Protokoll der Sitzung vom 17.01.2017

Der Innenminister hat es vorhin deutlich gemacht, was Ihr Parteikollege in – wo war es –,

(Heiterkeit bei der AfD)

Poggenburg, was der geäußert hat, das ist so unglaublich und so gefährlich.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Dafür ist er gerügt worden! Was wollen Sie sonst noch mehr?)

Von Ihnen? Ich habe keinen Ton gehört.

(Zurufe von der AfD)

Ich habe keinen Ton von Ihnen gehört, dass Sie das – – –

(Weitere Zurufe von der AfD)

Sie sollten uns ernst nehmen. Sie sollten dieses Parlament ernst nehmen, und Sie sollten dieses Land ernst nehmen und Ihre Verantwortung, die Sie haben, das Land unter Umständen dorthin zu treiben, wo wir eigentlich alle froh sein sollten und hoffen sollten, dass es nie und nimmer wieder passiert.

(Beifall der FDP, der SPD, der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Da steuern Sie es ja hin!)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Kollegin Schellhammer das Wort.

Herr Präsident! Ich möchte zwei Feststellungen zum Verlauf der Debatte machen. Im Beitrag von Ihnen, Herr Bollinger,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Für Sie immer noch Dr. Bollinger!)

haben Sie uns unterstellt, dass wir die Finanzierung von Verfassungsfeinden unterstützen und propagieren würden, weil wir Ihren damaligen Antrag zur Extremismusklausel abgelehnt haben. Das war die erste parteipolitische Konnotation in der ganzen Debatte, wie wir sie hatten, und Sie werfen uns eine parteipolitische Zuspitzung in der Debatte vor.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Was? Wo waren Sie die letzte Zeit?)

Das ist die erste Feststellung.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die zweite Feststellung ist, Sie wurden von Herrn Lewentz aufgefordert – ich kann mich dieser Forderung nur anschließen –, dass Sie sich von solchen verfassungsfeindlichen Äußerungen von Parteimitgliedern distanzieren.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Natürlich tun wir das!)

Herr Poggenburg wurde erwähnt, aber auch Äußerungen von Björn Höcke und auch die ethnische Vorstellung, die Frau Weidel in ihrem Zitat zu Herrn Yücel geäußert hat. Davon haben Sie sich nicht distanziert, und ich stelle fest, dass Sie, Herr Dr. Bollinger, sich nicht in Ihrem Redebeitrag davon distanziert haben und auch keiner Ihrer anderen Kollegen dies getan hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP – Zurufe von der AfD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Punkt vor.

Wir kommen damit zum zweiten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

Massive Kritik an der Personal- und Sachpolitik der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/5451 –

Für diese spricht der Abgeordnete Baldauf.

(Zurufe von der SPD – Abg. Christian Baldauf, CDU: Freut ihr euch schon? Könnt ihr auch!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was kann der Staat von seinen Bürgern erwarten? – Das ist eine zentrale Frage, die uns in der Politik oft beschäftigt. Nehmen wir den Bereich der Integration, wenn etwa Pflichten definiert werden für Menschen, die dauerhaft bei uns leben wollen.

Doch es geht auch andersherum: Was kann ein Bürger von einem Staat erwarten? – Doch vor allem, dafür Sorge zu tragen, dass Menschen Vertrauen in diesen Staat, in seine Institutionen und Funktionen haben können.

Dieses Vertrauen fußt auf dem Vertrauen auf ein funktionierendes Rechtssystem, der Sockel unserer Demokratie. Umso wichtiger ist es, dass – gerade in Zeiten tiefgreifender Veränderungen und von Polarisierung in vielen Lebensfeldern – das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht ausgehöhlt wird.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb wiegt es umso schwerer, wenn eine Landesregierung Unsicherheiten erzeugt, etwa durch eine schlechte Personalpolitik.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz dürfen erwarten, dass genügend Polizisten und ausreichend Ermittler in diesem Land zur Verfügung stehen.

(Beifall der CDU und des Abg. Uwe Junge, AfD)

Sie dürfen erwarten, dass unsere Gefängnisse sicher sind. Ende vergangenen Jahres waren mehr als 100 Planstellen in den rheinland-pfälzischen Haftanstalten nicht besetzt – ein gefährlicher Engpass.

Vier Strafgefangene sind der rheinland-pfälzischen Justiz in den vergangenen Jahren entkommen. Nur Kleinkriminelle, wiegelt die Landesregierung ab. Meinen Sie im Ernst, das macht es besser?

(Beifall der CDU)

Insgesamt sind seit 2011 16 Strafgefangene aus Einrichtungen des offenen Vollzugs bzw. aus öffentlichen Krankenhäusern geflohen, 162 Häftlinge kehrten nicht von einem Aus- oder Freigang zurück. Drei Männern ist zuletzt binnen weniger Monate die Flucht aus psychiatrischen Kliniken gelungen – darunter ein verurteilter Mörder.

Das sind Zahlen, die verunsichern. Wenn das Land bei der Personalausstattung derart versagt, meine sehr geehrten Damen und Herren, brauchen wir uns über die hohen Ausbruchszahlen nicht zu wundern.

(Beifall der CDU)

Noch immer fehlen rund 60 Richter und 20 Staatsanwälte im Land. Strafgerichte sind überlastet. Es fehlen Justizwachtmeister und Amtsanwälte. Bürgerinnen und Bürger aber erwarten zu Recht, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften ausreichend Personal haben. Sie erwarten zu Recht, dass die Landesregierung ihren Kernaufgaben nachkommt, damit Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung nicht ins Abseits geraten.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stellen fest: Einerseits bleibt eine verantwortliche, vorausschauende Personalpolitik aus, andererseits blicken wir mit Sorge auf eine Personalpolitik, die immer wieder an Recht und Ordnung vorbeigeht.

Um nur zwei Beispiele aufzugreifen: Da wird eine Abteilungsleiterstelle im Ministerium von Umweltministerin Höfken mal eben fachfremd besetzt. Entgegen der Ausschreibung. Die Tierseuchenbekämpfung übernimmt eine Geografin mit grünem Parteibuch.

(Staatsministerin Ulrike Höfken: So ein Blödsinn!)

Ich stelle fest: Parteibuch vor Bestenauslese. Damit kennt sich auch Frau Ministerin Spiegel aus.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Frau Spiegel, unter Missachtung aller beamtenrechtlichen Vorgaben haben Sie versucht, eine Frau zur Abteilungsleiterin zu machen, die nicht die Voraussetzungen dafür mitbrachte, nur auf dem grünen Ticket fuhr.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Hört, hört!)

Es war das Verwaltungsgericht Mainz, das hier für die Einhaltung des Rechts sorgte, das die Entscheidung von Frau Spiegel einkassierte, weil ihre Kandidatin nicht dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung entsprach.

Die RHEINPFALZ kommentierte hierzu: „Der Staat ist nicht die Beute der Parteien.“