Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

Wie kommt er denn darauf? – Das sagen Sie jetzt hier, dass er sich auf Deutschland bezieht.

(Zurufe aus dem Hause)

Herr Wissing, wenn Sie nicht mehr weiter wissen, ist es Deutschland, Europa oder vielleicht auch irgendeine Kommune. Nur der Herr Wissing hat recht, meine Damen und Herren. So kann man doch keine Politik in diesem Hause machen.

(Beifall der CDU)

Ich bitte Sie deshalb, ein wenig mehr – weil Sie immer auf Ihre Fakten wert legen – faktenorientiert zu arbeiten. So kenne ich Sie eigentlich auch. Aber Sie können doch nichts schönreden, was nicht schönzureden ist. Wir hatten vorhin eine Anfrage zum Zustand unserer rheinland-pfälzischen Brücken. Dieses Thema ist im Übrigen in dem Eingangssatz von Ihnen damit beantwortet worden, dass das in Genua schlimm war. – Ja, das war schlimm. Wir wüssten aber ganz gerne: Was machen Sie in Rheinland-Pfalz zu diesem Thema?

(Unruhe im Hause)

Bundesverkehrsminister Scheuer zusammen mit Ihrer Fraktion schlägt einen Brücken-TÜV für ganz Deutschland vor. Was schlagen Sie vor? – Sie schlagen vor, wir schauen alle drei bis sechs Jahre nach, und da, wo das Geländer am meisten durchgerostet ist, tun wir etwas. Sie erklären uns überhaupt nicht, wo Ihr Konzept zu dieser Frage ist. Wo ist denn Ihr systematisches Erhaltungsmanagement in diesem Bereich?

(Beifall bei der CDU)

Sie haben uns keinerlei vorausschauende Planung genannt. Ich wüsste nur eines zu berichten: Es hängt im Wesentlichen – das wissen Sie – an der personellen Ausstattung des LBM. Da hätte ich gerne von Ihnen die Antwort gehört, ob Sie jetzt bereit sind, nach all dem, was passiert ist, sich wesentlich mehr dafür einzusetzen, dass der LBM personell aufgestockt, in der Anzahl nicht verringert wird und wir es endlich ändern, dass Sie Bundesmittel nicht abrufen können, weil Sie nichts bauen können, sondern es endlich dazu kommt, dass alles umgesetzt wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, das gehört an dieser Stelle zur Wahrheit.

Herr Wissing, ich bestreite nicht, seitdem Sie Wirtschaftsminister sind, hat sich vieles, einiges gebessert. Aber auch Selbstkritik gehört in diesen Raum, um nach vorne zu kommen, um dieses Land nach vorne zu bringen und das Land nicht immer nur schönzureden.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU – Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Dr. Bollinger von der Fraktion der AfD.

(Staatsminister Dr. Volker Wissing meldet zu Wort)

Wir können Sie gerne einschieben.

Herr Dr. Bollinger, ich denke, er will direkt reagieren. Wir lassen ihn direkt reagieren. – Herr Minister, bitte schön. Sie haben das Wort.

Bei allem, was recht ist, Herr Kollege Baldauf, ich finde, man muss auch – – –

(Abg. Martin Brandl, CDU: Geschäftsordnung!)

Selbstkritik ist wunderbar. Das mache ich gerne. Aber wenn Sie ernsthaft sagen, was machen Sie denn, um die personelle Situation des LBM zu verstärken, obwohl Sie genau wissen, dass ich 76 Ingenieurstellen geschaffen und besetzt habe, obwohl Sie das genau wissen; denn ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie in den letzten Tagen, als wir den Haushaltsentwurf vorgestellt haben, nicht zugehört oder irgendetwas anderes gemacht haben als Politik, obwohl Sie genau wissen, dass wir zusätzlich zu den 76 Ingenieuren noch einmal 61 Stellen beim LBM schaffen, frage ich mich, warum Sie hier so tun, als würde beim LBM personell nichts passieren. Warum?

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Weil Sie kein Konzept haben!)

Ich bin gerne selbstkritisch. Aber ich finde, wir müssen in diesem Hause zu einem Punkt kommen, an dem wir uns mit Realitäten und Fakten auseinandersetzen. Ihre Geschichte, dass in Rheinland-Pfalz die Verkehrsinfrastruktur nicht vorangebracht wird, ist schlicht und einfach erfunden.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Rheinland-Pfalz wird das Personal beim LBM aufgestockt, und in Rheinland-Pfalz werden Rekordsummen in die Straßen investiert. Wenn Sie das Gegenteil behaupten, dann sollten Sie einmal Selbstkritik üben.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aufgrund der Wortmeldung der Landesregierung ergibt sich eine weiter verlängerte Redezeit von eineinhalb Minuten für die Redner, die in der zweiten Runde noch nicht gesprochen haben, das heißt, siebeneinhalb Minuten dürfen Sie jetzt reden. Für die CDU-Fraktion gibt es ein neues Rederecht in einer neuen Runde von eineinhalb Minuten.

Herr Dr. Bollinger, Sie haben das Wort. Sie haben jetzt ein Rederecht von bis zu siebeneinhalb Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, dass alle Fraktionen im Hause die große Tüchtigkeit und den Einsatz unserer mittelständischen Wirtschaft anerkennen. Vielleicht sollten wir unseren Blick stärker darauf richten, wie wir diese mittelständische Wirtschaft noch besser unterstützen können. Dafür erhalten wir – damit meine ich alle Fraktionen – viele Anregungen aus der Wirtschaft, die glücklicherweise mit deutlicher Stimme spricht.

