Protokoll der Sitzung vom 09.08.2017

Stickoxide sind Umweltgifte, die die Atemwege reizen können, und sie tragen zur Feinstaub- und Ozonbildung bei. Was einen aber schon irritiert, ist mitunter die Festsetzung der Grenzwerte. Wenn wir uns einmal den Arbeitsplatz anschauen, dieser hat 23 mal mehr. Er darf einen höheren Grenzwert haben als zum Beispiel in den Städten. Deshalb müssen wir bei allem, was wir hier diskutieren, auch darauf achtgeben, dass wir nicht das, was wir hier erreicht haben, in Bausch und Bogen reden.

Ich war schon sehr erstaunt, dass Toyota eine Studie über die Luftqualität in deutschen Städten finanziert hat. Mich hätte einmal eine Studie über die Luftqualität in asiatischen Städten interessiert. Auch das spielt eine Rolle.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Insofern sage ich, das ist für mich das Allerwichtigste in dieser Debatte neben der Frage, wie wir die Verbraucher schützen. Wie gesagt, es wäre gut, wenn sich auch das rheinland-pfälzische Verbraucherschutzministerium hier einklinken würde. Es wird aber darum gehen, bei der Innovation, bei der Entwicklung neuer Technologien, bei der Entwicklung des Autos und der Mobilität der Zukunft, dass wir hier beteiligt sind und nicht nur Ideen, Produkte und Systeme nach Deutschland oder Rheinland-Pfalz importieren, sondern auch in Zukunft das Autoland schlechthin bleiben, auch wenn es anders aussehen wird. Deshalb brauchen wir weder Regulierungen noch Festsetzungen. Noch einmal: Wenn Sie, liebe Frau Kollegin BlatzheimRoegler, sagen, die Grünen seien gegen ein Fahrverbot, finde ich es sehr essenziell, dass Sie das untereinander klären;

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie das mit der Kanzlerin geklärt, was Sie gesagt haben?)

denn Frau Tabea Rößler – sie ist die Spitzenkandidatin der Grünen hier in Rheinland-Pfalz – hat Frau Dreyer widersprochen, als sie sagte: Wir wollen keine Fahrverbote. – Sie hat deutlich gesagt: Wen meint sie denn mit „Wir“? –

Wenn man für eine blaue Plakette ist, dann ist man am Ende natürlich für ein Fahrverbot für bestimmte Autos. Das betrifft dann die Menschen, die sich kein neues Auto leisten können.

(Glocke des Präsidenten)

Genau darüber müssen wir reden. Deshalb sage ich, es ist gut, dass die Kanzlerin die Kommunen nach Berlin einlädt, um ihnen von den Bundesförderprogrammen Gelder für neue Mobilitätskonzepte in den Städten zur Verfügung zu stellen.

(Beifall der CDU)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Schweitzer, der Fraktionsvorsitzende der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Tatsächlich haben wir uns jetzt auch wieder so ein bisschen auf die Themen zubewegt, die uns tatsächlich beschäftigen, nämlich die Frage, wie es mit der Luftreinhaltung in deutschen und in rheinland-pfälzischen Städten ist und wie es mit den Chancen für die deutsche Automobilindustrie aussieht. Da sehe ich Licht und Schatten. Ich habe das deutlich gemacht, weil ich es auch anprangere. Ich hätte mir gewünscht, dass die deutsche Ingenieurskunst, die inzwischen nicht mehr nur eine deutsche Ingenieurskunst ist, sondern viele wissen natürlich auch, dass man dabei auch mit integrieren muss, was man inzwischen weltweit an Erkenntnissen und Technologien entwickelt hat, aber dass man denen auch hätte zutrauen können, dass sie sich mit der gleichen Akribie und mit der gleichen Energie, mit der sie diesen Betrug, diese Softwaremanipulation, auf den Weg gebracht haben, angestrengt hätten, was neue Antriebsmodelle angeht. Das hätte ich mir gewünscht.

Gleichzeitig sage ich, es ist noch nicht alle Hoffnung verloren. Ich sehe nämlich auch, dass sich gerade in Deutschland viele Unternehmen auf den Weg machen, genau in diesem Bereich neue Märkte für sich zu erschließen.

Ich habe in diesen Tagen in der „FAZ“ gelesen, dass ein Unternehmen – es ist kein rheinland-pfälzisches Unternehmen: Bosch – jedes Jahr 400 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investiert, um in diesem Bereich voranzukommen. Ich sehe, dass viele von denen auch sagen: Wir brauchen auch die Brückentechnologien. Wir brauchen auch einen sauberen Diesel. Er muss sauberer werden. Dann werden wir in einer Transformation auch in neue Antriebsmodelle kommen. – Ich glaube, darum muss es gehen. Das ist eine realistische Perspektive. Da besteht auch eine Chance für uns.

Ich glaube, wir müssen uns da auch ein bisschen anstrengen, und die Industrie muss sich sputen. Sie muss endlich in den fünften und in den sechsten Gang kommen. Ich habe nämlich schon die Befürchtung, dass, wenn wir uns in Deutschland nicht sputen, am Ende das sind, was andere Länder manchmal gegenüber uns waren, nämlich eine verlängerte Werkbank für Ingenieurskunst und Kompetenz, die in anderen Ländern entwickelt wird. Die Softwareschmieden in Kalifornien werden darüber entscheiden, welche Zukunft manche Mobilität in Zukunft hat. Ich wünsche mir, dass wir in dieser Wertschöpfungstiefe, wie wir es in der Vergangenheit bei den Verbrennungsmotoren hatten, auch in Zukunft bei neuen Antriebsmodellen mit eine Rolle spielen. Dann haben wir qualifizierte Ausbildungsund Arbeitsplätze. Dann haben wir auch eine gute Wertschöpfung und all das, was auch der Wohlstand für uns mit der Automobilindustrie immer verbunden hat. Das wollen wir auch in Zukunft haben.

Alles andere werden wir sicherlich auch gemeinsam diskutieren mit Blick auf die Veranstaltung, zu der Ministerpräsidentin Malu Dreyer am 30. August eingeladen hat. Ich glaube wir werden nicht zum letzten Mal über dieses Thema geredet haben, vielleicht mit ein bisschen weniger Leidenschaft nach dem 24. September, aber ich habe nicht die Hoffnung, dass uns das Thema mit dem 24. September verlässt. Ich glaube, darum werden wir uns auch im Landtag von Rheinland-Pfalz noch über dieses Thema austauschen können.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist der Fraktionsvorsitzende Junge von der Fraktion der AfD.

Herr Präsident! Herr Schweitzer, ich bin absolut Ihrer Meinung, vielleicht schaffen wir es, nach dem 24. September in manchen Dingen etwas sachlicher miteinander umzugehen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Dann müssen Sie aber andere Aktuelle Stunden beantragen! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Zum Beispiel!)

Das ist auch meine Hoffnung. Ich möchte einmal etwas betonen in dieser gesamten Diskussion, dass wir nicht anfangen, über diese Dieselhysterie – will ich es einmal nennen, weil ich es ein bisschen überzeichnen möchte – das großartige Image, das unsere Automobilindustrie hat, zu zerstören, selbst zu zerstören, indem wir wahnsinnig kritisch sind. Natürlich müssen wir kritisch sein, und ich bin absolut bei Ihnen, wenn wir sagen, das war nicht in Ordnung, was sie dort getan haben, aber wir müssen auch aufpassen, dass Nutznießer dieser Diskussion am Ende nicht die Dreckschleudern aus Frankreich, Japan und USA sind; denn die sind deutlich schlechter als unsere Fahrzeuge, deutlich schlechter.

(Beifall der AfD)

Also geben wir der Industrie die Chance, geben wir der Industrie bitte die Chance, dass sie das – ich will es einmal ein bisschen pathetisch sagen – wiedergutmachen können. Es fehlen aber auch – und das müssen wir doch auch sehen – die Voraussetzungen, jetzt relativ schnell E-Mobilität umzusetzen. Auch das sind doch Realitäten. Wir haben doch die Ladestationen nicht, und wir wissen auch, wenn wir die Ladestationen jetzt wirklich nach Ihrem Gusto, Herr Braun, flächendeckend versuchen würden umzusetzen, dass unser Stromnetz das gar nicht durchhalten würde. Ich meine, Sie haben es gut, Sie haben sich gerade unten in der Tiefgarage so ein Ding dahinsetzen lassen. Aber nicht jeder ist Fraktionsvorsitzender im Landtag RheinlandPfalz.

