Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

Der Doppelhaushalt 2017/2018 sieht erneut Mittel zur Be

kämpfung von Armut und Ausgrenzung vor. Das ist mir sehr wichtig; denn Armut widerspricht dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes und widerspricht unseren Überzeugungen von sozialer Gerechtigkeit. Die Landesregierung setzt sich für Mindestlöhne, Tariftreue und den Grundsatz „gleiche Arbeit – gleicher Lohn“ ein. Die Zuschüsse für Bekämpfung von Armut und zugunsten von aufzuwertenden Stadtteilen werden von 460.000 Euro auf 600.000 Euro erhöht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Präventive Armutsbekämpfung betreiben die von uns anerkannten Schuldnerberatungsstellen. Sie werden von uns mit rund 2,2 Millionen Euro je Jahr unterstützt. Für spezifische Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten stellen wir je Jahr rund 12 Millionen Euro bereit. Menschen ohne Wohnsitz wird damit geholfen, die Gemeinwesenarbeit gestärkt und damit die Lebenswirklichkeiten von Menschen verbessert. Die Reduzierung von Armut ist allerdings auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bund, Land, Kommunen, Sozialversicherungen, Unternehmen, Gewerkschaften, Verbände und die Zivilgesellschaft betrifft.

Vor diesem Hintergrund starte ich in diesem Jahr einen Beteiligungsprozess zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Der Beteiligungsprozess beginnt mit einer Reihe von Praxisgesprächen und geht dann in einen vertieften, strukturierten Prozess über, der Regionalforen, örtliche Workshops und einen Beirat auf Landesebene umfasst. Ziel ist es vor allem, Menschen mit Armutserfahrung und soziale Akteure in den Regionen zu Wort kommen zu lassen, um zu erfahren, wie Armut erlebt, bewältigt und ihr vorgebeugt werden kann. Es sollen regionalspezifische, umsetzbare und vor allen Dingen konkrete Lösungen zur Reduzierung von Armut bzw. Armutsfolgen oder zur Prävention gegen Armut erarbeitet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rheinland-Pfalz liegt seit Jahren auf einem bundesweiten Spitzenplatz bei der niedrigsten Arbeitslosenquote. Der Erhalt und Ausbau von Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist und bleibt dennoch unser zentrales Anliegen. Das spiegelt sich unter anderem in berufsbezogener Weiterbildung von Beschäftigten und der Förderung von zukunftsfähigen Arbeitsbedingungen wider. Die Verbesserung der beruflichen Chancen von Jugendlichen ohne Arbeits- und Ausbildungsplatz steht für uns ebenso im Mittelpunkt wie die Integration in Erwerbstätigkeit für arbeitslose und langzeitarbeitslose Menschen und die Verbesserung der beruflichen Chancen für Alleinerziehende.

Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Integration von Flüchtlingen in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Dies ist nicht nur im Sinne der Flüchtlinge selbst, sondern auch ein Beitrag zur Fachkräftesicherung und damit eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer in Rheinland-Pfalz eine Qualifizierung, eine Weiterbildung oder eine Arbeitsstelle sucht, erhält unsere Unterstützung, egal ob geflüchtet, gering qualifiziert, kurz- oder

langzeitarbeitslos. Wir machen Arbeitsmarktpolitik für alle Menschen in Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die zunehmende Digitalisierung ändert grundlegend und nachhaltig die Art, wie wir produzieren und arbeiten. Damit verbunden sind große Chancen, aber auch Risiken für die Unternehmen und ihre Beschäftigten. Die Landesregierung wird daher unter der Federführung meines Hauses mit den beteiligten Partnerinnen und Partnern des Ovalen Tisches einen Masterplan zur Gestaltung der Zukunft der Arbeit entwickeln. Unser Ziel ist es, bei diesem sehr komplexen Thema gemeinsam auch hier konkrete Vorschläge für die Beschäftigten und die Unternehmen in RheinlandPfalz zu erarbeiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rheinland-Pfalz verfügt über eine gute und flächendeckende Gesundheitsversorgung. Der Doppelhaushalt stellt dafür jeweils über 300 Millionen Euro erhöhte Haushaltsmittel zur Verfügung. Mit dem Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege 2020“ wollen wir dafür Sorge tragen, die medizinische und pflegerische Versorgung insbesondere im ländlichen Raum auch in Zukunft sicherzustellen. Wohnortnahe und vernetzte Angebote sind unsere Zielsetzung.

