Protokoll der Sitzung vom 30.01.2019

(Beifall der SPD und bei der FDP – Zurufe von der AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist bizarr!)

Das ist nicht mein Begriff von einer verantwortungsvollen Bildungspolitik, aber offensichtlich Ihrer.

Zum Zeitpunkt des Beginns der Schulstrukturreform war ich Lehrerin an einer Realschule.

(Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Mein Gott!)

Ja, das war vor allem für uns Kolleginnen und Kollegen damals eine Nachricht, die erst einmal mehr Fragen als Antworten parat hatte. Zur Wahrheit gehört auch,

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

dass das Feld der Kritikerinnen und Kritiker in den Kollegien deutlich kleiner geworden ist. Aber ja, es stimmt auch, es stehen nach wie vor einige der Realschule plus kritisch gegenüber.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Viele! Die Mehrheit!)

Denen schenken Sie allerdings einseitig Gehör.

Viel größer ist die Gruppe der Kolleginnen und Kollegen, die mit viel Sachverstand, Professionalität, aber auch mit Herzblut für ihre Schule gearbeitet haben, und sie haben Konzepte entwickelt, die die Realschulen plus zu Schulen der Zukunft gemacht haben,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die machen ihre Arbeit so gut sie können, trotz der schlechten Rahmenbedingungen, die Sie verantworten!)

mit einem breiten Angebot von berufsbezogenen Fächern, einer intensiven Berufsorientierung oder zum Beispiel auch dem Praxistag und im MINT-Bereich einer besonderen För

derung von leistungsstarken Schülerinnen und Schülern.

Eine große Herausforderung war der verstärkte Zuzug von Geflüchteten, das ist richtig. Hier haben die Realschulen plus in den letzten Jahren die Hauptlast getragen. Allerdings haben sich auch andere Schularten daran beteiligt. In manchen Kommunen wurde das sehr, sehr gut moderiert. Es hätte dem einen oder anderen Realschule plusStandort gutgetan, wenn das überall genauso gewesen wäre, aber das ist ein anderes Feld.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

In der Woche der Realschulen plus wurde im ganzen Land sichtbar gemacht, wie gut diese Schulen aufgestellt sind. Bläserklassen haben die Gäste begrüßt, Technikprojekte wurden vorgeführt, und Demokratieerziehung wurde erlebbar gemacht. Ich bin stolz auf diese Arbeit in unserem Land, und als Mutter habe ich ganz persönlich sehr gute Erfahrung mit der Realschule plus gemacht.

(Beifall der SPD und bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Ich auch!)

In diesem Doppelhaushalt investieren wir Geld in die Digitalisierung der Schulen. Ganz praktisch bedeutet das, dass die Kolleginnen und Kollegen mehr Unterstützung bekommen, ihren Job zu machen, und nicht mehr selbst Kabel verlegen müssen. Das Land unterstützt die Kommunen bei der Einstellung von Schulsozialarbeitern, und zwar massiv, und es werden nach und nach didaktische Koordinatoren in die Schulleitungen berufen,

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

um die Fortführung der Konzeptentwicklung zu tätigen. Das sind ganz aktuelle Maßnahmen aus diesem jetzt laufenden Haushalt.

Die Hauptschule, die Sie hier wieder fordern, hat der Souverän selbst nicht mehr gewollt – das ist doch die Wahrheit –, nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern in der gesamten Bundesrepublik. Die Realschule plus in integrierter und kooperativer Form war die Antwort. Sie bietet den Schülerinnen und Schülern eine größere Durchlässigkeit; denn das war gewünscht.

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Zu welchem Preis? Das ist die Frage!)

Zur Ehrlichkeit gehört doch – offensichtlich fehlt Ihnen da die Sachkenntnis –, an ganz vielen Hauptschulen konnte man schon damals, schon vor 10, vor 15, vor 20 Jahren auch den Realschulabschluss machen. Es kamen nämlich Realschullehrer und haben diesen Abschluss abgenommen.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Es sind also tatsächlich nur zwei zusammengekommen, die schon längst gemeinsame Sache gemacht haben.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So sieht es aus!)

