Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

Ein schlechtes Geschäft hat das Land aber auch und vor allem dann gemacht, wenn wir unseren Blick nicht nur auf die Zukunft richten, sondern auch auf die Summen, die in den vergangenen Jahren seit dem Erwerb der Anteile der Fraport am Hahn im Jahre 2009 durch das Land für den berühmten symbolischen Euro entstanden sind, einen Euro nämlich, der das Land und seine Bürgerinnen und Bürger seither viele Millionen Euro gekostet hat. Diese bisherigen Kosten summieren sich leicht auf rund 200 Millionen Euro für den Ausgleich von Verlusten, die Erstattung von Sicherheitskosten, Gutachten, Berater etc. Dabei möchte ich es zunächst einmal dahingestellt sein lassen, ob bereits der Erwerb dieser Anteile im Jahr 2009 zumindest wirtschaftlich sinnvoll war. Schließlich hat die Fraport ihren Rückzug damit begründet, dass man sich als börsennotierter Konzern Verlustbringer auf Dauer nicht leisten könne, ein Rückzug, wohlgemerkt, an dem die Landesregierung durch ihre Parteinahme für Ryanair und gegen die Fraport in Sachen Hahn-Taler beteiligt war.

(Beifall der AfD – Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Was Sie da erzählen!)

Ja, Sie haben offensichtlich keine Ahnung von der Materie, Herr Kollege. Hören Sie besser einmal zu, dann lernen Sie etwas!

(Zuruf des Abg. Hans Jürgen Noss, SPD)

Ein erstes EU-rechtliches Beihilfeverfahren, bei dem es unter anderem um Zahlungen des Landes an die FFHG im Zusammenhang mit Investitionen in die Infrastruktur und die Erstattung von Sicherheitskosten ging, war zu diesem Zeitpunkt bereits anhängig. Entweder war die damalige Landesregierung der Auffassung, dass man sich einen solchen dauerhaften Verlustbringer durchaus leisten möge, oder sie war zu optimistisch, was beim Umgang mit öffentlichen Geldern nicht verantwortlich ist.

In jedem Fall war der Erwerb auch schon damals kein wirklich gutes Geschäft, erwarb man für den symbolischen Euro auch gleichzeitig die Verpflichtung, Verluste des Hahn in Höhe von 5,6 Millionen Euro ausgleichen zu müssen. Von diesen Überlegungen abgesehen, erfolgte auch der Verkauf des Flughafens Hahn aus unserer Sicht zu spät. Bereits 2009 wurden Darlehen in Höhe von 17,6 Millionen Euro aus dem Liquiditätspool in Anspruch genommen, 2010 noch einmal 22,7 Millionen Euro. Im selben Zeitraum generierte die FFHG Verluste von 7,1 Millionen Euro 2009 und 10,9 Millionen Euro 2010. Die Zuschüsse des Landes für die Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben betrugen in beiden Jahren 10 Millionen Euro.

Schon damals hätte man sicherlich zu der Erkenntnis gelangen können, dass der Flughafen Frankfurt Hahn auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein würde, wirtschaftlich zu arbeiten, und Beihilfen in Millionenhöhe keine dauerhafte Lösung sein könnten. Allerdings standen im Folgejahr 2011 Landtagswahlen an – ein Schelm, wer dabei Böses denkt.

(Beifall der AfD)

Die damalige Landesregierung hielt jedenfalls weiter an ihrer – sagen wir – Strategie in Sachen Hahn fest. Ergebnis war, dass der Hahn bis zum Jahre 2013 kumulierte Verluste in Höhe von 45,1 Millionen Euro seit der Übernahme der Anteile durch das Land generiert hatte. Der im Rahmen des Liquiditätspools des Landes zugesagte Kreditrahmen in Höhe von 45 Millionen Euro war zu diesem Zeitpunkt in vollem Umfang ausgeschöpft, das Gesellschafterdarlehen in Höhe von 21,6 Millionen Euro in Anspruch genommen. Im März 2013 drohte die Insolvenz.

