Protokoll der Sitzung vom 30.05.2017

Will der Staat mehr wissen, eckt er an. Ein Großteil der DITIB-Imame in Nordrhein-Westfalen verweigerte sich den Sicherheitsüberprüfungen des Verfassungsschutzes. Folge: Die Zahl der DITIB-Imame, die freitags noch predigen dürfen, ist von 117 auf ganze 12 gesunken.

Trotz allem, Justizminister Mertin will aber an der Praxis, keine Kontrollen, Prinzip Hoffnung, festhalten, als wäre nichts geschehen, als hätte es im türkischen Konsulat Mainz keine 65 %ige Zustimmung für Erdogan gegeben und als wäre die Dauermobilisierung von DITIB nicht maßgeblich dafür verantwortlich, ganz so, als hätten DITIBImame in Rheinland-Pfalz nicht Erdogan-Gegner bespitzelt und ihre Daten der Verfolgungsmaschinerie ausgeliefert.

Die Union präsentiert uns heute acht oder lassen Sie es zehn Problem-Imame sein und verstellt damit die Sicht auf den Gesamtkomplex, weil sie nicht den Mut aufbringt, aus folgenden Offenkundigkeiten Konsequenzen zu ziehen: DITIB ist eine politische Kaderorganisation, die die Ideolo

gie der Erdogan-Partei AKP vertritt.

(Beifall der AfD)

DITIB ist eine Filiale der mächtigen Religionsbehörde Diyanet, personell, finanziell und ideell von ihr abhängig. DITIBImame sind türkische Staatsbeamte. Susanne Schröter, Islamexpertin des Forschungszentrums Globaler Islam, stellt fest: „Durch diese Predigten, die oft einen explizit politischen Charakter besitzen, wird die Propaganda der türkischen Regierung in die Moscheen exportiert.“ Cem Özdemir sagt sehr richtig: DITIB geht es in erster Linie um Politik und nicht um Religion. DITIB ist und bleibt der verlängerte Arm Erdogans in unser Land. DITIB ist verfassungsfeindlich. –

(Beifall der AfD)

Infolgedessen sind diese Imame keine Geistlichen im herkömmlichen Sinne, sondern per se weisungsgebundene Erdogan-Lautsprecher. Sie legitimieren politische Macht durch Religion. Sie dulden Hetze gegen Christen und Juden. Sie vertreten den Anspruch des türkischen Staats, die Innenpolitik unseres Landes mit zu gestalten, und zwar nach den Vorgaben des Erdogan-Regimes.

Würden sie etwas anderes vertreten, wäre ihre Loyalität zweifelhaft, dann wären sie niemals in diese Stellungen gelangt, noch wären sie vom Konsulat ausgewählt worden. So sieht die Wirklichkeit aus.

(Abg. Uwe Junge, AfD: So ist es!)

DITIB-Imame in unseren Gefängnissen gefährden Integration und Resozialisierung, weil sie unserem Land, das doch die Heimat der Straffälligen sein soll, und unserer Werteordnung in keiner Weise verpflichtet sind. Sie haben mit Deutschland nichts zu tun.

(Beifall der AfD)

Die acht oder zehn Imame sind letztlich aber nur ein kleiner Teil eines großen Problems. Das Problem heißt DITIB. Für meine Fraktion wiederhole ich unsere Forderung: Ein Verbot von DITIB ist endlich zu prüfen. Wir lehnen eine letztlich ins Leere laufende Sicherheitsüberprüfung der Imame ab. Sie verschafft den Verantwortlichen ohnehin nur ein Alibi – ein Fall politischer Gesundbeterei.

Unser Land soll nach unseren Interessen muslimische Seelsorger auswählen. DITIB-Imame haben daher in unseren Haftanstalten ganz grundsätzlich nichts zu suchen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das war gut!)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Roth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zunächst einmal müssen wir die Themen „Radikalisierung“ und „Islamische Seelsorge“ im Justizvollzug klar trennen. Man sollte sich hüten, die in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen tätigen islamischen Seelsorger unter einen islamistischen Generalverdacht zu stellen.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Tut keiner!)

Aber genau dieser Eindruck soll mit der Debatte hier erweckt werden und noch dazu ohne jede Grundlage.

(Zurufe aus dem Hause)

Darf ich weiterreden? – Danke.

(Zuruf von der AfD: Nein!)