Es ist nämlich eine Geschichte, eine Mär, das ist nicht das, was tatsächlich der Zustand damals, im Jahr 2008 war, den Sie hier beschreiben, ein reines dreigliedriges Schulsystem. Das ist eine Fantasie der AfD.

(Beifall der SPD)

Die Kritik nehmen wir ernst, und ich habe eben ja auch beschrieben, welche aktuellen Antworten die Ampelkoalition hierauf gegeben hat. Aber was nicht geht, ist, dass hier eine Schulart systematisch kaputtgeredet wird, weil man den Zustand der 70er-Jahre wiederherstellen will, weil man einfach viel zu viel Angst vor Veränderung hat, viel zu viel Angst vor der Zukunft!

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: So sieht es aus, Giorgina!)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Beilstein.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Landesregierung hat einen großen Hang zu Euphemismen.

(Beifall bei der CDU)

Im Erfinden wohlklingender Titel und Schlagworte ist sie wirklich spitze. In der Debatte eben hatten wir schon so eine „Wohlfühlvokabel“: Aus der „Kita-Novelle“ wird demnächst das „Kita-Zukunftsgesetz“. Genauso ging es auch vor 10 Jahren im Schulbereich. Damals wurden Hauptund Realschule zusammengelegt, und es entstand eine „Realschule plus“. Worin liegt aber genau das Plus? Unter Plus versteht man gemeinhin etwas Positives. Doch die Eltern haben längst erkannt, dass diese kreative Wortgestaltung mit ihren Erwartungshaltungen nicht kompatibel ist.

(Beifall bei der CDU)

So wundert es nicht, dass die Landeselternvertretung zu dem zehnjährigen Jubiläum kräftig Wasser in den Wein gießt: Das „plus“ habe Hoffnungen geweckt, aber bereits kurz nach der Einführung der Realschule plus seien die Eltern aufgebracht und erbost gewesen. Man fühle sich enttäuscht und im Stich gelassen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: So ist es!)

Der LEB hat von Beginn an exakt die Problemfelder benannt, insbesondere zu wenige Fördermöglichkeiten. Er hat moniert, dass die individuelle Förderung nicht ohne eine entsprechende personelle und finanzielle Ausstattung möglich sei.

Was hat sich geändert? Nichts. Heute, 10 Jahre später, stellt sie das Zeugnis aus: Mangelhaft. Nun darf man zu Recht fragen: Wer ist denn Empfänger des Zeugnisses? Nach Meinung der CDU ganz sicher nicht die Lehrerinnen und Lehrer der Realschule plus. Die machen wirklich einen

(Beifall der CDU und der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Empfänger sind in der Politik zu suchen, und die haben auch prompt reagiert. Frau Brück geht die Eltern an, die Eltern, die die Realität erleben, und macht ihnen den Vorwurf des Schlechtredens. Sie lässt verlauten, das sei „kontraproduktiv“ und führe zu „Verunsicherung“.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Kritik unerwünscht! – Abg. Joachim Paul, AfD: Störfaktor Kritik!)

In das gleiche Horn stößt die Bildungsministerin, die den Eltern vorwirft, ein falsches Bild zu zeichnen, das andere Eltern von einer Entscheidung bei der richtigen Schulwahl für ihre Kinder abhält. Gerade eben haben wir erlebt, auch Frau Kazungu-Haß lässt sich nicht abhalten und stimmt in dieses gleiche Aufjaulen ein.

(Beifall der Abg. Gabriele Wieland, CDU, und der AfD)

Da kann ich nur sagen, liebe Frau Brück, liebe Frau Ministerin, liebe Frau Hubig, das hat doch eines deutlich gemacht: Sie nehmen die Sorgen der Eltern schlicht und ergreifend nicht ernst.

(Beifall der CDU und der AfD – Zuruf der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Ganz im Gegenteil. Frau Brück geht sogar noch weiter und bezeichnet die Äußerungen der Eltern als „überzogen“ und versteigt sich zu der Aussage: „Markige Worte (...) helfen (...) nicht weiter.“

(Abg. Bettina Brück, SPD: Ja, so ist es!)

Nun ja, Sie sagen: So ist es. Ich sage Ihnen, Frau Brück, schönzureden und die Augen vor Problemen zu verschließen, hilft ganz gewiss auch nicht weiter.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)