Sie kennen doch alle die Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen, und wissen, welcher Anstrengungen es bedarf, junge Mediziner für eine Tätigkeit im ländlichen Raum zu gewinnen. Wir werden von daher den Masterplan „Hausärztliche Versorgung“ gemeinsam mit allen Beteiligten im Land weiterentwickeln, unsere Förderprogramme zur Stärkung der Allgemeinmedizin, zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung und unsere Wiedereinstiegskurse fortführen und weiterentwickeln und auch weitere Instrumente auf den Weg bringen.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang auch ein paar Sätze zur aktuellen Diskussion des Masterplans „Medizinstudium 2020“ auf Bundesebene. Dieser Masterplan, der voraussichtlich am 31. März verabschiedet werden soll, enthält eine Vielzahl an Maßnahmen, die künftig einen verbesserten Zugang zum Studium der Medizin ermöglichen und den Verlauf des Studiums verbessern werden. Unter anderem diskutieren wir dort auch eine Landarztquote, in der ich als Gesundheitsministerin eine Option sehe, die Niederlassung auch in ländlichen Regionen zu fördern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen darüber hinaus sektorenübergreifende Versorgungsmodelle entwickeln und den Ausbau von telemedizinischen Strukturen voranbringen. Beispielsweise birgt die Einführung einer elektronischen Patientenakte zur besseren Kommunikation zwischen den Leistungserbringern sehr großes Potenzial zur Verbesserung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung im ländlichen Raum. Mir ist wichtig, dass alle Beteiligten, auch die Kostenträger, sich noch stärker für die Digitalisierung im Gesundheitswesen öffnen. Ich habe jüngst zu einem runden Tisch eingeladen, damit wir hier gemeinsam die nächsten Schritte vorangehen.

Auch die Krankenhausversorgung ist in Rheinland-Pfalz flächendeckend auf hohem Niveau sichergestellt. Rund

80 Plankrankenhäuser erhalten jährlich rund 123 Millionen Euro im Wege der Pauschal- und Einzelförderung. Ja, die Einzelförderung erfolgt auf Antrag und erfordert auch entsprechende Prüfungen. Wir können mit der Einzelförderung aber gezielt gerade die Krankenhäuser unterstützen, Schwerpunkte setzen und auch gezielt steuern. Deswegen halten wir an diesem System der Einzel- und Pauschalförderung letztlich auch fest.

123 Millionen Euro sind 3 Millionen Euro mehr als in den Vorjahren. Hinzu kommen erneut die Mittel im Rahmen des Krankenhausstrukturfonds, die dazu beitragen, dass Versorgungsstrukturen besser und effizienter gestaltet werden können. Sehr geehrte Frau Dr. Groß, sehr geehrter Herr Dr. Enders, sie dienen nicht nur dazu, Krankenhäuser zu schließen, sondern stellen sie auch zukunftssicher auf. Deswegen sind wir froh, auch hier diese Finanzierung zur Verfügung zu haben.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderungen der Zukunft werden besonders durch den demografischen Wandel geprägt. Die Entwicklungen verlaufen regional unterschiedlich. Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen. Wichtig ist dabei, dass der Mensch mit seinem Unterstützungsbedarf im Mittelpunkt steht. Es sind die Menschen, die in Rheinland-Pfalz auch mit einer Behinderung oder im Alter selbstbestimmt leben möchten. Mit der neuen Anschubförderung für innovative Wohn- und Quartierskonzepte wollen wir unsere Vorreiterrolle hier weiter voranbringen. Zusätzlich unterstützen wir mit der Landesberatungsstelle „Neues Wohnen“, dem Projekt „WohnPunkt“ und der Landesberatungsstelle „Barrierefrei Bauen und Wohnen“ gezielt beim Aufbau von Wohn- und Pflegegemeinschaften.

Für eine Pflegeversorgung, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht, sind ausreichende und gut qualifizierte Fachkräfte unabdingbar. Deshalb bildet die Fachkräftesicherung in der Pflege seit Jahren einen Schwerpunkt unserer Politik für eine gute Pflege. Wir haben auf unserem Fachkräftegipfel Pflege im Januar beschlossen, den 2012 begonnenen gemeinsamen Weg der Fachkräftesicherung fortzusetzen und zu intensivieren und gemeinsam eine Fachkräfte- und Qualifizierungsinitiative 2.0 zu vereinbaren und umzusetzen. Dabei beschäftigt uns auch die Frage, wie wir eine gute Qualität der Pflege weiter stärken; einer guten Pflege, wie sie von einer großen Mehrzahl der Pflegekräfte tagtäglich gelebt wird. Neben einem Qualitätsbeauftragten für Pflege und einem landesweiten zentralen Beschwerdetelefon gegen Gewalt in der Pflege, die ich bereits im vergangenen Monat auf den Weg gebracht habe, ist eine Haltung der Achtsamkeit und eine Kultur des Hinschauens bei den Pflegekräften unabdingbar. Wir werden gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern die Möglichkeit in den Fokus nehmen, wie Pflegekräfte bezüglich Gewalt in der Pflege sensibilisiert werden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus werden wir unser vorbildliches Beratungs- und Unterstützungsangebot in der Pflege weiter fördern. Dazu gehört die Fortentwicklung der hervorragenden 135 Pflegestützpunkte mit ihren sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,

