Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Bei der Finanzierung entschied man sich in Neuburg jedoch für eine klassische Finanzierung und konnte außerdem einen Zuschuss der Deutschen Fernsehlotterie von fast 300.000 Euro bekommen.

Beide Beispiele zeigen, wie vielfältig die Möglichkeiten des Projekts WohnPunkt RLP sind, um die Bedürfnisse älterer Bürgerinnen und Bürger nach wohnortnaher Pflege zu bedienen. Diese Vielfalt wollen wir weiterhin ausbauen und freuen uns daher, dass das Ministerium jetzt angekündigt hat, die Ergebnisse der Evaluierung zum Anlass zu nehmen, die Teilnahmemöglichkeiten weiter auszubauen.

Insofern denke ich, dass wir auch in fünf Jahren noch einmal eine gute Debatte über das Projekt WohnPunkt RLP führen können und es bis dahin sicherlich noch viele Wohn-Pflege-Gemeinschaften mehr nach diesem Vorbild im Land geben wird.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Bätzing-Lichtenthäler.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dörfer und Gemeinden, die für Menschen ein Leben lang ein Zuhause waren, sollen dies auch bleiben, wenn die Menschen alt und pflegebedürftig sind. Sie sollen in ihrer vertrauten Umgebung wohnen bleiben können, wo sie jahrelang gelebt haben, dort, wo man ihren Dialekt spricht. Damit dies möglich ist, braucht es neue Konzepte für Wohnformen, die das den Menschen ermöglichen. Beispielsweise sind dies Wohn-Pflege-Gemeinschaften.

Das sind in der Tat Beispiele, und es ist sicherlich ein Mosaikstein, aber ein ganz wichtiger Mosaikstein; denn diese Wohn-Pflege-Gemeinschaften sind es, die sehr gut zu den kleinteiligen Strukturen im ländlichen Raum passen. In ihnen steckt unheimlich viel Potenzial, sich zum Mittelpunkt der sorgenden Gemeinschaft zu entwickeln. Das ist der Grund, warum wir seit Oktober 2014 mit WohnPunkt RLP ganz gezielt kleine Gemeinden dabei begleiten, Wohn-Ppflege-Gemeinschaften zu entwickeln mit dem Ziel – das ist ganz besonders wichtig –, maßgeschneiderte Lösungen, Konzepte zu erarbeiten, die zu dem jeweiligen

Dorf, zu den jeweiligen Menschen passen und von der Dorfgemeinschaft, von den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort mitgetragen werden.

Wenn wir uns als Zwischenergebnis fünf Jahre später dieses Projekt anschauen, dann sagen wir ja, genau dieses Ziel wurde erreicht. WohnPunkt RLP ist ein Erfolgsprojekt. Mit fünf Kommunen sind wir gestartet. Mittlerweile sind 33 Kommunen mit 1 Million Euro Landesmittel gefördert worden, zuzüglich 0,5 Millionen Euro aus LEADER-Mitteln, ISB-Mitteln oder auch Mitteln vom Deutschen Hilfswerk. Dieser Landesförderung stehen private Investitionen von 3,6 Millionen Euro gegenüber und – das ist mir als Arbeitsministerin ganz wichtig zu betonen – die Schaffung von 30 neuen Arbeitsplätzen. Bis Ende 2020 werden es 6 Millionen Euro sein, die hier investiert wurden, und es werden weitere 50 Arbeitsplätze hinzukommen.

Um die Kommunen künftig noch besser und noch passgenauer zu begleiten und zu unterstützen, haben wir uns dazu entschieden, dieses Projekt ein Jahr lang von Empirikern evaluieren zu lassen. Diese Evaluation hat eine wirklich hohe Zufriedenheit ergeben, und zwar insbesondere bezüglich der Beratung durch die Wohnprojektbegleiter. Es gab aber auch eine sehr hohe Zufriedenheit bezüglich der Arbeit der Koordinierungsstelle und – das haben die Kommunen sehr zu schätzen gewusst – des Erfahrungsaustauschs, der zwischen den Kommunen untereinander stattgefunden hat, um voneinander zu lernen und vielleicht Best-Practice-Ansätze für die eigene Kommune aufgreifen zu können.

