Protokoll der Sitzung vom 17.11.2016

Wir kommen damit eigentlich zur vierten Mündlichen Anfrage. Diese müsste allerdings von Herrn Abgeordneten Weber vorgetragen werden, der im Moment nicht anwesend ist.

Ich rufe daher die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) , Gewässerschonende Landwirtschaft – Nummer 5 der Drucksache 17/1562 – betreffend, auf.

Wer trägt vor? – Frau Blatzheim-Roegler, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Die Mündliche Anfrage geht auf die Kooperationsvereinbarung zur gewässerschonenden Bewirtschaftung ein.

1. Welche Auswirkungen wird die unterzeichnete Kooperationsvereinbarung aller Voraussicht nach auf die Entwicklung des Wasserkörpers und die Produktivität der Landwirtschaft in der Region haben, insbesondere in Hinsicht auf die europäische Wasserrahmenrichtlinie?

2. Welche konkreten Teilprojekte zur ökologischen Aufwertung in der Region sind mit der Kooperationsvereinbarung verbunden?

3. Welche weiteren Vorhaben sind in Rheinland-Pfalz nach Meinung der Landesregierung im Rahmen des Programms „Gewässerschonende Landwirtschaft“ weiterhin notwendig und wie werden diese finanziert?

4. Welche Konsequenzen drohen, wenn die EU mit ihrer Klage gegen die Bundesrepublik Erfolg hat?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Dr. Griese.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Abgeordnete Blatzheim-Roegler, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Zu Frage 1: Die Verbesserung der Gewässerqualität ist schon lange ein gemeinsames Ziel der EU und der Landesregierung Rheinland-Pfalz. Mit der EUWasserrahmenrichtlinie sind die Ziele für unser Grundwasser und für unser Oberflächengewässer vorgegeben.

Derzeit verfehlt in Rheinland-Pfalz etwa ein Drittel der Grundwasserkörper einen guten chemischen Zustand. Dieses Drittel, das den guten Zustand verfehlt, liegt bei etwa 50 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, die wir in Rheinland-Pfalz haben. Die intensive landwirtschaftliche Nutzung trägt mit erhöhten Nitratwerten im Grundwasser dazu bei. Die EU-Kommission hat deshalb Deutschland verklagt, weil die Ziele der EU-Nitratrichtlinie nicht umgesetzt worden sind.

In Rheinland-Pfalz gehen wir schon seit Jahren den Weg der Kooperation von Wasserwirtschaft und Landwirtschaft. Mit dieser Kooperation wollen wir erreichen, dass die Ökoanbauflächen im Beregnungsgebiet auch durch langfristig gesicherte Bereitstellung von Beregnungswasser weiter wachsen wird. Durch den erweiterten ökologischen Anbau und weitere Kompensationsmaßnahmen sollen auch eine bedarfsgerechte Beregnung und weitere Zielsetzungen erreicht werden.

Zu Frage 2: Neben dem übergeordneten Ziel der Schonung des Grundwassers durch Beregnung mit Oberflächenwasser bekräftigen die Kooperationspartner auf freiwilliger und kooperativer Basis in der Vereinbarung, die nachfolgenden Zielsetzungen zur Umsetzung bringen zu wollen. Die Ziele sind:

1. Die Realisierung einer Kooperation im Wasserschutzgebiet mit den Landwirten und den Stadtwerken Frankenthal.

2. Die Anlage von Blühstreifen und Blühflächen auf den jeweils wechselnden Ackerflächen sowie die Anlage von Gewässerrandstreifen, um den stofflichen Rückhalt von diffusen Nähr- und Schadstoffeinträgen aus landwirtschaftlicher Flächennutzung zu minimieren.

3. Die Entsorgung und stoffliche sowie energetische Nutzung von Ernterückständen vom Feld sowie von Waschund Putzresten aus der Gemüseverarbeitung. Wenn diese nämlich auf dem Feld bleiben, führen sie auch zu erheblicher zusätzlicher Nitratbelastung.

4. Die Ausweitung ökologischer Anbauflächen, weil diese in besonderer Weise gewässerschonend bewirtschaftet werden.

Zu Frage 3: Im Rahmen des Programms „Gewässerschonende Landwirtschaft“, das im Februar 2014 gestartet worden ist, wird langfristig sowohl in Wasserschutzgebieten als auch in der Fläche eine qualifizierte Beratung zur gewässerschonenden Landbewirtschaftung gewährleistet. Ebenso wird es auch künftig notwendig sein, vielfältige gewässerschonende Programmbausteine im Rahmen der Agrar-, Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen anzubieten.

Diese Maßnahmen werden bisher aus dem Wassercent finanziert, und das soll auch künftig so bleiben. Aktuell werden 4,9 Millionen Euro pro Jahr für diese gewässerschonende Bewirtschaftung und die Beratung bereitgestellt.

