Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Wir dürfen weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule Wissen, Auszubildende zum Beruf des Verwaltungsfachangestellten, und weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres Landtagsseminars. Seien Sie herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatsminister Dr. Wissing.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frühjahrsfröste sind an sich nichts Außergewöhnliches. Solche Schadensereignisse gab es schon immer. Die Eisheiligen vom 11. bis zum 15. Mai erinnern seit jeher an die Gefahr von Frühjahrsfrösten. Nach einer Bauernregel wird das milde Frühlingswetter erst mit Ablauf der Kalten Sophie am 15. Mai stabil.

Im Weinbau ist den Winzern beispielsweise durchaus bewusst, dass in bestimmten Lagen in aller Regel die Gefahr solcher Spätfröste größer ist als etwa in geschützten Hanglagen. Trotzdem ist in diesem Jahr die Lage besonders dramatisch. Das außergewöhnlich gute Wetter im März hatte zunächst für ein extrem frühes und schnelles Austreiben im Obst- und Weinbau gesorgt. Pflanzen hatten ihre Winterruhe fast vollständig verlassen, und diese zunächst günstige Situation wurde durch die Fröste dann konterkariert, ja, sie wurde zum Verhängnis.

Durch den Spätfrost in der zweiten Aprilhälfte 2017 sind in weiten Teilen von Rheinland-Pfalz erhebliche Schäden insbesondere in Obstkulturen und Weinbergen, aber auch bei Ackerkulturen entstanden. Diese Schäden werden bei einer Vielzahl von Betrieben zu erheblichen finanziellen Belastungen durch Ernteausfälle von bis zu 90 % führen.

Nicht wenige Betriebe im Weinbau sind in Folge des Peronospora-Befalls im vergangenen Jahr nun in kurzer Zeit zum wiederholten Male betroffen. Sie stehen damit unter besonderem wirtschaftlichen Druck.

Herr Kollege Böhme, wenn Sie heute feststellen, dass die Wetterereignisse sich häufen und wir es immer mehr mit solchen Wettersituationen zu tun haben, dann sollten Sie vielleicht auch einmal Ihr Erstaunen nutzen, um über die eigene Klimaschutzpolitik nachzudenken.

(Beifall der FDP, der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Christine Schneider, CDU)

Hinzu kommen teilweise massive Trockenschäden an Ackerkulturen und im Dauergrünland infolge ausbleibender Niederschläge. Auch hier ist mit hohen Ernteverlusten und dadurch bedingten Einkommenseinbußen zu rechnen.

Nach einer ersten Erhebung zu den Frostschäden in der letzten Woche ist mit etwa 60 % Ernteausfall im Obstbau zu rechnen, insbesondere beim Steinobst mit einer über 50 %igen bis 100 %igen Schädigung. Ernteausfälle in der Landwirtschaft, etwa beim Raps und Getreide, können wir derzeit nicht endgültig beurteilen; sie dürften aber unter 10 % landesweit liegen. Bei Kartoffeln gehen wir von einem Ertragsausfall von etwa 20 % aus.

Im Weinbau ist eine seriöse Einschätzung der Frostschäden derzeit nicht möglich. In einer ersten Erhebung unserer Dienststellen mit Stand vom 27. April sind etwa 11.000 Hektar stark, 14.000 Hektar mittel und 15.000 Hektar leicht geschädigt. Im Verhältnis zu anderen Kulturen ist die Rebe in der Lage, über den Austrieb sogenannter Beiaugen Schäden auszugleichen; teilweise

tragen diese Triebe Gescheine und werden auch Trauben hervorbringen. Damit wird ein Teil des Ernteausfalls kompensiert.

Insbesondere in teilgeschädigten Anlagen kann der Verlust bis zur Ernte vollständig kompensiert werden. Alles hängt vom weiteren Witterungsverlauf ab, wobei man beim Wein sagen muss, dass es dann nicht klar ist, ob die Qualität in gleichem Maße vorhanden ist, als wenn die ersten Triebe erhalten worden wären.

Die Landesregierung hat folgende Maßnahmen zur Hilfe für geschädigte Betriebe im Blick: Mit Schreiben vom 27. April habe ich mich an Finanzministerin Ahnen gewandt mit der Bitte, frostgeschädigten Weinbau- und Obstbetrieben mit steuerlichen Entlastungsmaßnahmen zu helfen. Die Ministerin hat mir auch bereits geantwortet. Wir sind einer Meinung, dass wir an Hilfe alles leisten werden, was möglich ist, und natürlich auch die steuerrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Betrieben die schweren Lasten abzufedern, wo immer es möglich ist. Ich danke der Finanzministerin an dieser Stelle ausdrücklich für diese schnelle Reaktion.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch die Landwirtschaftliche Rentenbank werden Liquiditätshilfen angeboten, die die wirtschaftliche Stabilität landwirtschaftlicher Unternehmen im Falle von Unwetter oder Frostschäden stützen sollen. Auch auf Initiative von Rheinland-Pfalz wird die Landwirtschaftliche Rentenbank diese Hilfen 2017 auf Frostschäden ausweiten.

