Protokoll der Sitzung vom 19.09.2018

Änderung der Geschäftsordnung des Landtags Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 17/7337 –

Gibt es Wortmeldungen? – Herr Abgeordnete Haller hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der heute beantragten Änderung der Geschäftsordnung schließen wir eine Lücke, die sich bei der Frage aufgetan hat, wie viele Abgeordnete eine Fraktion bilden können. Die Geschäftsordnung des Landtags lässt diese Frage bislang unbeantwortet.

Es soll nun geregelt werden, dass mindestens fünf Abgeordnete, die derselben in den Landtag gewählten politischen Partei angehören, sich zu einer Fraktion zusammenschließen können. Diese Größe von fünf Abgeordneten orientiert sich im Übrigen an Mindeststärken in anderen Parlamenten. In den zurückliegenden Wahlperioden war eine solche Regelung aufgrund der Zusammensetzung des Parlaments nicht notwendig.

Nicht nur der Deutschen Bundestag, sondern auch die Parlamente in den Ländern haben mittlerweile beinahe ausnahmslos eine Mindestgröße für die Fraktionen festgeschrieben. Insoweit passen wir die Geschäftsordnung an den inzwischen vorherrschenden parlamentarischen Standard an und schaffen damit zugleich Rechtsklarheit. Zu berücksichtigen ist mitunter auch, dass Fraktionen, einmal gebildet, den Fraktionsstatus beibehalten und in der Regel nicht aberkannt bekommen können.

Mit der neuen Regelung bleiben sowohl die Funktionsfähigkeit des Parlaments als auch das Fraktionsbildungsrecht der Abgeordneten gleichermaßen gewahrt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der neuen Regelung soll auch verhindert werden, dass sich Kleinstund Parallelfraktionen bilden können. Der Landtag BadenWürttemberg hatte im Jahr 2016 nach der Trennung der dortigen AfD-Fraktion die Bildung von Parallelfraktionen zulassen müssen.

Die Geschäftsordnung des Landtags schließt die Bildung von Parallelfraktionen nicht aus. Insbesondere enthält § 8 der Geschäftsordnung keine ausdrückliche Regelung, die Abgeordneten das Recht zur Gründung einer Fraktion nimmt, wenn Abgeordnete gleicher Parteizugehörigkeit bereits eine Fraktion gegründet haben. Als Voraussetzung für den Zusammenschluss regelt die Geschäftsordnung bisher nur, dass die sich zu einer Fraktion zusammenschließenden Abgeordneten derselben in den Landtag gewählten politischen Partei angehören müssen. Auch aufgrund dieser Problematik ist die vorgeschlagene Änderung der Geschäftsordnung sinnvoll und geboten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Brandl.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir halten die Regelung zur Änderung der Geschäftsordnung für geboten. Folgende Gründe sprechen aus unserer Sicht dafür: Es ist zum einen einer Zersplitterung des Landtags in Kleinsteinheiten vorzubeugen, andererseits könnte die Arbeitsfähigkeit des Parlaments verkompliziert werden.

Nicht umsonst gibt es in Deutschland und insbesondere natürlich in Rheinland-Pfalz die Fünf-Prozent-Sperrklausel, die genau das Ziel hat, einer Zersplitterung vorzubeugen. Deshalb ist es so: Wenn man voraussetzungslos die Bildung von Fraktionen zulassen würde, würde das dem Ziel der Fünf-Prozent-Klausel zuwiderlaufen. Auch ist es so, dass die Bildung von Kleinstfraktionen mit Sicherheit dem Wählerwillen, der in der Wahl zum Ausdruck gebracht wurde, zuwiderlaufen würde.

Des Weiteren ist es so, dass die Bildung einer Fraktion auf Langfristigkeit ausgelegt ist. Genau aus diesem Grund sind gewisse Hürden notwendig, um spontanen Abspaltungen vorzubeugen. Diese Voraussetzung einer Mindestanzahl von Abgeordneten schützt die Institution des Parlaments insgesamt. Eine solche Regelung gibt es in vielen anderen Bundesländern, sogar in fast allen. Dieser Bedarf einer Mindestgrenze zur Bildung von Fraktionen ist weithin unumstritten. Deshalb stimmen wir diesem Antrag heute zu.

(Beifall der CDU und bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Bollinger das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Den bisher erwähnten Argumenten können wir zustimmen. Es ist nicht im Interesse des Steuerzahlers, dass viele Kleinstfraktionen überproportional Steuergelder in Anspruch nehmen. Vor diesem Hintergrund werden wir dem dargelegten Antrag zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/7337 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig angenommen. Aufgrund der Regelungen des Antrags tritt er unmittelbar mit Beschlussfassung in Kraft.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE DEBATTE

Kerosinablass über Rheinland-Pfalz ernst nehmen: Gefahren zeitnah und gründlich erforschen, mehr Transparenz herstellen, Alternativen zum Kerosinablass entwickeln auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/7209 –

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Baldauf das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Über Rheinland-Pfalz wird so viel Kerosin wie über keinem anderen Bundesland abgelassen. Im Jahr 2017 waren es etwa 370 t Treibstoff, die über der Pfalz, dem Hunsrück und der Eifel niedergingen.

Umstritten sind die Folgen für Mensch und Natur. Wie viel von dem abgelassen Kerosin verdunstet? Im Sommer? Im Winter? Wie viel kommt auf dem Boden auf? Inwiefern ergeben sich negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit und die Umwelt? Um wie viel gefährlicher ist der Treibstoff, den Militärmaschinen verwenden?

