Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie;

Frau Anklam-Trapp, vielen Dank. Diese Frage gibt mir noch einmal Gelegenheit darzustellen, dass die aktuelle Versorgung der Patientinnen und Patienten in Rheinland-Pfalz zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt oder gefährdet war. Die Versorgung hat über die Krankenhäuser und die regionalen Stroke Units stattgefunden.

Es gab lediglich durch diese veränderte Definition nach dem Urteil des Bundessozialgerichts und der veränderten gesetzlichen Regelungen die Situation, dass es künftig zu Finanzierungsschwierigkeiten gekommen wäre. Krankenhäuser hätten große Rücklagen stellen müssen, oder – wie es schon in einigen Fällen vorgekommen ist – es wäre zu Verrechnungen der Krankenkassen bei den Krankenhäusern gekommen. Das wiederum hätte die Krankenhäuser in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Das hätte gegebenenfalls dann dazu geführt, dass sie sich aus der Schlaganfallversorgung zurückgezogen hätten. Um zu vermeiden, dass es zu diesem Punkt kommt, haben wir sehr vorzeitig reagiert, schon nach dem Urteil des Bundessozialgerichts mit der Initiative im Bundesrat und beim Bundesgesundheitsminister.

Als das Gesetz am 9. November im Bundestag verkündet wurde und die Klagewelle aufploppte, haben wir ganz gezielt zum Runden Tisch eingeladen und sind sofort in die Aktion gegangen, damit diese Folge nicht entsteht und nicht die Gefahr droht, dass die guten Strukturen, die wir gemeinsam aufgebaut haben, zerschlagen werden.

Die Versorgung – das ist mir sehr wichtig – war zu keinem Zeitpunkt dieses Verfahrens gefährdet.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Schnieder.

Frau Staatsministerin, planen oder unterstützen Sie für die ländlichen Regionen, für die die 30-minütige Rettungszeit

nur mit dem Rettungshubschrauber eingehalten werden kann, der aber nachts nicht fliegen darf, eine Initiative, um das Nachtflugverbot aufzuheben?

Herr Schnieder, auch da verweise ich wieder auf Nummer 2 unserer gemeinsamen Erklärung, in der wir auf die Fälle zurückgreifen, in denen wir besondere Fallgestaltungen haben und insbesondere die Standorte angesprochen sind, bei denen als schnellstes verfügbares Rettungsmittel der Hubschrauber infrage kommt. Wir werden uns genau mit diesen Standorten auseinandersetzen. Diese Fälle werden noch einmal angeschaut. Man wird sehen, inwieweit die 30 Minuten Transportzeit zu erreichen sind, ob sie bei dem einen oder anderen Standort immer gerissen werden und in welcher Größenordnung das der Fall ist. Wenn dies so sein sollte – deswegen werden wir das eng begleiten und aktiv mit angehen –, dann werden wir versuchen, Lösungsansätze zu finden. Ob das über das Thema des Rettungshubschraubers oder verstärkte Strukturen erfolgt, wird man sich gut anschauen.

Sicherlich wird man auch über das Thema „Nachtflugverbot“ diskutieren. Das wird dann stattfinden, wenn wir genau wissen, an welchen Standorten wir welche Herausforderungen haben und wie wir denen am besten begegnen können. Für uns ist immer die oberste Maxime, die flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung der Patientinnen und Patienten. Die wollen wir sicherstellen. Wir werden uns dann in dieser Situation mit weiteren Ansätzen auseinandersetzen.

Zu einer abschließenden Zusatzfrage hat Frau Kollegin Simon das Wort.

Frau Ministerin, ich habe noch eine Nachfrage. Es gab am 6. Dezember die Empfehlung auf Bundesebene. Warum war es notwendig, einen Runden Tisch in Rheinland-Pfalz auf Landesebene einzuführen?

Frau Simon, vielen Dank. Es gab die gemeinsame Empfehlung auf Bundesebene. Die ist zustande gekommen, weil ich nach dieser Beschlussfassung am 9. November im Deutschen Bundestag und nach der entstandenen Klagewelle sowohl gegenüber der Gesundheitsministerkonferenz in Person von Herrn Laumann als auch dem Bundesgesundheitsminister Spahn aktiv geworden bin, diese aufgefordert und zu ihnen gesagt habe, wir brauchen ein bundesweites Vorgehen.

Wir in Rheinland-Pfalz waren sowieso initiativ. Wir brauchten auch eine bundesweite Vorgabe.

Die Gesundheitsministerkonferenz als auch der Bundesge

sundheitsminister haben gesagt, wir stellen uns dem. Der Bundesgesundheitsminister hat am 6. Dezember die beteiligten Kassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft eingeladen. Man hat sich auf diese Handlungsempfehlungen verständigt. Diese Verständigung ist gemeinsam erfolgt. Das ist gut. Aber es ist eine Empfehlung. Es ist ein Rahmen, der den Ländern, den Krankenkassen und den Krankenhäusern eine Orientierung geben soll, wie man am besten zu einer einvernehmlichen Lösung kommt.

