Die Vulkaneifel ist da kein Einzelfall, sondern besonders krass in ihren Auswirkungen. Ich sage das noch einmal: In den 50er- und 60er-Jahren war das anders, damals konnten die Hausärzte das. Ich selbst bin noch eine Hausgeburt und lag nach 15 Minuten in einem Rettungswagen. Die Sterblichkeit in den 50er- und 60er-Jahren war deutlich höher, auch in Deutschland und in Rheinland-Pfalz, als wir das heute Gott sei Dank haben. Das hat etwas damit zu tun, dass qualifizierte Ärzte wohnortnahe Geburtshilfe durchführen.
Von der Schließung des Standorts der Geburtshilfe in Daun ist die Landesregierung offenbar überrascht worden. Ich muss dazu sagen, mit der Landeskrankenhausplanung hat das Parlament leider nichts zu tun, wir nehmen nur zur Kenntnis, wir werden informiert. Das ist ein anerkannter Prozess, der der ständigen Evaluation und Weiterentwick
Der Verlauf in Daun stellt deswegen der Landeskrankenhauspolitik der Regierung ein schlechtes Zeugnis aus. Diese beschreibt auch in der Antwort auf die Große Anfrage die Situation als unkritisch. Das mag eventuell mit Einschränkung für den Moment zutreffen.
Man muss aber als Landesregierung Vorkehrungen treffen, um vergleichbare Entwicklungen an anderen Orten und in der Zukunft zu verhindern. Die Entwicklung der Geburtshilfe darf man nicht sich selbst überlassen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Eine flächendeckende, gute Erreichbarkeit von Geburtshilfe in Rheinland-Pfalz ist uns als SPD-Fraktion ganz besonders wichtig. Geburtshilfe muss zum einen erreichbar, aber sie muss eben zum anderen auch sicher und von hoher Qualität für Mutter und Kind sein.
Rheinland-Pfalz hat sich mit einer flächendeckenden und hochwertigen Versorgung an 15 Standorten gut aufgestellt. Uns ist dabei wohlbekannt, dass schwangere Frauen schon seit einigen Jahren Probleme bei der Suche nach einer geeigneten Hebamme haben. Dazu hat die Versicherungsprämie, die die Hebammen für ihre Berufshaftpflicht in Höhe von 7.639 Euro im Jahr zu leisten haben, durchaus ihren Teil beigetragen, und das, meine Damen und Herren, in einer Zeit, in der die Presse titelt: „Mehr Babys, weniger Hebammen“.
In Rheinland-Pfalz – ich habe mir die Mühe gemacht, die in der Großen Anfrage genannten Geburtenzahlen zu addieren – konnten wir uns im Jahr 2018 über 34.933 Geburten in stationären Einrichtungen freuen, davon 2.808 im Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus Speyer und immerhin noch 408 Geburten in Daun.
Die Schließung der Geburtshilfe in Daun war bedauerlicherweise ausschließlich eine Entscheidung des Trägers. Im Landeskrankenhausplan wird für eine flächendeckende Geburtshilfe eine Pkw-Anfahrtszeit, eine Erreichbarkeit innerhalb von 40 Minuten angestrebt, was für die werdenden Familien in Daun und in den umliegenden Verbandsgemeinden wenn auch – ganz besonders in den Wintermonaten – herausfordernd, so doch der Fall ist.
Diese 40 Minuten kommen aus einer Beschlusslage des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die auch Herr Dr. Enders schon zitiert hat, möchte ich mich durchaus anschließen. Es gehört auch Kraft und Mut
dazu. Mit Ihrer Erlaubnis würde ich das Zitat noch einmal aufgreifen wollen: „Nicht ‚kurze Wege‘, sondern eine Geburtsklinik entsprechend eines Perinatalen Schwerpunktes, die zumindest eine kinderärztliche Versorgung rund um die Uhr sicherstellen kann, erhöht die Sicherheit für eine gesunde Geburt für Mutter und Kind.“
Die Wegstrecken in Rheinland-Pfalz von der jeweiligen Heimatgemeinde zum nächstliegenden Krankenhaus mit Geburtshilfe sind in der Großen Anfrage detailliert nachzulesen. Fazit: Die Erreichbarkeit zu einer Geburtshilfe in Rheinland-Pfalz beträgt im Durchschnitt 12,8 Minuten Fahrzeit, zu 66 % weniger als 15 Minuten, zu 31 % zwischen 15 und 30 Minuten, zu 3 % bis maximal 40 Minuten und – das räume ich deutlich ein – bedauerlicherweise zu 1 % mehr als 40 Minuten. Dabei sind die länderübergreifenden Geburtshilfen in Nordrhein-Westfalen oder Sankt Vith nicht berücksichtigt. Diese können aber von den werdenden Eltern in Anspruch genommen werden.