Bisher fehlt es an ausreichenden Erkenntnissen. Studien hierzu sind teilweise 25 Jahre alt. Derzeit laufen neue Untersuchungen zu den Risiken, doch dafür werden nur neue Berechnungen angestellt, gemessen wird nicht. Bei alledem ist es kein Wunder, dass die Bevölkerung in den betroffenen Regionen verunsichert ist, sich Bürgerinnen und Bürger sorgen, wenn sie hören, dass wieder Kerosin etwa über dem Pfälzerwald abgelassen worden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist sowohl Aufgabe der Politik – von uns als Politikern, ich betone, allen politischen Ebenen – als auch Aufgabe der Fluggesellschaften, Unsicherheiten zu klären und eventuellen Gefährdungen entgegenzuwirken. Die Menschen haben ein Recht auf Transparenz und Klarheit. Allzu lange Zeit ist unklar gewesen, wo genau auf der Strecke ein Flieger wie viel Kerosin ausschüttet.

Überhaupt ist größtmögliche Transparenz ein entscheidender Punkt. Dazu gehört, dass die Bevölkerung umgehend zeitnah informiert wird, wenn Flugzeuge Treibstoff abgelassen haben, dass den Ursachen konsequent nachgegangen wird und Treibstoffablässe öffentlich dokumentiert werden, vor allem, wenn technische Ursachen dem Kerosinablass zugrunde liegen.

Um Verbesserungen in diesem Bereich zu erzielen, hat sich die CDU-Fraktion persönlich an das Bundesumweltministerium sowie mehrfach an das Bundesverkehrsministerium gewandt. Vonseiten des Bundesverkehrsministeriums können wir zwei Zusagen mitteilen:

Erstens: Das Ministerium hat zu Wochenbeginn angekündigt, alle relevanten Daten zu einem Kerosinablass künftig unmittelbar im Internet auf der Seite der Deutschen Flugsicherung zu veröffentlichen. –

Ich darf an dieser Stelle sagen, wenn Sie jetzt auf die Seite gehen, steht es dort schon. Gerade eben ist die Meldung von Staatssekretär Bilger eingegangen.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens: Darüber hinaus hat gestern das Bundesverkehrsministerium angeboten, zeitnah eine Informationsveranstaltung zum Thema „Kerosinablass“ mit verschiedenen Experten in Rheinland-Pfalz durchzuführen, was ich sehr begrüße. – Das sind zwei konkrete Schritte, die helfen, Transparenz herzustellen, aber allein noch nicht ausreichen.

Ich unterstütze die Initiative der Ministerpräsidentin, dass sie gegenüber dem Bund auf mehr Forschung drängt, um synthetische Kraftstoffe in überschaubarer Zeit zu entwickeln. Aber wir sehen auch Sie, die Landesregierung in der Pflicht. Prüfen Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten zügig Optionen, die zu einer Verbesserung der aktuellen Praxis führen. Der reine Fingerzeig nach Berlin reicht nicht.

(Beifall der CDU)

Bisher haben Sie nicht gesagt, was Sie selbst konkret angehen wollen. Die CDU-Fraktion fordert Sie deshalb auf: Ergreifen Sie in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Bund weitere Maßnahmen. Eckpunkte dafür sind unter anderem folgende: tatsächliche Messverfahren, um vor Ort festzustellen, welche Auswirkungen der Kerosinablass auf Mensch und Natur in den betroffenen Regionen hat, konkrete Messungen, ob und wie viel Kerosin die Bäume und den Boden erreicht, und die Erforschung alternativer Verfahren zum Kerosinablass.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur Bund und Land, vor allem auch die Flugzeughersteller und Fluggesellschaften sind in der Verantwortung, den Kerosinablass so gering wie nur irgend möglich zu halten und Risiken für Mensch und Natur zu minimieren. Wir haben deshalb an die Lufthansa geschrieben und sie gebeten, mit der CDU-Landtagsfraktion und betroffenen Interessengruppen zu sprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Ablass von Kerosin darf nur das letzte Mittel in einer Krisensituation sein. Vor allem technische Fehler, die einen Kerosinablass nötig machen, müssen weitgehend ausgeschlossen werden.

Derzeit finden bei technisch bedingten Ablässen keine amtlichen Untersuchungen statt. Es ist immer unklar: Gibt es Wartungsfehler, Konstruktionsmängel oder fehlerhafte Ersatzteile, die für den Ablass von Kerosin verantwortlich sind? – Genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss künftig transparent und klar dargelegt werden, und deshalb fordern wird dies auch von den Fluggesellschaften.

(Beifall der CDU)

Unabhängig davon, ob eine kritische Situation vorliegt oder nicht, schlage ich einen Fonds vor, in den Airlines einzahlen müssen, wenn sie Kerosin freigesetzt haben. Lassen Sie uns über eine Gebühr nachdenken, die nach Ablasshö

he, -menge und Gefährlichkeit der Inhaltsstoffe gestaffelt zu zahlen ist.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Ende. Ich halte eine solche Gebühr nach dem Verursacherprinzip als Ausgleichsmaßnahme für zügig umsetzbar und wirkungsvoll. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Freiheit über den Wolken darf eben nicht grenzenlos sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Sehr gut!)

Wir dürfen Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen und freuen uns ganz besonders, eine Delegation des Regionalrats Burgund-Franche-Comté unter der Leitung des dortigen Vizepräsidenten Patrick Ayache bei uns willkommen heißen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Schweitzer das Wort.