Dass dies so ist, machen gerade Debatten über Kinderehen und Burkaverbot sehr deutlich. Die westliche Vorstellung individueller Freiheiten und Rechte ist dem islamischen Kulturkreis schon deshalb fremd, weil hier der Familien- und Stammesbezug im Vordergrund steht. Daher ist es völlig abwegig, etwa im Zusammenhang mit Kinderehen oder Vollverschleierung von einer freien Entscheidung der Betroffenen auszugehen.
Das Verhalten des Einzelnen, auch wenn es nach außen hin als selbstbestimmt erscheinen mag, ist immer in kulturelle und religiöse Strukturen eingebunden, also nicht in unserem Sinne frei. So ist es eben kein Zufall, dass die von 56 islamischen Staaten unterschriebene Kairoer Erklärung der Menschenrechte – jetzt fehlt mir ein Blatt, jetzt muss ich improvisieren – die Menschenrechte unter den Vorbehalt der Scharia stellt und damit letzten Endes ihre universale Gültigkeit negiert.
Wir als AfD wollen kein religiöses Gesetz, das über dem Grundgesetz steht. Wir wollen unsere freiheitlichen Werte und unsere Rechtsordnung erhalten. Deshalb fordern wir ganz deutlich, dass diejenigen, die in unserem Land bleiben dürfen, ohne Wenn und Aber unsere Leitkultur akzeptieren und jene wieder in ihre Heimat zurückkehren, die kein dauerhaftes Bleiberecht bei uns haben.
Ohne eine solche konsequente Haltung werden wir in den nächsten Jahren über quantitativ und qualitativ weitaus größere Probleme zu diskutieren haben als über einige hundert Kinderehen.
Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion blendet diese Dimension des Problems leider aus. Wir stimmen ihm aber trotzdem zu, weil er zu einem besseren Schutz von Mädchen und jungen Frauen beitragen kann.
Herr Frisch, gestatten Sie mir einige Anmerkungen zu Ihrer Rede. Wir haben uns über einen Antrag über Kinderehen und wie wir damit umgehen unterhalten. Unser Politikansatz ist der, dass wir Probleme lösen wollen, um Menschen zu helfen.
Sie in Ihrer Rede haben aus meiner Sicht einen ideologischen Überbau, wenn man das so bezeichnen kann, daneben gestellt. Ich halte ihn für falsch. Ich will gar nicht inhaltlich auf die vielen Punkte, die Sie genannt haben, eingehen.
Ich halte ihn schon für grundfalsch, weil sich Gesellschaft immer verändert, wir immer Wanderungsbewegungen haben und man das vom Grunde – und das wollen Sie aufhalten – nicht aufhalten kann. Das können wir gestalten als Politik.
Sie können Fakten ignorieren. Sie können Wanderungsbewegungen, die wir in Europa hatten, die wir von Asien nach Europa haben, ignorieren. Das können Sie alles ignorieren. Ich halte mich gerne an Fakten und an historische und verbürgte Wahrheiten.
Es geht mir darum, dass ich sage, auf dem Boden des Grundgesetzes sind unsere Gesetze entwickelt. Unsere Gesetze in der Gesellschaft dienen oftmals dem Schutz von Minderheiten. Sie dienen oftmals dazu, dass die Mehrheit nicht die Minderheit erdrückt.
Das sind Errungenschaften, die die Mütter und Väter des Gesetzes aus mühseligen Erfahrungen des Dritten Reiches, wo das nicht gemacht worden ist, mit unserem Grundgesetz erarbeitet haben.
Deshalb halte ich viel davon, dass wir in der ganz konkreten Frage darauf vertrauen, dass wir eine Arbeitsgruppe auf der Bundesebene eingesetzt haben, die schaut, wo im Detail die Probleme sind, wie man sie lösen und menschenwürdig damit umgehen kann, die Intention verfolgend, natürlich jugendliche Kinder zu schützen – das ist überhaupt keine Frage –, aber auch nicht brachial darüber hinwegzugehen, was vielleicht an Fakten da ist oder wie es aussieht – um Ihnen nur ein kleines Beispiel an Problemlage zu nennen –, wenn ich so etwas aufheben würde, und am nächsten Tag schiebe ich die Menschen ab. Auch das müssen Sie mit bedenken, wenn Sie so etwas machen.
Sie müssen bedenken, wie wir vernünftig mit solchen Herausforderungen umgehen, und nicht ideologisiert, wie Sie es uns vorgetragen haben.
(Anhaltend Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)
Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Hartloff, es ist schon interessant, dass ausgerechnet Sie sich jetzt zu Wort melden.
Ich kann mich daran erinnern, dass es noch nicht so lange her ist, dass Sie einmal den Gedanken ins Spiel gebracht haben, man könne doch in Deutschland auch Schariagerichte einführen, um kultursensibel auf die Einwanderung aus islamischen Staaten einzugehen.
Das nur am Rande vermerkt. – Zum Thema ideologischer Überbau: Mir ging es überhaupt nicht darum, das Ganze ideologisch irgendwie zu überhöhen.
Mir ging es darum, dieses Ereignis mit den Kinderehen, das uns als Problem im Zuge der Masseneinwanderung entstanden ist, nicht als isoliertes Phänomen zu betrachten, sondern in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Da haben wir in der Tat ganz viele Entwicklungen in unserem Land, die darauf hinweisen, dass nicht nur bei den Kinderehen, sondern auch in anderen Bereichen unsere Grundwerte auf dem Spiel stehen.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich reagiere nur auf Ihre Debatte! – Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Geschichtsklitterung! – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie gehen harmonisch, sie gehen im Einklang mit der bestehenden Gesellschaft. Wenn wir in die Geschichte schauen, war es in der Regel so, dass wir Einwanderungen hatten, die unser Land nicht grundlegend und substanziell verändert haben.
Das ist im Moment eine Situation, die durchaus anders ist. Die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes haben zweifellos nicht im Blick gehabt, dass wir eine Einwanderung aus einem Kulturkreis erfahren, der mit unserer Rechtsordnung, mit unserem Verständnis von Gesellschaft und mit unseren Werten in dieser Form keineswegs kompatibel ist. Wer das leugnet, unterliegt einer fürchterlichen Naivität
und verkennt schlichtweg die Realitäten, wie sie sich in unserem Land mittlerweile entwickelt haben.