Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Wer so etwas glaubt oder die Öffentlichkeit glauben machen will, der lebt entweder in einer Traumwelt, oder er hat das Grundgesetz nicht verstanden. Die Zuständigkeit nach dem Grundgesetz bedeutet auch eine klare Verantwortung. Das ist auch gut so. Die Verantwortung für gute Bildung,

aber auch die Verantwortung für fehlende Lehrer, Stundenausfall, mangelnde Vergleichbarkeit von Abschlüssen und das Schließen von kleinen Grundschulen liegt nicht beim Bund, sondern beim Land.

(Beifall der CDU)

Sei wollen einfach eine neue Geldquelle eröffnen. Wenn zukünftig irgendetwas nicht zufriedenstellend läuft, dann ist nicht nur die zukünftige Schuldzuweisung klar, sondern auch der Ruf nach neuem frischen Geld aus Berlin. Er ist vorgezeichnet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen sage ich einfach: Sie sollten sich ein Stück weit ehrlich machen. – Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie als Land Rheinland-Pfalz nicht genügend Geld zur Finanzierung der grundgesetzlichen Aufgabe haben, dann sollten Sie sich zunächst einmal mit anderen Ländern zusammensetzen, überlegen und sich fragen, wie diese das machen. Wenn Sie dann feststellen, dass alle Länder mehr Geld brauchen, dann gibt es zwei Möglichkeiten, entweder im Rahmen einer Sonderaufgabe, die im Finanzvolumen und auch zeitlich befristet wäre – darüber könnte man eine Regelung treffen –, oder Sie müssen grundsätzlich etwas an den Bund-Länder-Finanzbeziehungen ändern.

Ich sage Ihnen ganz klar: Die Wirtschaft ist sehr gut. Wir hoffen und denken, dass es so weitergeht. – Dann wäre es die Aufgabe von Frau Dreyer, mit den übrigen Ministerpräsidenten gemeinsam beim Bund vorstellig zu werden, damit mehr Geld insgesamt für die Länder kommt. Aber ich bitte Sie doch sehr herzlich: Weichen Sie nicht die Sache auf, die im Grundgesetz als eine der wichtigsten Kernaufgaben des Landes steht.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Frisch das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was macht ein Kanzlerkandidat, dessen Umfragewerte innerhalb eines halben Jahres um fast 40 % gesunken sind, dessen Schulz-Zug inzwischen den Rückwärtsgang eingelegt hat, und der mit allen Mitteln versucht, seinen freien Fall aufzuhalten, um sich am Ende wenigsten noch als Juniorpartner einer großen Koalition andienen zu können?

Die Antwort liegt auf der Hand. Ein neues Thema für den Wahlkampf muss her, und zwar ein Thema, das die Bürger mehr interessiert als das, was der Kandidat bisher zu bieten hatte. Und siehe da, kaum vermeldeten die Meinungsforscher, Bildungspolitik habe höchste Priorität für die Wähler, da entdeckte der Ex-Bürgermeister von Würselen sein Herz für die Bildung. Bisher nicht gerade als Bildungsexperte bekannt, forderte er flugs eine nationale

Bildungsallianz für Deutschland. Wenn die Ampelfraktionen dies heute in den Landtag bringen, dann ist das ein weiterer sinnloser Versuch, das gescheiterte Projekt „Martin Schulz“ auf den letzten Metern doch noch irgendwie zu retten.

(Beifall der AfD)

Nun könnten wir uns als Oppositionspartei, deren Umfragewerte trotz aller medialer Kampagnen unaufhaltsam steigen, angesichts solcher Verzweiflungstaten genüsslich zurücklehnen, würde mit diesem Vorstoß nicht eine Menge landespolitischen Porzellans leichtfertig zerschlagen. So heißt es im rot-grünen Antrag, der von einer völlig profilbefreiten FDP einmal mehr kritiklos mitgetragen wird,

(Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

der Bund solle sich an den Bildungsinvestitionen des Landes beteiligen, die fachliche Zuständigkeit jedoch in Mainz verbleiben. Mit anderen Worten: Der Bund zahlt, aber das Land behält die Entscheidungshoheit.

Meine Damen und Herren, das ist entweder ein frommer Wunsch oder eine bewusste Täuschung der Bürger. Wer die Musik bestellt, der bestimmt auch die Melodie. Nicht einmal Ihr Möchte-gern-Kanzler Schulz bestreitet dies. Erst ein von ihm vorgestelltes SPD-Eckpunktepapier spricht ausdrücklich davon, dass der Bund ohne eine Mitgestaltung die enormen Investitionen nicht rechtfertigen könne. Auf der Partei-Homepage heißt es dazu: Der Bund soll bei Schulen endlich wieder mitreden dürfen. –

Martin Schulz und die SPD-Spitzen der Länder stehen geschlossen hinter dieser Forderung: mehr Kompetenzen des Bundes. – Fakt ist, eine Aufhebung des Kooperationsverbots wäre der Einstieg in eine weitere Schwächung des Föderalismus. Nachdem das Netzwerkdurchsetzungsgesetz bereits die Zuständigkeiten der Länder in der Medienaufsicht ausgehöhlt hat, würden damit erneut Länderkompetenzen in einem Kernbereich beschnitten.Wir halten eine solche Forderung für unnötig, und wir halten sie für gefährlich. Unnötig ist diese Entwicklung deshalb, weil viele Maßnahmen bereits jetzt möglich sind. So erlauben die bei der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs vorgenommenen verfassungsrechtlichen Änderungen schon heute Finanzhilfen des Bundes für die kommunale Bildungsinfrastruktur. Die vielerorts dringend notwendige Sanierung von Schulen kann daher mit Bundesmitteln unterstützt werden, ohne dass dafür das Kooperationsverbot aufgehoben werden müsste. Auch die Einführung einheitlicher Bildungsstandards erfordert keine größere Zuständigkeit des Bundes, sondern könnte von der Kultusministerkonferenz beschlossen werden.

Gefährlich ist diese Entwicklung, weil sie die Türen öffnet für eine weitere Nivellierung unseres Bildungsniveaus. Mit Blick auf die bildungspolitischen Desaster rot-grün dominierter Landesregierungen in der Vergangenheit wäre spätestens bei einer von diesen Parteien geführten Bundesregierung die Bildungskatastrophe vorprogrammiert. Demgegenüber verhindert ein föderaler Wettbewerb eine Nivellierung auf das Niveau von Bremen, NordrheinWestfalen oder gar Berlin.

(Beifall der AfD)

Besonders kritisch wird es, wenn man sich anschaut, was mit dem Geld des Bundes finanziert werden soll. Hier finden sich alle Lieblingsprojekte von Rot-Grün, angefangen vom weiteren Ausbau der Ganztagsschule über Inklusion, Digitalisierung der Grundschule, frühkindliche Bildung und Schulsozialarbeit bis hin zur Integration von Flüchtlingen. Wie wir wissen, werden diese Projekte nicht vernünftig, sondern mit ideologischem Eifer betrieben und schaden so mehr, als sie nutzen. Es ist bezeichnend, dass selbst SPDMinisterpräsidentin Schwesig ihrem Sohn die Segnungen einer solchen Bildungspolitik nicht angedeihen lassen will. Sie hat ihn jetzt an einem Schweriner Privatgymnasium angemeldet, um offensichtlich all die fortschrittlichen Errungenschaften, die sie als Ministerin gepredigt hat, dem eigenen Nachwuchs vorsichtshalber zu ersparen.

Meine Damen und Herren, anstatt nach mehr Geld vom Bund zu rufen, um ideologisch motivierte Projekte zu forcieren, sollte die Landesregierung lieber ihre Hausaufgaben machen: Inklusion mit Augenmaß, Schule nicht als Familienersatz, sondern als Familienergänzung, digitale Bildung nur dort, wo sie pädagogisch sinnvoll ist, eine Familienpolitik, die frühkindliche Bindung fördert und die Schulsozialarbeit möglichst überflüssig macht, eine Asylund Einwanderungspolitik, die den Haushalt nicht unnötig belastet und so die Ressourcen für andere Aufgaben einschränkt. – Für eine solche Politik bedarf es in erster Linie des politischen Willens. Genau dieser Wille aber fehlt der Landesregierung und den sie tragenden Parteien. Wenn jetzt nach Finanzmitteln des Bundes gerufen wird, weil angeblich nur so Bildungsgerechtigkeit zu erreichen sei, dann ist dies letzten Endes eine Bankrotterklärung der eigenen Politik.

(Beifall der AfD)

Selbst verschuldete Versäumnisse mit fremder Hilfe zu beheben und dafür Kernkompetenzen ohne Not an eine höhere Instanz abzugeben, ist das Gegenteil einer verantwortungsvollen, am Subsidiaritätsprinzip orientierten Landespolitik.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Der Ampelantrag ist ein Gefälligkeitsantrag für einen gescheiterten SPD-Spitzenkandidaten. Anstatt die hausgemachten Probleme durch eine vernünftige Bildungspolitik zu lösen, setzt er auf mehr Geld vom Bund und rüttelt dabei an den Grundpfeilern der föderalen Ordnung unseres Staates.

(Zurufe von der SPD: So ein Quatsch!)

Mit uns ist so etwas nicht zu machen. Die AfD-Fraktion lehnt den Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Becker das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Frisch, ich glaube, das haben sogar Sie mitbekommen, dass der Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2016 ist. Da steht das bereits drin.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Thomas Roth, FDP: So ist es!)

