Auch von meiner Seite vielen Dank für die Ausführungen und das klare Bekenntnis zur Kindergrundsicherung. Meine Frage geht in eine ähnliche Richtung. Wir stellen immer wieder fest, wir haben eine Vielzahl von familienpolitischen Leistungen, die aber häufig bei den Kindern, die sie vielleicht am dringendsten brauchen, am wenigsten ankommen. Inwiefern würde eine Kindergrundsicherung die Situation verbessern?
Vielen Dank, Herr Köbler. In der Tat haben wir einen Dschungel an Leistungen und ein wirklich sehr ausdifferenziertes Leistungssystem. Aber es ist oftmals schwer für die Betroffenen, wirklich die passenden Leistungen zu finden und dann auch in Anspruch zu nehmen. Die Bürokratie, entsprechende Stigmatisierungen etc. kommen noch zusätzlich dazu.
Bei der Kindergrundsicherung wäre es so, dass man in einem ersten Schritt zumindest die Leistungen zusammenfasst – und dann wirklich nur das Kindergeld, die SGB IIAnsprüche, den Kinderzuschlag und auch die pauschalen Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zusammenfasst – und eine Leistung aus einer Hand gewährt. Das heißt: nicht zu verschiedenen Behörden laufen müssen, immer wieder an verschiedenen Stellen beantragen, auch Einkommen prüfen lassen, sondern dies aus einer Hand.
Das gewährt dann auch, dass die Leistungen, auf die die Kinder und Familien einen Anspruch haben, tatsächlich ankommen. Das ist wirksame Armutsbekämpfung.
Frau Ministerin, vielen Dank. Sie sprachen von der Intransparenz im Sozialsystem. Sie kann möglicherweise mit der Grundsicherung vermindert werden. Wir hatten im Ausschuss auch das Thema der allgemeinen Sozialberatung eingebracht. Noch sind wir aber nicht bei der Kindergrundsicherung. Was kann die Landesregierung in der Zwischenzeit tun, um eine allgemeine Sozialberatung zu stärken und mehr Transparenz zu schaffen?
Gelegenheit, noch einmal auf meinen Beteiligungsprozess „Armut begegnen – gemeinsam handeln“ hinzuweisen, in dem auch insbesondere diese Thematik immer wieder angesprochen wurde. Wir haben viele Konferenzen und Foren veranstaltet, auch mit von Armut betroffenen Menschen. Es war in der Tat immer wieder ein Punkt zu sagen, es gibt viele Angebote, nicht nur an finanziellen Leistungen, sondern auch an Unterstützungsleistungen für den Alltag, die wir aber gar nicht so richtig kennen, und wir erwarten dort eine bessere Lotsenfunktion, eine bessere Anlaufstelle.
Von daher werden wir als ein Ergebnis aus diesem Beteiligungsprozess viel mehr noch die Netzwerkarbeit vor Ort forcieren. Wir haben in zwölf Kommunen im Rahmen dieses Prozesses Workshops durchgeführt. Dort bauen sich derzeit überall solche Netzwerke auf, Kooperationen, die genau eine solche Lotsenfunktion übernehmen. Das heißt, wenn ich dann zur Schuldnerberatungsstelle komme, aber vielleicht noch eine ganz andere Beratung benötige, die ich nicht kenne, werde ich von der Schuldnerberatungsstelle dank ihrer Lotsenfunktion an die zuständige Stelle verwiesen.
Das ist eine Möglichkeit, das heißt die verbesserte Netzwerktätigkeit. Das andere wird aber auch sein, dass wir viel stärker noch anstreben, genossenschaftliche Modelle zu entwickeln, Genossenschaften in dem Sozialbereich, wo sich die Verbände, Vereine, die Selbsthilfegruppen noch einmal stärker zusammenfinden und so eine Anlaufstelle für Betroffene sind, möglichst niedrigschwellig, möglichst nicht an Behörden gekoppelt, sondern niedrigschwellig vor Ort. Auch dort soll es dann zu einer besseren Vernetzung und Lotsung der Menschen kommen, damit sie die Angebote finden, die ihnen zustehen und helfen, ihren Alltag zu bewältigen und aus der Armut herauszukommen.
Parallel dazu wird es aber darum gehen, sich weiterhin für die Kindergrundsicherung starkzumachen. Das haben wir auf unserer letzten Arbeits- und Sozialministerkonferenz einstimmig festgestellt. Das ist das Ziel der Länder, und Rheinland-Pfalz setzt sich insbesondere dafür mit ein.