Herr Minister, Sie haben eins vorweggenommen, was vorher in der Diskussion noch gar nicht angesprochen worden war. Die Investitionsquote ist in der Tat zu niedrig. Eben wurde darauf hingewiesen, dass es die niedrigste in Deutschland ist, deutlich unter der bayerischen, die bei 11 % liegt.

Sie haben die Eigenkapitalquote als Grund dafür genannt. Eine interessante Perspektive. Da wäre zu überprüfen, ob denn die bayerischen Unternehmen weniger eigenkapitalfinanziert sind als die rheinland-pfälzischen. Wir werden dem einmal nachgehen und das überprüfen. Ein interessanter Aspekt.

Wichtiges Thema, es wurde auch schon genannt: Die Brücken und Straßen im Land müssen besser instand gehalten werden. Der Landesrechnungshof diagnostiziert einen Investitionsstau von fast 1 Milliarde Euro. Das können Sie nicht in Abrede stellen. Hier muss nachgehalten werden. Unsere Große Anfrage zum Thema „Straßenausbaubeiträge und Zustand der kommunalen Straßen“ hat ergeben, dass ein beträchtlicher Anteil auch der Gemeindestraßen in einem bedenklichen Zustand ist, sanierungs

bedürftig ist. Das wäre vielleicht und mit großer Wahrscheinlichkeit nicht der Fall, wenn die Kommunen vom Land besser ausgestattet würden.

(Beifall der AfD)

Womit ich zu einem weiteren Punkte komme – Sie haben uns durch Ihr Filibustern eine Menge Redezeit gegeben –, nämlich dass die Kommunen entsprechend auszustatten sind. Das ist wichtig für die Wirtschaft vor Ort, die die kommunale Infrastruktur nutzt und die Arbeitskräfte vor Ort braucht, die dann vielleicht vor Ort leben.

Wir müssen den Breitbandausbau beschleunigen. Hier hat sich in den letzten Jahren zwar einiges getan, aber auf niedrigstem Level. Deutschland hängt in dem Punkt hinter Entwicklungsländern zurück. Wir sind auf dem 40. Platz, stehen hinter Ländern in Mitteleuropa und auf dem Balkan. Das kann nicht sein für eine so hoch entwickelte Industrienation. Rheinland-Pfalz ist in Deutschland wiederum im hinteren Mittelfeld.

Wir müssen den Mobilfunkstandard 5G weiterentwickeln. Auch hier ist geschlafen worden. Die Weiterbildung für das digitale Zeitalter muss forciert werden. Hier müssen auch die Lehrer entsprechend befähigt werden, ihre Schüler weiterzubilden.

Der Fachkräftemangel wird von der Wirtschaft beklagt. Wir haben zwei Schienen, einmal das Thema Ausbildung. Anzahl und Ausbildungsreife der Azubis: Hier muss das duale System gestärkt werden. Es kann nicht sein, dass die Akademisierungsquote, die Abiturquote, immer weiter über die 50 % steigt. Wir müssen zurück zu einer Aufteilung, die den Interessen der Wirtschaft und den jungen Menschen entgegenkommt.

(Beifall der AfD)

Thema „Fachkräftemangel“. Wenn Sie sich für eine zielorientierte Zuwanderung rein nach Qualifikation einsetzen, die die Interessen der Wirtschaft und der Bürger an erste Stelle stellt, dann können Sie mit unserer Unterstützung rechnen. Dann haben wir gar nichts gegen eine solche Regelung.

(Beifall der AfD)

Die Wirtschaft fordert eine bürger- und unternehmerfreundliche dienstleistungsorientierte Verwaltung. Wir hören, dass der Zustand schon nicht schlecht ist, aber das Bessere ist des Guten Feind. Auch hier gibt es sicherlich noch viel zu tun.

Bezahlbare Energiepreise, die von Ihrer Energiewende nach oben getrieben werden, und die Unterstützung der Kommunen hatte ich schon genannt.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Nun erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Dr. Alt von

der Fraktion der SPD.

Vielen Dank. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte mich während der Rede von Herrn Baldauf noch einmal kurz zu Wort gemeldet, weil ich schon glaube, wir dürfen uns nicht gegenseitig – ich will nicht sagen, Dinge im Mund herumdrehen – so einseitig und eng interpretieren, dass nachher das Gegenteil dessen, was man eigentlich gesagt hat, kommentiert wird.

Ich erinnere mich zufällig genau an das Zitat, das Sie gebracht haben: „Wir sind schon die Nummer 1.“ Das bezog sich nicht darauf, dass die Landesregierung der Auffassung sei, man könne das Regieren einstellen, weil alles toll wäre, sondern das bezog sich auf eine ganz genau definierte Zahl, die Dr. Wissing als Wirtschaftsminister in den Mittelpunkt einer seiner letzten Reden gestellt hatte. Ich glaube, man leistet einen Beitrag zur Politikverdrossenheit, wenn man hingeht und das in einen völlig anderen Kontext stellt, so, wie Sie es vorhin getan haben.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kann jeder noch einmal im Protokoll nachlesen.

Noch deutlicher wird diese Methode beim Thema „Künstliche Intelligenz“. Nach dem Beitrag des Wirtschaftsministers von vorhin ist deutlich geworden, welchen Schwerpunkt das Thema „Künstliche Intelligenz“ gerade am Standort Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz hat, und dass sich das Zitat, das Sie gebracht haben, auf einen bundesweiten Diskussionsprozess bezog. Dann sich hinzustellen – unmittelbar nachdem man gerade darüber gesprochen hat – und so zu tun, als ob in Rheinland-Pfalz das Thema „Künstliche Intelligenz“ keine Rolle spielen würden, ist nicht redlich.