Werte Kolleginnen und Kollegen der CDU, weder haben Sie eine rechtliche Basis für Ihre Forderung nach anlassloser Überprüfung, noch gibt es in unseren Einrichtungen konkret ein praktisches Bedürfnis. Seelsorge im Justizvollzug ist zunächst ein Angebot für inhaftierte Menschen, die sich durch ihre Inhaftierungen häufig in Ausnahmesituationen befinden. Sie ist Hilfe und Unterstützung bei der Religionsausübung, und sie kann Anlaufstelle und Begleitung sein. Seelsorge ist keine Intervention zur Gefahrenabwehr, und Seelsorge ist auch kein Reparaturbetrieb.

Würde Seelsorge in dieser Weise missverstanden, hätte sie ein ganz wesentliches Merkmal ihrer Bedeutung und Wirksamkeit verloren, nämlich ihre Neutralität und ihre gewollte Unabhängigkeit von dem allgemeinen Betrieb des Justizvollzugs.

Schauen wir ganz konkret zur Praxis in unseren Einrichtungen. Mir sind derzeit weder Radikalisierungstendenzen in rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen noch Probleme mit den die Einrichtungen aufsuchenden Imamen bekannt. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, hier wird ein Thema künstlich problematisiert. Seit mindestens 20 Jahren funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den türkischen Generalkonsulaten und dem rheinlandpfälzischen Justizvollzug ganz reibungslos.

Herr Kollege Sippel hat das vorhin bereits erwähnt.

Die religiöse Bedeutung der türkischen Gefangenen, die den größten Anteil der ausländischen Insassen unserer Gefängnisse ausmachen, wird dadurch ermöglicht. Aus Anlass einer zunehmenden Anzahl von radikalisierten Menschen auch im Justizvollzug sind wir derzeit in vielen Bereichen der Gesellschaft auf der Suche nach geeigneten effektiven Maßnahmen, um diesen Tendenzen wirksam begegnen zu können.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Ich dachte, es gibt keine Tendenzen!)

Maßnahmen in diese Richtung sind notwendig – – –

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Ich dachte, es gibt keine Tendenzen! – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Maßnahmen in diese Richtung sind notwendig und erfordern – wahrscheinlich noch für längere Zeit – unsere volle

Aufmerksamkeit. Das gilt sicher auch für die islamische Gefängnisseelsorge. Meines Wissens erarbeitet das Justizministerium derzeit ein grundlegendes Konzept dafür.

(Zurufe der Abg. Julia Klöckner, CDU, und des Abg. Michael Frisch, AfD)

Der Justizminister hat dies bereits mehrfach erklärt, und wir haben im Rechtsausschuss des Öfteren hierüber gesprochen.

Auch wenn ich verstehen kann, dass Sie mit dem Wunsch zu verunsichern, politische Wirkung erzielen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union:

(Heiterkeit bei der AfD)

Wir sollten Probleme, die wir in Rheinland-Pfalz im Gegensatz zu anderen Bundesländern – das ist unbestritten – glücklicherweise nicht haben, auch nicht künstlich herbeireden.

(Zuruf aus dem Hause: Wofür dann ein Konzept?)

Selbstverständlich sollten wir wachsam sein und die Entwicklung genau beobachten. Das ist die Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Justizvollzug, die eine anerkennenswerte und schwierige Aufgabe zu meistern haben.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gut aus- und fortgebildetes Personal. Wir sollten es unterstützen und nicht verunsichern. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Strafvollzug gilt meine Anerkennung und mein größter Respekt.

Auch das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen: Das Personal dort trägt Tag für Tag zur Gewährleistung unserer Sicherheit bei. Dies gilt sowohl für die Wachsamkeit im Hinblick auf potenzielle Radikalisierungsentwicklungen, die man dort zu unterscheiden versteht, als auch für die Religion, die unabhängig ist.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU streift mit ihrer Aktuellen Debatte das aus meiner Sicht wichtige Thema der seelsorgerischen Betreuung muslimischer Gefangener in Rheinland-Pfalz.

Die Ampelfraktionen haben in ihrem Antrag zur Verhinderung islamistischer Radikalisierung junger Menschen vom Februar diesen Jahres die Bedeutung der religiösen

Betreuung Inhaftierter hervorgehoben. Wir haben immer wieder diskutiert, dass die jetzige Situation noch nicht zufriedenstellend ist. Das Justizministerium ist deshalb schon vor längerer Zeit aktiv geworden.

Liebe CDU-Fraktion, mit einem sehr, sehr intensiven Studium Ihrer Großen Anfrage zum Strafvollzug hätten Sie ihr das entnehmen können. Darin wird nämlich darauf abgehoben, dass ein Landeskonzept entwickelt wird, um allen muslimischen Gefangenen in Rheinland-Pfalz eine religiöse und seelsorgerische Betreuung anbieten zu können.