Protokoll der Sitzung vom 23.05.2018

bensbedingungen in Europa. Das ist uns ein wichtiges Anliegen und ein wichtiges Ziel. Wir schauen also schon ein Stück weit über die Grenzen Deutschlands hinaus.

Ich bin froh darum, dass wir es machen. Es geht uns um gleichwertige Lebensbedingungen. Die Politik der Kohäsion hat genau das im Blick und möchte einen Ausgleich schaffen zwischen ärmeren und reicheren Regionen. Sie möchte auch einen Ausgleich und eine Sensibilisierung für die unterschiedlichen Themen schaffen, die in Europa wichtig sind.

Wenn wir hier über die Strategie Europa 2020 diskutieren, reden wir über ein ganzes Portfolio an Themen, die wichtig sind, die auch über die Kohäsionspolitik angesprochen werden.

Es geht natürlich um Armutsbekämpfung. Es geht um das Thema Arbeitslosigkeit. Es geht um das Thema Jugendarbeitslosigkeit, von dem zum Beispiel vor allem Südeuropa betroffen ist.

Es geht um das Thema des Klimaschutzes, den wir nur global, aber auch insbesondere als Europäer nur gemeinsam lösen können. Wir müssen also den Horizont Deutschlands erweitern und können uns nicht wieder auf das Mittelalter so zurückberufen, wie es die AfD-Fraktion letztlich programmatisch immer wieder im Ansatzpunkt hat, zurück in die Vergangenheit, statt mutig gestaltend nach vorne zu gehen. Da ist die Kohäsionspolitik eine wichtige Säule und ein wichtiger Punkt, über den wir hier im Hohen Haus diskutieren müssen.

Die Debatte, die jetzt durch den mehrjährigen Finanzrahmen, der vorgelegt und für die Kommission von Herrn Oettinger vorgestellt worden ist, geführt wird, zeigt, dass wir mit diesem Plenarantrag top aktuell sind, weil es jetzt darum geht, sich positiv gestaltend in Europa einzumischen und mitzumischen, auch von Länderperspektive und aus den Parlamenten heraus. Deswegen ist es gut, dass wir darüber heute auch zu diesem Zeitpunkt sprechen.

Heute Morgen ist schon deutlich geworden, wo die Europäische Union im Moment sparen möchte. Das ist vor allem im Agrarbereich und im Kohäsionsbereich. Das sind natürlich die falschen Bereiche. Das machen wir mit unserem Plenarantrag noch einmal deutlich. Wir wollen keine Kürzung. Wir wollen nicht über minus 5 %, minus 10 % oder minus 15 % reden, sondern wir wollen eine perspektivische Weiterentwicklung. Wir wollen, dass die Kohäsion ein wichtiges Standbein bleibt. Es wurde schon angesprochen, ein Drittel des Haushalts der EU beschäftigt sich mit Kohäsion. Es ist wichtig, dass wir dieses Standbein so behalten. Es ist auch deshalb wichtig, weil über die Kohäsionspolitik für die Menschen vor Ort am ehesten spürbar wird, dass die Programme der Europäischen Union auch etwas mit uns in Rheinland-Pfalz zu tun haben.

Dies sind Themen, die ich gerade schon angesprochen habe, ob es Armutsbekämpfung ist, ob es der Klimaschutz ist, ob es eine Stärkung der Wirtschaftskraft ist oder eine Stärkung des ländlichen Raums. Das sind alles Fragestellungen, die wir auch in Rheinland-Pfalz diskutieren und beantworten müssen. Deswegen ist es gut, dass sich das Parlament heute mit diesen Fragestellungen beschäftigt.

Wenn wir dann in den mehrjährigen Finanzplan von Herrn Oettinger hineinschauen, dann wird es auch wichtig sein, die Diskussion zu führen. Unstrittig sind bestimmt neue Schwerpunkte wie der, wenn ich an eine Stärkung des Erasmus-Programms denke. Das ist für uns Grüne sicherlich kein Problem, genauso wenig eine stärkere Sicht auf die Digitalisierung. Auch ist das kein Problem.

