Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Das Land hat immer wieder betont, dass wir im Gespräch mit den Kommunen bleiben, die Lage weiter beobachten und tätig werden sollten, wenn es die Situation erfordert.

Mein Haus hat die Kommunen bisher mehrfach informell zu Problemen bezüglich der Zuwanderung von Flüchtlingen befragt. Zuletzt wurden im vergangenen September die bei den Kommunen vorliegenden Zahlen zu Wanderungsbewegungen der betroffenen Flüchtlinge abgefragt, und dabei sind eben keine signifikanten Missstände bei der Integration der Flüchtlinge oder erhebliche Wanderungsbewegungen mitgeteilt worden. Eine Ausnahme bildet die Stadt Pirmasens. Deshalb haben wir mit den kommunalen

Spitzenverbänden vereinbart, dass wir uns im Februar beraten werden, um die Situation in Pirmasens anhand der vorliegenden Daten zu bewerten und zu einer Entscheidung zu kommen, ob eine solche Auflage das richtige Instrument für die Stadt Pirmasens ist und daher eingeführt werden sollte.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, eine für alle Städte und Landkreise angemessene und tragbare Lösung in dieser Frage zu finden, die aber gleichzeitig den hier lebenden Schutzberechtigten keine unnötige Beschränkungen aufbürdet; denn das Wichtigste für uns alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine gelingende Integration der zu uns Geflüchteten. Das ist unser oberstes Ziel, und davon profitiert auch die gesamte Gesellschaft.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Dr. Bollinger gemeldet.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Frau Ministerin, natürlich ist Leverkusen nicht in RheinlandPfalz, aber Sie wissen auch, dass es gegenseitige Unterstützung zwischen Bundesländern gibt, wir auch von anderen Bundesländern angefragt werden. Wir sind in dem Fall von NRW-Leverkusen angefragt worden und konnten dieser Bitte nicht entsprechen, weil dort keine Plätze frei waren, wie ich es ausgeführt habe.

Danke sehr.

(Beifall der AfD)

Auf eine Antwort wird verzichtet.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wird Ausschussüberweisung beantragt? – Das ist nicht der Fall. Dann wird über den Antrag abgestimmt.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/5146 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und bei Enthaltung der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:

Medizinische Verfahren zur Alterskontrolle unbegleiteter minderjähriger Ausländer Antrag der Fraktion der AfD

Drucksache 17/5144 –

Für die antragstellende Fraktion begründet zunächst Herr Abgeordneter Frisch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits im November 2016 hat die AfD-Fraktion beantragt, zur Altersfeststellung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge medizinische Verfahren konsequent anzuwenden. Dieser Antrag hat damals zu heftigen, und ich sage bewusst, auch zu infamen Reaktionen insbesondere seitens der Regierungsfraktionen und der zuständigen Ministerin geführt.

Herr Köbler sprach im Namen der Ampel von menschenverachtender Rhetorik, extremistischen Wertvorstellungen und Fleischbeschau.

Frau Spiegel unterstellte uns die Absicht, das Alter mithilfe der Penisgröße feststellen zu wollen.

Heute, gut ein Jahr später, hat sich zwar nicht die Faktenlage, wohl aber zumindest die Einschätzung der Ministerin deutlich verändert.

In der letzten Sitzung des Integrationsausschusses betonte Frau Spiegel, es sei das erklärte Ziel der Landesregierung, nur Minderjährige in Obhut zu nehmen. Dabei gehe es darum, die Zahl der Altersfehleinschätzungen so gering wie möglich zu halten, und hier – so Frau Spiegel wörtlich – wolle sie keine Glaubenskriege über Verfahren führen.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Aha!)

Ausdrücklich stellte sie fest, dass die Rechtslage die Jugendämter schon jetzt zwingend verpflichte, medizinische Verfahren in Zweifelsfällen anzuwenden, und sich das Land Rheinland-Pfalz selbstverständlich an diese Vorschriften halte.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Hört! Hört!)

Meine Damen und Herren, wir freuen uns sehr darüber, dass unter dem Druck der schrecklichen Ereignisse in Freiburg und Kandel ein Stück weit Vernunft im Integrationsministerium eingekehrt ist.

(Beifall der AfD)

Medizinische Verfahren sind auf einmal nicht mehr unethisch oder menschenverachtend, sondern gesetzlich verpflichtend und gängige Praxis. In der Tat, in § 42 f SGB VIII heißt es unmissverständlich – ich zitiere –, von Amts wegen hat das Jugendamt in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen.

Leider ist die Praxis der rheinland-pfälzischen Jugendämter eine andere.

Nachdem die Landesregierung auf mehrere AfD-Anfragen hin keine Auskunft über den tatsächlichen Einsatz medizinischer Verfahren geben konnte, liegen die Zahlen jetzt endlich auf dem Tisch, und diese Zahlen sprechen eine

eindeutige Sprache. In ganzen sieben von 516 erfassten Fällen haben die Jugendämter solche Verfahren angewandt. Das waren genau 1,4 %. In allen anderen, also in fast 99 % der Fälle, hat man sich auf eine qualifizierte Inaugenscheinnahme beschränkt.

