Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir alle mehr Respekt für die Jungen und ihre Bedürfnisse. Ich zitiere: Es wäre aus unserer Sicht ein großartiges Zeichen von Respekt und Anerkennung, wenn die Teilhabe an Wahlen für Jugendliche ab 16 Jahren möglich würde. – So der Landesjugendring.

Ja, meine Damen und Herren von der CDU, so ist das. Packen Sie doch Ihren Alternativantrag mit der halbherzigen Forderung, im Vorfeld der Kommunalwahl 2019 verstärkt für die Kandidatur junger Menschen zu werben, endlich ein. Nehmen Sie sich doch ein Herz, und stimmen Sie unserem Vorschlag an dieser Stelle zu.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Professor Züchner – ebenfalls ein Experte in unserer Anhörung – würde Ihnen auch Folgendes entgegenhalten: Er sagt, es gibt durchaus Argumente, über die Absenkung des Wahlalters nachzudenken. – Ich möchte Sie ermuntern und Ihnen auch zurufen: Tun Sie dies doch endlich! Geben Sie sich endlich einen Ruck, und machen Sie den Weg endlich frei, damit junge Menschen ab 16 auch mitbestimmen können, wer ihr Ratsmitglied ist oder wer ihr Oberbürgermeister ist!

Ich fürchte ja, Sie mögen hier weiter blockieren, aber lassen Sie mich Ihnen mit Victor Hugo noch eines entgegenhalten: Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. – Und ich bin sicher, die Zeit für eine Absenkung des Wahlalters ist überreif. Geben Sie Ihre Blockadehaltung endlich auf, und tragen Sie dazu bei, dass junge Menschen auch ab 16 schon eine Stimme bekommen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Herber von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich bin ich fast ein bisschen unglücklich, heute hier zu stehen. Wir waren auf unserer Delegationsreise mit dem Ausschuss für Familie, Jugend, Integration und Verbraucherschutz noch über alle Fraktionen hinweg einig, wenn uns Frau Himmelreich ein „kali notschi“ zugerufen hat. Gestern und heute müssen wir aber feststellen, dass wir doch in vielen Dingen anderer Ansicht sind. Aus diesem Grund konnten wir uns bei dem vorliegenden Antrag der regierungstreuen Fraktionen auch nur enthalten und haben Ihnen einen Alternativantrag an die Hand gegeben.

Jetzt lassen Sie mich noch kurz das Warum erklären. Zum einen ist es wichtig, das Projekt Jugendpolitik in zwei unterschiedliche Bereiche aufzuteilen, die man beide deutlich

erkennen kann. Das ist einmal die Politik für die Jugend,

(Zuruf von der Regierungsbank: Ja!)

dass also in allen Ressorts der Ministerien das Bewusstsein gestärkt wird und bei der Entscheidungsfindung immer der Blick aus der Jugendsicht mit einbezogen wird.

An dieser Stelle passiert etwas, bei dem ich mich selbst kaum wiedererkenne: Ich muss die Ministerin vorsichtig loben.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Marc Ruland, SPD: Bravo!)

Ja, hören Sie zu, das wird bei mir nicht allzu oft passieren. Frau Spiegel, Sie haben es endlich nach mehreren Nachfragen und Erinnerungen unsererseits geschafft, einen Landesjugendplan für die Jahre 2016 bis 2018 aufzulegen. Hier können wir nun erkennen, mit wie vielen Mitteln das Land in den unterschiedlichsten Ressorts Fördermittel im Bereich der Jugend aufwendet. Er ruft also durchaus immer in Erinnerung, Jugendpolitik wird über alle Ressorts hinweg im Bewusstsein der Entscheider verankert.

Die Diskussion im Einzelnen, ob das an allen Stellen genug oder zu viel ist, würde sicherlich den Rahmen sprengen. Zum anderen ist es das Erkennen der Notwendigkeit, die Politik, die durch die Jugend selbst gestaltet wird, bedarf unbedingt der Unterstützung. Diese findet hauptsächlich in der Kommune statt.

