Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

(Zuruf von der SPD: Ja, richtig!)

Sie fordern das, obwohl sie ganz genau wissen, dass das rechtlich hoch umstritten ist und sich damit gerade eine Kommission beschäftigt.

(Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Vor wenigen Tagen oder zwei Wochen gab es im Bundestag einen Antrag zum Thema Zwang auf Nachrüstungen der Autoindustrie. Dort hat der SPDBundestagsabgeordnete Arno Klare zum Antrag gesprochen. Ich zitiere: Eine solche Nachrüstpflicht ist rechtlich nicht durchsetzbar. –

(Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Was steckt dahinter? – In der Politik geht es immer auch um Verhältnismäßigkeit, und es geht um die Betrachtungen der Wirklichkeit und der Möglichkeiten.

(Beifall bei der CDU)

Mit dem vermeintlichen Zwang der Autoindustrie gefährden sie 1,8 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland, die von der Automobilindustrie direkt abhängig sind.

(Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Verhältnismäßigkeit heißt auch, dass wir überlegen müssen, was dem Ziel einer sauberen Luft am effektivsten dient: Sind das wirklich die Nachrüstungen für das allerletzte Fahrzeug? Kann es uns nicht passieren, dass wir mit diesem Zwang der Autoindustrie die Kraft nehmen, die wir so dringend brauchen, um technische Neuerungen für ein Vorankommen einer ökologisch ausgerichteten Automobilindustrie zu erhalten?

(Beifall bei der CDU und des Abg. Michael Frisch, AfD – Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Wir von der CDU-Fraktion wollen bei aller Kritik an den Verantwortlichen, dass Deutschland ein Autoland bleibt, und zwar ein Autoland mit einer innovativ ausgerichteten Industrie.

(Abg. Martin Haller, SPD: Wir wollen das nicht, oder was?)

Dafür braucht es Freiräume.

(Beifall bei der CDU)

Auch wir haben das Ziel, Fahrverbote zu vermeiden. Aber auch dazu brauchen wir einen Schulterschluss mit der Automobilindustrie.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das hat Euch die Autolobby schön aufgeschrieben! – Zurufe von der CDU: Oh!)

Stichwort Autolobby, weil immer versucht wird, die Parteien gegeneinander auszuspielen: Es war der niedersächsische Ministerpräsident – in Klammern SPD –, der ins Spiel gebracht hat, dass die Bürger für die Finanzierung mit belangt werden sollen. Dazu sagen wir, keine Finanzierung aus Steuermitteln. Das kann nicht unser Ziel sein.

(Beifall bei der CDU – Glocke des Präsidenten)

Wir wollen eine Lösung. Es gibt eine Kommission. Experten überlegen parteiübergreifend den Weg, der der effektivste ist. Auf diese Lösung sollten wir warten und diese dann umsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Dr. Bollinger das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der gegenwärtige EU-Grenzwert für Stickoxid-Emissionen von 40 mg pro Kubikmeter existiert bereits seit 1999. Das Erreichen dieses Grenzwerts war ursprünglich für Anfang 2010 vorgesehen.

Als absehbar war, dass die Grenzwerte nicht erreicht werden konnten, legte die EU-Kommission im September 2015 den Entwurf einer neuen Luftqualitätsrichtlinie vor, die neue

Zwangsmaßnahmen ermöglichte. Diese noch gegenwärtig gültige Richtlinie ist am 21. Mai 2008 in Kraft getreten und im August 2010 in deutsches Recht implementiert worden.

Doch die einzige Aktion der Bundesregierung seit dem bis Mitte 2017 war, in Brüssel eine Fristverlängerung für das Erreichen der Grenzwerte bis Ende 2015 zu beantragen. Ansonsten wälzte man die Umsetzung auf die Kommunen ab, die hierfür aber auch keine adäquaten Mittel hatten; denn die eingerichteten Umweltzonen haben nachweislich keinen signifikanten Effekt auf die Emissionswerte.

Die etablierte Politik hat den Emissionsgrenzwert also willkürlich festgelegt bzw. von anderen festlegen lassen und sich dann jahrelang nicht um die Folgen gekümmert. Das änderte sich auch nicht, als vor rund zwei Jahren im Zusammenhang mit dem VW-Dieselskandal die Diskussion über Fahrverbote für Dieselfahrzeuge begann und die negativen Folgen von Fahrverboten für die Eigner von Dieselfahrzeugen und für die Wirtschaft immer klarer absehbar wurden. Die Regierungen in Bund und Ländern und die sie tragenden Parteien überboten sich in Absichtsbekundungen, Fahrverbote verhindern zu wollen, ließen aber entsprechende Handlungen vermissen.

Im Landtag hat unsere Fraktion das Thema bereits im letzten September aufgegriffen. Der Titel unseres Antrags lautete „Gegen Fahrverbote für Diesel, für Nachrüstungen und eine realistische Luftreinhaltepolitik“. Dieser Antrag wurde leider von Ihnen abgelehnt.

Nach dem Leipziger Urteil, das Fahrverbote als letztes Mittel vorschreibt, hatten wir des Weiteren eine Aktuelle Debatte beantragt. Nun ist das Thema in der Tat erneut aktuell; denn inzwischen gibt es leider ein paar neue negative Entwicklungen.

Erstens gibt es nun in Hamburg das erste Dieselfahrverbot. Betroffen sind zwei Straßen, 600 m und 1,6 km lang, ein echter Schildbürgerstreich; denn die Dieselfahrer müssen nun Umwege fahren und stoßen darum deutlich mehr Abgase aus.

