Protokoll der Sitzung vom 30.05.2017

teriums wird aufgelistet, was Ehrenamtliche, die in Gefängnissen arbeiten, an Voraussetzungen mitbringen müssen.

Wir fragen uns, warum Anforderungen an ehrenamtliche Helfer gestellt werden, aber am Ende an Imame, die zu einer Radikalisierung beitragen können – wir sagen nicht, dass sie es automatisch tun –, nicht. In anderen Bundesländern werden Imame überprüft, wie in Hessen, BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen. Warum? – Weil in Moscheegemeinden, auch in Rheinland-Pfalz, am Ende für den türkischen Staat in der Art und Weise gearbeitet wurde, dass man mutmaßliche Gülen-Anhänger ausspioniert und dem türkischen Staat gemeldet hat.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Genau!)

Das gibt uns Anlass, darüber nachzudenken, ob das die richtigen Personen sind, die in unsere Gefängnisse gehen. Das sollte auch Sie als Landesregierung interessieren.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Unabhängig davon, dass in einigen Moscheegemeinden auch Hassprediger auftreten, wie zum Beispiel in Bendorf, wollen wir es nicht dem Zufall überlassen, wer hier Einfluss hat; denn ganz wichtige Fragen stellen sich: Wer hat die DITIB-Imame ausgebildet? Wie stehen sie zum türkischen Staatspräsidenten?

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Ist ihr Glaubensverständnis moderat oder radikal? Haben sie einen Auftrag, zum Beispiel von Herrn Erdogan, im Gefängnis vermeintliche Gülen-Anhänger auszuforschen? – Deshalb sagen wir ganz klar, wir brauchen hier eine klare Haltung des Ministeriums.

Jetzt hören wir, die Vollzugsbeamten sollen das stemmen. Was sollen denn die Vollzugsbeamten noch mehr stemmen? Wir sagen, Radikalisierung und Deradikalisierung gehören zusammen. Es gehört nicht nur die Reaktion, sondern auch die Prävention dazu. Wer präventiv handeln will, muss auch wissen, wer welche Lehren in Gefängnissen verbreitet.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb haben wir als CDU-Landtagsfraktion diesen Aspekt schon sehr frühzeitig zum Thema gemacht, auch schon in der vergangenen Legislaturperiode.

(Glocke des Präsidenten)

Deshalb sagen wir, die Rechtsgrundlage ist da. Wenn Sie glauben, Sie sei nicht da, dann müssen Sie sie ändern, Herr Justizminister. Denn am Ende zählt das, was hinten herauskommt, und wir wollen Deradikalisierung und keine Radikalisierung.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Sippel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin erst einmal überrascht über die plötzliche Aktualität des Themas. In der Sitzung des Rechtsausschusses am 10. November 2016 haben wir genau über die gleiche Thematik gesprochen. Herr Minister Mertin hat ausführlich Stellung genommen. Neues hat sich seither nicht ergeben,

(Zuruf von der AfD: Zeitung lesen!)

allenfalls ein Artikel in der „Rhein-Zeitung“ zur Überprüfung von Imamen in Nordrhein-Westfalen. Auch das war im November 2016 bereits hinlänglich bekannt.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Dann brauchen wir uns nicht mehr darum zu kümmern! Dann ist alles gut!)

Sie haben also jetzt über ein halbes Jahr gebraucht, um das Thema – ich nenne es – noch einmal hochzuziehen.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Wenn es aus Ihrer Sicht wirklich so sicherheitsrelevant ist, dann frage ich mich, warum Sie erst jetzt damit kommen.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Meine Damen und Herren, Fakt ist, der gut funktionierende Justizvollzug in Rheinland-Pfalz ist für die Innere Sicherheit in unserem Land von großer Bedeutung. Aufgabe der Gefängnisseelsorge ist es, den Gefangenen die Religionsausübung zu ermöglichen und damit – da stimme ich Ihnen zu, Frau Klöckner – dem Resozialisierungsgedanken zu dienen.

Unser Grundgesetz regelt in Artikel 140 unter Verweis auf Artikel 141 der Weimarer Reichsverfassung die Anstaltsseelsorge. Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften haben das Recht auf Zulassung zur Vornahme religiöser Handlungen, auch in Strafanstalten. Das ist nicht ins Belieben gestellt.

Es geht um Seelsorge und Religionsausübung zum Schutz vor Radikalisierung und nicht um das Befördern von Extremismus. Das ist völlig klar. Der Staat hat alle Radikalisierungstendenzen konsequent abzuwehren, aber mit rechtsstaatlichen Mitteln.

Frau Klöckner, nun fordern Sie die Überprüfung von Religionsbeauftragten und Imamen, wie sie in NordrheinWestfalen standardmäßig eingeführt ist. In solchen Fragen ist es immer gut, genauer hinzusehen und zu überprüfen, ob Sachverhalte 1 : 1 zu vergleichen sind. Was wir hier brauchen, ist eine differenzierte ernsthafte Betrachtung und keine Scheinlösungen, die rechtlich nicht standhalten.

