Meine Damen und Herren, natürlich sind Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit ein wichtiges Themengebiet. Selbstverständlich ist, dass ausländische Straftäter zurückgeführt werden müssen. Keine Partei in diesem Landtag streitet das ab.
Eine Rückführung muss sich aber auf dem Grundgesetz unseres Landes bewegen. Meine Damen und Herren, ich zitiere: „Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen.“ – Meine Damen und Herren von der AfD, falls Sie das nachlesen wollen: Das steht im Grundgesetz, genauer gesagt in Artikel 28 Abs. 1 Satz 1.
Wir – damit schließe ich Sie ein – repräsentieren diesen Rechtsstaat als gewählte Vertreter des Landes RheinlandPfalz. Daher ist es nur logisch, dass wir Rückführungen rechtsstaatlich und menschenwürdig durchführen.
Dafür stehen wir Freie Demokraten und die Koalitionspartner. Die AfD versucht aber wieder einmal den Eindruck zu vermitteln, dass die Landesregierung hiergegen nichts unternimmt. Das ist falsch. Ich sage es Ihnen heute und in einer späteren Rede am Freitag noch einmal: Rheinland
Pfalz steht bei den Rückführungen von abgelehnten Asylbewerbern im Ländervergleich an vierter Stelle. Rechnen wir die freiwilligen Ausreisen von Flüchtlingen hinzu, sind wir sogar an dritter Stelle.
Ich möchte Ihnen in dem Zusammenhang nahelegen, dass Sie sich vielleicht auch einmal den neuen Haushaltsentwurf genau anschauen. Gerichte, Strafvollzug und Polizei werden gezielt durch die Ampelkoalition gestärkt. So sollen 50 zusätzliche Stellen für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie 23 zusätzliche Stellen für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger im kommenden Doppelhaushalt geschaffen werden. Hinzu kommen 44 neue Anwärterstellen im Justizvollzug und zehn Stellen im Psychologischen Dienst des Justizvollzugs. Es werden 25 zusätzliche Stellen für Kommissaranwärterinnen und -anwärter geschaffen, und es sollen Investitionen von fast 60 Millionen Euro in die technische Ausstattung der Polizei getätigt werden.
Mit dem Auswerteprojekt „Erkennen von Risikopersonen aus der Zuwanderungsbewegung im Bereich des islamistischen Terrorismus“ – kurz AERBiT – hat das Land Rheinland-Pfalz ein Analysewerkzeug geschaffen, das es ermöglicht, Personen aus dem Kreis der Zuwanderer zu erkennen, die potenzielle Anwerberziele für Islamisten sind. Zur Klarstellung: Das heißt nicht, dass die Personen der AERBiT alle Gefährder sind.
Zur Sicherheit gehört aber nicht nur eine Stärkung der Justiz und der Polizei, sondern auch eine gelungene Integrationsarbeit; denn wer Teil dieser Gesellschaft ist, wer Möglichkeit zur Teilhabe bekommt, begeht weniger Straftaten. Daher setzt die Ampelkoalition darauf, unsere gesellschaftlichen Werte, wie Freiheit und Demokratie, frühzeitig zu vermitteln, und fördert gezielt den Spracherbewerb.
Jedem wird deutlich, dass wir mit unseren Koalitionspartnern SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN klar für Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, Integration und Prävention stehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD hat heute eine Aktuelle Debatte unter dem Titel „Gefährliche Zuwanderer in Rheinland-Pfalz“ beantragt. Als Innenpolitikerin könnte ich darauf eingehen, wie sich unsere Polizeiliche Kriminalstatistik gerade im Hinblick auf die Kriminalität von Zuwanderern entwickelt hat. Ich könnte darauf eingehen, was die Landesregierung mit dem AERBiT-Projekt umgesetzt hat,
Ich könnte aber auch darauf eingehen, welche rechtsstaatlichen Hürden bei einer Abschiebung bestehen.
Weder darauf noch auf die falschen Behauptungen in der Debatte möchte ich eingehen; denn darauf sind wir schon zahlreich eingegangen. In zahlreichen Ausschusssitzungen hat die Landesregierung dargestellt und in zig Kleinen und Großen Anfragen darauf geantwortet, wie die Situation ist. Das haben wir auch hier schon rauf und runter diskutiert.
Stattdessen möchte ich die Aktuelle Debatte nutzen, um zu verdeutlichen, welche Strategie hinter dem Titel der Aktuellen Debatte steckt. Ich möchte ganz bewusst der AfD in ihrer Strategie nicht auf den Leim gehen. Ich finde es wirklich schockierend, dass die CDU und ihr Fraktionsvorsitzender über dieses Stöckchen gesprungen sind.
Sie von der AfD brauchen das Thema „Flucht und Asyl“. Das ist die Welle, auf der Sie surfen. Das zeigt auch die Auswahl der heutigen Aktuellen Debatte.
Findet ein spektakulärer Kriminalfall statt, bei dem der potenzielle Täter ein Flüchtling ist, dann marschieren Sie auf. Alle Menschen, die Opfer von deutschen Tätern geworden sind, sind Ihnen egal. Diese Fälle machen Sie nicht zum Gegenstand von Berichtsanträgen oder von Aktuellen Debatten.
