wir auch die verfassungskonforme Durchführung.
Wir regeln im Landeswahlgesetz einen weiteren Gegenstand, nämlich dass alle Parteien ihre demokratischen Rechte wahrnehmen können, weil ganz klar ist: Auch in einer Corona-Pandemie muss der faire Wettbewerb zwischen den Parteien gewährleistet sein. Deswegen senken wir die Hürde für die Unterstützungsunterschriften für die kleinen Parteien, die Wahlkreisvorschläge und die Landesliste ab.
Wir haben den Hinweis aus Baden-Württemberg bekommen. Dort ist vom Landesverfassungsgericht entschieden worden, dass auch hier die Hürden zu senken sind. Wir haben schon proaktiv gehandelt. Wir haben auch mit den kleinen Parteien gesprochen. Ich freue mich sehr, dass wir das ganz in der Tradition der Mainzer Republik den kleinen Parteien ohne eine gerichtliche Entscheidung ermöglichen und ein fairer Wettbewerb möglich ist.
Wir sehen den Ausschussberatungen positiv entgegen. Vor allen Dingen hoffen wir sehr, dass wir einen Teil dieses Gesetzes erst gar nicht zur Anwendung bringen müssen, der Urnengang ohne Probleme am 14. März möglich ist, wir in diesem Bundesland eine verfassungsgemäße Wahl durchführen können, wir im nächsten Jahr eine andere Situation, was die Infektionszahlen anbelangt, haben werden und wir einen fairen demokratischen Wettbewerb auch im Wahlkampf miteinander haben werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst möchte ich einmal ein großes Lob aussprechen; denn ehrlich gesagt geht die Änderung der Wahlgesetze für die Landtags- und die Kommunalwahlen wesentlich weiter als das, was ich bisher von Ihnen erwartet hatte. Sie von SPD, CDU, Grüne und FDP haben glücklicherweise eine
gute Lösung gefunden, die gerade den kleineren Parteien eine Teilnahme an der Landtagswahl ermöglichen kann.
Wenn Sie aber ehrlich sind, muss man vermuten, dass der Grund hierfür nicht Ihre Nächstenliebe ist, sondern vielmehr der Druck von uns Kleinparteien,
welcher aufgezeigt hat, dass das verkrampfte Festhalten an den eigentlichen Hürden nicht verfassungskonform und somit die nächste Landtagswahl auf jeden Fall anfechtbar gewesen wäre. Spannend hierzu werden noch die Antworten Ihrerseits auf meine Kleine Anfrage zu dieser Thematik sein; denn in der letzten regulären Sitzung des Plenums gab es deutliche Aussagen, dass Sie sich von der SPD, besonders Frau Ministerpräsidentin Dreyer und Herr Lewentz, diesem Anliegen noch verwehrten.
Sogar von den Piraten und anderen eher linken Kleinparteien kam hier Kritik, die Sie damals jedoch in Bausch und Bogen abgebügelt haben. Allerdings freut es mich jetzt besonders, dass Sie die sozialen und demokratischen Aspekte, welche Sie in Ihrem Parteinamen tragen, wiedergefunden haben.
Kritisch dagegen sehe ich Ihre Pläne beim Thema der Briefwahl; denn ob und wie sicher die Briefwahl ist, können wir gerade in den USA erfahren.
Hier wird sich erst noch in den kommenden Wochen zeigen, ob nicht doch Herr Trump recht haben könnte. Auch hier in Deutschland gab es in der Vergangenheit bereits Berichte, dass Stimmen falsch zugeordnet wurden. Irren ist schließlich menschlich.
Bei einer reinen Briefwahl würden sich einige besonders kritische Fragen stellen. Vorab bemerkt: Mein Lebensgefährte hat in einer Verwaltung eine unverschlossene, unbeaufsichtigte Briefwahlurne mit eigenen Augen erlebt.
Können Sie wirklich sicherstellen, dass Wahlmanipulationen zu 100 % verhindert werden können? Wie wollen Sie bei einer solchen Briefwahlflut ermöglichen, dass Bürger den Auszählungen durchgängig beiwohnen können?
Was ist mit dem Recht derer, die aufgrund von attestierten Erkrankungen keine Masken tragen können? Werden diese eventuell von der Wahlbeobachtung ausgeschlossen? Liebe Kollegen, dieses Prozedere ist meines Erachtens absolut unausgegoren.
Auch wenn ich im Interesse der kleinen Parteien und auch meiner Partei, Die Föderalen, beim ersten Teil gern zustimmen würde, so liegt mir der zweite Teil jedoch zu sehr im Magen. Daher lehne ich diese Änderung ab.
(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD – Abg. Gabriel Bublies-Leifert, fraktionslos: Herr Haller offenbart Ihr Demokratieverständnis! – Weitere Zurufe von der SPD)