Zu Frage 4: Die EU-Kommission rügt in dem Vertragsverletzungsverfahren, das ich eingangs ansprach, dass Deutschland eine notwendige Novellierung der Düngeverordnung über Jahre hinweg verzögert hat. Ich will in diesem Zusammenhang sagen, dass wir dies verschiedentlich, wie auch

die Mehrheit der Bundesländer, auf Agrarministerkonferenzen zum Thema gemacht haben. Schon 2012 und 2014 sind entsprechende Beschlüsse gefasst worden, die die Bundesregierung zum Tätigwerden auffordern.

Die EU kritisiert nach wie vor, dass die Nitratrichtlinie nicht ausreichend umgesetzt worden ist. Sie hat in der Klagebegründung, die jetzt eingereicht worden ist, ihre Defizite klar benannt. Insbesondere verlangt die EU die Minimierung von Nährstoffeinträgen, vor allem in belasteten Gebieten – in den sogenannten roten Gebieten –, und sie droht auch, ähnlich wie das in Frankreich bereits geschehen ist, mit finanziellen Konsequenzen. Nach unseren Informationen ist in Frankreich wegen Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie eine Strafgeldzahlung in einer Größenordnung von 1 Milliarde Euro bis 3 Milliarden Euro im Gespräch. Wenn die Nitratrichtlinie von der Bundesregierung nicht umgesetzt würde, könnte etwas Ähnliches auch der Bundesrepublik drohen.

Vielen Dank.

Danke, Herr Staatssekretär. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Weber.

Herr Staatssekretär Griese, die EU hat die Klage gegen Deutschland eingereicht. Werden aufgrund der Klage an der Düngeverordnung, so wie sie jetzt vorliegt, noch einmal Änderungen vorgenommen? Welche Änderungen werden momentan diskutiert?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Weber, für diese Frage. Die EU erhebt verschiedene Beanstandungen. Zunächst will sie den Vorschlag der Bundesregierung nicht tolerieren, dass bis zu 60 kg Stickstoff pro Hektar über dem Pflanzenbedarf noch als zulässige Düngemenge ausgebracht werden dürfen. Das ist die wichtigste Beanstandung. Eine weitere Beanstandung geht dahin, dass die EU-Kommission das Sanktionsinstrumentarium in den Gebieten, in denen wir eine besondere Belastung haben, nicht für ausreichend hält.

Ich darf noch einmal auf meine eingangs gemachte Bemerkung hinweisen, dass wir es in Rheinland-Pfalz mit etwa einem Drittel sogenannter roter Gebiete zu tun haben. Das sind die Gebiete, in denen der gute chemische Zustand nicht vorhanden ist, wo mehr als der kritische Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Nitrat erreicht wird. Das Drittel, das sich nicht in gutem Zustand befindet, macht uns Sorgen. Da verlangt die EU-Kommission, dass für diese besonders belasteten Gebiete schärfere Sanktionen in der bundesweiten Düngeverordnung ermöglicht werden.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schmitt.

Herr Staatssekretär, mir wird wiederholt zugetragen, dass in Teilen der Eifel Gülleimporte stattfinden. Es ist so, dass häufig Fahrzeuge mit niederländischem Kennzeichen beobachtet werden, wie sie Gülle auf rheinland-pfälzischen Äckern ausbringen. Wie ist das Verfahren geregelt? Wie werden die Höchstmengen kontrolliert? Können Sie mir dazu etwas sagen?

Das ist einer der Kritikpunkte, die das Land RheinlandPfalz auch in der Vergangenheit schon erhoben hat, nämlich dass die Kontrollmöglichkeiten über die Stoffströme unzureichend sind. Letztlich ist nur die Anlage von Lagerstätten für Gülle genehmigungspflichtig; da müssen die Größe und die Dichtigkeit der Lagerstätten genehmigt werden. Es gibt jedoch keine ausreichenden Kontrollmöglichkeiten dafür, ob das, was da an Gülle gelagert wird – auch an importierter Gülle –, fachgerecht und ohne Überschussmengen auf die einzelnen Flächen ausgebracht wird.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten BlatzheimRoegler.

Herr Staatssekretär, können Sie sagen, ob es in anderen Regionen weitere Kooperationen gibt oder ob diese geplant sind, und wenn ja wo? Inwieweit wird da auch der Weinbau mit einbezogen?

