Protokoll der Sitzung vom 24.05.2018

(Beifall der CDU)

„Reicht es wirklich, immer neue Gremien öffentlichkeitswirksam einzuberufen – die dann ein Schattendasein fristen?“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wohlgemerkt nicht die Opposition, es ist die Wirtschaft, die dieser Landesregierung ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Warnsignale, über die man nicht hinweggehen darf.

(Beifall der CDU – Abg. Christine Schneider, CDU: Sehr richtig!)

Ich frage: Wo ist das Konzept der Landesregierung? Wo ist Ihre Strategie für eine nachhaltige Wirtschafts- und Industriepolitik in einer Gesellschaft, in der sich die gewohnten Berufsbilder und Tätigkeiten durch die digitale Revolution schneller entwickeln als jemals zuvor?

Die CDU-Fraktion fordert die Landesregierung auf:

Erstens: Sorgen Sie für eine moderne Infrastruktur, die gleichermaßen Bürgern und Unternehmen hilft, die Regionen ermöglicht, Güter, Verkehrs- und Datenströme zu bewältigen – Kernvoraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Unternehmen, ob es um einen kleinen Handwerksbetrieb in der Eifel oder um das Daimler-Werk in Wörth geht.

(Beifall der CDU)

Zweitens: Rheinland-Pfalz braucht ein attraktiveres Profil als Unternehmensstandort. Bildung, Forschung, Entwicklung sind entscheidende Parameter. Hier investiert die Landesregierung zu wenig. Fördern Sie stärker den Transfer zwischen Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft.

(Beifall der CDU)

Bisher strahlt vor allem die Universität Kaiserslautern, und an anderen Hochschulstandorten fehlen finanzielle und personelle Ressourcen. Wie soll eine dramatisch unterfinanzierte Hochschule am Ende leistungsstark sein, frage ich Sie.

Drittens: Gut ausgebildete verfügbare Fachkräfte sind das A und O unseres Wachstums, eine der zentralen wirtschaftspolitischen Herausforderungen überhaupt. Die Landesregierung muss viel mehr Energie für die Aufwertung der dualen Ausbildung aufwenden. Das hat wirtschaftspolitische Priorität. Wenn Sie die berufliche Bildung weiterhin so stiefmütterlich behandeln, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn der Fachkräftemangel zum zentralen Problem des Mittelstands, dem Herzstück der Wirtschaft unseres Landes, wird.

(Beifall der CDU)

Viertens: Wir brauchen einen Realitäts-Check für die Ausbildung. Unternehmen kritisieren, dass sie ständig nachschulen müssen. Das Ausbildungsprofil junger Stellenbewerber stimme nicht mit dem notwendigen Anforderungsprofil überein, beispielsweise im Maschinenbau, bei Ingenieuren und Schreinern. Die Ausbildung muss viel praxisnäher werden.

Fünftens: MINT-Fächer und duales Studium, die Entwicklung neuer Lehrformate und von Weiterbildungsangeboten für Lehrer. Rheinland-Pfalz hat einen massiven Nachholbedarf. Wir haben nicht genug ausgebildete Informatiklehrer. Vor allem Hochschullehrer liegen weit abgeschlagen hinter Bundesländern wie Hessen, Baden-Württemberg oder Bayern. Damit dürfen wir uns aber nicht zufriedengeben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Sechstens: Wir brauchen eine Bürokratiebremse. Stellen Sie alle landesrechtlichen Regelungen, die unsere Unternehmerinnen und Unternehmer daran hindern, ihrem Kerngeschäft nachzugehen, auf den Prüfstand. Setzen Sie ein Bürokratiemoratorium ein. Beschleunigen Sie Genehmigungs- und Verwaltungsverfahren.

(Zuruf der Ministerpräsidentin Malu Dreyer)

Siebtens: Frau Ministerpräsidentin, die Unternehmen in Rheinland-Pfalz liegen beim Abruf von Fördermitteln im Bereich der technischen Innovation nur an elfter Stelle.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, auch damit darf man sich nicht zufriedengeben.

(Beifall der CDU)

Ich komme zum Ende.

Nur eine starke Wirtschaft sichert Arbeitsplätze, bringt jungen Menschen Perspektiven in diesem Land, lässt ihnen hier Jobmöglichkeiten und nicht in anderen Bundesländern mit ausreichender Finanzierung. Gute Wirtschaftspolitik ist nämlich auch starke Heimatpolitik, Herr Minister.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU und bei der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Klasse!)

Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Dr. Alt von der Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Rheinland-Pfalz braucht eine zielgerichtete Wirtschaftspolitik, sagen Sie, und Rheinland-Pfalz hat eine zielgerichtete Wirtschaftspolitik, sagen wir.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Ihr sagt das! Das sagen nicht wir! – Abg. Christine Schneider, CDU: Nur komisch, dass die Wirtschaft das anders sieht! – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Wir leben offenbar in zwei Parallelwelten!)

Wir konzentrieren uns dabei auf die Bereiche, bei denen das Land auch tatsächlich einen Einfluss ausüben kann. Ich möchte dies anhand eines Dreiklangs kurz erläutern, der folgende Punkte umfasst: erstens die Förderung bestehender Unternehmen, zweitens die Förderung von Neugründungen und drittens die Rahmenbedingungen allgemeiner Art für Unternehmen jeder Größenordnung.

