Protokoll der Sitzung vom 09.08.2017

Weitere Wortmeldungen liegen dem Präsidium nicht mehr vor. Wir sind damit am Ende der Aktuellen Debatte des heutigen Tages.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 2 aufrufe, darf ich Gäste auf unserer Besuchertribüne willkommen heißen: Mitglieder des FDP-Kreisverbands Alzey-Worms. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Aufhebung des Landesgesetzes über den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung Rheinland-Pfalz und zur Fortführung der Versorgungsrücklage des Landes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/3460 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben sich auf eine Grundredezeit von fünf Minuten verständigt.

Ich darf zunächst der Landesregierung das Wort zur Begründung erteilen. Frau Finanzministerin Ahnen, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem heute zu beratenden Gesetzentwurf ziehen wir die Konsequenzen aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs und sorgen zugleich für den Fortbestand der sogenannten Kanther-Rücklage. Wir haben die Folgen des Urteils vom 22. Februar 2017 bereits mehrfach hier im Hause diskutiert. Wie Sie wissen, hatte der Verfassungsgerichtshof zwei Wege für die Zukunft des Pensionsfonds aufgezeigt: entweder eine Teilrückabwicklung der in der Vergangenheit geleisteten Zuführungen und die Umgestaltung des Pensionsfonds oder – die große Lösung – die komplette Auflösung des Pensionsfonds.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf liegt Ihnen seit dem 6. Juli 2017 vor. Sie wissen, dass wir uns für die umfassendere Lösung entschieden haben. Warum haben wir uns für die große Lösung entschieden und gehen mit der Auflösung der PLP Management GmbH & Co. KG sogar deutlich über das im Urteil Geforderte hinaus? Wir haben heute aufgrund der fortgeschrittenen Haushaltskonsolidierung positive Rahmenbedingungen für unsere Entscheidung. Im vergangenen Jahr konnten wir den ersten Haushaltsüberschuss seit dem Jahr 1969 erzielen und 240 Millionen Euro Schulden tilgen. Der Doppelhaushalt 2017/2018 setzt die Konsolidierung auf Planungsebene fort. Damit haben wir eine solide Basis für die Leistung der künftigen Versorgungsausgaben geschaffen. Mit der Auflösung des Pensionsfonds erreichen wir eine konsequente Neuordnung und vermeiden Abgrenzungsschwierigkeiten, die bei der Teilrückabwicklung des Pensionsfonds aufgetreten wären. Zudem reduzieren wir die Anzahl der Zahlungsströme und vereinfachen so den Überblick über die Landesfinanzen.

Bei der großen Lösung haben wir auch die PLP KG mit einbezogen. Mit dem Pensionsfonds entfällt ein wesentlicher Vertragspartner der PLP KG. Das war für uns Anlass zu prüfen, ob wir durch eine Auflösung der PLP KG die Finanzbeziehungen straffen und damit weiter vereinfachen. Durch die Auflösung der PLP KG werden die Zahlungsströme zwischen Kernhaushalt und der KG entfallen, sodass wirtschaftlich betrachtet Zahlungswege abgekürzt werden.

Die sogenannte Kanther-Rücklage, die vom Urteil ausdrücklich nicht betroffen ist, führen wir fort. Die Anlage kann auf Dritte übertragen werden, beispielsweise auf die Bundesbank. Für den Erlass von Anlagerichtlinien ist die Zustimmung des Haushalts- und Finanzausschusses des Landtags vorgeschrieben. Auch die Gewerkschaften wollen wir weiterhin beteiligen. Auf ihren Wunsch hin haben wir den Beirat in den vorliegenden Gesetzentwurf aufgenommen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Im Übrigen werden wir die Möglichkeit schaffen, zusätzliche Zuführungen an die Kanther-Rücklage vorzunehmen. Wenn der Haushalt zum Beispiel so gut abschließt wie letztes Jahr, könnten wir die Kanther-Rücklage zusätzlich aufstocken.

Mir ist noch einmal wichtig zu betonen, dass die Auflösung des Pensionsfonds keine Auswirkungen auf die Versorgungsansprüche der Beamtinnen und Beamten hat.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese sind verfassungsrechtlich garantiert und werden weiterhin aus dem Kernhaushalt gezahlt. Mit der anhaltenden Konsolidierung schaffen wir eine gute Basis für die Leistung der zukünftigen Versorgungsausgaben. Zudem steht uns flankierend die Kanther-Rücklage zur Verfügung. Zur Erhöhung der Transparenz wird derzeit eine verbesserte Prognose der Versorgungsausgaben erarbeitet; ein entsprechendes Prognosemodul wird bereits erprobt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte bereits im Jahr 2015 im Haushalts- und Finanzausschuss angekündigt, dass wir das Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse evaluieren werden. Diese Ankündigung greifen wir ebenfalls im Gesetzentwurf auf. Die Evaluation wird noch in diesem Halbjahr erfolgen.

