Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

Dass dies so ist, machen gerade Debatten über Kinderehen und Burkaverbot sehr deutlich. Die westliche Vorstellung individueller Freiheiten und Rechte ist dem islamischen Kulturkreis schon deshalb fremd, weil hier der Familien- und Stammesbezug im Vordergrund steht. Daher ist es völlig abwegig, etwa im Zusammenhang mit Kinderehen oder Vollverschleierung von einer freien Entscheidung der Betroffenen auszugehen.

(Beifall der AfD)

Das Verhalten des Einzelnen, auch wenn es nach außen hin als selbstbestimmt erscheinen mag, ist immer in kulturelle und religiöse Strukturen eingebunden, also nicht in unserem Sinne frei. So ist es eben kein Zufall, dass die von 56 islamischen Staaten unterschriebene Kairoer Erklärung der Menschenrechte – jetzt fehlt mir ein Blatt, jetzt muss ich improvisieren – die Menschenrechte unter den Vorbehalt der Scharia stellt und damit letzten Endes ihre universale Gültigkeit negiert.

Wir als AfD wollen kein religiöses Gesetz, das über dem Grundgesetz steht. Wir wollen unsere freiheitlichen Werte und unsere Rechtsordnung erhalten. Deshalb fordern wir ganz deutlich, dass diejenigen, die in unserem Land bleiben dürfen, ohne Wenn und Aber unsere Leitkultur akzeptieren und jene wieder in ihre Heimat zurückkehren, die kein dauerhaftes Bleiberecht bei uns haben.

(Beifall der AfD)

Ohne eine solche konsequente Haltung werden wir in den nächsten Jahren über quantitativ und qualitativ weitaus größere Probleme zu diskutieren haben als über einige hundert Kinderehen.

Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion blendet diese Dimension des Problems leider aus. Wir stimmen ihm aber trotzdem zu, weil er zu einem besseren Schutz von Mädchen und jungen Frauen beitragen kann.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Der Abgeordnete Hartloff hat sich für eine Kurzintervention gemeldet.

Herr Frisch, gestatten Sie mir einige Anmerkungen zu Ihrer Rede. Wir haben uns über einen Antrag über Kinderehen und wie wir damit umgehen unterhalten. Unser Politikansatz ist der, dass wir Probleme lösen wollen, um Menschen zu helfen.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Sie in Ihrer Rede haben aus meiner Sicht einen ideologischen Überbau, wenn man das so bezeichnen kann, daneben gestellt. Ich halte ihn für falsch. Ich will gar nicht inhaltlich auf die vielen Punkte, die Sie genannt haben, eingehen.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das glaube ich!)

Ich halte ihn schon für grundfalsch, weil sich Gesellschaft immer verändert, wir immer Wanderungsbewegungen haben und man das vom Grunde – und das wollen Sie aufhalten – nicht aufhalten kann. Das können wir gestalten als Politik.

(Zuruf aus dem Hause: Das geht?)

Das hat immer versagt. Es entspricht im Übrigen auch überhaupt nicht unserer Geschichte.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Natürlich stehen wir auf dem Boden des Grundgesetzes.

(Zurufe von der AfD)

Sie können Fakten ignorieren. Sie können Wanderungsbewegungen, die wir in Europa hatten, die wir von Asien nach Europa haben, ignorieren. Das können Sie alles ignorieren. Ich halte mich gerne an Fakten und an historische und verbürgte Wahrheiten.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das waren ganz andere Wanderungsbewegungen!)

Darüber können wir sprechen. Das will ich aber nicht in diesen drei Minuten machen.

Es geht mir darum, dass ich sage, auf dem Boden des Grundgesetzes sind unsere Gesetze entwickelt. Unsere Gesetze in der Gesellschaft dienen oftmals dem Schutz von Minderheiten. Sie dienen oftmals dazu, dass die Mehrheit nicht die Minderheit erdrückt.