Lieber Marc Ruland, ich verrate nichts Neues, wenn ich an dieser Stelle den Hauptgrund sage, warum wir dem vorliegenden Erstantrag nicht zustimmen können. Das ist die Monstranz des Wahlalters 16. Weder in Studien noch in Unterhaltungen mit jungen Menschen vor Ort können wir erkennen, dass sich unter den Jugendlichen überhaupt eine Mehrheit findet, die dieses Wahlalter 16 befürwortet.

(Beifall bei der CDU – Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ach! Sie waren da!)

Frau Willius-Senzer, wir haben es in unserem letzten Gespräch gemerkt, einige waren mit guten Argumenten auch dagegen, dass wir so etwas umsetzen.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ja, ja! – Abg. Marc Ruland, SPD: Da gibt es auch andere Stimmen!)

Ein Überstülpen von Maßnahmen, ohne die realen Wünsche der Jugend wahrzunehmen, halten wir für den falschen Weg in einer Jugendpolitik, die die Jugend ernst nehmen soll. Im regierungstragenden Antrag wird also nun viel gelobt. Es werden Projekte aufgezählt, die der Landtag begrüßen soll, und solche, die der Landtag insbesondere begrüßen soll. Das sind sicherlich alles gute Projekte, die sinnvolle Maßnahmen befeuern und Triebfeder für irgendetwas Kommendes sein können.

Lassen Sie mich aber an der Stelle kurz einfügen, was der Vorsitzende des Fachausschusses 2 des Landesjugendhilfeausschusses der Ministerin am Montag in der

Ausschusssitzung gesagt hat, also der Leiter des Fachausschusses, der sich mit Familie und Kindern, dem direkten nahen Umfeld von jungen Menschen, beschäftigt. Er sagte am Montag: Frau Ministerin, Projekte gibt es genug. Es mangelt in vielen Bereichen an der Grundförderung. – Unter Hinzuziehen des Rechnungshofberichts beschrieb er im Anschluss mehrere Sparten, in denen er einen Mangel an Grundförderung sieht. Es reicht also nicht, einen Antrag zu verfassen, in dem bereits laufende Projekte gelobt werden. Ein Antrag sollte doch vielmehr Dinge beschreiben, die man für die Zukunft gern umgesetzt sieht.

Natürlich finden wir auch Aufforderungen an die Landesregierung in Ihrem Antrag, aber nur oberflächliche: Sie fordern die Landesregierung auf, Dinge weiterzuentwickeln, Dinge weiterzuqualifizieren, Dinge weiter zu stärken. Konkrete Aufträge fehlen allerdings. Es fehlt gänzlich, wie etwas umgesetzt werden soll.

Lieber Herr Kollege Ruland, wir empfehlen Ihnen also unsererseits unseren Alternativantrag, nach dem die jungen Menschen unter anderem zukünftig mit einer FSJ-Stelle in den Kommunen unterstützt werden können, wenn sie sich vor Ort in Parlamenten oder ähnlichen Strukturen zusammengefunden haben; oder sie sollen zum Beispiel in Zukunft von einem flexiblen und jugendgerechten Mobilitätskonzept im Rahmen des öffentlichen Personennahverkehrs profitieren. Geben Sie sich also einen Ruck, damit wir wieder zu der Einigkeit kommen, die auf der Ausschussfahrt geherrscht hat.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege, „kali notschi“, was immer das heißt, aber in gewisser Weise scheint die Ausschussreise nachhaltige Wirkung zu haben. Nun hat Herr Kollege Lohr von der Fraktion der AfD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag zur eigenständigen Jugendpolitik in Rheinland-Pfalz ist ein verzweifelter Versuch, sich bei der Jugend anzubiedern.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ooooh!)

Selbstverständlich werden wir, wie angekündigt, diesen Antrag ablehnen. Wir als AfD-Fraktion sind nach wie vor der festen Überzeugung, das Fundament für eine gute Jugendpolitik ist eine gute Bildungs- und Familienpolitik.

(Beifall der AfD – Abg. Joachim Paul, AfD: Sehr richtig!)