Zweitens sind auch in Rheinland-Pfalz inzwischen die ersten Dieselfahrzeuge von Amts wegen stillgelegt worden. Betroffen sind Diesel, in die die Autohersteller die unzulässige Abschalteinrichtung installiert hatten. Genaue Zahlen konnte die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage meines Kollegen Jens Ahnemüller nicht vorlegen. Ich werte dies als Zeichen dafür, wie wenig sich die Landesregierung für die Dieselfahrer engagiert, interessiert sie sich doch offenkundig noch nicht einmal dafür, wer überhaupt betroffen ist.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die deutschen Dieselfahrer! – Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Meine Damen und Herren, es gibt noch einige unbeantwortete Fragen im Zusammenhang mit den Software-Updates der Autoindustrie. Es gibt zahlreiche Berichte über Ausfälle der Partikelfilter oder der Abgasrückführungsventile nach einem solchen Update. Experten bestätigen diese Probleme. Darum sollten diese Fahrer zu einem solchen

Update nicht gezwungen werden.

Erforderliche Nachrüstungen durch Software-Updates oder SCR-Katalysatoren müssen auf rein freiwilliger Basis erfolgen und von der Autoindustrie bezahlt werden. Nachrüstungen auf Kosten der Verbraucher lehnen wir ab. Wir fordern eine gemeinsame Resolution der AfD-Bundestagsfraktion und der AfD-Landtagsfraktionen.

Die dritte negative Entwicklung, die ich noch erwähnen will: Die EU hat Klage vor dem Europäischen Gerichtshof unter anderem gegen Deutschland eingereicht, weil angeblich die Stickoxidwerte in der Luft zu hoch sind. Hierzu ist Folgendes zu sagen: In Deutschland bestehen keine toxikologisch bedenklichen Stickoxidwerte in öffentlich zugänglichen Bereichen. – Dies sage nicht ich, dies war das Ergebnis einer Sachverständigenanhörung im Deutschen Bundestag. Unterhalb von 900 mg pro Kubikmeter sind toxikologisch keine negativen Auswirkungen nachweisbar, so das Ergebnis der Anhörung weiter.

Das Problem sind daher nicht die Gesundheitsgefahren, sondern die besonders niedrigen Grenzwerte in Deutschland und der EU. Warum liegt in der EU der Grenzwert bei 40 mg pro Kubikmeter, während er in den USA bei 100 mg pro Kubikmeter und damit immer noch weit unterhalb der genannten Grenze von 900 mg pro Kubikmeter liegt?

Die AfD-Fraktionen im Bundestag und in den Landtagen setzen sich dafür ein, dass die geltenden Stickstoffdioxidgrenzwerte von einer unabhängigen Expertenkommission wissenschaftlich überprüft werden.

Mehr in der nächsten Runde. Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen am heutigen Jahrestag zum Gedenken der Opfer von Flucht und Vertreibung Gäste im Landtag begrüßen: Mitglieder des Vereins „Landsmannschaft der Deutschen aus Russland“, unter ihnen Tobias Meyer, Vorsitzender des „Bundes der Vertriebenen und Heimattreuen, Landesverband RheinlandPfalz“, und Valentina Dederer, die Vorsitzende der „Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Landesgruppe Rheinland-Pfalz“. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Steven Wink das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen heute über die Verantwortung von Topmanagern sprechen. Die anhaltenden Skandalnachrichten der deutschen Automobilkonzerne zeigen dies auch. Eines kann ich vorweg sagen. Diese Vorstände können sich in puncto Stil und Anstand noch einiges vom deutschen Handwerksmeister abschneiden.

(Vereinzelt Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Rheinland-Pfälzer sind nicht unternehmensfeindlich, und wir sind auch nicht wirtschaftsfeindlich. Ja, wir haben eine starke Wirtschaft, und wir zeigen immer wieder, dass wir in Rheinland-Pfalz diese auch stützen. Die Verantwortungslosigkeit in diesem Falle gegenüber den Verbrauchern, den eigenen Unternehmen und der Umwelt ist aber nicht hinzunehmen. Man darf sagen, dass diverse Forderungen aus der Politik – dass Pkw, die nicht vom Skandal betroffen sind, umgerüstet werden sollen – auch in die falsche Richtung gehen.

1 Milliarde Euro muss der VW-Konzern nun an Strafe zahlen. Was zunächst wie ein gerechter Steuerregen für das Land Niedersachsen aussieht, ist in Wirklichkeit ein Spiel mit der Zukunft. Nicht nur Zehntausende Arbeitsplätze in der Region sind dadurch gefährdet. Es sind auch Tausende Arbeitsplätze bei zuliefernden Unternehmen, einige auch in Rheinland-Pfalz, gefährdet. Leidtragende sind aber nicht nur die Zulieferer. Es sind auch nicht selten die Servicepartner.

Ich darf einen neuen Aspekt einbringen: Werkstätten, die ihr Image aufpolieren wollen und etwas für den Endkunden tun wollen, werden Servicepartner eines renommierten Unternehmens und bekommen das Abwälzen und das Abdrücken zu spüren, indem sie im Rahmen von Kulanzentscheidungen von den Herstellern gezwungen werden, immer höhere Eigenanteile als Werkstatt zu diesen Kulanzbeiträgen beizusteuern. Es ist nicht akzeptabel, dass meist mittelständische Handwerksbetriebe und die Verbraucherinnen und Verbraucher die Zeche für Fehler in der Produktion tragen müssen.

(Beifall der Abg. Helga Lerch, FDP)

Die Inhaftierung des Vorstandsvorsitzenden von Audi soll für alle maßlos agierenden Verantwortungsträger ein Zeichen sein.

Aber auch das Bundesverkehrsministerium muss aus den Vorfällen lernen. Die von Verkehrsminister Scheuer gesetzte Frist zur Nachbesserung betroffener Pkw durch Software-Updates ist sicherlich ein erster Schritt, allerdings muss strukturell noch etwas passieren.