Welche haushalterischen Auswirkungen haben die geschilderten Entscheidungen? Ende des Jahres fällt das Vermögen des Pensionsfonds in Höhe von voraussichtlich rund 5,65 Milliarden Euro an das Land Rheinland-Pfalz. Soweit der Pensionsfonds Schuldscheine des Landes erworben hatte, erlöschen die entsprechenden Schulden. Damit sinkt die Verschuldung des Landes gegenüber dem öffentlichen Bereich um voraussichtlich 4,8 Milliarden Euro.

Weiterhin gehen auf das Land Forderungen über: gegen das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 50 Millionen Euro sowie gegen die PLP KG aus den im Jahr 2037 bzw. 2047 fälligen Darlehen in Höhe von rund 800 Millionen Euro. Es handelt sich bei den Zahlen um Prognosen. Eine

genaue Auflistung der tatsächlich übergegangenen Forderungen werden wir im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags nach dem Übergang vorlegen. Die 70 Millionen Euro, die als Zuführung an den Pensionsfonds im Jahr 2017 vorgehalten wurden, werden nicht ausgezahlt. Insofern wird sich der Haushaltsabschluss 2017 um diesen Betrag verbessern.

Ab der Auflösung des Pensionsfonds Ende des Jahres entfallen die zinsbezogenen Zahlungen des Landes an diesen. Die Zahlungen sind 2018 mit rund 124 Millionen Euro veranschlagt. Mit der für Januar 2019 geplanten Schließung der PLP KG gehen deren Vermögensgegenstände auf das Land über, insbesondere die Einlage bei der Landesbank Baden-Württemberg von rund 300 Millionen Euro und die mittelbare Beteiligung an der Landesbank Saar von rund 100 Millionen Euro. Daraus sind künftig jährliche Mittelzuflüsse an den Landeshaushalt im unteren zweistelligen Millionenbereich zu erwarten.

Die zu übernehmenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Pensionsfonds von 800 Millionen Euro erlöschen dadurch, dass das Land vom Pensionsfonds bereits die Gläubigerstellung übernommen hat, also Gläubiger und Schuldner der Forderung sein wird. Das Land übernimmt Verbindlichkeiten von voraussichtlich 150 Millionen Euro gegenüber der Investitions- und Strukturbank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden die Auflösung der PLP KG Anfang des Jahres 2019 vollziehen. Damit vereinfachen wir die Finanzbeziehungen des Landes. Es fallen viele Zahlungsströme weg, die verbleibenden werden wir im Doppelhaushalt 2019/2020 abbilden. Natürlich werden wir im Haushaltsjahr 2020 den strukturellen Ausgleich erreichen. Unser Ziel ist also ein übersichtlicher, transparenter und auch strukturell ausgeglichener Landeshaushalt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns konstruktive Beratungen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Frau Ministerin, vielen Dank.

Im Rahmen der Aussprache erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Weiland von der Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem hier eingebrachten Gesetzentwurf der Landesregierung – Frau Ministerin Ahnen hat es gerade erläutert – sollen gleich zwei mehr als fragwürdige Einrichtungen des Landes liquidiert werden, der Pensionsfonds und die Briefkastenfirma PLP Management GmbH & Co. KG. Das ist die zwangsläufige Folge des Urteils des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom Februar dieses Jahres. Der Pensionsfonds, als bloßes Instrument zur Umgehung der Schuldenbremse unserer Verfassung identifiziert, ist nicht

mehr aufrechtzuerhalten. Mit dem Pensionsfonds verliert auch die PLP ihre Grundlage. So weit so gut, so unausweichlich.

Es geht hier aber nicht nur darum, den Verfassungsbruch des Pensionsfonds zu beenden. Es geht um ein umfassendes, hochkomplexes System von schwer durchschaubaren Finanztransaktionen, das bis heute im Gegensatz zum Pensionsfonds noch keine verbindliche gerichtliche Würdigung gefunden hat.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

In diese Transaktionen war der Pensionsfonds seit dem Jahr 2004 tief verstrickt. Die Briefkastenfirma PLP ist das zentrale Instrument dieser Finanzpraktiken. Der Rechnungshof hat das schon 2011 ausführlich analysiert und äußerst kritisch beurteilt. Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich aus dem Rechnungshofbericht des Jahres 2011, Teil 2, S. 42: „Der Fonds“ – der Pensionsfonds – „war in die Maßnahmen des Landes zur ,Optimierung der Erträge des Wohnungsbauvermögens‘ eingebunden. Das Land erzielte hierbei – aus zum Teil rechtlich bedenklichen Transaktionen – Einmalerlöse zum Haushaltsausgleich.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir reden hier nicht über Kleinigkeiten. Wir reden über schuldenähnliche Haushaltsfinanzierungen in Milliardenhöhe.