Da diese in Rheinland-Pfalz leider nicht vorhanden ist, leidet folglich die Jugendpolitik. Dadurch, dass in der Bildungs- und Familienpolitik die Grundlagen für eine positive Entwicklung der Jugendlichen vernachlässigt werden, sind immer häufiger Eingriffe erforderlich. Der Anstieg der Jugendhilfezuwendungen ist eine Symptombehandlung, mit der sich die Landesregierung brüsten will, obwohl sie

selbst Verursacher der Probleme ist.

(Beifall der AfD)

Die Regierungskoalition will nun eine erhebliche Mittelerhöhung zugunsten der Jugendsozialarbeit durchsetzen, und das, obwohl die Jugendsozialarbeit ohnehin schon enorme Kosten für Land und Kommune verursacht. Wir dagegen sagen, investieren Sie lieber in Vorsorge, Bildung und Familie, dann werden in Zukunft auch deutlich weniger Sozialarbeiter benötigt.

(Beifall der AfD – Abg. Joachim Paul, AfD: Genau!)

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Landesverband Bildung und Erziehung haben darauf hingewiesen, die Arbeitsbedingungen an den Grundschulen sind schlecht. Deshalb appellieren wir an die Regierungskoalition und an die Landesregierung, sorgen Sie mit einer besseren Bezahlung dafür, dass mehr Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stehen und die Arbeitsatmosphären in den Klassen deutlich besser werden.

Ich komme zu einem weiteren Aspekt, der schon angesprochen wurde. Sie wollen das Wahlalter zunächst für die Kommunalwahlen auf 16 absenken. Das ist jedoch nur der Vorbote für die nächsten Forderungen, die kommen werden, nämlich die Absenkung des Wahlalters bei Landtagsund Bundestagswahlen. Wir sind gegen eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, egal bei welchen Wahlen. Alle Wahlen sind aus unserer Sicht gleich wichtig, und deshalb sehen wir da keinen Handlungsbedarf. Außerdem gibt es einen inneren Zusammenhang zwischen dem Wahlalter und der Volljährigkeit.

(Abg. Marc Ruland, SPD: Jetzt kommt diese Leier wieder!)

Mit der Volljährigkeit erhält man Bürgerrechte wie das Wahlrecht und Bürgerpflichten. Würden Sie das Wahlalter senken, dürften Minderjährige auf der einen Seite wählen, auf der anderen Seite wären sie aber nicht einmal voll strafmündig. Wenn das Wahlrecht von der Volljährigkeit entkoppelt wird, besteht die Gefahr, dass die Festlegung des Wahlalters völlig willkürlich getroffen wird.

Des Weiteren ist es uns wichtig, dass die Kopplung zwischen aktivem und passivem Wahlrecht bestehen bleibt. Wer wählen darf, soll auch gewählt werden können. Hierfür ist 16 definitiv das unpassende Alter.

(Beifall der AfD)

Jugendliche sind außerdem leichter zu manipulieren.

(Zuruf des Abg. Marc Ruland, SPD)

Ich möchte nochmals, wie bei der ersten Lesung, die Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg zitieren: „Als besonders problematisch erscheint dabei, dass Jugendliche vermehrt zu Extrempositionen zu neigen scheinen und deshalb eher für Parteien mit extremen oder populistischen Positionen stimmen, was zu einer Radikalisierung des politischen Systems führen könne.“ Da haben wir aktuelle Zahlen der U-18-Wahl zur Bundestagswahl,

bei der die Grünen mit 16,6 % beinahe doppelt so gut wie bei der echten Bundestagswahl abgeschnitten haben.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das stärkt die Radikalen!)

Durch die Absenkung des Wahlalters profitieren also vor allem Linkspopulisten, und deshalb setzen Sie sich auch so dafür ein.

(Beifall der AfD)

Zum Antrag der CDU möchte ich sagen: Er greift unsere Kernkritik auf, den Punkt bezüglich des Wahlalters, und er nimmt ein Stück weit diese linke Ideologie, die Sie in Ihrem Antrag formuliert haben, heraus.