Protokoll der Sitzung vom 24.08.2018

Mit Verlaub, es zeugt nicht gerade von hoher Sachkompetenz, wenn das grün geführte Migrationsministerium fast in jeder zweiten Antwort ausführt, dass mangels Rückmeldungen der Ausländerbehörden oder wegen nicht geführter Statistiken keine Aussagen zu zentralen Fragen der Flüchtlingspolitik getroffen werden können.

(Beifall bei der CDU und der AfD – Abg. Uwe Junge, AfD: Offenbarungseid!)

Wie wollen Sie die Integration anerkannter Asylanten angemessen bewerkstelligen, wenn Sie nicht wissen, wie viele Flüchtlingskinder die Schulen in Rheinland-Pfalz besuchen?

(Zuruf von der AfD: So ist es!)

Wie wollen Sie das Erfordernis der Integration in dem anstehenden Kita-Gesetz hinreichend berücksichtigen, wenn Sie nicht wissen, wie viele Kinder in den betroffenen Kitas sind? – Für all das braucht man verlässliche Zahlen. Es ist schon bezeichnend, dass eine Partei, die ansonsten die Transparenz wie eine Monstranz vor sich herträgt, eine derart hohe Intransparenz an den Tag legt.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Genau! – Abg. Uwe Junge, AfD: Sehr gut, Herr Kessel!)

Hier stellt sich die Frage, ob das politisch so gewollt ist oder aus reinem Unvermögen resultiert.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Auch kann es nicht sein, dass die Zahl der auf die Kommunen verteilten Asylsuchenden ohne Bleibeperspektive nicht statistisch erfasst wird. Liegt es etwa daran, dass Sie den Bürgern verschweigen wollen, dass über 90 % der Asylbewerber in Rheinland-Pfalz vor Ablauf der Sechsmonatsfrist aus der Erstaufnahme entlassen und auf die Kommunen verteilt werden, und das, obwohl nur 30 % anerkannt sind?

Die Konsequenz dieser verfrühten Entlassung ist, dass viele Asylbewerber ohne Bleibeperspektive dann wieder für die Ausreise in langwierigen und kostspieligen Verfahren aus den Kommunen geholt werden müssen – von den

Kosten für die rheinland-pfälzischen Kommunen ganz zu schweigen.

2016 hatten diese für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern Kosten in Höhe von 320 Millionen Euro zu tragen. Wahrlich kein Pappenstiel. Offensichtlich hat das Integrationsministerium weder einen genauen Plan noch einen genauen Überblick über die Flüchtlinge im Land.

Wenn die Landesregierung Fragen zur Flüchtlingspolitik mehr schlecht als recht beantwortet, ist dies Wasser auf die Mühlen der AfD, die einzig dieses Thema am Leben hält.

(Zurufe von und Heiterkeit bei der AfD)

Im Gegensatz zur AfD, die das Flüchtlingsthema für populistische Stimmungsmache missbraucht, hat die CDU in den letzten Jahren konkrete Vorschläge gemacht, wie wir Integration erfolgreich gestalten, den Missbrauch des Asylrechts unterbinden und die Kommunen entlasten können.

(Beifall bei der CDU)

Hierzu gehört unter anderem unsere Forderung, die Rückführung landesweit zu zentralisieren und abgelehnte Asylbewerber erst gar nicht auf die Kommunen zu verteilen, sondern direkt aus der Einrichtung zurückzuführen.

Die letzte Forderung greift die Ankerzentren auf, in denen alle relevanten Behörden in zentralen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen eng unter einem Dach zusammenarbeiten sollen. Zugleich kann mit deren Hilfe die aktuell unbefriedigende Situation bei der Rückkehr Ausreisepflichtiger deutlich verbessert werden, da abgelehnte Asylbewerber direkt aus den Zentren entweder in die Heimatländer zurückgeführt oder gemäß dem Dublin-Abkommen in den zuständigen EU-Mitgliedstaat zurücküberstellt werden.

Apropos Rückführungen: Abschiebungen in RheinlandPfalz werden von den dafür zuständigen kommunalen Ausländerbehörden sehr unterschiedlich vorangetrieben. Zudem kommt es immer wieder zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen Ausländerbehörden und dem Integrationsministerium. Hier zeigt sich, wie wichtig es wäre, Rückführungen landesweit in der Verantwortung des Landes zu zentralisieren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Würde man zentral zurückführen, hätte man einen besseren Überblick und könnte die Verfahren deutlich beschleunigen.

(Beifall bei der CDU)

Zur Beschleunigung der Asylverfahren würde auch die Ausweitung der Liste von sichereren Herkunftsländern beitragen, deren Umsetzung die Grünen mit ihrer ideologischen Blockadehaltung seit Jahren verhindern, und das, obwohl Migranten aus Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien, deren Asylantrag fast ausschließlich ökonomisch motiviert ist, nur sehr geringe Bleibeperspektive haben.

