Es stellt sich immer mehr die Frage, inwieweit die Verbindung einzelner AfD-Mitglieder mit diesen Kreisen perspektivisch auch Aufgabe des Verfassungsschutzes sein muss.
Wenn Ihre Bundesvorsitzende Alice Weidel beispielsweise Deniz Yücel abspricht, Deutscher zu sein, dann wird doch offensichtlich, was die Denke Ihrer Partei ist.
Die Denke Ihrer Partei ist nämlich, Deutschland den Deutschen, und zwar den Biodeutschen. Damit unterscheiden Sie sich nicht von der ethnischen Begründung der Volksgemeinschaft, wie sie die NPD auch an den Tag legt. Das ist eine verfassungsfeindliche Haltung. Immer mehr radikalisiert sich die AfD. Zu ihrem Prinzip gehört es, mit Bedrohungen und Fake News auch in Rheinland-Pfalz unsere offene, pluralistische Demokratie infrage zu stellen.
Umso wichtiger ist es, dass wir hier in einer wehrhaften Demokratie sind und ganz klar als Demokratinnen und Demokraten sagen: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Das ist nicht die Würde des heterosexuellen weißen Mannes, sondern das ist die Würde aller Menschen. Das ist die Würde der Geflüchteten, die Würde der Frauen, die Würde der Trans- und Homosexuellen, die Würde der Muslime und der Juden in Rheinland-Pfalz.
Verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei Alexander Schweitzer, Frau Kohnle-Gros, Frau Becker und Frau Schellhammer herzlich bedanken. Ich hätte diese Reden genauso halten können. Ich will das ausdrücklich sagen. Deswegen werde ich von meinem Manuskript, das ich vorbereitet habe, sehr weit abweichen.
Sie wissen, dass ich 2015 Vorsitzender der Innenministerkonferenz war. Ich war natürlich als Innenminister im Rahmen der gemeinsamen Bundesratsarbeit an dem beteiligt, über was wir heute reden. Ich war auch am Tag der Urteilsverkündung in Karlsruhe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße dieses Urteil wirklich ausdrücklich. Ich persönlich glaube nicht, dass man die NPD nur an der heutigen Schwäche messen darf. Über die Jahrzehnte hinweg gab es auch andere Zeiten. Das hat das Gericht so entschieden. Es hat aber auch angemahnt, Verfassungsfeindlichkeit zu verfolgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen will ich das jetzt einmal an einigen Zitaten festmachen, die Sie, liebe Frau Kohnle-Gros, angesprochen haben. Ich glaube, die darf man an dieser Stelle, nein, die muss man aussprechen. Diese Zitate muss man nennen.
Sie haben eben von der Würde der AfD gesprochen, Herr Junge. Sie können sich gleich hier hinstellen und können Ihre Meinung zu diesen – – –
(Abg. Uwe Junge, AfD: Von meiner Würde habe ich gesprochen, Herr Minister! Die steht mir zu, und Sie sprechen mir die ab!)
Sie können sich gleich hier hinstellen und können beweisen, dass das richtig ist, was Sie gerade gesagt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man über Verfassungsfeindlichkeit spricht, dann will ich Ihnen als Erstes ein Zitat mit der Erlaubnis des Herrn Präsidenten vorlesen. Es ist ein Zitat, es sind nicht meine Worte: Diese Kümmelhändler haben selbst einen Völkermord von 1,5 Millionen Armeniern am Arsch, für den sie bis heute keine Verantwortung übernehmen, und die wollen uns irgendwas über Geschichte und Heimat erzählen. Die spinnen wohl. Diese Kameltreiber sollen sich dorthin scheren, wo sie hingehören, weit, weit hinter dem Bosporus zu ihren
Ist das verfassungsfeindlich, oder ist das nicht verfassungsfeindlich? Das werden Sie hier gleich beantworten.
(Beifall der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dieser Rede gibt es weitere Zitate, zum Beispiel die Beschreibung von angeblich – und auch das ist die dort genutzte Wortwahl – heimat- und vaterlandslosem Gesindel. Das ist eine ekelhafte Wortwahl. Die hat auch nichts mit Aschermittwoch zu tun, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Aber auch dieses Zitat will ich nennen: Dass diese Linksspackos niemand irgendwo haben will und die nie eine Heimat finden werden, ist uns klar. Aber wir werden uns unsere Heimat durch dieses arbeitsscheue Lumpenproletariat nicht nehmen lassen. – Wissen Sie, wo ich das gelesen habe? In den Tagebüchern von Göbbels. Diese Wortwahl habe ich gelesen.
(Abg. Uwe Junge, AfD: Warum nicht Marx? – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch Quatsch!)
Dort habe ich diese Wortwahl gelesen: Arbeitsscheues Lumpenproletariat, arbeitsscheues Lumpenproletariat!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich so etwas höre, dann kommt mir nur noch Max Liebermann in den Sinn am Abend der Machtergreifung, und Carl Zuckmayer hat das etwas besser übersetzt. Das können Sie nachlesen.
Würde bedeutet, sich hier hinzustellen und zu sagen: Ich wollte eine herausgehobene Funktion im Bundesvorstand meiner Partei haben. – Wollten Sie, und ich sage, so einen Mann muss man aus der AfD herauswerfen. Das wäre die richtige Reaktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir ist doch noch einmal wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir in dieser Debatte über die NPD natürlich auch über das Phänomen des Rechtsextremismus und der verfassungsfeindlichen Tendenzen im Rechtsextremismus insgesamt sprechen.
Es ist über Instrumente gesprochen worden. Wir haben die juristischen in den Vordergrund gerückt. Ich glaube, es ist auch gut, dass wir so weit gekommen sind. Es ist auch im politischen Raum immer wieder einmal der Hinweis genannt worden, man müsste jetzt über den Verfassungsschutz die eine oder andere weitere Partei anschauen. Ich für mich persönlich nehme nicht in Anspruch, das klären zu können. Ich bin Parlamentarier. Es ist nicht meine Aufgabe, das festzustellen.
Ich sage, wir sind alle Verfassungsschutz. Wir müssen alle dem Rechtsextremismus die gesellschaftliche Grundlage nehmen. Ich habe den Eindruck, dieser Kampf kommt auf uns zu in einer Form, wie ich ihn, seit ich politisch denken kann, noch nicht erlebt habe.
Meine Damen und Herren, wer glaubt, dass eine Partei, nur weil sie sich gern konservativ oder nationalkonservativ nennt, es auch sei, der glaubt auch an den Weihnachtsmann und an den Osterhasen. Man muss genau hinschauen. Man muss auch manche Äußerungen der AfD vielleicht ausnahmsweise für bare Münze nehmen. Wenn ein Tübinger Bundestagskandidat der AfD wortwörtlich sagt: Wir – also die AfD – unterscheiden uns von der NPD nur noch durch den bürgerlichen Unterstützerkreis, aber nicht mehr so sehr in den Inhalten. –
Meine Damen und Herren, dann ist das ein Selbstbekenntnis, das ich ebenfalls zur Kenntnis nehmen und uns für die weitere Debatte zur Grundlage der Auseinandersetzung geben möchte.
Meine Damen und Herren von der AfD, Sie haben sich heute angesprochen gefühlt, obwohl Sie niemand angesprochen hat.