Das hat also mit Herrn Schulz überhaupt nichts zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ebenso wie viele andere Bereiche unseres Lebens befindet sich auch die Bildung im Wandel. Nicht nur die Digitalisierung bietet der Weiterentwicklung der Bildungsqualität große Chancen, sondern auch die Fortentwicklung der Unterrichtsmethoden schreitet voran. Wir verstehen Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Bildung ist die Währung der Zukunft. Wir sind es unseren Kindern schuldig, dass wir ihnen die Voraussetzungen für die weltbeste Bildung schaffen. Die Länder und die Kommunen sind mit den notwendigen Zukunftsinvestitionen allein überfordert. Daher wollen wir die Möglichkeit schaffen, dass sich der Bund an den gesamtgesellschaftlichen Investitionskosten der Bildung beteiligen kann. Der Respekt, den wir Schülerinnen und Schülern sowie dem Lehrerpersonal entgegenbringen, bemisst sich auch an der Ausstattung und am Zustand unserer Schulen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Die Ausstattung unserer Schulen muss an die technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts angepasst werden. Meine Damen und Herren, warum sollen unsere Kinder eigentlich noch kiloschwere Schulranzen durch die Gegend schleppen müssen? Lasst uns die Lehrinhalte doch in Zukunft auf einem Tablet zur Verfügung stellen,

(Beifall des Abg. Thomas Weiner, CDU)

Lehrstoff, der über Updates schnell und zuverlässig aktuell gehalten werden kann. In Rheinland-Pfalz machen wir schon große Fortschritte bei Qualitätssteigerungen in der Bildung. Auch baulich sind die Schulen in unserem Land in einem guten Zustand. Darüber sind wir froh und glücklich. Die 100 %ige Lehrerversorgung ist unser Ziel, und wir befinden uns auf einem guten Weg dahin. Gleichzeitig bringen wir die Digitalisierung voran. So schaffen wir Tablets und Whiteboards für unsere Schulen an. Gleichzeitig müssen wir auch in die Aus- und Weiterbildung unserer Lehrkräfte investieren. Unsere Schulen konkurrieren nicht mit dem Saarland, mit Hessen oder mit Schleswig-Holstein.

(Abg. Thomas Roth, FDP: So ist es!)

Auch deswegen wollen wir dafür sorgen, dass Bildungsabschlüsse in Deutschland vergleichbarer werden. Die Anforderungen an die Qualität der Bildung müssen allerdings auch globaler betrachtet werden. Wir stehen im bildungspolitischen Wettbewerb mit Finnland, den USA und China. Wenn wir wollen, dass auch in Zukunft die besten Ingenieure aus Deutschland kommen, unsere Medizin Weltspitze bleibt und unser Handwerk als internationaler Maßstab gilt, müssen sich Bildung und die Vermittlung von Bildung so

wohl inhaltlich als auch in der Ausstattung einem Wandel vollziehen. Es ist klar, dass diese Bildungsrevolution nicht von den Ländern und den Kommunen allein gestemmt werden kann.

Es muss deshalb die Möglichkeit eröffnet werden, dass sich der Bund direkt und ohne bürokratische Umwege an den notwendigen Investitionen beteiligen kann. Um das zu erreichen, das wir zukünftig in Fragen der Bildung wieder Weltspitze sind, müssen wir das Hemmnis des Kooperationsverbots abschaffen. Daher wollen wir über eine Bundesratsinitiative die Bundesregierung auffordern, das Kooperationsverbot abzuschaffen und mit den Ländern über die dazu notwendige Änderung des Grundgesetzes in Gespräche zu treten.

Die Freien Demokraten und die gesamte Regierungskoalition sind fest davon überzeugt, dass dieser Weg der richtige ist. Lassen Sie uns in der Bildung neu denken und die gewohnten Pfade verlassen. Unsere Kinder werden es uns danken.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Frisch, AfD: Oder auch nicht!)

Zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Schreiner das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Es ist der eine Aspekt, was Frau Kollegin Beilstein gesagt hat, dass wir Vielfalt statt Zentralismus wollen. Aber der andere Aspekt ist mir ganz wichtig, weil Sie hier schon wieder Dinge vermischt haben wie Tablets, Lehrerausstattung und alles, was mit Bildung im weitesten Sinne zusammenhängt. Es ist mir enorm wichtig, dass, wenn wir das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie stärken wollen, die Menschen, die uns wählen, und wir selbst als diejenigen, die gewählt sind, genau wissen, wofür wir eigentlich verantwortlich sind und wofür nicht. Die Realität, vor der wir heute in der Bildungspolitik stehen, ist doch, wenn wir ehrlich sind, die: Wir haben irgendwo ein Problem in einer Schule, und wir werden als Kommunalpolitiker hingerufen. – Wir sind Schulträger.

Dann sagen wir, ach ja, also entweder können wir das Problem lösen, dann ist alles gut. Wenn wir es nicht lösen können, dann sagen wir, das Land ist schuld. Oder wir werden als Landespolitiker in eine Schule gerufen, und dann ist das Schwarzer-Peter-Spiel gerade andersherum. Und was wir hier machen, ist, dass wir neben der Schulträgerschaft der Kommunen, neben der Personalträgerschaft des Landes eine dritte Ebene aufbauen und ein wildes Schwarzer-Peter-Spiel anfangen werden über die Frage, was möglich ist in Bildungspolitik und was nicht möglich ist.

(Beifall der CDU)

Ich habe eine große Angst davor, und ich würde mir wün

schen, dass die Menschen genau wissen, wenn in einer Schule etwas nicht läuft, wen sie dafür verantwortlich machen können, wen sie dafür loben können, wenn es gut läuft, und bestätigen bei der nächsten Wahl, wen sie dafür abwählen können, wenn es schlecht läuft.