Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

Wir Koalitionsfraktionen tun dies und verurteilen genauso wie unsere Landesregierung dieses verabscheuenswürdige Phänomen in aller Schärfe. Wir nehmen diese schreckliche und brutale Entwicklung auch nicht hin. Werte Kolleginnen und Kollegen, schon jetzt besteht eine kontinuierliche Ansprache und Sensibilisierung der Bevölkerung zu Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber Einsatz- und Rettungskräften. Aus unterschiedlichen Richtungen und von verschiedenen Einrichtungen gibt es verschiedene Aktionstage und Kampagnen. Beispielhaft nenne ich hier „HELFER sind TABU!“, „Helfende Hände schlägt man nicht!“, „Respekt. Bitte!“, Woche des Respekts.

Die Resonanz darauf war und ist sicher gut, doch diese Kampagnen allein reichen sicher nicht aus. Deshalb gab es zum Schutz der Einsatzkräfte auch Gesetzesverschärfungen. Im Jahr 2016 wurde das Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetz reformiert. Seitdem besteht die Möglichkeit, Bußgelder bei Behinderung von Einsätzen oder dem Nicht

befolgen von Anweisungen auszusprechen. Dabei wurde auch die Höchstgrenze der Geldbuße von 5.000 Euro auf 10.000 Euro angehoben.

Im Jahr 2017 wurde auf Bundesebene ein neuer Straftatbestand, § 114 Strafgesetzbuch, beschlossen. Wer Amtsträger bei Ausübung einer Diensthandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Sie sehen, ein Thema, das Politik, das uns, beschäftigt und an dem wir stetig arbeiten.

Werte Kolleginnen und Kollegen, jetzt komme ich zu dem vorliegenden Antrag der AfD. Die Diskussion um dieses verabscheuenswürdige Phänomen muss sachlich und mit Ernsthaftigkeit geführt werden. Ist das aber Ihre Absicht? Sie fordern in Ihrem Antrag, eine sogenannte Schutzschleife einzuführen, um damit als Reaktion auf Übergriffe gegen Einsatzkräfte Solidarität und Wertschätzung auszudrücken.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Ja!)

Ich komme jetzt zu meiner Frage zurück. Ist das Ihre Absicht?

(Abg. Uwe Junge, AfD: Ja!)

Seien Sie doch ehrlich. Darum geht es Ihnen doch überhaupt nicht. Ihr Antrag ist wieder einmal scheinheilig und populistisch. Mit diesem Antrag wollen Sie nur politisches Kapital schlagen – Herr Junge, das hat man an Ihrer Begründung eindeutig gemerkt – und vermeintlich dokumentieren, dass Sie an der Seite unserer Einsatzkräfte stehen. Wie erwähnt, darum geht es Ihnen sicher nicht.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihnen geht es allein nur darum, Stimmung zu machen. Das Thema ist Ihnen völlig egal.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Sie missbrauchen diese sensible Thematik für Ihre parteipolitischen Machenschaften; denn unsere Gesellschaft steht jetzt schon auch ohne Schleife in sehr großer Mehrheit hinter unseren Einsatzkräften, genauso wie die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Fakt ist, das Problem kann nur nachhaltig durch unsere Gesellschaft als Ganzes gelöst werden.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Schwierigkeiten löst man, wenn man die Ursachen bekämpft. Eine Schleife hilft da sicher nicht. Ihren Antrag lehnen wir deshalb ab.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Abgeordneter Herber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich war tatsächlich gespannt, was die AfD im Bereich Inneres zum Abschluss ihrer Show-Politik noch einmal in den letzten Plenartagen dieser laufenden Legislatur raushaut. Ich will mir aber dennoch die Mühe machen, auf diesen Antrag einzugehen;

(Unruhe bei der AfD)

allerdings nicht, weil Sie es mir wert sind, sondern weil es mich mittlerweile – der Kollege Schwarz hat es noch sanft formuliert – zutiefst anwidert. Glauben Sie mir, ich hätte noch ganz andere Worte gefunden. Es widert mich an, dass Sie immer wieder versuchen, Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste und vieles andere mehr als Ihr Baby zu präsentieren, bei dem Sie die Einzigen sind, die sich kümmern wollen.