Frostschäden zählen wie Hagel oder Dürre zu den widrigen Witterungsverhältnissen, für die nach den unionsrechtlichen Bestimmungen analog zu Naturkatastrophen Finanzhilfen des Landes nur nach existenzgefährdenden Schäden gewährt werden können. Ausschließlich nicht versicherbare Schäden können Finanzhilfen des Landes erhalten. Für den Weinbau besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Versicherung.

Für den Obstbau ist die Sachlage nicht eindeutig und bedarf der Einzelfallprüfung. Es muss eine außergewöhnliche Notlage vorliegen, damit die Elementarschadensregelung greift. Im Weinbau sprechen wir mit den berufsständischen Vertretern über ein Sonderantragsverfahren für die Umstrukturierung für frostgeschädigte Rebflächen. Ob das für die Betriebe Erleichterung bringen kann, hängt aber davon ab, ob zu einem so späten Zeitpunkt überhaupt ausreichend Pflanzgut von den marktgängigen Rebsorten erlangt werden kann. Zudem dürfen nur Rebanlagen gefördert werden, die in den vergangenen zehn Jahren nicht mit Umstrukturierungsmitteln wiederbepflanzt wurden. Vom Frost sind aber leider insbesondere die jungen Anlagen betroffen.

Wegen des hohen, von der EU vorgegebenen Kontrollaufwandes werden die Umstrukturierungsmaßnahmen im Land bei den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum und den Kreisverwaltung erhebliches Personal binden, das dann an anderer Stelle fehlt. Deswegen müssen wir im engen Dialog mit dem Bauern- und Winzerverband diese Möglichkeiten abwägen und überlegen, ob dies am Ende

wirklich hilft und ob das die richtige Maßnahme ist. Da stehen wir in einem Dauerdialog.

Ich nehme die gehäuft wiederkehrenden außergewöhnlichen Witterungsbedingungen zum Anlass, in einer Expertengruppe unserer Agrarverwaltung Möglichkeiten der Anpassung der Produktion und der Unterstützung der Wirtschaft im Zuge der sich ändernden Klimabedingungen zu erarbeiten. Dabei sind mittelfristige Optionen wie etwa die Förderung von Mehrgefahrenversicherungen auch in Erwägung zu ziehen.

Frau Kollegin Schäfer, ja, in einer modernen Landwirtschaft ist ein breites Spektrum an Pflanzenschutzmaßnahmen angesichts der klimatischen Herausforderungen erforderlich. Seit meinem Amtsantritt kämpfe ich dort auch an vorderer Front in der Agrarministerkonferenz, damit wir das nicht aus dem Blick verlieren. Eine moderne Landwirtschaft braucht auch moderne Pflanzenschutzmaßnahmen.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der FDP hat Herr Weber das Wort.

Frau Kollegin Schäfer, ich habe regionale Produkte erwähnt. Ich bedaure es zutiefst, dass es keine Auswirkungen hat, dass sich bei den Produkten für den Verbraucher auch preislich nichts ändert, weil unser Verbraucher-, Lebensmittel- und Warensystem nicht nur aus regionalen Produkten besteht. Unser System ist so aufgestellt, dass die Produkte dann aus anderen Regionen kommen.

Frau Schäfer, ich habe Ihre Aussagen zu Frostschäden und Naturschutz nicht verstanden. Wir Landwirte stellen uns sehr schnell darauf ein. Wir arbeiten mittlerweile zum Beispiel bei dem Erdbeeranbau mit Folientunneln, damit die Erdbeeren auf der einen Seite nicht wegschwimmen und auf der anderen Seite nicht erfrieren. Es ist möglich, Folientunnel zu bauen. Wir unterstützen das sehr.

Zum anderen hat mir bei Ihnen eine vierte Frage gefehlt, nämlich was das Bundeslandwirtschaftsministerium für die Landwirtschaft tut. Ich kann in dem einen Jahr, in dem ich politisch in Rheinland-Pfalz tätig bin, nur Negativmeldungen registrieren, was das Bundeslandwirtschaftsministerium erreicht.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Steinbach das Wort.