Es geht Ihnen nämlich nicht darum, Gewalt und Straftaten zu verhindern. Ihnen ist die Herkunft des Täters wichtiger als das Schicksal des Opfers.
Sie ethnisieren damit Kriminalität, „weil es Flüchtlinge sind“. Sie pauschalisieren, die sind alle so, und Sie skandalisieren, es wird immer alles schlimmer durch die Zuwanderung. Damit verleugnen Sie komplexe Zusammenhänge, die zu Straftaten führen. Ein Blick in die Kriminologie würde helfen, aber an seriöser Innenpolitik ist Ihnen nicht gelegen. Sie verbreiten lieber die Mär von der Ausländerkriminalität unabhängig von der Faktenlage.
Was steckt aber dahinter? Sie wollen immer wieder diesen Raum und die Ausschussräume dazu nutzen, um die Worte „Gewalt“, „Messerstecher“, „Vergewaltiger“, „Gefährder“ oder „kriminell“ mit dem Wort „Zuwanderer“ zu verknüpfen. Sie wiederholen immer wieder diese Zusammenhänge so oft, bis sie in die Köpfe der Menschen eindringen und untrennbar dort miteinander verknüpft sind. So funktionieren alle unsere Gehirne. Wenn wir oft genug bestimmte Zusammenhänge wiederholen, dann sind diese Zusammenhänge miteinander verknüpft. Das ist eindeutig Ihre Strategie. Sie werden immer wieder an dieser Stelle das Wort „Flüchtling“ mit „kriminell“ oder „Zuwanderer“ mit „gefährlich“ verknüpfen.
Immer wieder! Und damit wollen Sie den Weg bereiten für Ihre pauschale Ablehnung und Ihre Menschenfeindlichkeit. Sie reden nicht über Menschen mit Migrationshintergrund, die sich hier integrieren, die hier arbeiten und unsere Gesellschaft bereichern.
Sie skandalisieren lieber einzelne Fälle und möchten damit belegen, dass alle Ausländer so seien. Das Bild des gefährlichen Zuwanderers ist die Luft, die Sie atmen. Sie verschieben damit den Diskurs in unserer Gesellschaft. Es fängt leise an mit Flüchtlingswelle, Flüchtlingskrise, Flüchtlingsschwemme. Alle sind im Katastrophenmodus.
Und es geht weiter und weiter und führt bis hin dazu, dass anscheinend das Wort „Asyltourismus“ salonfähig geworden ist. Das ist die Verschiebung, und das ist der aktuelle Zustand, in dem wir uns befinden. Es muss doch klar sein, dass gerade der Begriff „Asyltourismus“ in den Köpfen Bilder erzeugt von Reisen und Freizeitspaß und es nichts damit zu tun hat, dass die Menschen im Mittelmeer ertrinken, sie dort sterben und sie ihre Heimat nicht aus Spaß verlassen, sondern weil sie fliehen müssen.
Das verleugnen Sie, und das ist die Diskursverschiebung. Das ist genau diese Diskursverschiebung, die auch in den Parteien der Mitte ankommt. Das ist das richtig Gefährliche an der AfD. Das gibt Ihnen nämlich Auftrieb. Ich appelliere hier an dieser Stelle – das Wort „Asyltourismus“ ist aus den Reihen der Union gefallen – an alle Demokratinnen und Demokraten, dieses Spiel nicht weiter mitzumachen, diese Diskursverschiebung nicht weiter zuzulassen. Es geht doch um den Kampf, um die Köpfe, ob in den Köpfen ein realistisches oder ein verzerrtes Bild von Zuwanderern existiert. Das liegt doch in unserer Verantwortung hier als Demokratinnen und Demokraten. Lassen wir nicht zu, dass deren Strategie aufgeht. Springen wir nicht über dieses Stöckchen!
Es ist politische Verantwortung, sich der Komplexität der Welt zu stellen. Das Thema „Migration und Integration“ ist komplex, und die Gründe, weshalb jemand straffällig wird, sind komplex. Sie vereinfachen, sie spalten, und das ist unverantwortlich. Seien Sie sich sicher, dass wir nicht über dieses Stöckchen springen und wir diese Strategie immer, wo wir gehen und stehen, entlarven werden.
(Starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zurufe der Abg. Dr. Timo Böhme und Uwe Junge, AfD)
(Zuruf von der CDU: Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Richtig: Unverschämtheit!)
Sie sprechen von einem zivilisierten Staat. Ihre Parteifreunde haben doch nahezu alles dafür getan, dass Innere Sicherheit hier kaputtgeht in diesem Land, sehr geehrter Herr Baldauf.
Abschiebeskandale haben wir in Bayern und in NordrheinWestfalen. Sie haben 2015 und 2016 in Ihrer Verantwortung die Fähigkeit, Grenzen zu sichern, nahezu kaputt gemacht. Es war Ihre Kanzlerin und Parteivorsitzende, die die Grenzen geöffnet hat.
Ich war 2015 Vorsitzender der Innenministerkonferenz. Keine Information, kein Hinweis, überhaupt nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren!