Herr Präsident, meine Damen und Herren, alle unsere Befürchtungen haben sich bestätigt. Alle unsere Fragen, unsere Zweifel, die wir immer wieder in den vergangenen
Monaten im Plenum, in Ausschüssen vorbrachten, waren mehr als berechtigt. Das sind Worte, die nicht neu sind. Sie fielen fast auf den Tag genau vor sieben Jahren – es war der 10. Juli 2009 – im rheinland-pfälzischen Plenum.
Auch damals kam der Landtag zu einer Sondersitzung zusammen. Es ging nicht um den Hahn. Es ging um den Nürburgring und die damals aufgeflogenen windigen Finanzierungsabenteuer der Landesregierung unter Ministerpräsident Beck. Zu seinem Kabinett gehörte die Ministerin Dreyer.
Wir erinnern uns, Finanzminister Deubel hatte drei Tage zuvor seinen Hut nehmen müssen, und mein Kollege Christian Baldauf leitete damals seine Rede mit den eben zitierten Worten ein. Und Sie haben wieder Aktualität. Grund dafür ist diese Landesregierung.
Verehrte Kollegen, Geschichte wiederholt sich nicht, oder doch? Diese SPD-geführte Landesregierung ist hierfür der beste Beweis, dass sich Geschichte doch wiederholt. Nach den unglaublichen Vorgängen am Nürburgring, die den rheinland-pfälzischen Steuerzahler bislang über eine halbe Milliarde Euro gekostet haben, hätte es keiner mehr für möglich gehalten, dass eine Landesregierung sich in so kurzer Zeit wieder mit unseriösen Geschäftspartnern einlässt und ein Großprojekt, Tausende von Arbeitsplätzen und die Zukunft einer ganzen Region fahrlässig aufs Spiel setzt.
Entschuldigung, Frau Klöckner. Wir sind froh, wenn wir Besucherinnen und Besucher im Landtag haben, aber klar ist, wie auch die Regierungsmitglieder haben sich auch andere mit Beifallsbekundungen bei der Teilnahme an der Sitzung zurückzuhalten. Ich darf Sie bitten, das zu beachten. Bitte, Frau Klöckner.
Geschichte wiederholt sich nicht. Die Parallelen sind aber frappierend: ein zweifelhaftes, riskantes Projekt, keine genauen Zahlen, keine genauen Pläne, windige Geschäftsgebaren, unbekannte Hintermänner, Öffentlichkeit und Parlament, die getäuscht werden.
Erst werden Käufer als seriös gelobt, und man macht schöne Fotos mit ihnen. Kritische Nachfragen von Opposition und Journalisten sind unerwünscht und werden weggewischt. Wenn dann scheibchenweise die Wahrheit ans Licht kommt, dann sind – wir haben es bei Herrn Lewentz wieder gemerkt – natürlich andere schuld. Doch, Geschichte wiederholt sich: von Herrn Beck auf Frau Dreyer, und das nahtlos.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen – Zitat –: „Wir werden alles daransetzen, mit dem Flughafen Hahn in eine gute Zukunft zu gehen.“ – Das waren Ihren Worte, Frau Dreyer,
kurz nach Amtsantritt 2013. Die Menschen haben Ihnen vertraut. Aber sie wurden von diesen Worten enttäuscht. Nach der Landtagswahl versprachen Sie in Ihrer ersten Regierungserklärung – Zitat –: „Wir werden (...) aus Gründen maximaler Transparenz (...) ein Hahn-Veräußerungsgesetz einbringen.“ – Den unbekannten chinesischen Käufer des verschuldeten Flughafens stufen Sie, Frau Dreyer, höchstpersönlich als seriös ein. Ich zitiere: „Ich kann nur sagen, dass ich mich vergewissert habe, dass diejenigen, die die Verkaufsverhandlungen geführt haben, alles an Sicherheiten eingeholt haben, was möglich ist. Nach den Dingen, die wir haben überprüfen lassen, gab es für mich keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass das ein seriöser Partner ist.“
Das waren Ihren Worte, Frau Dreyer, Worte, die jegliche Nachfragen schon zu Beginn ersticken sollten. Sie haben die Marschrichtung damit vorgegeben.
Halten wir fest, Sie haben von einer guten Zukunft für den Hahn gesprochen. Sie haben maximale Transparenz versprochen, und Sie sahen keinen Anlass, an der Seriosität des Käufers zu zweifeln.
Frau Ministerpräsidentin, was ist seitdem passiert? In einem Gutachten aus dem Jahr 2010 des Landesrechnungshofes wurden Ihnen damals klare Kriterien aufgestellt, was das Land bei einer Auswahl von Geschäftspartnern zu tun habe. Damals ging es um den Nürburgring. Ich zitiere: Die gebotene Sorgfalt bei der Auswahl von Geschäftspartnern verlangt schon im gewöhnlichen kaufmännischen Geschäftsverkehr, sich über Professionalität, Seriosität, Bonität und Liquidität eines Vertragspartners hinreichend zu vergewissern. Für Unternehmen der öffentlichen Hand ist darüber hinaus ein rechtlich einwandfreies Handeln möglicher Geschäftspartner von besonderer Bedeutung.
Frau Dreyer, Sie wussten also diesmal ganz genau – und gerade noch als ausgebildete Juristin –, was Sie zu tun haben, was Sie einzuhalten hatten. Sind Sie diesem Maßstab gerecht geworden?
