Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Wir fahren fort mit Punkt 6 der Tagesordnung:

Fragestunde – Drucksache 17/6541 –

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Tanja Machalet und Jaqueline Rauschkolb (SPD), Drei Jahre Welcome Center in Rheinland-Pfalz – Nummer 1 der Drucksache 17/6541 betreffend –, auf.

Vortragen wird Frau Dr. Machalet.

Herr Präsident, wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Bedeutung hat nach Einschätzung der Landesregierung die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland für Rheinland-Pfalz?

2. Welche Rolle erfüllen die Welcome Center, und mit welchen Partnerinnen und Partnern werden sie umgesetzt?

3. Wie beurteilt die Landesregierung die bisherige Arbeit der Welcome Center?

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Tanja Machalet und Jaqueline Rauschkolb beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Fachkräftesicherung in Rheinland-Pfalz kann nur gelingen, wenn wir an vielen Stellen gleichzeitig ansetzen. Zunächst einmal geht es uns dabei um die einheimischen Fachkräfte. Aus diesem Grund haben wir im Jahr 2014 mit unseren Partnern vom ovalen Tisch eine der bundesweit umfassendsten Fachkräftestrategien verabschiedet. Dabei handelt es sich um ein großes Maßnahmenbündel, das darauf abzielt, alle denkbaren Fachkräftepotenziale zu heben und gleichzeitig die bereits beschäftigten Menschen gesund und qualifiziert in Arbeit zu halten.

Aufgrund des demografischen Wandels wird dies jedoch nicht reichen. Wir sind auch auf den ergänzenden Zuzug von ausländischen Fachkräften angewiesen. RheinlandPfalz braucht also beides, sowohl die inländischen als auch die ausländischen Fachkräfte, um langfristig ein starker Wirtschaftsstandort zu bleiben.

Zu Frage 2: Rheinland-Pfalz steht international und national im Wettbewerb um hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Mit den Welcome Centern wurde deshalb ein attraktives Angebot für internationale Fachkräfte geschaffen, die eine Arbeit in Rheinland-Pfalz angenommen haben oder noch überlegen, eine Stelle in Rheinland-Pfalz anzunehmen. Ziel ist es, die Fachkräfte bei den Herausforderungen eines Neuanfangs in Deutschland zu unterstützen. Angesiedelt bei den vier Standorten der Industrie- und Handelskammern des Landes in Mainz, Ludwigshafen, Koblenz und Trier beraten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Welcome Center zu Themen wie die Anerkennung von Berufsabschlüssen, zu Fragen der Arbeits- und Wohnungssuche oder auch zum Familiennachzug und Erwerb der deutschen Sprache. Sie weisen darüber hinaus in ihrer Lotsenfunktion auf wichtige Beratungsstellen und Angebote hin. Zielgruppe der Welcome Center sind neben den Fachkräften gleichermaßen auch Unternehmen, die internationale Fachkräfte vermehrt einstellen möchten oder ihre Willkommenskultur im Betrieb weiterentwickeln wollen. Die Welcome Center sind eine gemeinsame Initiative der rheinland-pfälzischen Industrieund Handelskammern und der Landesregierung.

Zu Frage 3: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Welcome Center haben seit ihrem Start in den vergangenen drei Jahren sehr gute Arbeit geleistet. Sie unterstützen zielorientiert, pragmatisch und effizient. Über die persönliche und telefonische Beratung hinaus führen sie regelmäßig Netzwerktreffen in den Regionen durch und bieten Veranstaltungen für Fachkräfte und Unternehmen an. Bei ihrer Arbeit haben sie die Angebote und Zuständigkeiten in der Region im Blick, sodass keine Doppelstrukturen entstehen, sondern Hand in Hand zusammengearbeitet wird. Die Welcome Center sind da ein hervorragendes Angebot, das wir auch gerne weiterhin unterstützen werden.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Dr. Machalet.

Frau Ministerin, vielen Dank. 1.000 Erstkontakte, vier Standorte in drei Jahren. Ist das nicht ein bisschen zu wenig?

Vielen Dank für Ihre Frage, Frau Dr. Machalet. Sie gibt mir Gelegenheit, noch einmal aufzuschlüsseln, was in den drei Jahren passiert ist und wo die Schwerpunkte lagen. 1.100 Erstkontakte entsprechen unseren Erwartungen, weil man sich ja auch vergegenwärtigen muss, dass dieses Angebot der Welcome Center erst einmal bekannt

gemacht und etabliert werden musste. Außerdem – auch das muss man, denke ich, berücksichtigen – wurde die Startphase im Jahr 2015 überlagert von dem großen Zuzug von Flüchtlingen, die nicht die originäre Zielgruppe waren, sodass dort sicherlich erst einmal noch andere Bereiche beraten wurden.

Darüber hinaus ist es auch nicht die Aufgabe der Welcome Center, aktiv anzuwerben – also dass man mit einer großen Offensivkampagne draußen nach Fachkräften sucht –, sondern sie sollen eine Servicefunktion übernehmen, und die Fachkräfte sollen die Welcome Center aufsuchen. Vor diesem Hintergrund sind 1.100 Erstkontakte in dieser Zeit schon als sehr gut zu bewerten, aber natürlich liegt es in unserem Interesse, gerade weil das Angebot so gut ist, dass die Zahlen ausgeweitet werden. Hier sollen insbesondere die IHK-Außenhandelsstellen noch viel stärker mit eingebunden werden, um das Angebot noch bekannter zu machen.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Kessel.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sie haben im Eingangsstatement erwähnt, dass die Welcome Center auf Initiative des Landes und mit Unterstützung des Landes betrieben werden. Wie groß ist der finanzielle Anteil an Landesgeld, das in die Welcome Center fließt?

Vielen Dank, Herr Kessel. Wir haben die Welcome Center vor drei Jahren gemeinsam mit den Industrie- und Handelskammern gestartet, weil sie auch ein Wunsch der Industrieund Handelskammern waren, und hatten damals schon vereinbart, wie wir uns dabei gemeinsam unterstützen können. Fakt ist, dass die vier Welcome Center, die wir haben, komplett von den Industrie- und Handelskammern finanziert werden, weil die Industrie- und Handelskammern den großen Bedarf sehen und wir als Landesregierung vor allen Dingen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit unterstützen.

So wurde jetzt noch einmal der Internetauftritt in unserer Verantwortung mit überarbeitet und ergänzt, sodass das Angebot der Welcome Center nicht nur auf Deutsch und Englisch zur Verfügung steht, sondern auch auf Französisch. Wir haben insbesondere beim Start der Welcome Center vor drei Jahren im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt, sind aber auch so wie jetzt natürlich immer wieder bereit, Seite an Seite mit den Industrie- und Handelskammern dieses Angebot bekannt zu machen. Zuletzt hatten wir eine gemeinsame Bilanzveranstaltung bei Schott, auf der wir auch auf diese guten Erfolge hingewiesen haben. Da arbeiten wir sehr gut mit den Industrie- und Handelskammern zusammen.

Herr Dr. Böhme, bitte.

Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht. Wir hatten ja gestern Abend den Parlamentarischen Abend mit der Marienhaus Unternehmensgruppe. Es ging auch um den Notstand bei den Pflegekräften. Sind denn Pflegekräfte angeworben worden, und, wenn ja, in welchem Umfang?

Danke, Herr Dr. Böhme. Ich will einfach noch einmal deutlich machen, dass es eben nicht die Aufgabe der Welcome Center ist, anzuwerben, sondern dass sie eine Anlaufstelle für Fachkräfte sind, wenn es darum geht, Beratung zu erfahren, Information zu bekommen, auch Begleitung zu erfahren bei Behördengängen. Das ist diese Lotsenfunktion.