Das sind Errungenschaften, die die Mütter und Väter des Gesetzes aus mühseligen Erfahrungen des Dritten Reiches, wo das nicht gemacht worden ist, mit unserem Grundgesetz erarbeitet haben.

Deshalb halte ich viel davon, dass wir in der ganz konkreten Frage darauf vertrauen, dass wir eine Arbeitsgruppe auf der Bundesebene eingesetzt haben, die schaut, wo im Detail die Probleme sind, wie man sie lösen und menschenwürdig damit umgehen kann, die Intention verfolgend, natürlich jugendliche Kinder zu schützen – das ist überhaupt keine Frage –, aber auch nicht brachial darüber hinwegzugehen, was vielleicht an Fakten da ist oder wie es aussieht – um Ihnen nur ein kleines Beispiel an Problemlage zu nennen –, wenn ich so etwas aufheben würde, und am nächsten Tag schiebe ich die Menschen ab. Auch das müssen Sie mit bedenken, wenn Sie so etwas machen.

Sie müssen bedenken, wie wir vernünftig mit solchen Herausforderungen umgehen, und nicht ideologisiert, wie Sie es uns vorgetragen haben.

(Anhaltend Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Herr Abgeordneter Frisch hat zur Erwiderung das Wort.

Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Hartloff, es ist schon interessant, dass ausgerechnet Sie sich jetzt zu Wort melden.

(Zuruf von der SPD: Warum das denn?)

Ich kann mich daran erinnern, dass es noch nicht so lange her ist, dass Sie einmal den Gedanken ins Spiel gebracht haben, man könne doch in Deutschland auch Schariagerichte einführen, um kultursensibel auf die Einwanderung aus islamischen Staaten einzugehen.

(Zurufe von der SPD)

Das nur am Rande vermerkt. – Zum Thema ideologischer Überbau: Mir ging es überhaupt nicht darum, das Ganze ideologisch irgendwie zu überhöhen.

(Zurufe von der SPD: Nein! Überhaupt nicht! – Zuruf von der SPD: Das ist doch das, was Sie wollen!)

Mir ging es darum, dieses Ereignis mit den Kinderehen, das uns als Problem im Zuge der Masseneinwanderung entstanden ist, nicht als isoliertes Phänomen zu betrachten, sondern in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Da haben wir in der Tat ganz viele Entwicklungen in unserem Land, die darauf hinweisen, dass nicht nur bei den Kinderehen, sondern auch in anderen Bereichen unsere Grundwerte auf dem Spiel stehen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Pegida zum Beispiel! – Abg. Uwe Junge, AfD: Antifa!)

Wenn Sie darauf hinweisen, dass sich Gesellschaft verän

dert – – –

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Was war denn los am Wochenende? Finden Sie das gut?)

Herr Schweitzer, jetzt sind wir schon wieder bei dem Thema, das ich vorhin angesprochen habe.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich reagiere nur auf Ihre Debatte! – Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Frisch, lassen Sie sich nicht von dem Zwischenruf stören. Fahren Sie einfach fort.

Dass Gesellschaft sich ändert, ist zweifellos korrekt, aber Veränderungen gehen manchmal langsam.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Geschichtsklitterung! – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie gehen harmonisch, sie gehen im Einklang mit der bestehenden Gesellschaft. Wenn wir in die Geschichte schauen, war es in der Regel so, dass wir Einwanderungen hatten, die unser Land nicht grundlegend und substanziell verändert haben.

(Zuruf aus dem Hause: Wie bitte?)

Das ist im Moment eine Situation, die durchaus anders ist. Die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes haben zweifellos nicht im Blick gehabt, dass wir eine Einwanderung aus einem Kulturkreis erfahren, der mit unserer Rechtsordnung, mit unserem Verständnis von Gesellschaft und mit unseren Werten in dieser Form keineswegs kompatibel ist. Wer das leugnet, unterliegt einer fürchterlichen Naivität

(Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

und verkennt schlichtweg die Realitäten, wie sie sich in unserem Land mittlerweile entwickelt haben.

(Beifall der AfD)