Aber über neue Schwerpunkte wie zum Beispiel eine deutsche Stärkung der Verteidigungspolitik werden wir Debatten führen müssen, ob das der richtige Weg ist.

Wir werden auch Debatten führen müssen, ob eine Stärkung der Außengrenzen so, wie es die EU vorhat, der richtige Weg ist, die Regionen in Europa zu befrieden, oder ob wir nicht andere Wege gehen müssen.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Andere Wege statt Grenzen hat er gerade vorgeschlagen!)

Aber diese Debatten müssen wir führen. Diese können wir jetzt anhand des Finanzrahmens für die nächsten sechs Jahre gut führen und müssen es auch tun.

Vor diesem Hintergrund möchte ich noch einen letzten Punkt ansprechen, der mir noch einmal wichtig ist. Ich möchte nicht, dass wir Europa kaputtsparen. Ich bin froh, dass wir mehr Finanzmittel im EU-Haushalt vorsehen als in der Vergangenheit. Wir müssen die Kirche im Dorf lassen und darüber reden, über wie viel wir reden. Wir reden gerade einmal über 1 % des Bruttosozialprodukts der Europäischen Union. Ich sage einmal, das sind die Peanuts.

Wir brauchen neue Finanzquellen und -mittel für die Europäische Union. Herr Oettinger hat es angesprochen. Das ist zum Beispiel die Plastiksteuer. Ich finde das eine gute und wichtige Initiative. Ich glaube, inzwischen gibt es dafür eine Mehrheit bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Wir bräuchten zum Beispiel wieder Instrumente und eine Debatte über eine Transaktionssteuer, weil wir in Europa über den demografischen Wandel in die Situation kommen, dass der Faktor Arbeit nicht noch mehr besteuert werden kann, ganz im Gegenteil. Es werden uns zu versteuernde Bürgerinnen und Bürger wegfallen.

(Glocke der Präsidentin)

Wir müssen das Thema Kapital ansprechen. Es muss angemessen für die Zukunftsgestaltung von Europa mit herangezogen werden.

Ich komme jetzt zum letzten Satz, Frau Präsidentin. Wir kämpfen für ein starkes Europa, weil die Zukunft nicht ohne Europa gelingen kann.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der SPD)

Es liegt eine Kurzintervention des Abgeordneten Paul vor.

Liebe Kollegen, ich habe in Ihrem im Dozententon vorgetragenen Vortrag eine Sache gehört, die so vielsagend ist. Sie wollen andere Wege finden als eine Grenzsicherung. Man muss über alle anderen Wege diskutieren anstatt einer Grenzsicherung, quasi der EU-Außengrenze. Das muss man sich einmal vorstellen.

Wir haben es mit einer Migrationskrise dramatischen Ausmaßes zu tun, die mittlerweile die Fliehkräfte in Europa angeschoben hat, Wahlergebnisse in Italien, BrexitAbstimmung. Da sagen Sie, wir brauchen andere Wege als eine effektive Grenzsicherung, andere Wege als das, was Viktor Orbán richtig macht, nämlich die EUAußengrenzen zu schützen, damit nicht Schlepper entscheiden, wer nach Europa kommt, sondern die Leute, die Bürger Europas entscheiden. Das ist so vielsagend. Das muss man den Bürgern einfach einmal deutlich machen. Das ist die grüne Vision Europas, alle Grenzen auf, an allen EU-Außengrenzen. Das ist institutionalisierter Wahnsinn. Den lehnen wir ab.

(Beifall der AfD – Zuruf von der SPD: AfD-TV! Sie können aufhören!)

Eine Erwiderung wird nicht gewünscht. Ich erteile nunmehr Herrn Staatssekretär Hoch für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, dass der überwiegende Teil des Landtags die EU als das sieht, was sie ist, nämlich als überwältigendes historisches Friedensprojekt auf diesem Kontinent.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Genauso ist das!)