die wir zu Persönlichen Pflegemanagern weiterentwickeln wollen. Das Modellprojekt Gemeindeschwesterplus – Sie werden sicher sein, wenn wir die Evaluierung 2018 vorliegen haben – wird ein Modell sein, das auch in die Fläche gehen wird. Diese Ergebnisse zeigen nämlich, dass wir mit unserer Pflegestruktur auf dem richtigen Weg sind.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Sie sehen, wir machen für alle Menschen in Rheinland-Pfalz Sozialpolitik mit Engagement und Herzblut. Dafür stehen auch die vielen Kolleginnen und Kollegen im Ministerium und im Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung durch ihre hervorragende fachliche und dienstleistungsorientierte alltägliche Arbeit. Vor diesem Hintergrund gestatten Sie mit Blick auf den aktuellen Haushalt abschließend den Hinweis, dass der Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie 154,31 Planstellen bis Ende 2020 abbauen wird, davon 120 beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung. Dieser besondere Konsolidierungsbeitrag stellt für die Sozialverwaltung eine große Herausforderung dar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die vorgestellten Schwerpunkte der rheinland-pfälzischen Sozialpolitik dokumentieren, dass der Sozialhaushalt 2017/2018 für eine innovative, zukunftsweisende, gerechte und solidarische Sozialpolitik zugunsten der rheinland-pfälzischen Bürgerinnen und Bürger steht. Auf der Basis des zu verabschiedenden Doppelhaushalts kann Rheinland-Pfalz Solidarität leben und in sozialer Verantwortung handeln.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aufgrund der längeren Redezeit der Landesregierung steht jeder Fraktion noch eine Redezeit von drei Minuten zu.

Ich erteile Herrn Dr. Böhme das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich brauche keine drei Minuten. Ich möchte das Thema „SOLWODI“ noch einmal aufgreifen. Das war mir ganz ehrlich wichtig, weil ich klarmachen möchte, wir reden hier über Zwangsprostitution und Menschenhandel. Es ist eine Schande an sich, dass es so etwas in unserem Land überhaupt noch gibt.

(Beifall der AfD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Da haben Sie mir nicht zugehört!)

Herr Schweitzer, ich rede über Soziales. Die Art und Weise, wie Sie dieses Thema mit politischer Rhetorik zerkaut haben, fand ich schon ziemlich zynisch. Herr Braun – er ist nicht da –, aber die Frauen sind auch Flüchtlinge, sie fliehen vor Gewalt und Kriminalität, und sie sind auch trau

matisiert. Ich möchte Sie einfach bitten, an diesem Punkt noch einmal darüber nachzudenken, ob man dort nicht auch mehr helfen sollte.

(Beifall der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Damit schließen wir die Beratung des Einzelplans 06 – Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie ab.

Ich rufe auf:

Beratung des Einzelplans 07 – Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz

Ich erteile Frau Kollegin Huth-Haage von der Fraktion der CDU das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde sprechen wir jetzt noch über den Einzelplan 07 des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz.

(Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund übernimmt den Vorsitz)

Gestatten Sie mir, dass ich zu Beginn etwas Grundsätzliches über das Ministerium sage. Sie wissen – das ist heute Morgen schon angeklungen, wir haben es auch schon öfter betont –, dass wir den Zuschnitt dieses Ministeriums für falsch halten. Das Ministerium ist geschrumpft. Der große und wichtige Bereich der Kindertagesstätten ist herausgenommen worden. Das haben wir begrüßt. Es war immer unsere Forderung, dass die Kindertagesstätten richtig bei der Bildung angedockt sind. Es ist schön, dass Sie uns in dem Punkt gefolgt sind.

Wir hätten uns gewünscht, dass Sie Konsequenz gezeigt und das Ministerium komplett aufgelöst und die anderen Politikfelder dorthin gegeben hätten, wo es echte Synergien gegeben hätte.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind der festen Überzeugung, dass beispielsweise der Bereich Integration im Innenministerium besser passen würde. Es gibt verschiedene Gründe dafür. Ganz klar ist aber doch, dass Integration vor Ort gelebt wird, dass sich da der Erfolg oder Misserfolg von Integration zeigt. Deswegen wäre es wichtig gewesen, dass wir das bei den Kommunen angesiedelt hätten. Dazu hatten Sie aber nicht den Mut.

Das Ministerium – einst geschaffen für Frau Alt – wurde jetzt leider als grüne Spielwiese aus Parteiproporz beibehalten.

Um dem Ganzen noch ein bisschen Bedeutung zu geben,

ist der Bereich Verbraucherschutz dazugekommen. Wir haben im Haushaltsausschuss nach der Begründung gefragt. Frau Ministerin, Sie haben sich sehr bemüht, eine Begründung zu finden. Die Nullachtfünfzehn-Begründung, die Sie geliefert haben, hätte man exakt für jedes andere Ministerium nehmen können. Man hätte den Verbraucherschutz in jedem anderen Ministerium mit Ihrer Begründung genauso andocken können. Aber sei’s drum.

Ich hätte es jetzt auch nicht erwähnt, wenn wir das Gefühl hätten, dass der Verbraucherschutz bei Ihnen irgendwie angekommen wäre. Das ist aber nicht der Fall.

(Beifall bei der CDU)