Also, wenn wir die Leute treiben wollen, dann müssen wir es auch realistisch machen, und ich glaube, wenn wir Vorgaben machen, weite Vorgaben, der Industrie Vorgaben machen, die sie nicht realisieren kann, dann treiben wir sie auch ein Stück weit mit ihrer Ingenieurskunst dahin, dass sie anfangen zu tricksen. Und das sollten wir nicht tun, sondern wir sollten uns zusammensetzen mit der Autoindustrie und realistische Ziele formulieren, die die Industrie auch wirklich erreichen kann.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Roth, Fraktionsvorsitzender der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Junge, wir machen uns mit Sicherheit die Welt nicht einfach. Das kann ich Ihnen hier versichern. Entweder hören Sie nicht zu oder aber, Sie sind viel zu ungeduldig, weil Herr Minister Wissing vorhin gefühlte 12, 13, 14 Maßnahmen genannt hat, wie wir jetzt hier dieser Dieseldebatte entgegentreten können, ohne jetzt ein Fahrverbot hervorzuheben, um die Städte wieder irgendwo sauberer zu machen. In dieser Hinsicht denken wir über neue Konzepte nach. Sie sind erfolgversprechend. Sie werden in die Wege geleitet. Da bin ich mir sicher, dass wir dadurch hier auch in Zukunft etwas erreichen können.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Ziel!)

Herr Junge, also in dieser Hinsicht beim nächsten Mal bitte vielleicht zuhören oder nicht ganz so vorschnell irgendwo eine Forderung zu machen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wenn es etwas Sinnvolles zu hören gibt, Herr Kollege!)

Danke schön.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Braun, dem Fraktionsvorsitzenden der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir hier so einig sind in der Verurteilung der Machenschaften der Autoindustrie. Ich danke Ihnen, Frau Klöckner, dass Sie so deutliche Worte gebraucht haben und von Verbrechern in Nadelstreifen gesprochen haben.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Nein, nein! Habe ich das gesagt?)

Das haben Sie gesagt. Ich danke Ihnen ja dafür. Ihr Dank kann mich nicht treffen, können Sie jetzt noch sagen, aber Sie haben das gesagt. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie das so deutlich gesagt haben. Wir sind genau mit Ihnen der Meinung – das haben alle gesagt, die relevant sind –, wir brauchen nämlich eine klare Position gegenüber der Autoindustrie, und die Autoindustrie muss diesen Schaden zahlen. Sie hat ihn verursacht. Es darf nicht an den kleinen Leuten hängen bleiben, die sich in gutem Glauben ein Sparmodell gekauft haben, nämlich einen Diesel. Deswegen ist es klar, alle Nachrüstungen, aber auch der Wertverlust müssen von der Autoindustrie ersetzt werden. Wir sind dafür, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Frau Klöckner, an dieser Stelle will ich Ihnen aber auch sagen, setzen Sie sich bundesweit bitte auch dafür ein. Gehen Sie zur Kanzlerin – Sie sehen sie ja oft genug –, und sagen Sie, die Menschen sind unzufrieden mit dem ersten Dieselgipfel, den es gab. Es muss nachgebessert werden, und es muss in die Richtung nachgebessert werden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher am Schluss nicht die Zeche zahlen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Vorschläge in Rheinland-Pfalz erarbeitet. Ich danke Herrn Wissing dafür, dass er einige vorgetragen hat. Frau Höfken war vor zwei Wochen in Mainz. Sie konnten es nachlesen. Sie hat einen Förderbescheid von 1 Million Euro für Wasserstoffbusse in Mainz überreicht.

Genau das sind die Maßnahmen, die wir brauchen und an denen wir arbeiten, damit der Individualverkehr, aber auch der öffentliche Personennahverkehr in den Städten sauberer werden. Das machen wir in dieser Koalition gemeinsam, und das machen wir schneller als die CDU. Sie ist noch gar nicht aufgewacht, weiß noch gar nicht, welche Maßnahmen wir vorschlagen, und kritisiert, wir würden keine umsetzen. Meine Damen und Herren von der CDU, würden Sie einmal ein paar Vorschläge machen, könnten wir darüber reden.

(Zurufe der Abg. Julia Klöckner und Martin Brandl, CDU)

Wir machen Maßnahmen für saubere Luft in unseren Städten in Rheinland-Pfalz, und nur mit diesen Maßnahmen und nicht allein mit Träumereien

(Glocke des Präsidenten)

können Sie auch Fahrverbote verhindern. Wir haben von vornherein gesagt, wir sind für saubere Luft,

(Abg. Christine Schneider, CDU: Für saubere Luft sind wir alle!)

für saubere Autos und gegen Fahrverbote.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen dem Präsidium nicht mehr vor. Wir sind damit am Ende der Aktuellen Debatte des heutigen Tages.