Frau Ministerin, denken Sie, dass die Kindergrundsicherung möglicherweise negative Anreize schafft, die der Aufnahme von Arbeit entgegenstehen?
Vielen Dank, Frau Dr. Machalet, für die Frage. Nein, ich sehe keine negativen Anreize. Woraus entsteht Kinderarmut? Kinderarmut entsteht dadurch, dass die Eltern niedrige, schlechte Löhne bekommen. Wir haben hier durch die Kindergrundsicherung, durch diese Gewährung von mehr Leistung aus einer Hand, der gebündelten Leistung und der nur einmaligen Berechnung die Möglichkeit, dass sich Eltern auch darauf verlassen können und sie, wenn das
Einkommen ein bisschen schwankt, flexibel sind. Es geht darum, einen Anreiz zu geben, Beschäftigung aufzunehmen, mehr Einkommen zu erzielen und damit auch aus der Armut herauszukommen.
Die Kindergrundsicherung, wie im Übrigen jetzt auch der neu gestaltete Kinderzuschlag mit dem Starke-FamilienGesetz, ist genau der Weg, dies mit zu unterstützen. Kinder dürfen nicht zum Armutsrisiko werden und dürfen das nicht bleiben. Deswegen, ganz wichtig, diese zwei Instrumenten, und gleichzeitig aber dann auch die Menschen in Arbeitslosigkeit wieder für den Arbeitsmarkt gewinnen.
Mir liegen noch drei Zusatzfragen vor, danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet. Zunächst die Kollegin Anklam-Trapp.
Vielen Dank, Frau Anklam-Trapp, für die Frage. Das ist natürlich in der Tat eine Frage, die uns alle bewegt, aber ich glaube, es ist noch zu früh, um diese Frage konkret mit Eurobeträgen zu hinterlegen.
Ich glaube, wichtig ist, dass wir zunächst einmal das Kind als Teil der Familie sehen. Von daher sollte sich die Kindergrundsicherung am Einkommen der Eltern orientieren. Sie wird sich – das ist unsere Vorstellung – auf den Kinderzuschlag aus dem Starke-Familien-Gesetz aufbauen. Der Kinderzuschlag beträgt derzeit 408 Euro pro Kind. Wir haben dann die Möglichkeit, dass sich dies mit dem Entwicklungsbedarf entsprechend weiter aufsummiert. Der Entwicklungsbedarf ist aber separat zu berechnen und festzustellen. Das heißt, wenn wir über die Höhe sprechen, wird dies noch einmal separat zu berechnen und konkret festzulegen sein.
Wichtig ist mir, die Familie als Ganzes zu sehen, es dann auch bedarfsabhängig zu machen, am Einkommen orientiert, und vor allen Dingen – ich glaube, das ist auch noch ganz wichtig – die noch vorhandenen Schnittstellen zu beseitigen, damit die Grundsicherung möglichst einfach gewährt werden kann.
Frau Ministerin, was müsste sich über den Einsatz für eine bundesweite Kindergrundsicherung hinaus noch tun, damit Armut wirksam bekämpft wird?
Vielen Dank. Armut ist in der Tat ein sehr komplexes Thema, wie ich das gerade eben sagte. Deswegen ist es uns so wichtig, diese zwei Säulen der Armutsbekämpfung stark zu betrachten, also diesen Policy-Mix, auf der einen Seite die finanzielle Unterstützung mit der Kindergrundsicherung, auf der anderen Seite aber auch die infrastrukturellen Maßnahmen wie Kita, Ganztagsangebote etc., bei denen wir in Rheinland-Pfalz auf einem sehr, sehr guten Weg sind und schon sehr gute Vorarbeit geleistet haben, insbesondere wenn wir uns diesbezüglich mit anderen Bundesländern vergleichen.
Von daher ist es sicherlich wichtig, neben der Entwicklung der Kindergrundsicherung auch auf die Säule der Infrastruktur noch stärker zu bauen. Es gilt, die zwei Säulen im Blick zu haben, um Kinder und ihre Familien aus der Armut herauszuholen und einen Policy-Mix zu fahren aus individueller Grundsicherung, also finanzieller Leistung, und infrastruktureller Förderung. Das ist, glaube ich, die wirkungsvollste Maßnahme.