Albert Einstein hat einmal gesagt: „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

(Beifall der AfD)

Allerdings muss man der damaligen Landesregierung zugutehalten, dass man offenbar gar keine Veränderung in Sachen Hahn erwartete. Das maximale Volumen des Gesellschafterdarlehens wurde im Jahr 2013 nach dem Bilanzstichtag um weitere 16,5 Millionen Euro auf insgesamt 90,4 Millionen Euro aufgestockt. Dass man gleichwohl ansonsten alles beim Alten ließ, mag auch damit zusammenhängen, dass ein etwaiges Verkaufsverfahren, wäre es Ende 2013 oder, viel wahrscheinlicher, im Verlauf des Jahres 2014 eingeleitet worden, sich vermutlich weit bis ins Jahr 2015 hineingezogen hätte und dessen Ergebnisse damit Gegenstand des Landtagswahlkampfs der vergangenen Landtagswahl gewesen wären. Dass dies nicht im Sinne der Landesregierung war, lässt sich am Verlauf des gescheiterten Verkaufs des Hahn an die SYT ablesen, über die vor der Landtagswahl relativ wenige Informationen an die Öffentlichkeit drangen und es im Anschluss daran auf einmal ganz schnell gehen sollte. Das Ergebnis kennen wir.

Im Geschäftsjahr 2014 jedenfalls wurden die Verbindlichkeiten der FFHG von 140 Millionen Euro auf 26 Millionen Euro reduziert. Dafür führte das Land Rheinland-Pfalz die Summe von 111,1 Millionen Euro als Eigenkapital zu. Weitere 10,8 Millionen Euro zahlte das Land Rheinland-Pfalz im Januar 2015 in die Kapitalrücklage ein.

In den Jahren 2014 und 2015 generierte der Hahn erneut Verluste in Höhe von 45,2 Millionen Euro bzw. 18,0 Millionen Euro, und erneut erstattete das Land Sicherheitskosten in Millionenhöhe.

Das folgende Verkaufsverfahren verschlang noch einmal die bereits erwähnten rund 9 Millionen Euro an Beraterkosten. Die Gesamtkosten summieren sich – wie ebenfalls bereits erwähnt – bis zum heutigen Tage auf rund 200 Millionen Euro, und es werden vermutlich noch rund 51,74 oder aber 100 Millionen Euro hinzukommen. Gehen wir

von den wahrscheinlichen weiteren 74 Millionen Euro aus, würden sich die Kosten für den Hahn bis 2025 auf rund 275 Millionen Euro summieren.

275 Millionen Euro und vielleicht sogar mehr: Diese Summe offenbart das Ausmaß des Versagens der Landesregierung von Rheinland-Pfalz in Sachen Hahn in den vergangenen acht Jahren seit dem Erwerb der Anteile von der Fraport. Es ist in dieser Zeit nicht gelungen, den Hahn in die Gewinnzone zu führen. Warnzeichen wurden übersehen oder ignoriert, falsche Entscheidungen wurden getroffen, richtige nicht getroffen. Man fühlt sich in Bezug auf den Hahn und seinen Bruder, den Nürburgring, unweigerlich an ein Zitat von Franz-Josef Strauß erinnert – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident –: „Irren ist menschlich, aber immer irren ist sozialdemokratisch.“

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Hans Jürgen Noss, SPD – Weitere Zurufe von der SPD)

Ja, das gefällt Ihnen. Da haben Sie wieder etwas gelernt. Sehr schön!

275 Millionen Euro, meine Damen und Herren! Gemessen am jährlichen Einkommensteuervolumen eines Durchschnittsverdieners bedeutet das, dass rund 33.500 Arbeitnehmer ein ganzes Jahr ausschließlich für den Hahn arbeiten müssten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein Großteil dieser Arbeitnehmer eine deutlich bessere Verwendung für die von ihm erwirtschafteten Steuereinnahmen gehabt hätte.

(Beifall der AfD)

Die Landesregierung erwartet nun, dass wir unser Vertrauen in die Zukunft des Hahn in einen Investor setzen, der im Rahmen des Bieterverfahrens anlässlich des gescheiterten Verkaufs des Hahn im vergangenen Jahr noch einer Firma wie der SYT unterlegen war und hinsichtlich dessen Partner im Bieterverfahren, der ADC, unser Nachbarland Hessen immer noch Bedenken hegt. Aber worauf soll sich dieses Vertrauen stützen? Auf die Erklärung der Landesregierung etwa, dass man im Rahmen eines Bieterverfahrens nach den Vorgaben der Europäischen Kommission, bei der die Interessen des Landes allenfalls eine untergeordnete Rollen spielen, das beste Angebot ausgewählt habe? Es ist dieselbe Landesregierung, die bezüglich der SYT angeblich alles an Sicherheiten eingeholt hatte, was möglich war, und keinen Anlass sah, daran zu zweifeln, dass dieser ein seriöser Partner sei.