Aufgrund der entsprechenden Strukturen, der Landeskrankenhausgesellschaften, den Krankenkassen, die teilweise auf Landesebene organisiert werden, und der besonderen Strukturen vor Ort war es erforderlich, das vor Ort auf Landesebene zu regeln, um Rechtssicherheit zu erreichen.

Wir haben, wie ich ihm sagte, gute Voraussetzungen gehabt. Wir waren vorbereitet, weil wir die Initiative zum Runden Tisch am 29. November ergriffen hatten. Wir konnten sofort nach dem 6. Dezember am 10. Dezember mit den Beteiligten zusammenkommen, diese Handlungsempfehlungen als Grundlage nehmen und dann konkret die rheinland-pfälzische Situation beleuchten und in ein Einigungsverfahren gehen.

Am 15. Januar hat noch einmal eine Sitzung stattgefunden. Wir konnten nach diesen zwei Sitzungen die gemeinsame Erklärung unterzeichnen. Um in Rheinland-Pfalz den länderspezifischen Ansatz rechtswirksam festzuhalten, war es notwendig, dass sich die Länder eigenständig auf den Weg machten. Das haben wir getan.

Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, dieses Ziel der flächendeckenden Schlaganfallversorgung gemeinsam zu konsentieren und festzuhalten.

Vielen Dank. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir dürfen Gäste begrüßen, und zwar Vertreterinnen und Vertreter des Stadthauses Kinder- und Jugendzentrum der Evangelischen Jugend Rockenhausen. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Außerdem begrüßen wir Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe des Mittelrhein-Gymnasiums in MülheimKärlich. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Matthias Lammert und Gordon Schnieder (CDU), Distanz-Elektroimpulsgeräte für kommunale Vollzugsdienste – Nummer 2 der Drucksache 17/8218 – betreffend, auf. Herr Kollege Lammert hat das Wort.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Bedeutung hat der kommunale Vollzugsdienst für die Landesregierung in der Sicherheitsarchitektur des Landes Rheinland-Pfalz?

2. Mit welcher Begründung haben die Oberbürgermeister Distanz-Elektroimpulsgeräte für ihre Vollzugsdienste gefordert?

3. Wie viele Elektroimpulsgeräte müssten beschafft werden, um die kommunalen Vollzugsdienste dieser Städte bedarfsgerecht auszustatten?

4. Wird die Landesregierung die Forderung der Oberbürgermeister unterstützen?

Für die Landesregierung antwortet Staatsminister Lewentz.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen und die Oberbürgermeister der Städte Kaiserslautern, Koblenz, Mainz und Trier haben sich in ihrem Schreiben vom 28. Januar 2019 – ich lese auch andere Daten öffentlich – und einer entsprechenden Presseinformation grundsätzlich für den Einsatz von Tasern durch die kommunalen Vollzugsbediensteten ausgesprochen. Nach geltender Rechtslage ist der Einsatz von Tasern der Polizei vorbehalten.

Zu Frage 1: Kommunale Ordnungsbehörden haben auch die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Während die Polizei vornehmlich in eilbedürftigen Angelegenheiten für die Gefahrenabwehr sowie die Verhütung und vorbeugende Bekämpfung von Straftaten zuständig ist, übernehmen die Ordnungsbehörden grundsätzlich in weniger eilbedürftigen Fällen Aufgaben zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. So sind sie etwa zuständig für die Erteilung von Platzverweisen, für Identitätsfeststellungen, Maßnahmen im Zusammenhang mit unzulässigem Lärm, Maßnahmen nach dem Landeshundegesetz, Schulzuführungen nach dem Schulgesetz oder Vorführungen nach dem PsychKG (Landesgesetz für psychisch kranke Personen) , um nur einige Beispiele zu nennen. Damit leisten sie im Sicherheitsgefüge des Landes Rheinland-Pfalz naturgemäß einen wichtigen Beitrag.

Zu Frage 2: Die Oberbürgermeisterin und Oberbürgermeister gehen davon aus, dass der Taser den Bediensteten eine höhere Sicherheit bietet und abschreckende Maßnahmen eine deeskalierende Wirkung entfalten würden. Das Reizstoffsprühgerät als einzig zugelassene Distanzabwehrmöglichkeit entfalte seine Wirkung nicht bei allen Personen.

Zu den Fragen 3 und 4: In den fünf Städten sind insgesamt ca.130 kommunale Vollzugsbedienstete im Einsatz. Die Landesregierung beabsichtigt nicht, den Einsatz von Tasern für den kommunalen Vollzugsdienst zuzulassen. Mit Blick auf die Kompetenzverteilung zwischen den Ordnungsbehörden und der Polizei ist die Landesregierung der Auffassung, dass sich der kommunale Vollzugsdienst auch nach außen hin klar von der Vollzugspolizei abgren

zen lassen muss. Hierzu gehört auch, dass nur die Polizei über Einsatzmittel verfügt, die wie Schusswaffen oder Taser mit einem erheblichen Grundrechtseingriff verbunden sein können.

Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass kommunale Vollzugsbedienstete nur eine zehnwöchige Ausbildung zu absolvieren haben, während sich die Ausbildung zum Polizeibeamten in Form eines Bachelorstudiums über einen Zeitraum von drei Jahren erstreckt, in dem sie intensiv auf Gefahrenlagen und den Umgang mit kritischen Situationen vorbereitet werden. Gerade die Ermächtigung zu sensiblen Grundrechtseingriffen wie auch der Einsatz von Tasern sollte auf einen Personenkreis beschränkt sein, dessen Ausbildung Gewähr für ein rechtskonformes Einschreiten mit möglichst geringen Einsatzrisiken bietet.

Die kommunalen Vollzugsdienste verfügen bereits über eine Ausstattung, die im Regelfall eine hinreichende Eigensicherung gewährleisten kann. Zulässig sind Schlagstock, Reizsprühgeräte, Handfesseln und vor allem Diensthunde. Im Übrigen haben auch die Geschäftsführer der kommunalen Spitzenverbände die Zulassung von Tasern für den kommunalen Vollzugsdienst einmütig abgelehnt.

Gibt es Zusatzfragen? – Herr Kollege Lammert.

Heute gab es den Artikel in der Rhein-Zeitung vom Vorsitzenden der Fachgewerkschaft zum kommunalen Vollzugsdienst. Darin gab es noch einmal neue Erkenntnisse, neue Überlegungen. Ich wollte fragen, ob Sie irgendwelche neuen Erkenntnisse oder neuen Überlegungen herausgezogen haben bzw. wie Sie zu der grundsätzlichen Forderung stehen, im kommunalen Vollzugsdienst das Berufsbild zu konkretisieren und die Ausbildung auszuweiten.

Ich habe Ihnen eben gesagt, wie das Berufsbild in Form einer Modulausbildung über 10 Wochen im Moment ist. Ich wäre sehr zufrieden damit, wenn man sagen würde, dass man auf der Bundesebene – es ist schon angedacht – ein wirkliches Berufsbild auf den Weg bringt. Das ist kommunale Selbstverantwortung. Wir würden das unterstützen.

Wir nehmen für den 10-Wochen-Lehrgang nur ein Minimum an Gebühren an der Polizeischule des Landes. Wir würden dort auch die Rahmenbedingungen schaffen, wenn die Kommunen ihren Obolus dazu entrichten würden. Aber dazu gibt es momentan überhaupt keine Initiative.

Bezahlt werden die Kollegen, über die wir sprechen, momentan in den Entgeltgruppen 5 bis 9 bzw. sind dem 2. Einstiegsamt zugeordnet. Die Zulassung zum 2. Einstiegsamt setzt in anderen Verwaltungsbereichen einen mindestens eineinhalbjährigen Vorbereitungsdienst voraus. Das wäre also das, was die Kommunen miteinander vereinbaren müssten, um dann überhaupt die Basisvoraussetzung dafür zu haben, mit uns noch einmal über die Ausstattung in

der Frage, die die Anfrage abdeckt, ins Gespräch kommen zu können.

Da gibt es im Moment eine deutliche Unterscheidung zur Polizei. Diese Unterscheidung gewährleistet, dass die Polizei gut ausgebildet mit diesen Waffen umgehen kann. Das wäre eine Grundvoraussetzung, um über andere Dinge überhaupt diskutieren zu können.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Junge.

Herr Minister, vielen Dank für Ihre Ausführung. Die Oberbürgermeister haben nicht ohne Grund diese Forderungen aufgestellt. Ganz offensichtlich scheint sich auch auf der kommunalen Ebene die Sicherheitslage so zu verändern, dass hier ein Bedarf besteht. Wie beurteilen Sie denn die Sicherheitslage, möglicherweise im Gegensatz zu den Oberbürgermeistern?

Die Sicherheitslage ist sehr eindeutig zu beurteilen. Ich konnte im Jahr 2018 bekannt geben, dass ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik die Kriminalitätsbelastung im Land Rheinland-Pfalz so gering wie seit 20 Jahren nicht mehr ist, mit einer im Bundesvergleich extrem hohen Aufklärungsquote. Diese positive Bilanz wird sich – mir liegen die ersten Zahlen vor, und ich werde sie in wenigen Wochen öffentlich bekannt geben – weiter positiv darstellen. Von dem her sind die Rahmenbedingungen gut.

Wir wissen allerdings – wir haben das oft diskutiert –, Gewalt gegen Polizeibeamte, Gewalt gegen Feuerwehrkräfte, Gewalt gegen Rettungsdienstler und garantiert auch Gewalt gegen Ordnungskräfte gibt es. Deswegen sage ich: Es ist zulässig, dass Ordnungskräfte zum Beispiel mit Diensthunden ausgestattet werden; die haben eine sehr abschreckende Wirkung. Für die deeskalierende Wirkung – danach ist jetzt nicht explizit gefragt worden – halte ich die Bodycam für eine gute Ausstattungsmöglichkeit auch für die kommunalen Vollzugsdienste.