Frau Ministerin, viele Familien, und damit auch viele Kinder, sind trotz Erwerbsarbeit, trotz sozialversicherungspflichtiger Arbeit arm, unter anderem auch deshalb, weil sie hohe Sozialabgaben zahlen müssen und dann trotzdem auf ergänzende Leistungen angewiesen sind. Was kann die Landesregierung – auch im Rahmen der Arbeit im Bundesrat – tun, um hier Abhilfe zu schaffen?
Vielen Dank, Herr Dr. Böhme. Ich habe ja gesagt, das Feld ist wirklich sehr groß und vielfältig. Allein wenn wir uns noch einmal auf die Kindergrundsicherung beziehen und schauen, was dort alles möglich ist, und wenn man sich das Bündnis für Kindergrundsicherung anschaut, hat auch dieses noch vielfältige Maßnahmen dazu. Unter anderem geht es auch in die Richtung, solche Maßnahmen noch mit einzubauen.
Aber ich glaube, wir müssen uns jetzt, wenn es um das Thema geht, zunächst einmal auf das Machbare konzentrieren, damit wir einen ersten Schritt hinbekommen. Der Kinderzuschlag ist schon ein ganz wichtiger Schritt. Wenn wir uns dann darauf konzentrieren, die Kindergrundsicherung zunächst mit dem Thema „Kindergeld, SBG IIAnspruch, Kinderzuschlag und Bildungs- und Teilhabeangebote“ auszustatten, ist auch das schon einmal ein ganz wichtiger, wirkungsvoller Schritt, und dann darf man natürlich nicht nachlassen, an den anderen Schrauben zu drehen und sich anzuschauen, was beispielsweise mit Sozialabgaben etc. und mit dem Steuersystem ist.
Das ist auch alles richtig und wichtig, aber wir dürfen, glaube ich, nicht auf zu vielen Baustellen arbeiten. Jetzt muss
es unser Ziel sein, die Kindergrundsicherung auf den Weg zu bringen und dann Schritt für Schritt weiterzumachen im Interesse der Kinder und der Familien.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marion Schneid und Gerd Schreiner (CDU), Angekündigter Stellenabbau an der Universitätsmedizin Mainz – Nummer 2 der Drucksache 17/8372 – betreffend, auf.
1. Wie hat sich die Zahl der Stellen in den vergangenen fünf Jahren an der Universitätsmedizin entwickelt?
3. Inwieweit wird sich aufgrund der bereits heute schon angespannten Personalsituationen in vielen Teilen der Universitätsmedizin durch einen Stellenabbau die medizinische und pflegerische Versorgungsqualität verschlechtern?
4. Kann die Landesregierung ausschließen, dass es bis Ende dieser Legislaturperiode zu einem weiteren Stellenabbau kommen wird?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marion Schneid und Gerd Schreiner beantworte ich seitens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die Universitätsmedizin beschäftigte im Jahr 2013 5.667 Vollzeitäquivalente, im Jahr 2018 waren es 5.869. Das entspricht einer Steigerung von ca. 3,5 %.
Zu Frage 2: In den Planungen der Universitätsmedizin ist aktuell eine Personalreduktion in Höhe von 109 Vollzeitäquivalenten vorgesehen. Das entspricht 1,9 %. Der Stellenabbau verteilt sich auf alle Dienstarten der Universitätsmedizin, beispielhaft nenne ich Ihnen die Entwicklung in den größeren Dienstarten.
Abbau im medizinisch-technischen Dienst: 51 von 1.977 Stellen, das entspricht 2,6 %. Abbau im ärztlichen Dienst: 35 von 1.036 Stellen, das entspricht 3,3 %. Abbau im Verwaltungsdienst: 19 von 444 Stellen, das entspricht 4,4 %.
In den weiteren Dienstarten werden in Summe 19 Vollzeitäquivalente abgebaut, im Bereich des Pflegedienstes ist ein Stellenaufwuchs in Höhe von 14 Vollkräften geplant.
Zu Frage 3: Das durch den Vorstand vorgelegte Sanierungsprogramm sieht begleitend zu den Stellenanpassungen auch entsprechende Prozessanpassungen vor. So soll erreicht werden, dass Ressourcen, wie unter anderem Betten, Großgeräte und Ambulanzräume, stärker gemeinsam genutzt werden und damit eine kontinuierliche Auslastung geschieht.
Beim Patienten kommt durch diese Maßnahme damit teilweise sogar gezielt mehr Personal zum Einsatz, als dies heute der Fall ist. Im Ergebnis wird weder medizinische noch versorgerische Behandlungsqualität eingebüßt.