Hier sind noch viele Fragen offen. Wir hoffen auf überzeugende Antworten; denn klar ist, wir wollen die Arbeitsplätze am Hahn und in der Region sichern und werden das weitere Verkaufsverfahren kritisch und gleichzeitig konstruktiv begleiten. Wir stimmen daher der Ausschussüberweisung zu und fordern die Landesregierung auf, dem Landtag sämtliche noch fehlenden Unterlagen in angemessener Art und Weise zuzuleiten, um diese umfassend prüfen und dann im Ausschuss sachgerecht diskutieren zu können.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Hans Jürgen Noss, SPD)

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Roth von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Ende dieser beiden langen, umfangreichen und entscheidungsträchtigen Plenartage kommen wir zum Abschluss des Tages noch zu einem sehr bedeutsamen Thema. Kaum eine Frage hat das politische Rheinland-Pfalz und besonders die Menschen in der Region Hunsrück in den vergangenen zehn Monaten so beschäftigt wie der Verkauf des Flughafens Hahn. Die Sommermonate des vergangenen Jahres haben die Regierungskoalition mit Sorge um die Zukunft des Hahn und der Region Hunsrück erfüllt. Unzweifelhaft ist, dass das Verkaufsverfahren im vergangenen Jahr gescheitert ist. Darüber haben wir im Plenarsaal und auch in den Ausschüssen sehr intensiv und detailliert diskutiert.

Den Regierungsfraktionen war bewusst, dass sich eine solche Geschichte nicht wiederholen dürfte. So viel zur Vergangenheit. Es zeichnet die Ampelkoalition aus, dass sie sich nicht in Vergangenheitsbewältigung verliert,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das heißt, aus der Vergangenheit zu lernen!)

sondern pragmatische und lösungsorientierte Wege für die zukünftige Gestaltung unseres Landes beschreitet.

(Beifall der FDP und bei der SPD – Abg. Michael Frisch, AfD: Das nennt man Verantwortung übernehmen!)

Trotz der angespannten Situation im vergangenen Jahr ist die Ampelkoalition nicht vor den Schwierigkeiten eines erneuten Verkaufsprozesses davongelaufen. Uns war ebenfalls bewusst, dass der erneute Anlauf zur Privatisierung des Flughafens Hahn in aller Gründlichkeit und in sauberer Abwägung aller Eventualitäten stattfinden muss.

Dieser Herausforderung hat sich die Landesregierung angenommen. Während die Opposition noch krampfhaft versucht hat, Schuldige für den missglückten ersten Verkaufsversuch zu finden, und versuchte, aus der Situation möglichst viel politisches Kapital zu schlagen – ich kann das verstehen –, hat die Landesregierung bereits nach vorn geschaut und intensiv an Lösungskonzepten gearbeitet.

Ich möchte es deutlich sagen, die Landesregierung hat sich nach dem missglückten Verkauf ihrer Verantwortung gestellt und einen zweiten Anlauf unternommen, die Arbeitsplätze am Hahn zu sichern und den Flughafen als bedeutsamen Wirtschaftsfaktor zu erhalten. Der Ampelkoalition war klar, dass die Fortführung des Flugbetriebes und der wirtschaftlichen Aktivitäten am Hahn nur dann gelingen kann, wenn ein privater Investor gefunden werden kann.

Nach Monaten der Ungewissheit für die vielen Tausend Menschen, die direkt oder mittelbar vom Flughafen leben, gab es Anfang dieses Monats sehr positive Nachrichten. Nach einem langen und intensiven Bieterverfahren, nach

langen Verhandlungen mit möglichen Investoren ist es der Landesregierung gelungen, mit der HNA Group einen privaten Käufer für den Flughafen zu finden.

Unserem Verständnis nach hat die Landesregierung die Bieter um den Hahn umfassend geprüft. Neben einer obligatorischen Integrity-Due-Diligence-Prüfung wurden die Bieter durch weitere Maßnahmen hinsichtlich ihrer Seriosität überprüft. Mitte Februar sind Innenminister Lewentz und Staatssekretär Stich am Betriebsstandort der HNA Group in China zu Gast gewesen und haben sich vor Ort ein Bild von dem potenziellen Investor verschafft. Herr Lewentz hat es vorhin gesagt. Bei diesem Arbeitsbesuch haben die Vertreter der Landesregierung die Möglichkeit gehabt, mit hochrangigen Vertretern der Provinzregierung zu sprechen. Die Landesregierung hat große Anstrengungen unternommen, einen stabilen Investor zu finden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der nun Anfang März erfolgte Vertragsabschluss mit der HNA ist ein Erfolg der Landesregierung. Die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung leitet der Wille, der Region Hunsrück mit dem Verkauf des Flughafens Hahn eine Chance für die künftige Entwicklung der gesamten Region zu eröffnen.