Von den 22 Kommunen, die an der Evaluation beteiligt waren, können wir konstatieren, dass drei Projekte mittlerweile bezogen wurden, fünf weitere in diesem und im nächsten Jahr fertiggestellt werden und sich acht weitere im Planungsprozess befinden. Lediglich bei sechs wurde das Projekt beendet, weil beispielsweise kein Investor gefunden wurde, der aber für eine nachhaltige Sicherung nötig ist, oder weil sich kein entsprechender Pflegedienst zur Verfügung gestellt hat.

Was mich besonders freut und auch bestärkt hat, WohnPunkt RLP weiterzuführen, ist, dass rund um WohnPunkt RLP noch viel mehr entstanden ist als diese reine Wohn-Pflege-Gemeinschaft. Wir haben es gehört, es sind Mittagstische entstanden, es sind Nachbarschaftshilfen entstanden, Bürgervereine oder Genossenschaften. Das heißt, WohnPunkt RLP ist viel mehr als die Unterstützung von Wohn-Pflege-Gemeinschaften. Meine Damen und Herren, WohnPunkt RLP bringt die Menschen zusammen.

Von daher profitieren insbesondere die Dörfer und Gemeinden davon; denn von den Gemeinden, die diese sozialräumlichen Versorgungsstrukturen entwickeln, geht ein richtiger Innovationsschub aus. Dort lebt man gerne. Das sind attraktive Dörfer, es sind attraktive Gemeinden. Dort entwickelt sich noch viel mehr. Wir hoffen, dass es nicht nur Aufmerksamkeit bei anderen erzeugt, sondern es vor allem noch viele Nachahmer finden wird.

So haben wir diese Evaluation und die Ergebnisse zum Anlass genommen, beispielsweise die Beratung künftig noch passgenauer auszuweiten, sie noch passgenauer anzupassen. Es werden künftig auch Städte bis zu 10.000 Ein

wohnern begleitet werden.

Wir werden künftig auch nicht nur Wohn-Pflege-Gemeinschaften mit WohnPunkt RLP unterstützen, sondern auch andere Modelle wie beispielsweise barrierefreie Wohnungen mit Tagespflege und Dorfcafé.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das finde ich gut!)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Evaluation hat uns darin bestärkt, WohnPunkt RLP weiterzuentwickeln und fortzusetzen, damit noch viele Menschen dort alt werden und leben können, wo sie sich zu Hause fühlen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete AnklamTrapp.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! In der zweiten Runde möchte ich mich zuerst kurz meinem Kollegen von der CDU-Fraktion, Herrn Wäschenbach, zuwenden. Man kann jede Diskussion und alles, was wir hier im Plenum besprechen, immer mit Fachkräften begründen. Ich darf Ihnen sagen, wenn wir es in RheinlandPfalz geschafft haben, die Zahl der Fachkräfte in der Pflege um 20 % zu erhöhen,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja!)

und es schaffen würden, diese Pflegefachkräfte im Beruf zu halten, zum Beispiel indem wir ihnen tolle Angebote machen, ihnen ein gutes Betriebsklima oder zum Beispiel die Möglichkeit bieten, innovativ in einer Wohn-PflegeGemeinschaft zu arbeiten, dann wäre das ein Erfolg.

Megathema im Alter, meine Damen und Herren, ist auch bezahlbarer, barrierefreier Wohnraum. Manch einem ist es nicht aufgrund von Pflegebedürftigkeit nicht mehr möglich, zu Hause zu wohnen, sondern zum Beispiel auch, weil Haus und Garten viel zu groß geworden sind,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

weil die Barrierefreiheit ein Handicap ist, weil vieles nicht mehr möglich ist.

Deswegen ist WohnPunkt RLP eine unglaubliche Erfolgsgeschichte; denn durch die Moderation schaut eine Gemeinde zur anderen Gemeinde, was im Nachbardorf läuft. Dazu möchte ich aus meinem Wahlkreis, aus der Gemeinde Selzen mit rund 1.300 Einwohnern eine kleine Geschichte erzählen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Oh ja!)

Beraten und begleitet durch WohnPunkt RLP – denn ohne

Hilfe wäre es nicht möglich gewesen – entschloss sich die Familie Seemann, eine kinderlose Unternehmerfamilie, ein großer Agrarhandel, im Jahr 2008 eine Stiftung zu gründen, die Senfkorn-Stiftung, um daraus eine neue Wohnform zu entwickeln, ein Pflegewohnen.

Die Einweihung mit vielen Unterstützungen fand am 3. Juli 2017 statt. Durch eine begleitende Dorfmoderation von WohnPunkt RLP war die ganze Gemeinde mit an Bord. Im Ortsgemeinderat war der Bebauungsplan verändert worden, damit die Familie überhaupt investieren konnte, und ohne die Kredite der Investitions- und Strukturbank wäre es nicht möglich gewesen, dass am Ende sozialverträglich Wohnraum für 5,35 Euro pro Quadratmeter auf 20 Jahre fest entstanden ist.

Das sind Argumente für ein gutes Wohnen im Alter, bei dem man mit seinen Mitteln in einer barrierenfreien Wohnung mit Gemeinschaftsräumen gemeinsam zusammenkommen, vielleicht feiern und Schwarzwälder Kirschtorte essen kann: Leben im Alter in den Gemeinden, zum Beispiel in Selzen, durch Wohnformen im Alter.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Wäschenbach.

Sehr geehrte Damen und Herren! Warum ist die Umsetzung eines Wohnprojekts so schwierig?

(Zuruf der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD)

Eine Wohn-Pflege-Gemeinschaft ist kein Renditeobjekt. Renditeobjekte kann jeder, Wohn-Pflege-Gemeinschaften sind hochsoziale Projekte, bei denen Nachbarschaft, Ehrenamt, die gesamte Bürgerschaft – auch Vorredner haben es gesagt –, vielfach Stiftungen oder Genossenschaften gefragt sind. Das benötigt einen langen Atem.

Deshalb kann man das nicht so, wie es die AfD vermutet, flächendeckend ausrollen. Es bedarf aus meiner Sicht einer behutsamen Entwicklung, um die Schwierigkeiten zu meistern.

Die CDU-Fraktion begrüßt noch einmal ausdrücklich die Weiterentwicklung dieser neuen Wohnformen und die Verbesserungen aus der Evaluation.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Anklam-Trapp, Sie haben gesagt, wir reden nur vom Fachkräftemangel. Ich muss es trotzdem immer wiederholen: Auch ambulante Dienste, die in die Trägerschaft oder Unterstützung solcher WohnPunkte gehen, haben Fachkräftemangel.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: So ist das!)

Ich weiß aus Erfahrung, dass nicht sehr viele ambulante Dienste dieses Angebot übernehmen können, weil sie selbst unter Fachkräftemangel leiden.

(Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Das heißt also, wir können den Fachkräftemangel nicht vom Tisch wischen, und wir müssen die anderen Probleme, die wir in der Pflege haben, weiterhin im Auge behalten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Das tun wir!)

Die CDU-Fraktion hat in den vergangenen Wochen eine „Woche der Pflege“ durchgeführt. Wir haben vor Ort sehr viele konkrete Beispiele für die Probleme, die wir in der Pflege haben, bekommen. Wir werden diese Probleme aufarbeiten und parlamentarisch einbringen. Dabei ist der Fachkräftemangel – wie gesagt, das können Sie nicht leugnen, Frau Anklam-Trapp – das zentrale Dreh- und Angelpunktproblem in unserer Pflege.