Werter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich betone es noch einmal. Auch in Zukunft – das haben wir in den Redebeiträgen insbesondere aus der AfD-Fraktion gehört – werden wir das Wetter parlamentarisch nicht ändern. Dass die Thematik „Frostschäden“ im Redebeitrag der AfD keine oder kaum Berücksichtigung fand, erkennt man daran, dass ein unliebsames Thema im Hintergrund steht; denn letzten Endes müssen wir alle anerkennen, dass diese starken Wetterereignisse auch mit den veränderten klimatischen Bedingungen zu tun haben, denen wir uns insbesondere politisch stellen müssen.

Dann kommen wir zu dem Punkt, über den wir tatsächlich diskutieren und auch entscheiden können, das heißt, den Landwirten praktische Hilfen mit an die Hand zu geben, um sich diesen geänderten Strukturen und Bedingungen stellen zu können. Ich habe es eben schon einmal angesprochen.

Dazu gehören unter anderem die Möglichkeiten im Kulturschutz. Dazu gehören aber auch – das wird sehr energisch, pragmatisch und innovativ durchgeführt – entsprechende Anpassungsstrategien in der Pflanzenauswahl, der Bearbeitung der Bepflanzung der Kulturen und in den Techniken, die dort zur Verfügung stehen, praktisch zu nutzen, um entsprechend den klimatischen Bedingungen besser angepasst zu sein.

Dann wiederhole ich es noch einmal. Das wird ein Projekt, dem wir uns mittelfristig stellen müssen, indem wir gemeinsam mit der landwirtschaftlichen Branche auch dem Obstbau die Elementarschadensversicherungen anbieten und ihn möglicherweise mit finanziellen Anreizen unterstützen müssen, damit Versicherungsangebote insbesondere für das Steinobst etc. zur Verfügung stehen. Ich glaube, momentan beträgt die Versicherungsquote im Weinbau ca. 1 %.

(Glocke des Präsidenten)

Wenn die Solidargemeinschaft erweitert werden könnte, wären die Bedingungen insbesondere in den Policen auch finanziell machbar.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Schneider das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Weber, ich war ob der Belehrungen in Richtung meiner Kollegin Dorothea Schäfer doch etwas irritiert. Wenn Sie sich einmal in Rheinhessen kundig gemacht hätten, wo wir im Moment große Schäden insbesondere im Obstbau haben, dann hätten Sie festgestellt, dass es dort sehr wohl Probleme gibt, die auch Herr

Kollege Steinbach dargestellt hat,

(Beifall der CDU)

weil der Vogelschutz und die Vogelschutzrichtlinien nämlich von dem Umweltministerium genutzt werden, um dort gewisse Kultureinrichtungen zu verbieten, wie zum Beispiel gegen Hagelschutz oder im Bereich der Folien beim Erdbeeranbau. Das genau hat meine Kollegin angesprochen.

Ich möchte keine zusätzliche Schärfe in die Debatte hineinbringen, weil wir in den Grundaussagen auf einer Ebene sind. Wir müssen uns natürlich, wenn wir bei dem Berufsstand sind und uns die Probleme anschauen, sagen: Ja, wir stehen an eurer Seite, und wir wollen euch auch helfen. – Es wäre zu kurz gesprungen, irgendwelche finanziellen Hilfen zu versprechen, die dann nicht einzuhalten sind. Wir müssen doch schauen, wo wir wirklich helfen können.

(Beifall der CDU)

Wenn wir im Naturschutz Regelungen haben, die dies verhindern, dann müssen wir uns als Land auch damit auseinandersetzen und entsprechend solche Regelungen überdenken.

Herr Minister, ich möchte mich Ihrem Dank anschließen. Wir hätten uns gefreut, wenn die SPD dies entsprechend auch zum Ausdruck gebracht hätte. Anscheinend war sie etwas irritiert darüber, dass ihre Finanzministerin bereits Prüfungen vorgenommen hat, dass es für die betroffenen Betriebe Steuererleichterungen gibt.

Ich möchte auch einen Dank anschließen; denn Sie haben bereits zugesagt zu unterstützen, dass es eine mögliche Öffnung des Liquiditätssicherungsprogramms der Rentenbanken gibt. Das ist das eine, dies zu prüfen.

Der zweite Punkt ist, dass wir uns sicherlich auch noch einmal auf den Weg machen und das Thema „Elementarschadensversicherung“ beleuchten. Es gab bisher immer wieder Bedenken seitens der Länderjustizminister,