(Beifall der CDU und bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schon der erste Absatz zeigt, wie weit von der Realität Sie Themen in Ihrer strategischen Show-Vorbereitungssitzung zu Papier bringen. Sie gestehen den Einsatzkräften, ob Blau, Rot oder Weiß, in Ihrem Papier nicht einmal zu, eine Anerkennung für ihren Dienst an der Bevölkerung verlangen zu dürfen.

Natürlich verlangen die Polizei, die Feuerwehr und die Rettungsdienste Anerkennung. Das tun sie ständig, und das tun sie zu Recht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie verlangen es selbst, und sie verlangen es über ihre Gewerkschaften.

Aber bei Veranstaltungen, bei denen sie an öffentlicher Stelle, ohne sich auf der sicheren Bühne hinter einem Pult verstecken zu können, Solidarität gegenüber den Einsatzkräften zeigen könnten, lässt sich die AfD erst gar nicht blicken.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der AfD)

Vielleicht ist es aber auch gut so. Streichen Sie das Wort „vielleicht“. Es ist gut so, dass Sie sich überhaupt nicht blicken lassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Sie beschreiben im zweiten Absatz richtig, dass die Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr oder der Rettungsdienste niemals die Frage nach der Hautfarbe, der Herkunft, der politischen Haltung, des Geschlechts oder der religiösen Ausrichtung eines Hilfsbedürftigen stellen. Sie sind unvoreingenommen, sie helfen und sie schützen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Gerade aus diesen beschriebenen Eigenschaften ist die Forderung auf Anerkennung aus einer Partei, die sich in Teilen als rechtsradikal und nationalistisch erwiesen hat, ein Hohn für alle in der Blaulichtfamilie, aber sicherlich keine Unterstützung.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schon immer tauschen wir uns mit den Polizisten und Sanitätern vor Ort, mit den Gewerkschaften und mit der Führung aus, sind im Krankenhaus in Praktiken unterwegs oder selbst aktiv bei der Feuerwehr, haben Polizeibeamte und Ärzte in unseren Reihen.

(Zuruf von der AfD: Wir auch!)

Wir nehmen die Realitäten auf und verarbeiten sie in unserer Sachpolitik.

Die Schleife, die Sie heute für Rheinland-Pfalz fordern, tragen viele von uns schon, seit Hessen auf die Idee kam.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Wir verteilen sie an die Menschen, mit denen wir in Kontakt kommen, um unsere Solidarität für die Kräfte der Blaulichtfamilie auszudrücken,

(Beifall bei der CDU und Unruhe bei der AfD)

und diese Solidarität haben sie weiß Gott auch verdient, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Nun offenbart sich ein weiterer Fehler im Denken der AfD. Sie wollen in der Aufforderung an den Landtag, in Ihrem Antrag, die Schutzschleife als Zeichen der Anerkennung und Solidarität nur für die rheinland-pfälzischen Einsatzkräfte einführen. Ihr begrenzter, nationalstaatlich abschottend denkender Horizont

(Zurufe von der AfD: Oha!)

hat sich also mittlerweile von Deutschland auf ein einziges Bundesland herunterreduziert.

Wir stehen hinter allen unseren Einsatzkräften, ob sie ihren Dienst in Rheinland-Pfalz, in Hessen, im Saarland oder auch in Ländern tun, wo es jetzt mittlerweile ein bisschen schwieriger geworden ist, wie in Bremen oder in Berlin. Deswegen trage ich die Schleife auch heute. Herr Junge, wo ist denn Ihre?

Das Tragen dieser Schleife lassen wir uns von Ihnen nicht kaputtmachen. Das haben Sie bereits mit der Deutschlandfahne versucht, die Sie an Ihren Revers und bei Demonstrationen tragen und die Sie für sich alleine beanspruchen.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Auch hier sind Sie schon gescheitert, weil wir – an dieser Stelle darf ich den Bundespräsidenten zitieren – den

Verächtern der Freiheit diese Farben niemals überlassen dürfen: „Wer Menschenrechte und Demokratie verächtlich macht, wer alten nationalistischen Hass wieder anfacht, der hat kein historisches Recht auf Schwarz-Rot-Gold.“

(Beifall der CDU und bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wir sind stolz auf die Traditionslinien, für die sie stehen. Schwarz-Rot-Gold steht für Demokratie, für Recht und für Freiheit. Genauso stolz sind wir auf unsere Einsatzkräfte, und wir werden uns diese weiß-blau-rote Schleife nicht von Ihnen vereinnahmen lassen. Ihren Antrag lehnen wir ab.