Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

(Beifall bei der CDU)

Die Landesregierung ist seit 1996 – das sind die Sozialministerin Dreyer, der Sozialminister Schweitzer und die Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler – ihrer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen, mit den Vereinigungen der Einrichtungsträger auf Landesebene Rahmenverträge und mit den Einrichtungsträgern Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen zu schließen. Bei Entgeltvereinbarungen wurde in den meisten Fällen auf die Vorlage von Nachweisen verzichtet. Tagessätze wurden regelmäßig ohne Nachweis und ohne Kenntnis der Notwendigkeit erhöht.

Diese Sachverhalte sind nicht bestreitbar, und sie werden auch von niemandem bestritten. Sie sind von einer unabhängigen neutralen Instanz, dem Landesrechnungshof, festgestellt. Die Feststellung dieser Sachverhalte ist so klar, dass ihr auch von der Landesregierung nicht widersprochen werden konnte. Diese Sachverhalte sind zweimal – 2016 und 2017 – von Vertretern aller in diesem Hause befindlichen Fraktionen in der Rechnungsprüfungskommission akzeptiert und von niemandem infrage gestellt worden.

(Beifall bei der CDU)

Durch dieses somit objektiv festgestellte jahrelange und aktuell anhaltende Kontrollversagen der Landesregierung

ist eine völlig desolate Situation entstanden.

(Beifall bei der CDU)

Darunter leiden die Werkstätten für Behinderte und der wichtige Dienst am behinderten Menschen selbst am schmerzlichsten. Deshalb ist es dringend geboten, dass Transparenz hergestellt, das Vertrauen wieder nachhaltig gestärkt und eine auskömmliche Finanzierung sichergestellt werden. Hierzu leistet die Möglichkeit zur Prüfung der Mittelverwendung durch eine trägerferne neutrale Einrichtung – den Rechnungshof – einen zur Behebung der entstandenen Situation unverzichtbaren Beitrag.

(Beifall bei der CDU)

Der hier vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, den Rechnungshof mit entsprechenden Prüfungsrechten auszustatten und entspricht einer von Vertretern aller Fraktionen bereits im Jahr 2016 einstimmig beschlossenen Empfehlung der Rechnungsprüfungskommission.

(Beifall bei der CDU)

Diese einstimmige Empfehlung aus dem Jahr 2016 blieb aufgrund der Untätigkeit der Landesregierung wirkungslos. Die Empfehlung wurde deshalb im Jahr 2017 erneut einstimmig von den Vertretern aller Fraktionen beschlossen.

Die Vertreter aller Fraktionen in der Rechnungsprüfungskommission haben daraufhin den Landesrechnungshof um eine Formulierungshilfe gebeten. Diese wurde dann allen Fraktionen zugeleitet, um den Gesetzentwurf wie vereinbart als gemeinsamen Gesetzentwurf einzubringen. Das scheiterte dann leider im letzten Moment an der SPDFraktion. Eine sachliche Begründung dafür gibt es bis zur Stunde nicht.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb wird der Gesetzentwurf, der zunächst interfraktionell eingebracht werden sollte, heute von der CDU eingebracht, weil die Beseitigung der genannten Missstände keinen Aufschub duldet. Wir beantragen am Ende dieser ersten Lesung eine Überweisung des Gesetzentwurfs an den Haushalts- und Finanzausschuss, mitberatend an den Sozialpolitischen Ausschuss. Wir werden dann im Ausschuss zu diesem Gesetzentwurf eine Anhörung beantragen.

(Beifall der CDU)

Nächste Rednerin ist Frau Dr. Machalet von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie zu erwarten war, hat die CDU heute einen Gesetzentwurf zur Änderung der Landeshaushaltsordnung (LHO) vorgelegt, der der Diskussion – das haben Sie geschildert, Herr Dr. Weiland – um die Entgeltvereinbarungen

in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen folgt, die wir über einen langen Zeitraum geführt haben.

Sie beziehen sich damit auf eine Vorbemerkung eines Berichts der Rechnungsprüfungskommission, die empfiehlt, den Trägern der Sozialhilfe zustehende Prüfrechte gegenüber Dritten im Zusammenhang mit Rechtsvorschriften oder Verträgen des SGB XII dem Rechnungshof ergänzend einzuräumen, und nennen als Vorbild die Regelung in Schleswig-Holstein.

Zunächst möchte ich für meine Fraktion noch einmal festhalten, die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz leisten allesamt qualitativ sehr hochwertige Arbeit. Die Träger und Mitarbeiter sind bemüht, den Menschen nicht nur eine Tagesstruktur, sondern ihnen vor allem das Gefühl zu geben, dass sie wichtige Arbeit für die Gesellschaft leisten, um ihnen damit deutlich zu machen, dass sie teilhaben und etwas wert sind. Es ist unser Wille und unser Ziel, dass sie dies auch in Zukunft gut und auskömmlich tun können.