Meine Damen und Herren, das lässt nur zwei Rückschlüsse zu. Entweder man hält sich nicht an Recht und Gesetz, oder aber es gibt in Rheinland-Pfalz schlicht keine Zweifelsfälle bei der Altersfeststellung minderjähriger Ausländer. Letzteres jedoch ist angesichts der Vergleichszahlen aus anderen Ländern vollkommen ausgeschlossen.

So zweifelten etwa die Behörden im Saarland bei 72 % aller in Obhut genommenen Personen deren angebliche Minderjährigkeit an und veranlassten insgesamt 528 Röntgenuntersuchungen allein in einem Jahr. Fast die Hälfte der Untersuchten wurde anschließend als volljährig eingestuft. Bezogen auf die Gesamtzahl der im Verfahren befindlichen Personen ergab sich so eine Quote von rund 35 %, in denen falsche Angaben von den Betroffenen gemacht wurden. Noch höhere Betrugszahlen von bis zu 80 % liegen aus den skandinavischen Ländern Dänemark und Schweden vor.

Vergleicht man damit die Zahlen des Schwerpunktjugendamtes Trier, wo es in 109 Fällen angeblich keinen einzigen Zweifel gab und lediglich 18 % der in Obhut Genommenen mithilfe der Inaugenscheinnahme als minderjährig eingestuft wurden, dann wird sehr deutlich, dass hier erhebliche verfahrensbedingte Defizite bestehen.

Wenn die grüne Trierer Sozialdezernentin auf Anfrage hin schriftlich erklärt, man wende grundsätzlich keine medizinischen Verfahren an, weil dies einen unverhältnismäßigen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstelle, dann ist dies ein klarer Verstoß gegen die Bestimmungen des SGB VIII und wirft die Frage auf, ob das Ministerium seiner Aufsichtspflicht in dieser Frage überhaupt nachkommen will.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, die Faktenlage ist mehr als eindeutig. Es gibt wissenschaftliche Verfahren zur Mindestaltersbestimmung, die seit Langem in der Forensik erfolgreich angewendet werden. Diese Verfahren sind absolut konform mit rechtsstaatlichen Prinzipien, wie ihr großflächiger Einsatz im Saarland und in zahlreichen europäischen Staaten zeigt. Sie bedeuten keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und sind daher ethisch unbedenklich. Ihre Aussagekraft ist erheblich genauer als die qualifizierte Inaugenscheinnahme, für die es bisher keinen einzigen wissenschaftlichen Qualitätsnachweis gibt und die der Hamburger Gerichtsmediziner Mainz als psychosoziales Ratespiel bezeichnet. Zudem würde die konsequente Anwendung medizinischer Verfahren Einsparungen in Millionenhöhe für den Landeshaushalt erbringen. Darauf ohne wirkliche Sachkunde zu verzichten, kommt einer Veruntreuung von Steuergeldern gleich.

(Beifall der AfD)

Darüber hinaus verhindert eine fälschliche Einstufung als

minderjährig die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber und sichert Straftätern die unrechtmäßige Inanspruchnahme des Jugendstrafrechts zu. Nicht zuletzt dient eine möglichst exakte Altersfeststellung dem Jugendschutz, weil sie verhindern kann, dass erwachsene Männer gemeinsam mit Minderjährigen betreut werden oder die Schule besuchen.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Das ist das Allerschlimmste!)

Frau Ministerin Spiegel, Sie haben im Ausschuss gesagt, Sie wollten an der bisherigen Praxis grundsätzlich festhalten, weil dies – so wörtlich – ein historisch gewachsener Weg sei. Das jedoch ist die schlechteste aller denkbaren Begründungen. Wir machen weiter so, weil wir es immer schon so gemacht haben, und das, obwohl die gravierenden Mängel des aktuellen Verfahrens bekannt sind und bessere Alternativen zur Verfügung stehen.

Frau Ministerin, die AfD-Fraktion fordert Sie auf, beugen Sie sich der Kraft der Argumente, und beenden Sie Ihre ideologisch motivierte Realitätsverweigerung. Und auch Sie, meine Damen und Herren, bitten wir, handeln Sie verantwortungsbewusst im Sinne unseres Rechtsstaates, im Sinne unserer Bürger und Steuerzahler. Schließen Sie sich unserem Antrag an.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Die Kollegin Schellhammer hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Erneut sprechen wir auf Antrag der AfD-Fraktion über die Altersfeststellung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter. Mehrfach wurde die Position hier im Landtag erörtert, im November 2016 bereits auf Anlass eines Antrags, zahlreich im Integrations- und im Rechtsausschuss, zuletzt in der vergangenen Woche. Und das alles auf einer gesetzlichen Grundlage, die 2015 erlassen wurde.

Nun sprechen wir erneut über das Thema auf Antrag der AfD-Fraktion. Das Thema Altersfeststellung wurde auch im vorangegangenen Tagesordnungspunkt schon erwähnt. Das Thema wurde hinreichend erörtert, und die ablehnende Haltung der Koalitionsfraktionen gegenüber Ihrer Forderung hat sich nicht geändert. Gegenüber Ihrem sehr durchsichtigen Ressentiment werden wir uns auch wieder hier verwehren.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Unbelehrbar!)

Die Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten erfolgt in Rheinland-Pfalz so wie in allen anderen Bundesländern in kommunaler Selbstverwaltung in den Schwerpunktjugendämtern.