Herr Mertin, Sie haben in der Rechtsausschusssitzung im November ausgeführt, dass das Land Rheinland-Pfalz schon vor gut zwei Jahrzehnten eine Vereinbarung mit dem türkischen Konsulat getroffen hat, wonach Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten im Rahmen der konsularischen Betreuung stattfinden kann. Das ist ein wichtiger Unterschied zu vielen anderen Bundesländern. Es besteht weder ein Vertrag mit DITIB noch mit anderen Religionsge

meinschaften, sondern mit dem Konsulat selbst, das die Religionsbeauftragten entsendet.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das ist ein Riesenunterschied! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das ist ein großer Unterschied!)

Das ist ein großer Unterschied. Das konsularische Betreuungsrecht ist in unserem Land, zum Glück, weit gefasst und rechtsstaatlich mit dem Wiener Übereinkommen verbrieft. Zum Glück – ich sage es noch einmal – leben wir in einem funktionierenden Rechtsstaat. Ich nenne hier nur das Stichwort Deniz Yücel und das Hin und Her um dessen konsularische Betreuung in der Türkei.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Deshalb sind generelle Sicherheitsüberprüfungen von Konsulatsangestellten – denn das sind die Religionsbeauftragten – ohne irgendein Verdachtsmoment, ohne irgendeinen Anlass mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schwer zu vereinbaren.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich finden Überprüfungen im Einzelfall statt, etwa bei der Spitzelaffäre – da wurde nämlich genau überprüft, ob Imame im rheinland-pfälzischen Strafvollzug betroffen sind.

Meine Damen und Herren, es ist in diesem Zusammenhang auch wichtig, die Dimension der muslimischen Gefängnisseelsorge vor Augen zu führen. Es gab in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2015 noch 117 DITIB-Imame. In Rheinland-Pfalz haben wir acht vom Konsulat entsandte Beauftragte, die zumeist schon viele Jahre ihren Dienst tun. Die Arbeit läuft seit zwei Jahrzehnten völlig reibungslos ohne jegliche Beanstandung vonseiten der Haftanstalten. Ich habe mich telefonisch dieser Tage noch einmal versichert, um die Rückmeldung aus der Praxis vonseiten der Haftanstalten zu erhalten, die die Zusammenarbeit als völlig problemlos und gut eingespielt beschrieben.

Man muss auch sehen, Imame kommen in aller Regel einmal im Monat etwa für eine Stunde zu Gruppenstunden. Ich denke, allein diese Betrachtung zeigt auf, dass es realistisch beurteilt kaum gelingen kann, hier einen Nährboden für Extremismus zu schaffen.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Schlafen Sie weiter! – Abg. Julia Klöckner, CDU: Was ist das denn?)

Die Extremismusprävention wird im Strafvollzug sehr ernst genommen. Ich verweise hier auf die Antwort des Ministeriums zur Großen Anfrage der CDU zum Strafvollzug. Ich zitiere: „Alle beteiligten Stellen sind gehalten, relevante Informationen unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen auszutauschen. Islamistischer Terrorismus ist zudem (...) Gegenstand der Aus- und Fortbildung.“ Genau das ist auch notwendig, weil der allgemeine Vollzugsdienst ganz nah dran ist an den Gefangenen und bei Gesprächen frühzeitig erkennen kann, ob hier irgendwelche extremistischen

Tendenzen zu beobachten sind.

Es ist also Vorsorge getroffen, Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.

(Glocke des Präsidenten)

Sobald es dazu Erkenntnisse geben sollte, können selbstverständlich anlassbezogene Überprüfungen stattfinden.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Julia Klöckner, CDU: Wenn es zu spät ist! Unglaublich!)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Paul das Wort.

Liebes Präsidium, liebe Kollegen! „Spät kommt Ihr – Doch Ihr kommt!“ Der Ausruf aus Schillers Drama „Wallenstein“ kommt einem angesichts der Themensetzung der Union in den Sinn. Die CDU – es sind ja bald Bundestagswahlen – hat das Thema „DITIB“ für sich entdeckt. Dem kritischen Bürger rate ich, einmal zu recherchieren, wann sie es in der Vergangenheit getan hat. Es wird ein Sprung ins Dunkle.

(Heiterkeit bei und Beifall der AfD)

Überall dort, wo die CDU mit den Grünen koaliert, ist DITIB für die Union ein ebenso verlässlicher Partner wie für die Regierung Dreyer, die das so gern hier bei uns feststellt.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Streitet euch doch nicht! Ihr seid euch doch einig!)

Derzeit gibt es in Rheinland-Pfalz acht DITIB-Imame, die Gefängnisse besuchen und angeblich Seelsorge betreiben. Das türkische Konsulat entscheidet, wer zur Betreuung türkischer Gefangener entsandt wird. Es wählt die Imame aus und reicht die persönlichen Daten weiter. Einige Formalien, und schon öffnen sich die Tore der Haftanstalten.

Will der Staat mehr wissen, eckt er an. Ein Großteil der DITIB-Imame in Nordrhein-Westfalen verweigerte sich den Sicherheitsüberprüfungen des Verfassungsschutzes. Folge: Die Zahl der DITIB-Imame, die freitags noch predigen dürfen, ist von 117 auf ganze 12 gesunken.