Diese Frage beantworte ich gerne. Es ist so, dass wir auf den Kooperationsansatz bauen; ich hatte es bereits aufgeführt. Insgesamt sind schon 23 Kooperationsvereinbarungen in Planung oder wurden bereits realisiert. Fünf von ihnen sind bereits unterzeichnet, unter anderem in Maikammer, Kirn-Land, Bad Kreuznach und in Maifeld; weitere werden folgen. Wir sehen diese Kooperationen als wichtige und sinnvolle Ergänzung im Rahmen des ordungsrechtlichen Instrumentariums, um so zu einer Verbesserung in den belasteten Gebieten zu kommen.

Ich hatte noch nach dem Weinbau gefragt.

Das kann ich direkt mit beantworten, indem ich noch einmal auf das Beispiel Maikammer verweise, wo es in der Tat auch im Bereich Weinbau Kooperationen gibt.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Böhme.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, die Nitratproblematik ist ja vor allem verursacht durch organischen Dünger, also durch Gülle. Könnten Sie bitte noch einmal ausführen, warum Sie gerade den organischen Landbau als Möglichkeit sehen, die Probleme zu bekämpfen?

Zunächst, Herr Abgeordneter, muss man eines feststellen: Das Nitratproblem ist nicht nur eines des organischen Düngers, sondern genauso auch des Kunstdüngers. Wenn Sie sich die Karte von Rheinland-Pfalz anschauen und da nach den roten Gebieten suchen, die belastet sind, und nach den grünen Gebieten, die unbelastet sind, dann werden Sie feststellen, dass in erheblichem Umfang Gemüseanbauflächen in den roten Gebieten liegen. Diese arbeiten traditionell mit Kunstdünger und nicht mit organischem Dünger. Das ist also ein klarer Hinweis darauf, dass das nichts zu tun hat mit der Frage organisch oder nicht organisch, sondern es hat vielmehr zu tun mit der Menge, die im Verhältnis zum Pflanzenbedarf und der Aufnahmefähigkeit des Bodens ausgebracht wird.

Die Vorteilhaftigkeit des ökologischen Anbaus beruht vor allem darauf, dass er durch die eigenen Anbaurichtlinien entsprechende Begrenzungen bei der Düngerausbringung erhält. Darüber hinaus arbeitet er beim organischen Dünger überwiegend mit solchem, der nicht in flüssiger Form verarbeitet wird, sondern in fester Form. Damit meine ich insbesondere Kompost und Festmist. Es ist ganz klar, dass flüssiger Dünger für das Grundwasser eine größere Gefahr darstellt, weil dieser gerade in der kalten, vegetationsarmen Jahreszeit schnell ins Grundwasser durchsickert, während das bei festem Dünger, also Kompost oder Festmist, nicht der Fall ist.

Das ist der Grund, warum der ökologische Landbau im Hinblick auf die Verhinderung eines zu hohen Nitrateintrags in den Grundwasserkörper eine bevorzugte Rolle spielt. Das ist auch der Grund, warum wir in der Kooperationsvereinbarung mit allen Kooperationspartnern festgelegt haben, dass wir aus Wasserschutzgründen gemeinsam eine Erhöhung des Anteils beim ökologischen Anbau anstreben.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Alt.

Herr Staatssekretär, haben Sie Erkenntnisse darüber, ob, und wenn ja, wie stark sich bei der Zubereitung des Trinkwassers etwaige Einträge auch auf den Aufwand der überwiegend kommunalen Wasserwerke auswirken können?

Wenn die Nitratwerte überschritten sind, verursacht das für die kommunalen Wasserwerke einen erheblichen Aufwand; denn wenn der nach der Trinkwasserverordnung zugelassene Nitratwert überschritten ist, dann muss das

Wasser mit unbelasteterem Wasser verschnitten werden. Das ist schon recht aufwendig. Das muss letztlich hinzugekauft oder anderweitig organisiert werden.

Noch teurer wird es, wenn man in die Denitrifikation einsteigt. Das ist technisch sehr wohl möglich.

Das zeigt, dass Grundwasserschutz etwas ist, was nicht nur der Ökologie, sondern ganz konkret auch der Kostenersparnis dient und vermeidet, dass wir entsprechende Mehraufwendungen haben.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Oster.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, welche Behörden kontrollieren in Rheinland-Pfalz diese Richt- bzw. Grenzwerte? Könnten Sie das noch einmal detailliert und ausführlich erklären?

Was das Trinkwasser und die Wasserqualität angeht, so kontrollieren das unsere Wasser- und Gesundheitsbehörden. Das ist ein Teil dessen, was die Wasserbehörden zu tun haben.

Das Düngerecht wird vor allem im Rahmen der sogenannten Cross-Compliance-Kontrollen von den landwirtschaftlichen Fachbehörden kontrolliert, weil diese die Flächenprämien, die die Landwirte und auch die Winzer bekommen, nur auszahlen können, wenn vorher kontrolliert worden ist, dass die entsprechenden Bestimmungen eingehalten worden sind. Diese Kontrollstellen gibt es.