Meine Damen und Herren, die geburtshilfliche Versorgung im Land ist damit als bedarfsgerecht zu bewerten. Was tut Rheinland-Pfalz für die Zukunft, um die geburtshilfliche Versorgung in Rheinland-Pfalz sicherzustellen? Im Moment arbeiten 990 Hebammen in unserem Land. Dazu gehört die Fachkräftesicherung, zum Beispiel die Ausbildung von Hebammen. Erst seit Kurzem haben wir 51 neue Auszubildende. Es sind also insgesamt 176 Auszubildende, die die Profession des Hebammenwesens erlernen.
Wir führen den Studiengang ein, auch das ist nachzuweisen. Und wir haben dazu, jüngst in der Presse auch getitelt, sieben Professorinnen und Professoren eingestellt.
Aber auch direkte und gezielte Investitionsförderungen sichern die Geburtshilfe. 13,3 Millionen Euro erhielt das Mutter-Kind-Zentrum des Klinikums Worms. Das Vinzentius-Krankenhaus Landau erhielt zur Modernisierung der Entbindungsabteilung 4,3 Millionen Euro. Und jetzt ganz besonders Wittlich: Das St. Elisabeth Krankenhaus erhielt für die Neustrukturierung – denn auf das Krankenhaus kommen nach der Schließung in Daun neue Aufgaben zu – eine Förderung in Höhe von 2 Millionen Euro. Darüber hinaus stehen in der Region drei stationäre Geburtshilfen in Bitburg, in Mechernich und in Sankt Vith zur Verfügung.
Meine Damen und Herren, nach der Trägerentscheidung hat Frau Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler sofort zu einem Runden Tisch „Geburtshilfe“ mit allen Partnern mit dem Ziel eingeladen, die Geburtshilfe zu erhalten. Es wurde alles getan, um werdende Mütter in dieser Situation zu unterstützen: die Gründung der Hebammenzentrale, das Angebot mit einem zusätzlichen Rettungswagen, der die werdenden Mütter transportieren kann – dieser Rettungswagen ist leider nicht in Anspruch genommen worden –, und auch ein Boarding-Konzept. Diese Möglichkeit, vor der Geburt ins Krankenhaus zu gehen oder in der Nähe zu wohnen, ist ebenfalls nicht in Anspruch genommen worden.
Meine Damen und Herren, die Große Anfrage hat gezeigt, so bedauerlich die Schließung der Geburtshilfe in Daun ist, so hat das Land doch alles Mögliche dafür getan,
die Betreuung vor und nach der Entbindung in RheinlandPfalz sicherzustellen. Es bleibt festzuhalten: Die geburtshilfliche Versorgung in Rheinland-Pfalz ist auf hohem Niveau und ist sichergestellt.
Herr Präsident, werte Kollegen! Frau Anklam-Trapp, wem nützt eine durchschnittliche Fahrzeit zur nächsten Klinik?
Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist ein Flächenland. Dieser vorgegebenen Struktur muss Rechnung getragen und die Sicherstellung einer wohnortnahen und qualitativ hochwertigen Geburtshilfe in der Fläche geleistet werden.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat eine Fahrzeit von höchstens 40 Minuten definiert, nach der eine Geburtsklinik erreicht werden muss. Dieses Zeitfenster ist bezüglich der Gewährung eines Sicherstellungszuschlags für die Klinik maßgeblich und ein Bestandteil in den Regelungen des G-BA.
Entsprechend der Antwort der Landesregierung auf die vorliegende Große Anfrage wird diese 40-Minuten-Grenze in einigen Gemeinden im Rhein-Lahn-Kreis und im Landkreis Kusel nicht erreicht. So kann die nächstgelegene stationäre Versorgungseinrichtung mit Fachabteilung für Geburtshilfe schnellstens von Katzenelnbogen in 45 Minuten, von Kaub in 51 Minuten, von Welterod in 59 Minuten und von Lauterecken bzw. Offenbach-Hundheim in 44 bzw. 42 Minuten erreicht werden.
In vielen anderen Landkreisen liegt eine wohnortnahe Erreichbarkeit oft sehr nah an der 40-Minuten-Grenze, wird aber einzig und allein durch einen einzigen Geburtshilfestandort gewährleistet. Problematisch ist dies deshalb, weil sich die errechnete Fahrzeit von beispielsweise 35 Minuten zur nächstgelegenen stationären Geburtshilfe gerade in den betroffenen ländlichen Regionen verkehrs- oder wetterbedingt ganz erheblich erhöhen kann.
Soweit die Erreichbarkeit innerhalb der 40-Minuten-Grenze für einige Gemeinden nur durch einen Geburtshilfestandort gewährleistet wird, ist das in den Fällen von Geburtshilfestationen besorgniserregend, die eine kritisch niedrige
Anzahl an Geburten verzeichnen und daher ums Überleben kämpfen müssen. Im vorbereitenden Gutachten zum aktuellen Landeskrankenhausplan wurde die Wirtschaftlichkeit in einem Bereich – ein ziemliches „Range“ – von 500 bis 1.300 Geburten jährlich angesetzt.
Die Entwicklung der Geburtenzahl in Rheinland-Pfalz – bezogen auf die einzelnen Standorte – liegt bei sechs Standorten nur wenig über der unteren Grenze von 500 Geburten jährlich. Bei drei Standorten, dem Marienkrankenhaus Ahrweiler/Mariahilf Bad Neuenahr, dem Herz-JesuKrankenhaus Dernbach und der Stadtklinik Frankenthal, liegt diese mit 451, 478 und 424 Geburten noch weit unter der 500er-Grenze.
In meinem Wahlkreis wird die Erreichbarkeit innerhalb der 40-Minuten-Grenze für die Gemeinden Kastellaun und Woppenroth einzig und allein durch die stationäre Geburtshilfe der Hunsrück Klinik Simmern sichergestellt, die zuletzt mit 515 Geburten pro Jahr nur geringfügig über dem zuvor genannten Grenzwert von 500 Geburten lag. Dies verdeutlicht die seit Jahren zunehmend angespannte Situation.
Zur Erinnerung: Seit Erstellung des letzten Landeskrankenhausplans wurde die Geburtshilfe an 17 Standorten aufgegeben. Allein seit dem Jahr 2016, das dem vorbereitenden Gutachten zum aktuellen Landeskrankenhausplan als Bezugsjahr für die Erreichbarkeit der Geburtshilfe zugrunde lag, wurde die Geburtshilfe an acht Standorten aufgegeben.
Daher darf es – ich will es einmal vorsichtig ausdrücken – als Zumutung angesehen werden, wenn uns die Landesregierung in ihrer Antwort eine nicht annähernd aktuelle, völlig unbrauchbare Übersichtskarte aller Krankenhausstandorte in Rheinland-Pfalz zum Zeitpunkt des Jahres 2016 präsentiert, die so nicht mehr gegeben ist. Sie nimmt hierauf sogar auf Seite 47 der Antwort – bezüglich der durchschnittlichen Erreichbarkeit zur nächsten Klinik und zum bedarfsgerechten Versorgungsangebot – Bezug. Insofern sind diese Aussagen nicht annähernd hilfreich.
Meine Damen und Herren, die wohnortnahe Versorgung in der Geburtshilfe ist in unserem Land nach Standard des G-BA zumindest regional durchaus gefährdet. Ein weiteres Absinken des derzeitigen Versorgungsniveaus muss in jedem Fall verhindert und sinnvolle Maßnahmen müssen ergriffen werden.
Zum Beispiel müssen die betroffenen Kliniken ihre Zielgruppe mit allen Mitteln über Imagebroschüren, Vorführungen, Vorträge, die Vorstellung ihrer Kreißsäle, das Ausrufen von Schwerpunkttagen rund um Schwangerschaft und Geburt und vieles mehr informieren und Kontakte zu den Schwangeren und Familien aufbauen.
Die Fallpauschale pro Neugeborenem muss aber auch erhöht werden, weil sie einst auf einer hohen Fallzahl kalkuliert worden ist, meine Damen und Herren.
In diesem Zusammenhang muss mit aller Deutlichkeit erneut auch auf die viel zu niedrig bemessene Kranken
hausinvestitionsförderung hingewiesen werden, die für die Schließung von Geburtsstationen mitverantwortlich ist.
Sicherstellungszuschläge sind auch ein ganz wichtiger Baustein in der Aufrechterhaltung einer wohnortnahen, flächendeckenden Geburtshilfe und können oder müssen ebenso Schließungen von weiteren Geburtsabteilungen vorbeugen.