Protokoll der Sitzung vom 13.06.2019

Meine Damen und Herren, es geht darum, dass diese Kampagne einerseits gleiche Möglichkeiten fördern will. Andererseits ist es aber nicht nur die Machtverteilung, sondern tatsächlich auch die Belästigung, die angegangen werden soll. Deswegen braucht es auch die Meldestellen und die Rechtsberatung. Natürlich ist man bzw. ist Frau bei Belästigungen aufgrund des Geschlechts zuerst einmal hilflos. Das ist genau der Sexismus, den wir bekämpfen wollen. Deswegen sind wir dankbar, dass das Kabinett diese Beschlüsse gefasst hat.

Ich will aber auch noch einmal auf die gleiche Bezahlung eingehen. Diese haben wir zum Glück im Landtag und auch im öffentlichen Dienst. Aber es gibt sie eben nicht überall. Weil Frauen für die gleiche Arbeit nicht das gleiche Geld bekommen, ist auch da eine Kampagne nach wie vor notwendig, bis diese Ziele erreicht sind.

Bei den Grünen haben wir seit 30 Jahren eine Quotierung. Wir haben also genauso viele Frauen wie Männer auf den Plätzen. Aber ich kann Ihnen sagen, wenn wir diese nicht hätten, käme es wahrscheinlich nach wie vor wieder zu einer Verschiebung.

Deswegen braucht es immer wieder eine Diskussion darüber, dass es eben keine Gleichberechtigung gibt und wir weiter für die Gleichberechtigung der Geschlechter im Landtag und auf allen anderen politischen Ebenen kämpfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich noch einmal die Kollegin Dr. Rehak-Nitsche gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Man könnte sagen, Sexismus schreit uns leise an. In Form von Vorurteilen, Ausdrücken und – leider immer noch sehr beliebt – sexistischen Witzen begegnet er uns überall oder perfider in der Argumentation, die wir vorhin gehört haben: Die Frauen wollen es doch so.

(Heiterkeit des Abg. Michael Frisch, AfD: Was?)

Wir begreifen Vielfalt als Chance. Jeder Mensch muss Wahlmöglichkeiten haben. Der Weg darf nicht vorbestimmt sein, nur weil man als Frau geboren wurde. Darum geht es doch. Jeder Einzelne, jede und jeder, muss selbstbestimmt entscheiden können, wer oder was sie werden wollen, wie sie leben wollen. Dazu müssen aber alle Möglichkeiten offenstehen, und das tun sie eben nicht in Ihrem ideologiegeprägten, autoritären Familien- und Gesellschaftsbild, liebe AfD.

Alle Möglichkeiten hat man in einer offenen, gleichberechtigten Gesellschaft. Das ist die Zukunft. Gewöhnen Sie sich bitte daran. Liebe AfD, wir Frauen sind im Gegensatz zu Ihnen keine Opfer, und wir gehen auch nicht mehr weg.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Ihre Zukunft liegt unter 10 %!)

Wenn es noch eines Beweises bedürfte: Sexismus ist selten so augenscheinlich wie beim Gender Pay Gap. Frauen erhalten schlicht deshalb weniger Gehalt, weil sie Frauen sind. Das ist völlig inakzeptabel und steht uns als freier Gesellschaft im 21. Jahrhundert überhaupt nicht gut zu Gesicht.

Genau deshalb ist es notwendig, den Kampf gegen Sexismus zur Chefsache zu machen. Ich bin sehr froh, dass die Landesregierung diesem Thema einen hohen Stellenwert beimisst. Dabei sind Fortbildungen ebenso wichtig wie Kontaktstellen; denn am Ende sind wir alle von Sexismus betroffen, als diejenigen, die ihn erfahren, als diejenigen, die ihn verursachen, und als diejenigen, die ihn dulden.

