Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Drittens muss die Tatsache diskutiert werden, dass wir in diesem Jahr weniger Obst, weniger Erdbeeren haben werden. Herr Kollege, Sie haben eben gesagt – Moment, ich habe es mir aufgeschrieben –, für die Verbraucher ist keine Veränderung zu erwarten. Doch, es wird deutlich weniger Obst aus der Region geben.

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Wir reden seit Jahren im Verbraucherschutz darüber, welche besondere Bedeutung das Obst und Gemüse aus der Region haben.

(Zuruf von der FDP)

Jetzt plötzlich ist das kein Thema.

(Beifall der CDU)

Dazu muss ich sagen, es wird eine Auswirkung haben. Es ist besonders gravierend, wenn wir auf diese Produkte in der Region verzichten müssen. Natürlich kann man sagen, es ist einfach, sie kommen aus Südafrika. Das ist es aber nicht, was wir alle wollen.

(Zuruf von der CDU: Eben!)

Viertens, vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich auch die Frage: Wie können die Landwirte und Winzer so unterstützt werden, dass sie Maßnahmen ergreifen dürfen, um solchen gravierenden Wetterereignissen und Katastrophen vorbeugen zu können? Damit kommen wir zu dem Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Naturschutz.

Jeder von uns, der sich damit schon einmal befasst hat, weiß, wie schwierig das oft ist: wie schwierig es für die Winzer und Obstbauern ist, es hinzubekommen, dass dort, wo es notwendig ist, Kulturschutzeinrichtungen machbar sind.

Sie wissen das, und ich glaube, darüber muss man diskutieren.

Ich habe dies in Gesprächen mit Obstbauern mit auf den Weg bekommen. Dort hat man mir gesagt, eine Entschädigung ist das eine. Wie realistisch solche Entschädigungen sind, wissen die Bauern und die Winzer inzwischen.

(Abg. Christine Schneider, CDU: So ist es!)

Aber für sie ist es wichtig, dass sie Kulturschutz betreiben können.

(Abg. Christine Schneider, CDU: So ist es!)

Es ist wichtig, dass es möglich ist, Erdbeeren in Folie einzupacken, damit sie vor Frost geschützt sind, oder dass ein Bauer beregnen darf, bewässern darf, damit das Ausmaß der Schäden verringert werden kann oder es vielleicht auch gar nicht zu den Schäden in dem Ausmaß kommen wird.

(Beifall der CDU)

Wir wissen auch, wie schwierig es für die Bauern ist, das wirklich umzusetzen. Möglicherweise – auch dazu wäre es gut, wenn wir eine Aussage bekämen – wird es regional unterschiedlich gehandhabt. Das würde ich ebenfalls gern wissen. Es kann sein, dass dies von Behörde zu Behörde unterschiedlich interpretiert wird, was an Vorgaben vorhanden ist. Auch darüber muss ganz klar und offen gesprochen werden.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion in der Runde.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Dr. Böhme das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete und Regierungsmitglieder! Wenn ich die letzten zwölf Monate, mein erstes Jahr im Parlament, einmal Revue passieren lasse, muss ich leider feststellen, dass wir doch recht häufig Themen auf der Tagesordnung hatten, die sich mit den enormen Herausforderungen und Problemen der Landwirtschaft beschäftigen. Das begann mit den Wetterkapriolen, mit dem Starkregen, Überschwemmungen und Ausfällen,

(Zurufe von der SPD)

und es ging mit Dauerregen weiter. Wir hatten

Peronospora-Probleme im Weinbau. Wir hatten Phytophthora-Probleme im Kartoffelbau. Wir hatten Probleme der invasiven Schädlinge, beispielsweise mit der Kirschessigfliege, und jetzt stehen wir wieder vor dem Thema der enormen Frostschäden.

Also, unsere Landwirte sind wirklich gebeutelt, aber sie sind natürlich auf der anderen Seite auch unter Druck durch ganz allgemeine Probleme, nämlich aufgrund der dauerhaft zu niedrigen Erzeugerpreise. Wir hatten das Thema „Milch und das Überleben der Milchbauern“ auf der Agenda, und wir hatten die Fassweinpreise auf der Tagesordnung.

