Protokoll der Sitzung vom 26.10.2017

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Wenn Missstände in Einrichtungen offenkundig sind, so sind Forderungen nach mehr Prüfung und Kontrolle durch den Staat verständlich und nachvollziehbar. Doch beim zweiten Hinschauen wird klar, Qualität kann nicht in Einrichtungen hineingeprüft werden. Prüfungen sind notwendig, und Prüfungen sind richtig, um Hinweisen nachzugehen. Aber übergriffiges oder gar kriminelles Verhalten ist einer direkten Prüfung nicht zugänglich.

Es braucht außerdem Beratung, um Einrichtungen in ihrer Qualitätsentwicklung und auch hin zu einer Kultur der Wertschätzung und der Hilfe zu unterstützen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung setzt mit dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe auf partnerschaftliche Prozesse und eine grundsätzlich vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Sie steht für einen offenen und konstruktiven Dialog mit allen Partnerinnen und Partnern im Bereich der Pflege. Dazu gehören selbstverständlich auch die Verbände der Träger von Einrichtungen.

Wenn also alle Seiten zu einem offenen und kritischen Dialog bereit sind, können wir gemeinsam dafür Sorge tragen, dass Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, in Einrichtungen qualitativ gut versorgt und gepflegt werden und in Würde leben können.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Thelen das Wort. Ihnen steht noch eine weitere Minute aufgrund der Redezeit der Landesregierung zu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin und auch liebe Kollegin Machalet, ich will erst noch einmal auf den Ursprung unserer Großen Anfrage eingehen. Sie haben 2016 unser Landeswohn- und -teilhabegesetz in einem entscheidenden Punkt geändert, erstmalig und einmalig in Deutschland und damals, nach Ihren Aussagen auch in unseren Beratungen, durchaus mit dem Eindruck, dass die Tatsache, dass Rheinland-Pfalz auf die Regelprüfung verzichtet, große Aufmerksamkeit seitens anderer Bundesländer erfahren hat, und der Erwartung, dass auch andere Bundesländer nachziehen werden.

Das ist nicht passiert. Es hat Gründe, weshalb es nicht passiert ist. Ich denke, es waren gerade der Endspurt im Bundestagswahlkampf, die Diskussionen, die auch über die Wahlarenen und die nachfolgenden Medienberichte aufgekommen sind, aber durchaus auch die dramatischen Fälle, die wir wahrnehmen mussten, bis zum Morden in der Pflege in Rheinland-Pfalz, aber auch woanders, auch in Krankenhäusern, mit einem Krankenpfleger, dem bis zu 84 Morde unterstellt werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Ich denke, deshalb ist es nicht nur unser Recht, sondern auch unsere Pflicht als Parlament, jetzt nach einem Jahr Gültigkeit dieses Gesetzes zu hinterfragen: War dieser mutige und einmalige Schritt ein richtiger Schritt?

(Beifall bei CDU und AfD)

Nichts anderes versuchen wir mit unserer Großen Anfrage in Erfahrung zu bringen. Es ist sicherlich nicht die letzte Diskussion, die wir um dieses Gesetz und seine Wirkung führen werden. Ich glaube, dessen sind wir uns einig: Dieser Staat hat eine große Verantwortung, wenn es darum

geht, die Qualität in der Pflege und damit den Schutz der besonders schutzbedürftigen alten Menschen sicherzustellen oder dabei zu helfen, sie sicherzustellen.

Natürlich steht der Staat oder die Landesberatungs- und Prüfbehörde nicht am Bett und pflegt. Sie muss aber die Möglichkeit haben, es zu kontrollieren und Einfluss zu nehmen.

Ich bin, ehrlich gesagt, ein bisschen überrascht, wenn ich aus den Äußerungen eine Wahrnehmung der früheren Arbeit der Landesberatungs- und Prüfbehörde in diesem unserem Lande höre, die mehr als verwunderlich ist. Es ist eine Prüfbehörde, die Ihnen untergeordnet ist.

Ich unterstelle, es sind kompetente und qualifizierte Mitarbeiter dort. Ihnen dann quasi indirekt zu unterstellen, dass man bei den früheren Regelprüfungen den Einrichtungen nicht auf Augenhöhe begegnet ist, sondern offensichtlich aus einem Obrigkeitsstaatsverständnis heraus, das kann ich mir nicht vorstellen.

Hier Schlagworte zu hören, dass man sie wie eine Pflegepolizei wahrgenommen habe, halte ich für ein Unding. Auch im Nachhinein zu sagen, dass jetzt erst durch die Beratung eine differenzierte Prüfung und Beratung möglich sei, das heißt doch, dass jetzt den früheren Regelprüfungen unterstellt wird, sie seien undifferenziert gewesen. Ich glaube fast, wir haben eine höhere Meinung von Ihrem eigenen Landesberatungs- und Prüfdienst, als Sie sie selbst haben.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Das finde ich wirklich beschämend. Dann wären Sie auch in der Vergangenheit Ihrer eigenen Dienstaufsicht gegenüber diesen Mitarbeitern nicht gerecht geworden.