Gute Arbeit und Teilhabe an der Gesellschaft für und mit Menschen mit Behinderungen zu sichern, ist für uns nicht nur eine sozialpolitische Pflichtaufgabe. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, so, wie es auch in der UNBehindertenrechtskonvention festgeschrieben ist.

Lassen Sie mich zu Ihrem Gesetzentwurf und der Konnotation, mit dem Sie ihn eingeführt und begründet haben, einige Anmerkungen machen. Erstens sprechen Sie, Herr Weiland, in Ihren Verlautbarungen, die öffentlich zu lesen waren, von totalem Kontrollverlust und kopflosem Handeln der Sozialministerin. Das Gegenteil ist aber der Fall. Sie blenden vollkommen aus, dass das Ministerium schon vor Monaten aktiv geworden ist und das Landesamt alle 36 Einrichtungen verklagt hat, um sich ein anlassloses Prüfrecht einräumen zu lassen. Außerdem hat die Ministerin – ebenfalls schon vor geraumer Zeit, die Pressemeldungen sind vom 24. August 2017 – deutlich gemacht, dass im Zuge der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) ein anlassloses Prüfrecht per Gesetz festgeschrieben werden soll. Wenn es denn so kommt, wäre das die nach bisherigem Stand weitestgehende Regelung in Deutschland.

Zweitens muss man hier deutlich darauf hinweisen, dass es in dem Gesetzentwurf der CDU zur Änderung der LHO nicht nur um den Bereich der Werkstätten geht, sondern Sie perspektivisch mit Ihrem Gesetz die komplette Eingliederungshilfe prüfen wollen, also auch jede integrative Kita oder Schule. Dessen müssen sich alle hier bewusst sein.

Drittens beziehen Sie sich, wie schon erwähnt, mit Ihrem Gesetzentwurf auf die Regelung in Schleswig-Holstein. Hierzu muss man anmerken, dass die Regelung dort im Kommunalprüfungsgesetz verankert ist, weil in SchleswigHolstein die Zuständigkeit für die Eingliederungshilfe, anders als hier, im Wesentlichen bei den Kommunen liegt. Das ist sicher ein nicht unerheblicher Unterschied, den man sich in Bezug auf eine mögliche rheinland-pfälzische Regelung noch einmal genauer anschauen muss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es ist unsere Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass die Mittel, die für die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen eingesetzt

werden – ich sage bewusst nicht: ausgegeben werden –, sinnvoll und wirtschaftlich verwendet werden und es auch ein Recht geben muss, dies überprüfen zu können. Im Ziel sind wir uns sicher einig.

Wir werden jetzt in den Ausschüssen die Gelegenheit haben, uns intensiv darüber auszutauschen, welcher der zielführendere oder der zielführendste Weg ist, das zu tun. Aus meiner Sicht gibt es aber noch zahlreiche Fragen, die in diesem Zusammenhang beantwortet werden müssen. Eine wesentliche ist, wie sich das von Ihnen eingeforderte Prüfrecht durch den Landesrechnungshof mit dem dann vorhandenen Prüfrecht, das durch die Umsetzung des BTHG vorhanden sein wird, vereinbaren lässt.

Es wäre aus meiner Sicht keine Lösung, wenn es hier zu Doppel- und Mehrfachprüfungen kommen würde, die die hoch sensible Arbeit mit Menschen mit Behinderungen in unzumutbarer Weise in ihrem Alltag belasten. Eine nicht unerhebliche Frage ist dann sicher auch – darauf gehen Sie ebenfalls nicht ein –, wie und wo die zweifelsohne für zusätzliche Prüfungen notwendigen Stellen aufgebaut werden sollen.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, lassen Sie mich abschließend eine persönliche Anmerkung machen. Ich hoffe sehr, Ihnen ist bewusst, dass Sie mit Ihren andauernden Forderungen nach Prüfungen hier und in anderen Bereichen für Unsicherheit sorgen. Sie, Herr Weiland, betonen zwar – das haben Sie vorhin auch wieder gemacht –, dass es nicht um Misstrauen gegenüber den Werkstätten oder denen gehe,