Es ging einmal im Ausschuss um ein Thema, das wir eingebracht hatten, nämlich die Auflagen und restriktiven Forderungen des Lebensmitteleinzelhandels, die es den Landwirten immer schwerer machen. Wir haben das Thema der Überregulierung gehabt, gerade im Hinblick auf die kleinen Tierhaltungsbetriebe, und das Stichwort „Gülle“. Wir haben das Thema der überbordenden Bürokratie im Hinblick auf die Förderung und die Förderungsverwaltung behandelt und nicht zuletzt auch die Negativ-Image-Kampagne von Frau Hendricks.

Dies alles geht letztendlich vor allen Dingen auch auf Kosten der kleinen Betriebe, der bäuerlichen Betriebe. Es ist überraschend, dass eigentlich fraktionsübergreifend gerade diese bäuerlichen Betriebe immer wieder als die Zukunft der Landwirtschaft dargestellt werden, aber gerade sie es sind, die unter diesen Problemen am meisten leiden. Nicht umsonst gehen Tausende von Betrieben kaputt, hören auf, haben keinen Hofnachfolger, werden sozusagen ein Opfer der Konsolidierung in der Landwirtschaft.

So überrascht es natürlich auch nicht, dass gerade in diesen Tagen Forderungen aus dem EU-Parlament in Richtung des Kommissars für Landwirtschaft, des Agrarkommissars Hogan laut werden, endlich etwas gegen diesen ruinösen Preiskampf in der Lebensmittelindustrie zu tun, der im Wesentlichen auf dem Rücken der Landwirte ausgetragen wird.

Auch in Berlin denkt man darüber nach, gesetzlich zu regeln, dass Lebensmittel nicht unter Einstandspreisen verkauft werden dürfen, also kein Lebensmitteldumping. Es ist doch wirklich des Pudels Kern: Wenn ich schon in guten Zeiten als Landwirt nichts verdienen kann, wie soll ich dann schlechte Zeiten überleben?

Natürlich müssen wir den Landwirten helfen, das ist ganz klar, und wir sind auch dafür. Wir können über alle Möglichkeiten reden. Aber ich denke, dieses Kernproblem sollten wir nicht vergessen, sollten wir nicht außer Acht lassen. Wir müssen etwas tun, damit eine Preisgrenze nach unten eingezogen wird, dass Lebensmittel eben nicht mehr verramscht werden. Wenn dies so ist, helfen den Landwirten auch keine Kredite oder steuerlichen Verzögerungen oder was auch immer. Zahlen müssen sie am Ende trotzdem, es fällt ihnen trotzdem auf die Füße.

Lassen Sie uns also bitte fraktionsübergreifend dafür sorgen, dass das Image, das Ansehen der Landwirtschaft in unserer Bevölkerung verbessert wird. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass die Menschen begreifen, dass für gute,

qualitativ hochwertige Nahrungsmittel auch Geld bezahlt werden muss, dass eine Wertschätzung vorhanden ist. Wie gesagt, lassen Sie uns auch in eine Diskussion einsteigen, wie wir langfristig die Preise für landwirtschaftliche Produkte sichern können.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun Frau Abgeordnete Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den Nächten ungefähr zwischen dem 20. und dem 24. April dieses Jahres waren die Temperaturen in Rheinhessen und in der Pfalz, aber auch an der Mosel teilweise deutlich unter den Gefrierpunkt gesunken. Wir hatten Jahre – ich nenne beispielhaft das Jahr 2011 –, in denen die Schäden tatsächlich noch größer waren; aber dieses Mal war zu beobachten, dass bundesweit, von der Ahr bis nach Sachsen, von der Mosel bis nach Baden, die Temperaturen unter den Gefrierpunkt gesunken sind. Nach meinen Recherchen sind die Schäden, die bisher festgestellt worden sind, in Baden-Württemberg sogar noch höher als in Rheinland-Pfalz.

In der Pfalz sind nach ersten Erkenntnissen rund 10 % bis 15 % der Erdbeerblüten erfroren. Im Weinbau sind beispielsweise im Gebiet Mosel-Saar-Ruwer vor allen Dingen die frühen Sorten betroffen, die Burgundersorten, insbesondere in den flacheren Lagen. Die Steillagen, die Berghänge waren etwas geschützter. Man nennt es die Frostlöcher, wenn die niederen Lagen so betroffen sind.