(Beifall bei der CDU)

Der Rechnungshof stellt weiter fest: „Als Folge der Umschichtungen des ursprünglich in Landesschuldverschreibungen angelegten Fondsvermögens und der einseitigen Ablösung von Zahlungspflichten aus dem Ausgleichsvertrag durch den Fonds erzielte das Land Einnahmen in Höhe von insgesamt 907 Mio. C, die es zum Haushaltsausgleich einsetzte.“ Natürlich gab es diese Einnahmen nicht umsonst – vielleicht umsonst, aber nicht kostenlos. Dafür sind Zinsen fällig. „Bei einer durchschnittlichen Verzinsung des Referenzportfolios von 4 %“ – so der Rechnungshof – „ergeben sich bis 2047“ – meine sehr geehrten Damen und Herren, das muss man sich einmal vorstellen, für wie lange hier Haushaltsmittel ohne parlamentarische Genehmigung gebunden wurden – „Zinsausgaben (nominal) in einer Größenordnung von 1 Mrd. C.“

(Abg. Christine Schneider, CDU: So ist es!)

Die CDU-Fraktion hat in einer Großen Anfrage die rechtlichen Probleme und die wirtschaftlichen Folgen dieser Praktiken auf einem aktuellen Stand zum Thema gemacht. Die Antwort der Landesregierung darauf bedarf gerade im Zusammenhang mit dem heutigen Gesetzentwurf einer genauen parlamentarischen Beratung. Die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage ist zum Teil durchaus erhellend, zum Teil aber auch vernebelnd und zum Teil in einer nicht hinnehmbaren Weise abweisend. Die Liquidation von Pensionsfonds und PLP Management GmbH & Co. KG darf und kann in der Sache nur beschlossen werden, wenn die Landesregierung eine lückenlose Bilanz der wirtschaftlichen Ergebnisse und Folgen ihrer Transaktionen vorlegt.

(Beifall bei der CDU)

Die Begründung des heute eingebrachten Gesetzentwurfs und die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage unserer Fraktion sind mit Blick darauf absolut ungenügend. Uns interessieren zum Beispiel Fragen nach den vom Landesrechnungshof festgestellten fehlenden haushaltsrechtlichen Ermächtigungen für diese Finanztransaktionen. Wurden hiermit etwa weitere Verletzungen der Verfassung in Kauf genommen oder bewusst vorgenommen?

Wie ist die Rolle der ISB in diesem Zusammenhang rechtlich und wirtschaftlich zu beurteilen? Welche rechtliche und wirtschaftliche Funktion hatte die TKD GmbH & Co. KG, eine weitere Briefkastenfirma neben der PLP Management GmbH & Co. KG, dabei? Was wird aus der dritten Briefkastenfirma in Saarbrücken, der SRV GmbH & Co. KG, wenn die PLP liquidiert wird?

Der Landtag Rheinland-Pfalz darf diesen Gesetzentwurf in der Sache nicht verabschieden, bevor zum Beispiel diese Fragen nicht lückenlos und unzweifelhaft beantwortet worden sind.

(Beifall der CDU)

Wir, die CDU-Landtagsfraktion, werden der Landesregierung in dieser Sache jedenfalls keinen Blankoscheck ausstellen.

(Beifall der CDU)

Nächste Rednerin ist Frau Dr. Köbberling von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs RheinlandPfalz vom 22. Februar 2017 zum Landesgesetz über den Finanzierungsfonds für die Beamtenpensionen war eindeutig: Es ist mit der Verfassung unvereinbar und damit nichtig. Die Konsequenzen daraus – die Ministerin hat es gesagt – ließ das Gericht aber offen, bzw. es zeigte mehrere Wege auf, nämlich entweder eine Auflösung des Pensionsfonds oder eine verfassungskonforme Umgestaltung.

Die Landesregierung unter Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat sich für den ersten Weg entschieden, die vollständige Auflösung des Pensionsfonds. Diese Entscheidung war nicht zwangsläufig, Herr Kollege Weiland. Wir als SPDFraktion freuen uns über diese Entscheidung und begrüßen sie uneingeschränkt.

Die Entscheidung zur vollständigen Auflösung wurde von Finanzministerin Doris Ahnen in ein klares und gut verständliches Gesetz gefasst.

Wie auch bei anderen Themen in der Vergangenheit hat sich die Landesregierung unter Malu Dreyer für einen klaren Schnitt und einen schnörkellosen Weg entschieden.

Diese Herangehensweise zeichnet die Landesregierung aus.

Zunächst wurden alle Optionen, die infrage kamen, sorgfältig abgewogen, um dann einen transparenten Gesetzentwurf vorzulegen, den wir heute erstmals beraten.