Es ist bekannt, dass die Förderung von einzelnen Unternehmen strengen Regeln unterliegt, unter anderem des EU-Beihilferechts. In diesem Rahmen setzt das Land die absolut richtigen Schwerpunkte; denn Investitionen in Forschungs- und Entwicklungsvorhaben werden gerade auch in kleinen und mittleren Unternehmen mit erhöhten Haushaltsansätzen forciert, meine Damen und Herren. Die Innovations- und Technologiepolitik wird wie im Koalitionsvertrag vereinbart umgesetzt und wird sicherlich auch im kommenden Doppelhaushalt einen Schwerpunkt bilden.

Meine Damen und Herren, mit besonderem Einsatz unterstützt das Wirtschaftsministerium unter Leitung von Dr. Wissing die Gründung von neuen Unternehmen, um die wirtschaftliche Basis in unserem Bundesland auf eine noch breitere Basis zu stellen. Dabei musste er das Rad nicht neu erfinden, sondern er optimiert und vernetzt bestehende Strukturen. Ich nenne das Stichwort Gründerallianz; darüber haben wir in diesem Hohen Hause schon mehrfach gesprochen. Dies findet ausdrücklich unsere Zustimmung.

Schließlich trägt das Land dazu bei, dass alle Unternehmen, von der Neugründung bis zum etablierten Großbetrieb, gute infrastrukturelle Voraussetzungen vorfinden. Wir haben die Investitionen in Straße und Schiene massiv ausgeweitet. Allein bei den Landesstraßen stehen pro Jahr 121 Millionen Euro zur Verfügung, im Schwerpunkt für eine Verbesserung des bestehenden Straßennetzes, aber auch für ausgewählte sinnvolle Neubauvorhaben. Bei all dem stehen wir als Koalition für eine Wirtschaftspolitik, die auf Dialog ausgerichtet ist, die Wirtschaftspolitik auf Augenhöhe konzipiert und somit Rheinland-Pfalz erfolgreich macht und die in Rheinland-Pfalz funktioniert, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wirtschaftspolitik der Landesregierung findet natürlich im Wirtschaftsministerium statt, ist aber nicht auf dieses beschränkt. Zu einer guten Wirtschaftsentwicklung trägt ein hochwertiges Bildungs- und Hochschulwesen bei – wir haben gestern über die Vernetzung von Hochschulen mit ihren jeweiligen Räumen gesprochen – ebenso wie eine moderne Familienpolitik und schnelles Internet sowie ein hohes Maß an Rechtssicherheit bzw. auch an Innerer Si

cherheit. Das sind genau die zentralen Handlungsfelder, an denen die Landesregierung mit Hochdruck arbeitet.

Damit wird deutlich, dass praktisch alle Ressorts an guten Rahmenbedingungen für die Unternehmen in RheinlandPfalz mitwirken. Zum Ausdruck kommt das besonders auch in der Fachkräftestrategie, die von der gesamten Regierung getragen wird, unter Einbeziehung aller wirtschaftspolitisch relevanten strategischen Partner gemeinsam verabredet wurde und auch gemeinsam umgesetzt wird. In diesem Zusammenhang kann man mit Sicherheit nicht behaupten, dass die berufliche Bildung in irgendeiner Weise vernachlässigt würde. Im Gegenteil, sie ist ein Herzstück dieser Fachkräftestrategie, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann sich in der Politik sicher über vieles streiten, über Einschätzungen, Bewertungen und auch über einzelne Maßnahmen. Aber am Ende zählt das Ergebnis. Zum Ergebnis gehört sicherlich dazu, dass wir ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum in Rheinland-Pfalz haben, im vergangenen Jahr beispielsweise von 2,5 %

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

das ist besser als der Bundesdurchschnitt –, eine niedrige Arbeitslosenquote von aktuell 4,6 % und eine Exportquote unserer Unternehmen von rund 55 %. Dies sind Zeichen für eine starke Wirtschaft und kein Beleg für irgendeines Ihrer Argumente.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Dr. Bollinger von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beschwerden aus der Wirtschaft, abgesagte Termine, kein Einbezug von Kompetenzträgern. – Die Wirtschaftsvertreter in Rheinland-Pfalz sind unzufrieden mit der Politik der Landesregierung. Einhellige Kritik vom Technologiebeirat bis hin zur IHK, ein breites Bündnis gegen Flickschusterei und gegen die Koalition der unkoordinierten Einzelmaßnahmen.

Mittlerweile wird nicht mehr nur hinter der vorgehaltenen Hand kritisiert, sondern ganz offen über die Presse, aus Enttäuschung und Verzweiflung über die mangelnde Performance der Landesregierung und des Wirtschaftsministers. Das sind keine Einzelmeinungen mehr, das ist eine Mehrheitsmeinung,

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Ja, ja, genau! So wird es sein!)

gegen die sich aus der Wirtschaft unserer Wahrnehmung

nach aktuell kein Widerspruch erhebt. Die Landesregierung kann es nicht.

(Beifall der AfD – Heiterkeit der Ministerpräsidentin Malu Dreyer)

Dies passt wenig zur groß angepriesenen Digitalisierungsstrategie, die sich nach näherer Durchsicht als ein bunter Gemischtwarenladen ohne stringentes Konzept entpuppt hat. Herr Wissing und die FDP müssten sich endlich durchsetzen in der Landesregierung, wenn sie sich als Partei mit Wirtschaftskompetenz bezeichnen möchten. Dort steht man wohl auf verlorenem Posten.