Auf der anderen Seite sind sie die Anlaufstelle für die Unternehmen – die beispielsweise auch Krankenhäuser sein können –, die sich dort informieren und fragen: Was haben wir denn für Möglichkeiten, an Fachkräfte aus dem Ausland zu kommen, bzw. was müssen wir als Unternehmen beachten, wenn wir Fachkräfte aus dem Ausland beschäftigen? – Man muss ja auch sagen, es stellt für beide Seiten eine neue Erfahrung und auch eine Herausforderung dar.

Von daher gibt es keine Zahlen der aktiven Anwerbung, aber, um vielleicht diesen Schwenk zu machen, im Rahmen unserer Fachkräfte- und Qualifizierungsinitiative in den Pflege- und Gesundheitsberufen haben wir ein Handlungsfeld der Zuwanderung mit dabei, und dort geht es wirklich darum, aktiv Zuwanderung aus dem Ausland zu steuern. Wir haben hier ein Projekt mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), in dem es um Vietnamesen geht – Pflegekräfte –, die nach Deutschland kommen. Da sind wir mit dem BMWi in einem sehr guten Kontakt; es geht um das Krankenhaus in Alzey und die Uniklinik in Mainz, an denen wir Zuwanderung insbesondere aus Vietnam haben.

Ich denke, richtig aktiv werden kann man sicherlich dann – da hoffen wir auch auf den Bund und die Bundesregierung –, wenn ein Einwanderungsgesetz beschlossen wird, wie es im Koalitionsvertrag angekündigt ist. Das würde sicherlich den Unternehmen, aber auch den Krankenhäusern, all denjenigen, die auf Zuwanderung setzen, noch einmal eine gute Unterstützung sein.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Dr. Groß.

Frau Ministerin, Sie sprachen von 1.100 Erstkontakten in drei Jahren, was eine angemessen hohe Zahl ist. Gibt es da auch eine Nachhaltigkeit, wozu diese Erstkontakte ge

führt haben? Gibt es Zahlen über im Nachhinein daraus entstandene Anstellungen bzw. die Fachkräftegewinnung?

Danke schön, Frau Dr. Groß. Ich kann Ihnen jetzt die Zahlen, wie nachher die Fachkräfte in den Arbeitsmarkt überführt werden, nicht nennen; wir können schauen, ob wir das nachliefern und eine genaue Aufschlüsselung bekommen können. Ich kann Ihnen eine Übersicht darüber geben – wenn wir von 1.100 Erstkontakten seit der Eröffnung sprechen –, wie viele persönlich – ungefähr ein Drittel –, telefonisch – ein Drittel – und per Mail – ein Drittel – stattgefunden haben. Manche Kontakte fanden auch mehrfach statt; man geht also nicht davon aus, dass ein Kontakt mit einem Menschen mit Migrationshintergrund nur einmal stattgefunden hat, sondern zum Teil war das auch häufiger der Fall. Manch anderer wollte vielleicht nur einmal eine Frage stellen.

Es wird nicht automatisch nachgehalten. Wenn jemand fragt, wo er denn jetzt sein Berufsanerkennungsverfahren durchzuführen hat, dann bekommt er diese Information; es ist die Aufgabe des Welcome Center, ihm dabei behilflich zu sein. Er wird aber nicht verpflichtet, sich danach noch einmal zu melden, um mitzuteilen, ich habe jetzt einen Arbeitsplatz gefunden, oder ich bin in dieses oder jenes Unternehmen gegangen. Das ist, wie gesagt, auch nicht Aufgabe der Welcome Center, sondern Aufgabe der Welcome Center ist es, zu beraten. Man kann deshalb keine konkreten Zahlen darüber geben, wer von diesen Erstkontakten direkt in den Arbeitsmarkt überführt wurde.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Dr. Machalet.

Frau Ministerin, können Sie noch einmal näher erläutern – implizit haben Sie das jetzt schon getan –, mit welchen Anliegen sich die Unternehmen und auch die Fachkräfte an die Welcome Center gewandt haben bzw. welche Vorqualifikation sie haben, ob es da bestimmte Schwerpunkte gab?