Wir haben gefragt: Wie funktioniert heute die Beratung?

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Was haben Sie erfahren? Achten Sie darauf, dass auch das passiert, was von Frau Machalet durchaus als eines der wichtigen Ziele dieser Änderung des Gesetzes angesehen wird, nämlich die Stärkung der Selbstkontrolle? – Das heißt, darauf hinzuwirken durch eine qualifizierte Beratung, dass auch die Pflegeeinrichtungen ein eigenes Qualitätsmanagement einführen.

Sie haben es eben mit dem Begriff einer Fehlerkultur beschrieben, was beispielsweise in dem genannten Krankenhausfall überhaupt nicht der Fall war, was fürchterlich ist. Natürlich muss das so sein. Es sollte das Ziel sein, dass man weiß, mittlerweile haben wir 50 %, die ein solches Pflegemanagement haben. Wir wollen, dass es am Ende des Jahres 75 % haben. Wir arbeiten daran, dass es irgendwann alle haben.

Dann hätten wir das aber doch in den Antworten, die wir von Ihnen bekommen haben, lesen können.

(Beifall bei der CDU)

Das Schlimme ist doch, Sie wissen es nicht. Dort haben

wir unsere Zweifel, ob diese Umstellung wirklich so qualitativ sinnvoll und richtig geschehen ist, wie es hätte sein müssen,

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Genau! – Abg. Julia Klöckner, CDU: Sehr gut, Hedi!)

um zu Recht auf die Regelprüfung verzichten zu können. Das ist die Differenz, an der wir arbeiten müssen. Darüber werden wir reden müssen.

(Beifall bei der CDU)

Ein dritter Punkt, den ich noch ansprechen müsste, ist die viel beschworene Kultur des Hinschauens. Ich spreche jetzt auch einmal aus eigener Anschauung. Ich denke, jeder von uns besucht die Altenheime im eigenen Beritt. Man geht hin zu Gratulationen. Man geht hin, weil Menschen, die man kennt, dort leben und wohnen, weil sie vielleicht Geburtstag haben, oder weil man einfach einmal hingeht oder weil es die eigenen Eltern, Onkel oder Tanten sind.

Zu glauben, dass die Nachbarschaft, die Zivilgesellschaft,

(Glocke des Präsidenten)

der Besuch in der Lage wäre, durch einen Besuch erkennen zu können, ob dort die Menschen ordnungsgemäß gepflegt und betreut werden, halte ich für völlig überzogen.

(Beifall der Abg. Christine Schneider, CDU)

Herr Professor Klie mag seine Verdienste haben, unbestritten. Ich halte das aber für eine große Illusion und auch ein Stück Selbstbetrug.

(Glocke des Präsidenten)

Diese Zivilgesellschaft sehe ich in der Aufgabe des Staates verortet, für die Qualität und den Schutz der Bewohner dort zu sorgen. Mein Kollege hat es gesagt, wir werden an dem Thema dranbleiben.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und bei der AfD – Abg. Julia Klöckner, CDU: Perfekt! Sehr gut!)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Da kein Überweisungsantrag gestellt ist, hat die Große Anfrage mit der Aussprache ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

Rechtlichen Rahmen der geplanten Autobahngesellschaft des Bundes prüfen – Standort Montabaur erhalten Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/4404 –

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Oster.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mache gar keinen Hehl daraus, ich war von Anfang an nie ein Freund dieser Infrastrukturgesellschaft. Ich habe große Bedenken und bezweifle, dass der Bund besser und schneller planen kann als wir bisher.

Dass es dann am Ende wohl doch möglich ist, eventuell eine Teilprivatisierung einzuleiten, verärgert mich persönlich sehr. Es gibt noch große rechtliche Bedenken, die auch vonseiten des Bundespräsidenten gerade geprüft werden.

Als ehemaliger Mitarbeiter des LBM sage ich klar und deutlich: Wir haben uns beim Land als Arbeitgeber und Dienstherr sehr wohlgefühlt. Ich bin der Auffassung, dass die Auftragsverwaltung, die über 70 Jahre Bestand hat, ein bewährtes System war.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle 16 Verkehrsminister haben bis zuletzt dagegen angekämpft. Das zeigt, dass es auch aus Fachsicht große Bedenken gegen dieses Vorhaben der Bundesregierung gibt und sie bestehen.

Wir als Land Rheinland-Pfalz werden eine wichtige Zuständigkeit und Entscheidungsbefugnis verlieren. Um es genauer zu sagen, wir verlieren die Zuständigkeit über 877 Kilometer Autobahnen.