(Beifall der Abg. Helga Lerch, FDP)

Wir glauben, dass die Landesregierung mit der HNA Group einen Käufer mit Potenzial gefunden hat, der diese Zukunftsperspektive eröffnen kann.

Ich möchte zu den Ausführungen meines hochgeschätzten Kollegen Alexander Schweitzer noch einige Ergänzungen vornehmen. Das Wirtschaftsmagazin „Fortune“ listet HNA unter den 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt derzeit auf Platz 353. Wir haben das gehört. Weltweit beschäftigt die HNA rund 180.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der jährliche Umsatz liegt bei gut 28 Milliarden Euro.

Aber nicht nur die gute wirtschaftliche Lage des Investors lässt uns optimistisch auf die Zukunft des Flughafens blicken. Die HNA Group verfügt über umfangreiche Erfahrung im Bereich Luftverkehr, Logistik und Tourismus. In China betreibt das Unternehmen mehrere Flughäfen und Fluggesellschaften. Ebenso unterhält es eines der größten Online-Reisebüros der Volksrepublik China. Auch in Europa, Afrika und Südamerika ist die HNA an Fluggesellschaften beteiligt. Darüber hinaus ist das chinesische Unternehmen der Betreiber einer größeren Hotelkette. Der bekannte Bodenabfertiger Swissport ist ebenfalls im Besitz der HNA Group.

Herr Kollege Baldauf, in der Debatte gestern haben Sie in einem Zwischenruf gesagt, der Landesregierung sei es egal, an welchen Chinesen sie den Flughafen verkauft. Diese Aussage ist absoluter Unsinn. Dass dieser Zwischenruf von Ihnen nichts anderes als Polemik ohne Faktenbasis ist, sollten Sie erkennen.

Bei der HNA Group handelt es sich beileibe nicht um ein beliebiges Feld-, Wald- und Wiesenunternehmen, sondern um einen international bekannten Global Player der Luftfahrt- und Touristikbranche. Die HNA gehört zu den fünf größten Auslandsinvestoren von China. Die Rahmen

daten des Investors schienen und scheinen also zu stimmen. An dieser Tatsache kommen auch Sie nicht vorbei, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Erkennen Sie bitte an, dass es sich bei dem Käufer der rheinland-pfälzischen Anteile am Hahn um ein international erfolgreich agierendes Unternehmen handelt, in dessen Portfolio der Betrieb und die kontinuierliche Fortentwicklung eines Flughafens bestens passt. So viel zu den Fakten.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die wirklichen Profiteure der nun anstehenden Privatisierung sind die vielen Tausend Beschäftigten am und um den Flughafen. Nach langer Zeit der Ungewissheit dürfen endlich wieder Optimismus und Zuversicht bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am Hahn einkehren.

Der Verkauf eines Flughafens ist aber ein hochkomplexes Verfahren. Es ist schon ein Unterschied, ob Sie privat ein Auto an den Nachbarn verkaufen oder ob ein Bundesland ein Unternehmen von besonderer infrastruktureller Bedeutung mit mehreren Tausend Beschäftigten an einen ausländischen Großaktionär verkauft.

(Zurufe der Abg. Julia Klöckner, CDU, und Christine Schneider, CDU)

Für die Ampelkoalition ist es von besonderer Bedeutung, dass der Verkauf nicht nur auf wirtschaftlich, sondern auch auf rechtlich sicheren Füßen steht. Daher halte ich es nicht für verwerflich, dass die Landesregierung in dieser Frage externe Beratung ersucht hat. Debatten über Europarecht und Beihilferecht sind beileibe nicht sexy. Dabei handelt es sich um trockene Sachverhalte. Paragrafen eignen sich nur schwer zur politischen Skandalisierung. Daher beschäftigen Sie sich in Äußerungen zum Verkaufsprozess gern nur mit Emotionalitäten.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, damit verunsichern Sie die Menschen. Freuen Sie sich doch auch einmal, dass viele Menschen in der Region Hunsrück auch in Zukunft einen Arbeitsplatz haben werden und möglicherweise auch noch ein Arbeitsplatz entstehen wird. Seien Sie doch auch einmal optimistisch.