Eine starke EU-Kohäsionspolitik ist genau das, was für die Menschen vor Ort zu dieser Identifizierung mit beiträgt

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ihr redet lieber über Krieg, ihr Nationalisten! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Dürftig!)

und was die europäische Integration vor Ort stärkt. Kohäsionspolitik führt dazu, dass Menschen im Kleinen vor Ort merken, welche Vorteile sie davon haben. Jeder von uns, der regelmäßig die Grenzen überschreitet, weiß, dass Schlagbäume weggefallen sind, dass man kein Geld mehr tauschen muss.

(Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Ich würde gerne Geld tauschen!)

Aber vor Ort sind es die kleinen Maßnahmen, die zum Zusammenrücken über nationalstaatliche Grenzen hinweg beitragen. Das Projekt der Großregion mit dem Saarland, mit Lothringen zusammen und dem deutschsprachigen

Teil in Belgien ist sicherlich eines der herausragenden Friedens- und Entwicklungsprojekte, die wir in diesen Regionen haben.

Der vorgelegte Vorschlag zum EU-Haushalt, der im Moment noch diskutiert wird, von dem noch überhaupt nicht klar ist, wie sich die einzelnen Projekte gestalten, sieht zunächst vor, dass vieles in der Kohäsionspolitik und in der Strukturpolitik so weitergehen könnte und auch das Land Rheinland-Pfalz weiterhin davon profitieren kann.

Wir haben großes Interesse und werden alles in unserer Macht Stehende tun, dass tatsächlich auch die stärker entwickelten Regionen Europas an der Strukturpolitik und an der Kohäsionspolitik weiter teilnehmen können und so zur Identifizierung mit dem europäischen Einheitsgedanken weiter beitragen können.

Aus diesem Grund ist das Land schon frühzeitig dem Netzwerk beigetreten. Die Cohesion-Alliance und der Europäische Ausschuss der Regionen setzen sich für die Fortführung genau dieser bisherigen Kohäsionspolitik ein. Gut ausgestattete Fonds – wir haben das heute Morgen schon einmal an anderer Stelle diskutiert, vielleicht nicht so einmütig wir bei diesem Punkt – werden dazu führen, dass wir gemeinsam weiter voranschreiten können.

Wir sollten die Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen entgegen der Erwartung der Kommission über den Mai hinaus ziehen. So wird die rheinlandpfälzische Landesregierung mit ihrem EMK-Vorsitz ab Sommer 2019 eine zusätzliche Plattform bieten, die wir nutzen werden.

Der künftige Haushalt der EU wird uns in den kommenden Wochen und vermutlich auch in den kommenden Monaten noch intensiv beschäftigen. Gerne hält Sie die Staatskanzlei und halten Sie meine Kollegin, die Bevollmächtigte, und ich Sie sowohl im Ausschuss für Europafragen als auch hier im Plenum auf dem Laufenden.

Ich danke Ihnen herzlich für das einmütige Bekenntnis zu einer erfolgreichen Strukturpolitik.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen nun

zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/6023 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Danke schön. Für Enthaltungen kein Raum. Damit wurde der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD angenommen.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zu den Punkten 8 bis 11 der Tagesordnung, die gemeinsam aufgerufen und beraten werden sollen:

Entlastung der Landesregierung Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2016 Antrag der Landesregierung – Drucksache 17/4955 –

Entlastung des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2016 Antrag des Rechnungshofs – Drucksache 17/4960 –

Jahresbericht 2018 Unterrichtung durch den Rechnungshof – Drucksache 17/5350 –

Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2018 des Rechnungshofs (Drucksache

17/5350) sowie Ergänzung zum Schlussbericht der Landesregierung im Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2015 (Drucksache 17/5220) Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 17/6211 –

Gemäß Absprache im Ältestenrat sollen die Punkte ohne Aussprache behandelt werden. Es wird eine Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zur Beratung durch die Rechnungsprüfungskommission vorgeschlagen. – Ich sehe keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich lade Sie ganz herzlich morgen zur 58. Plenarsitzung des Landtags um 09:30 Uhr ein und wünsche Ihnen einen schönen Feierabend.