Andere haben für Sie den Job gemacht. Fernsehteams von ARD und ZDF haben aufgedeckt, dass die Sitzadressen Ihrer chinesischen Käufer wohl Briefkastenadressen sind. Richtige Büroräume, ein Firmenschild oder Angestellte findet man dort nicht, stattdessen Kartons mit Drogerieartikeln, was an sich schon nichts Schlimmes ist, aber wenn man den Anspruch hat, einen Flughafen in die Zukunft zu führen, ist das ziemlich bemerkenswert, einen Reifenhändler, der einen mit den Worten begrüßt: Seid ihr auch betrogen worden? – Das warf Fragen auf, Fragen zur Seriosität Ihres Verkäufers.
Herr Dr. Braun, halten wir eines einmal fest, wenn Herr Lewentz Artikel zitiert, kann ich auch Artikel zitieren. Ich vertraue den Öffentlich-Rechtlichen. Ich bin froh, dass es sie gibt. Aber Sie sollten besser nicht mehr den Worten Ihrer Regierung trauen und selbst hinfahren.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist genau dieser Moment des Hochmuts einer Regierung und regierungstragender Fraktionen, die – ja! – die Wahl gewonnen haben. Aber das rechtfertigt nicht, sich ein für allemal über eine Opposition zu erheben, sich lustig zu machen und am Ende dann die Fragen zu stellen, als hätte man sie selbst entdeckt, die man bei der Opposition noch als Schlechtreden einer ganzen Region gebrandmarkt hatte.
ZDF-Recherchen zufolge hat sogar KPMG den Sitz der Käuferfirma in Shanghai erst nach der Vertragsunterzeichnung aufgesucht. Frau Dreyer und Herr Dr. Braun, Sorgfaltspflicht sieht anders aus. Schaden vom Land abzuwenden, das sieht auch anders aus. Frau Dreyer, hierzu müssen Sie sich heute erklären.
Noch Anfang Juni hat das Innenministerium in einer Pressemitteilung behauptet, der Hahn-Investor sei umfassend geprüft worden. Als dann die Hinterhofbilder aus Shanghai die Runde machten, hatten Sie, Frau Dreyer, noch wörtlich kommentiert – ich zitiere –, man dürfe weniger von dem Optischen ausgehen.
Frau Dreyer, Sie haben eine unnachahmliche Begabung, noch bei den größten Ungeheuerlichkeiten so zu tun, als seien Sie Herrin des Geschehens.
Sie selbst bestritten noch, was jeder auf dem Foto sah und was Herr Dr. Braun nicht als bewiesen anerkennt. Ihnen sind die Regierungsgeschäfte anvertraut, Frau Dreyer. Aber Unbehagen machte sich bei anderen breit. Mittlerweile ist der öffentliche Druck auf Sie persönlich und auf Ihr Kabinett so groß geworden, dass Sie Ihren eigenen Käufer vom Staatssekretär suchen ließen: in der Millionenmetropole Shanghai, und das nach Vertragsabschluss, wahrscheinlich zu Last-Minute-Konditionen.
Wohlgemerkt, Sie schickten den Staatssekretär los, der am 8. Juni in einer Pressemitteilung des Ministeriums erklärte – Zitat –: „Hahn-Investor umfassend geprüft“. – Was ist
Verehrte Kollegen, eigentlich war das Ende der Reise schon vorher abzusehen, auch für Sie, Frau Dreyer, bereits vor Vertragsabschluss. Der normale Menschenverstand sagt einem das. Wenn hier nicht investigative Journalisten vor Ort recherchiert hätten, wenn nicht eine kritische Opposition gefragt hätte, wo wären wir dann heute? Wären Sie diesen Fragen dann nachgegangen? Sie hatten ja jeden Zweifel untersagt, die Koalitionäre ebenso, hier in der Aktuellen Stunde vor wenigen Tagen. Die, die nachfragten, waren die Schlechtredner, die Jammerer, die Mutlosen, denen vielleicht „German Mut“ fehlte, Herr Roth. Sie kennen alle Ihre Worte, die Sie damals brauchten.
Frau Dreyer, Ihr Käufer war doch von Anfang an unseriös. Das haben wir gemerkt. Das hat die Öffentlichkeit gespürt. Das haben Medienrecherchen dann belegt. Sie haben doch selbst die Businesspläne – gut, Herr Lewentz kann es jetzt nicht beantworten, es war auch eine Ad-hoc-Frage des Kollegen Licht, die sicherlich wahrscheinlich unstatthaft war, also eine Frage, ob das Kabinett, ob man die Businesspläne gelesen hätte – – –
Ich muss Ihnen wirklich sagen, wenn es um ein solches Zukunftsprojekt am Hahn geht, dann gehe ich schon davon aus, wenn das Kabinett die Hand gehoben hat, dass man sich mit der Thematik im Kabinett auch einmal beschäftigt hat.
Frau Dreyer, Sie haben selbst die Businesspläne, die Unterlagen gelesen, oder etwa nicht? Sollte Frau Dreyer sich nicht persönlich die Verträge angesehen haben, dann wäre das ein Skandal im Skandal.
Seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit – ich gehe davon aus, dass Sie die Businesspläne gelesen haben, da bin ich mir sicher, aufgrund Ihrer Zwischenrufe sind Sie voll im Bilde, die beiden Herren – – –
Sollte Frau Dreyer, wie gesagt, sie sich nicht persönlich angesehen haben, werden wir sowieso hier an dieser Stelle noch einmal darüber reden.
„Abenteuerlich“ ruft Herr Noss. Auch das ist schön zu Protokoll zu geben. Abenteuerlich ist das, womit wir uns hier beschäftigen. Sie wollen doch nicht sagen, dass das