(Beifall bei CDU und AfD)

Meine Damen und Herren, die Antwort der Landesregierung zur Großen Anfrage ist ein entlarvendes Eingeständnis für eine verfehlte Flüchtlingspolitik. Sie zeigt ein eklatantes Informationsdefizit, aber auch ein gravierendes Umsetzungsdefizit bei Rückführungen. Dies bestätigt wieder einmal unsere Forderung, wonach die Asylpolitik ins Innenressort gehört, Herr Minister.

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, ich frage mich, wie lange wollen Sie die Fehlentwicklungen in der Flüchtlingspolitik noch hinnehmen? Anstatt klarer Worte, wie es unlängst Ihre eigenen Genossen gefordert haben, drücken Sie beide Augen zu, um den Minikoalitionspartner bei der Stange zu halten. Sachpolitik wird weiter auf dem Altar der Machtpolitik geopfert.

(Beifall der CDU und der AfD – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Widersprüchlich bleibt auch Ihre Haltung in Sachen Ankerzentren. Während Sie im Koalitionsvertrag in Berlin deren Einrichtung zugestimmt haben, lehnen Sie diese in Mainz vehement ab. Glaubwürdig ist das nicht.

Sehr geehrte Frau Dreyer, es liegt an Ihnen, für mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit zu sorgen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für eine Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Böhme das Wort.

Ja, meine Damen und Herren, Herr Kessel, es ist ja sehr schön, dass Sie uns ja im Wesentlichen zustimmen, aber was ich einfach unschön finde ist, dass Sie der Versuchung nicht unterlegen oder nicht widerstehen konnten – so ist es richtig –, uns dann doch wieder zur entbehrlichen Opposition zu erklären. Ja, die CDU hätte alles schon gemacht, ja. Warum gibt’s uns überhaupt? Ja, das ist immer eine Aussage, die mich ein bisschen stört, gerade von Leuten, die sich immer so als die Überdemokraten hier in diesem Parlament darstellen.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Ja, und ich will einfach mal darauf hinweisen, dass Sie durchaus nicht alle Zahlen an den Tag bringen, ja. Als wir gemeinsam im vertraulichen Teil der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses saßen, haben alle zugehört, aber ich war derjenige, der dann am Ende die Kleinen Anfragen gestellt hat und die Mündliche Anfrage

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Ach, Gott! – Weitere Zurufe von der CDU)

und die Ministerin dazu gebracht hat zuzugeben, dass 34 Millionen Euro

(Beifall der AfD)

nur für die Asylbewerbererstaufnahme ausgegeben wurden.

(Abg. Martin Haller, SPD: Erzählen Sie doch nicht so einen Kram! Das ist doch kompletter Unsinn, den Sie hier erklären!)

Also Sie bringen bei Weitem nicht alle Zahlen an die Oberfläche, meine Damen und Herren. Und wir sind als Opposition genauso wichtig wie Sie.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Danke schön. – Dann kommen wir zur nächsten Rednerin. Entschuldigung, zum nächsten Redner. Für die FDPFraktion hat sich Herr Kollege Roth gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort, Herr Roth.

Ich bin eindeutig ein Mann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Anfragen, egal ob Kleine oder Große Anfragen, sind das Recht eines jeden Abgeordneten, und zwar vorrangig Recht der Opposition zur Kontrolle der Landesregierung. Ich bin froh und dankbar dafür, dass dieses Recht in unserer Demokratie fest verankert ist. Kluge, geschickte und vernünftige Fragen sind Grundlagen für eine Anfrage und ein Teil unserer Arbeit.

Es gibt aber Ausnahmen. So auch dieses Mal hier. Ich möchte exemplarisch nur auf zwei Themenkomplexe eingehen.

So fragt die AfD in ihrer Großen Anfrage nach meldepflichtigen Krankheiten bei Asylbewerbern. Das können Sie natürlich. Das ist keine Frage. Was ist aber der tatsächliche Mehrwert? – Sie wissen jetzt, dass die Asylbewerberinnen und Asylbewerber einen sehr geringen Anteil an den meldepflichtigen Krankheiten ausmachen. Das wussten Sie aber bereits vorher; denn eine Kleine Anfrage von Ihnen – Drucksache 17/6874 – mit dem Thema „Gesundheitsversorgung Asylsuchender“ fragt die Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden ab.

Die nächste Kleine Anfrage der AfD fragt nach der elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerber. Das übrigens unter der Drucksache 17/2059. Während Sie allerdings nur ein Thema und eine Personengruppe abfragen, kümmert sich die Ampelkoalition um die Menschen insgesamt.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie stellen der Landesregierung 53 Fragen, welche oftmals schon behandelt wurden. Sei es hier im Plenum, sei es in den Ausschüssen oder in öffentlichen Diskussionen. Natürlich fragen Sie wieder nach meldepflichtigen Krankheiten mit demselben Ergebnis.