(Glocke des Präsidenten)

die sich dort in verdienstvoller täglicher Arbeit den Menschen mit Behinderungen widmen. Ganz ehrlich, überzeugend ist das für mich aber nicht. Ich bin gespannt auf die Diskussion. Wir beantragen Überweisung an den Sozialpolitischen Ausschuss, mitberatend an den Haushalts- und Finanzausschuss. Sicherlich werden wir dort einer Anhörung nicht im Wege stehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Dr. Böhme von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete und Regierungsmitglieder und sehr geschätzter Herr Dr. Weiland! Wir als AfD-Fraktion mussten von Ihrer Seite schon mehrfach den Vorwurf ertragen, dass wir mit Gesetzentwürfen angeblich einen Schnellschuss gemacht haben. Ich glaube, in diesem Fall trifft das auf Ihren Gesetzentwurf auch zu. Warum warten Sie nicht, bis

die Gerichte über die Frage des anlasslosen Prüfrechts entschieden haben? Warum warten Sie nicht, bis die Landesregierung die Rahmenvereinbarung geschlossen hat, die sie nach dem Bundesteilhabegesetz schließen muss?

Aber zur Sache. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. So sagt es ein altes Sprichwort. Man kann gut vertrauen, wenn man das eigene private Geld ausgibt. Bei der Verwaltung öffentlicher Mittel sollte eine angemessene Kontrolle aber Pflicht sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um einen so sensiblen Bereich wie die Finanzierung von Behindertenwerkstätten dreht, wo auf der einen Seite wichtige gesellschaftliche Aufgaben zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und damit am gesellschaftlichen Leben erfüllt werden, auf der anderen Seite aber auch beträchtliche Mittel in Höhe von weit über 200 Millionen Euro pro Jahr fließen, welche auch einer gesellschaftlichen Akzeptanz bedürfen.

Sämtliche Landesregierungen von Rheinland-Pfalz haben bisher in diesem Punkt sehr unglücklich agiert, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Seit 1996 bestand jedoch der ausdrückliche Auftrag, eine Rahmenvereinbarung mit den Trägern der Behindertenwerkstätten und Kommunen abzuschließen. Die SPD-Sozialminister der vergangenen Jahre brachten dies jedoch nicht zustande und müssen sich nun den Vorwurf gefallen lassen, nicht so genau hingeschaut zu haben.

Nach den kritischen Worten des Landesrechnungshofes und der Aufforderung durch das Parlament hat Frau Staatsministerin Bätzing-Lichtenthäler in diesem Jahr nun versucht, die Lücke mit einer Verordnung zu füllen, in der zumindest anlassbezogene Prüfrechte vereinbart sind.

Doch das Schauspiel geht weiter. Nun klagt das Land gegen die Träger der Behindertenwerkstätten und will per Gerichtsentscheid ein anlassloses Prüfrecht prüfen lassen.

Meine Damen und Herren, die Auseinandersetzung um die Art der Prüfrechte darf aber nicht davon ablenken, dass nur der richtig prüfen wird, der auch prüfen will. Hier gibt es aufseiten der CDU-Fraktion offensichtlich Zweifel in Bezug auf das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung. Somit bringt die CDU heute nach entsprechenden Debatten in der Rechnungsprüfungskommission mit ihrem Gesetzentwurf den Landesrechnungshof als Prüfinstanz ins Spiel. Wenn man das so will, dann ist der vorgelegte Gesetzentwurf korrekt und annehmbar. Die eigentliche Frage jedoch ist, ob die Prüfung der Behindertenwerkstätten wirklich die originäre Aufgabe des Rechnungshofes ist.

Im eigentlichen Sinne ist es die Aufgabe der Landesregierung. Diese wird nun hoffentlich zügig an die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes gehen, daran arbeiten und eine Rahmenvereinbarung inklusive entsprechender Prüfrechte mit den Kommunen und den Trägern der Behindertenwerkstätten abschließen.

Vertreter des Finanzministeriums haben zudem bereits angedeutet, dass sie die vorgeschlagene Änderung der Landeshaushaltsordnung nicht befürworten und nicht als angemessene Lösung erachten. Es ist also davon auszugehen, dass dieser Gesetzentwurf im Plenum keine Mehr

heit finden wird. Behalten wir ihn also in guter Erinnerung als eine mögliche Lösung des Problems.

Nunmehr ist die Landesregierung in der Pflicht und sollte umgehend darlegen, wie sie eine entsprechende Prüfung der Behindertenwerkstätten installieren und sicherstellen will. Ein Weiter so kann und darf es beim Thema Behindertenwerkstätten nicht geben. Die AfD-Fraktion ist gern bereit, sich in den entsprechenden Ausschussdebatten einzubringen. Der Landesrechnungshof sollte zum Thema gehört werden.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Herr Wink von der Fraktion der FDP hat das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Natürlich soll diese Menge an Geld ordnungsgemäß eingesetzt werden. Das steht gar nicht zur Debatte.