In Rheinhessen wiederum haben besonders die Obstbauern gelitten. Wir haben derzeit noch nicht die konkreten Zahlen zur Ernteeinbuße vorliegen; sie werden auch je nach Gut erst im Laufe der nächsten Monate tatsächlich zu beziffern sein. So können wir beispielsweise bei den Kartoffeln erst Ende des Sommers damit rechnen, eine endgültige Aufarbeitung zu haben.

Bei den Winzerbetrieben muss man sagen, es kann sein, dass die betroffenen Weinreben noch einmal Nebentriebe austreiben, wenn der Haupttrieb erfroren ist; allerdings werden diese Triebe in der Regel nicht in diesem Jahr tragen, sondern erst nächstes Jahr, sodass wir derzeit noch davon ausgehen müssen, dass das, was jetzt geschädigt ist, sich auch nicht im Laufe dieses Jahres erholen wird.

Die eine Sache ist, dass wir das feststellen und natürlich auch unsere Empathie und unser Mitgefühl bei den betroffenen Betrieben ist. Das andere ist natürlich, dass wir uns überlegen müssen, wie wir helfen können und wie wir nachhaltig helfen können. Ich komme auch gleich noch einmal auf kurzfristige finanzielle Hilfen zu sprechen. Aber wir sind schon der Überzeugung, dass ein Teil des Problems der Klimawandel ist und dadurch in den letzten Jahren

verschiedene Wetterereignisse deutlicher hervorgetreten sind. Den Frost im April gab es auch schon in früheren Jahren. Das ist nichts, was 2017 das erste Mal passiert ist. Was sich aber geändert hat, ist, dass durch den Klimawandel und durch die Erwärmung auch in unseren Breiten die Pflanzen immer früher blühen und somit auch anfälliger sind für einen späten Frost.

Die Länderinitiative Kernindikatoren – das ist eine Arbeitsgemeinschaft der Umweltbehörden der Länder – definiert die landwirtschaftliche Vegitationsperiode durch den Blühbeginn der Salweide und das Ende durch die Blattverfärbung der Stieleiche. Die Trendaussage von phänologischen Daten ist klar: Austrieb, Blüte und Fruchtreife setzen insgesamt jeweils früher ein, während im Herbst Blattverfärbungen und Blattfall später stattfinden. Die Vegetationsperioden dauern insgesamt damit länger, und zwar im Vergleich zu 1950 um 11 Tage. Diese Veränderung wird in den letzten 20 Jahren beobachtet.

Deswegen sind wir der Ansicht, dass die Maßnahmen gegen den Klimawandel zentrale Elemente auch im Sinne einer nachhaltigeren Politik für unsere Landwirte sind.

Wir haben in diesem Jahr den Frost. Es wurde schon gesagt, letztes Jahr hatten wir Starkregenereignisse, wir hatten Trockenheit, die Phänomene werden einfach vielfältiger. Wir müssen uns deshalb – so die Meinung unserer Fraktion – über die bereits bestehenden Expertenrunden hinaus dezidiert mit allen Beteiligten zusammensetzen und Maßnahmen zur Anpassung der landwirtschaftlichen Produktionskette untersuchen. Wir müssen sehen, welche Kulturen wir fördern können, die frostresistent sind. Dazu bedarf es Forschung, und Forschung kostet Geld, und dieses Geld muss bereitgestellt werden.

Der Klimawandel ist in unseren Breiten angekommen, und die Politik hat die Verantwortung, den Rahmen auch für die Abhilfe dort zu geben. Inwieweit einzelnen Betrieben finanzielle Hilfen gewährt werden können, richtet sich nach dem gesetzlichen Rahmen. Inwieweit Finanzhilfen nach der Elementarschadensordnung möglich sind, sollte geprüft werden,

(Glocke des Präsidenten)

und dies wird, denke ich, das Ministerium auch tun. Dies muss sachgerecht passieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir dürfen weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule Wissen, Auszubildende zum Beruf des Verwaltungsfachangestellten, und weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres Landtagsseminars. Seien Sie herzlich willkommen bei uns!