Hier ist nicht nur die Politik gefragt, sondern jeder Einzelne. Schauen Sie hin! Sprechen Sie es aus! Wir als SPD stehen für eine Gesellschaft, in der alle Geschlechter gleichberechtigt sind und in der der Sexismus der Vergangenheit angehört;

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Wir reden von Freiheit, nicht von Gleichmacherei!)

denn er verletzt die Würde des Menschen, und das ist ganz klar eine Rote Karte. Liebe AfD, die Karte ist in diesem Fall nicht umsonst rot.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht die Abgeordnete Dr. Groß.

Frau Präsidentin, werte Kollegen! Herr Braun, zunächst einmal an Sie gerichtet: Wer nicht zwischen Gleichheit und Gleichberechtigung unterscheiden kann, sollte erst einmal einen Grundkurs belegen.

(Beifall der AfD)

Frau Lerch, ich freue mich, wenn Ihnen meine Rede gefallen hat und Sie sie sich noch einmal durchlesen und vielleicht auch einprägen wollen.

Frau Spiegel, mit Ihrer einseitigen Parteinahme spalten Sie die Gesellschaft.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sehen die Frauen immer als potenzielle Opfer. Sie konstruieren ein permanentes Konkurrenzverhältnis zwischen den Geschlechtern, so als ob sich Mann und Frau nicht auch ergänzen könnten.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Das hat Sie bewiesen mit vier Kindern!)

Gerade diese Ergänzung ist es doch, die das Zusammenleben von Mann und Frau so fruchtbar macht.

Noch einmal: Nicht nur in der #MeToo-Debatte, sondern auch darüber hinaus wird der Sexismusbegriff inzwischen inflationär gebraucht. In der „LAUT+STARK“-Kampagne wird er ausdrücklich auf Dinge projiziert, die damit überhaupt nichts zu tun haben.

Meine Damen und Herren, diese Antisexismuskampagne, wie sie der Ministerin vorschwebt, fördert einen Kampf der Geschlechter. Genau das wollen wir nicht.

(Beifall bei der AfD – Abg. Marco Weber, FDP: Den habt Ihr in der Fraktion!)

Wir wollen zusammenführen und nicht trennen. Wir wollen Menschen nicht gegeneinander ausspielen, auch nicht Mann und Frau.

(Unruhe im Hause)

Ja, ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fragen Sie mal den Herrn Junge, wie er dazu steht! Belästigung, ist Ihnen doch vorgeworfen worden! – Abg. Uwe Junge, AfD: Wie bitte? Ich bin freigesprochen worden! Ein übler Vergifter! – Glocke der Präsidentin)

Die Abgeordnete Dr. Groß hat das Wort, und ich bitte jetzt um Aufmerksamkeit.

(Unruhe im Hause – Glocke der Präsidentin)

Die Abgeordnete Dr. Groß hat das Wort.

Mit Ihrer Kampagne führen Sie nichts anderes als Scheingefechte, die niemandem nutzen, Menschen bevormunden, entmündigen und letztendlich unsere Gesellschaft spalten.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle die Publizistin Birgit Kelle zitieren, die sehr treffend geschrieben hat: „Ich möchte nicht Mann sein in einer Welt, in der man überlegen muss, ob man noch mit einer Kollegin Kaffee trinken kann.

(Zurufe von der Regierungsbank: Oh!)

Und vor allem möchte ich als Frau nicht in einer Welt leben, in der ich als armseliges Opfer betrachtet werde und Männer vor lauter Angst, etwas Falsches zu sagen,

(Glocke der Präsidentin)

lieber gar nichts mehr sagen.“

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Oh!)

Das trifft genau den Kern.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion erteile ich der Kollegin Helga Lerch das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Laufe dieser Debatte ist mir noch einmal bewusst geworden, wie stark Frauen in der Geschichte zum Spielball wurden.

Wenn Sie an die Zeit des Nationalsozialismus denken, hieß es zunächst einmal, die deutsche Frau habe bestimmte Pflichten zu erfüllen als Mutter, als Ehefrau. Dann kam der Krieg, und die Männer waren an der Front, und die Frauen