Das mache ich sehr gerne, Frau Dr. Machalet. Die Anliegen der Fachkräfte drehen sich schwerpunktmäßig um das Thema Arbeitssuche. Das ist sicherlich das größte Thema. Wenn man sich das noch einmal vergegenwärtigt: In 38 % der Fälle geht es um Arbeitssuche. – Das zweite große Beratungsthema ist die berufliche Anerkennung. Das ist wirklich immer ein zentrales Anliegen. Und dann geht es natürlich auch um das wichtige Thema Deutsch lernen – das heißt, wo habe ich die Möglichkeiten, die deutsche Sprache zu erlernen, mich zu verbessern –, weil das einfach der Schlüssel zur Integration auch im Arbeitsmarkt ist. Es geht aber auch um Fragen der Einreise, der Weiterbildung, und es geht – ich finde es sehr schön, dass

die Welcome Center auch diese Unterstützung anbieten – beispielsweise um Fragen des Wohnens, der Wohnungssuche. Es geht um Fragen zu Familie und Kinderbetreuung, was ja ebenfalls mit der Arbeitsaufnahme einhergeht, sodass auch dort die Welcome Center Beratungsarbeit leisten.

Über die Hälfte der Beratungssuchenden ist mit einem akademischen Hintergrund ausgestattet. 80 % von ihnen kommen aus einem Drittstaat, 60 % sind männlich. Das gibt vielleicht so ein bisschen ein Profil.

Wenn man sich die Unternehmen anschaut, die bei den Welcome Centern angefragt haben, dann liegt der Fokus auf der Bewerbersuche. Die Unternehmen kommen zum Welcome Center und sagen, sie brauchen Fachkräfte, sie sind bereit, aus dem Ausland Fachkräfte zu übernehmen. Wo finde ich welche? Wohin kann ich mich entsprechend wenden?

Ein zweiter Block, auf den die Unternehmen einen Schwerpunkt gelegt haben, war: Was müssen wir denn machen, damit das mit der Integration im Betrieb auch klappt? – Es wird dann auch Beratung beispielsweise hinsichtlich Sprachpaten erfolgen, die in den Firmen installiert werden, oder auch hinsichtlich anderer Mentoring-Programme oder auch Unterstützung, die die Welcome Center geben, wenn es darum geht, eine Willkommenskultur im Unternehmen zu etablieren. Auch das sind Punkte, die nachgefragt wurden.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kessel.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben vorhin dargelegt, dass die Flüchtlinge nicht die originäre Zielgruppe bei den Welcome Centern seien. Können Sie etwas dazu sagen, wie groß der Anteil Flüchtlinge ist, die von dort aus betreut werden?

Herr Kessel, das kann ich leider nicht genau aufschlüsseln, da es sich – wie gesagt – nicht direkt an die Flüchtlinge richtet. Vielmehr war es Ziel der Welcome Center, für Fachkräfte aus dem Ausland, aus Drittstaaten, eine Anlaufstelle zu sein. Eine genaue Aufschlüsselung, wie viele es jetzt mit dem Status Flüchtling sind und wie viel andere es sind, habe ich leider im Moment nicht vorliegen. Dazu kann ich Ihnen leider keine Auskunft geben.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüße ich

Mitglieder der Senioren-Union im Bezirk RheinhessenPfalz, Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 151. Mainzer Landtagsseminar und Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Maßnahme des Europäischen Sozialfonds für Deutschland (ESF-Maßnahme) zur Förderung der individuellen Ausbildungsreife im Alter zwischen 17 und 24 Jahren bei der TARGET GmbH Ingelheim. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe damit die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Anke Beilstein und Thomas Barth (CDU), Schulsozialarbeit in Rheinland-Pfalz – Nummer 2 der Drucksache 17/6541 – betreffend, auf. Wer trägt vor? – Bitte schön, Frau Beilstein.

Zum Brief der Arbeitsgemeinschaft der Schulelternbeiräte aus Mainz und Umgebung (ARGE-SEB) fragen wir die Landesregierung: